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WEKA (mpe) | News | 19.08.2014

Verfall von Entgeltansprüchen für unverbrauchtes Zeitguthaben bei Auflösung des Dienstverhältnisses

Werden Überstunden grundsätzlich durch Zeitausgleich abgegolten, ist zu fragen, welche Frist für die Geltendmachung jener Entgeltansprüche einzuhalten ist, die durch noch vorhandene Überstunden bei der Beendigung des Dienstverhältnisses entstehen.

Sachverhalt

Die Klägerin war bei der Beklagten als Floristin angestellt. Die Parteien vereinbarten die grundsätzliche Abgeltung der Überstunden durch Zeitausgleich, was während aufrechten Dienstverhältnisses regelmäßig kurzfristig durchgeführt wurde. Eine bestimmte Zeit für den Konsum war nicht vorgesehen. Zur Aufzeichnung der Überstunden bediente sich die Klägerin des im Betrieb aufliegenden Kalenders bzw übertrug sie am Monatsende die angefallenen Stunden in die dafür vorgesehenen Vordrucke. Etwa in Monatsabständen überprüften die Streitparteien die Aufzeichnungen auf ihre Richtigkeit.

Die zum Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses durch Arbeitnehmerkündigung noch offenen, nicht durch Zeitausgleich verbrauchten, Überstunden forderte die ehemalige Angestellte als Überstundenentgelt erstmalig rund 11 Monate später ein. Gegen die im Anschluss eingereichte Klage wandte der Beklagte den Verfall der Arbeitnehmeransprüche ein.

Zwischen Mehrarbeit und Entgeltanspruch ist zu differenzieren

Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes wies das Berufungsgericht das Begehren der Klägerin mit der Begründung ab, dass die Verfallsklausel des § 16 Abs 2 des anzuwendenden Kollektivvertrags für Arbeiter der Blumenbinder und Blumenhändler (nunmehr Kollektivvertrag der FloristInnen und BlumenhändlerInnen Österreichs) auch die Geltendmachung von Entgelt für Überstunden umfasse und somit die Ansprüche spätestens drei Monate nach Ablauf des Dienstverhältnisses einzufordern gewesen wären.

Der OGH hält zunächst in seiner Urteilsbegründung fest, dass zwischen der Geltendmachung der Mehrarbeit einerseits und der Einforderung des daraus entspringenden Entgeltanspruchs andererseits zu differenzieren ist (8 ObA 53/12w).

Aus der genauen Zeitaufzeichnung der Klägerin kann darauf geschlossen werden, dass sie damit ihre Überstunden geltend gemacht hat. Jedoch musste der Beklagte den Aufzeichnungen nicht entnehmen, dass die Klägerin die Abgeltung der Überstunden in Form eines Entgeltanspruchs einfordern wollte. Gemäß ihrer Vereinbarung sollten die Überstunden der Klägerin gerade nicht in Entgelt, sondern in Zeitausgleich abgegolten werden.

Das Zeitguthaben der Dienstnehmerin blieb somit aufrecht und konnte infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr abgebaut werden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt erfolgte die Umwandlung des Anspruchs auf Zeitausgleich in einen fälligen Entgeltanspruch. Nach anzuwendendem Kollektivvertrag verfallen alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, mit Ausnahme des reinen Lohnanspruchs, sofern sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden. Im Ergebnis war der Klagsanspruch verfallen.

OGH, 27.05.2014 9 ObA 44/14g