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WEKA (mpe) | News | 09.02.2015

Kollektivvertrag erhöht die gesetzliche Grenze der zulässigen Überschreitung der wöchentlichen Normalarbeitszeit

Enthält der Kollektivvertrag eine dem Arbeitszeitgesetz widersprechende Regelung, stellt sich die Frage, ob diese Bestimmung nichtig ist oder einer Überprüfung durch den OGH standhalten kann. Ein Kompromiss bietet sich an.

Sachverhalt

Der Kläger war als Pistenraupenfahrer von Dezember 2012 bis März 2013 für die beklagte Partei tätig. Überstunden wurden in dieser Zeit nach dem zugrunde liegenden Kollektivvertrag für die Bediensteten der österreichischen Seilbahnen berechnet.

Aus der Sicht des Klägers widerspreche die in § 6 Z 1 des Kollektivvertrags geregelte wöchentliche Arbeitszeit von bis zu 60 Stunden den vom Arbeitszeitgesetz zugelassenen Ausweitungsmöglichkeiten.

Geltungserhaltende Reduktion

Für seine Beurteilung nimmt der OGH § 18 Abs 2 AZG als Ausgangspunkt. Danach darf der Kollektivvertrag bei der Festlegung der Obergrenze der täglichen Normalarbeitszeit die 10-Stunden-Grenze überschreiten, soweit dies die Aufrechterhaltung des Verkehrs erfordert (Heilegger in Heilegger/Klein/Schwarz, AZG³ §§ 18 bis 18k Erl 4). Eine längere Wochenarbeitszeit als 50 Stunden ist aber auch nach dieser Regelung nicht möglich.

Nach § 6 Z 1 Abs 1 des zugrunde liegenden Kollektivvertrags beträgt die normale Arbeitszeit 40 Stunden pro Woche. Unter Hinweis auf § 18 AZG kann nach Abs 2 leg cit die zulässige Wochenarbeitszeit um höchstens 20 Stunden verlängert werden.
Entgegen des Wortlauts im Kollektivvertrag, bietet § 18 Abs 2 keine Grundlage für diese Überschreitung. § 18 Abs 2 AZG ermöglicht keine Abweichungen von der in § 9 Abs 3 AZG festgelegten Obergrenze der wöchentlichen Gesamtarbeitszeit von 50 Stunden.

Die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes haben zwingenden Charakter. Eine damit im Widerspruch stehende kollektivvertragliche Regelung ist grundsätzlich iSd § 879 ABGB nichtig. Der Schutzzweck der Verbotsnorm ist entscheidend für die Beurteilung, ob die gesamte (kollektiv-)vertragliche Bestimmung nichtig sein soll.

Der Zweck der Regelung der Arbeitszeit in § 6 Z 1 des Kollektivvertrags besteht in der Ermöglichung des Modells einer durchrechenbaren Arbeitszeit pro Monat. Dieser kann, abgesehen von der Verlängerung der höchstzulässigen Wochenarbeitszeit, gesetzeskonform umgesetzt werden. Die somit teilnichtige Bestimmung des Kollektivvertrags ist insgesamt auf eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit bis maximal 50 Stunden pro Woche geltungserhaltend zu reduzieren. Der Fall wird zur neuerlichen Berechnung der Überstunden zurück an die erste Instanz verwiesen.

OGH 25. November 2014, 8 ObA 67/14g