Dokument-ID: 703053

Johann Schöffthaler | News | 19.11.2014

Arbeitszeitgesetz – Besondere Rechte für Nachtarbeitnehmer/innen

Gastautor Johann Schöffthaler informiert darüber, dass NachtarbeitnehmerInnen gesetzlichen Anspruch auf Gesundheitsuntersuchungen, auf Versetzung auf einen „geeigneten Tagesarbeitsplatz“ bei bestimmten Voraussetzungen und Recht auf Information haben.

1. Anspruch auf Gesundheitsuntersuchungen:

Der Anspruch auf Gesundheitsuntersuchungen ergibt sich aus § 12b Arbeitszeitgesetz, wonach jede/r Nachtarbeitnehmer/in vor Aufnahme der Tätigkeit (als Nachtarbeitnehmer/in) sowie nachfolgend in regelmäßigen Abständen (dazu sogleich) einen Anspruch auf kostenlose Gesundheitsuntersuchungen hat. Sinn und Zweck dieser Untersuchungen ist die Feststellung, ob der/die Arbeitnehmer/in mit ihrem/seinem spezifischen Gesundheitszustand überhaupt geeignet ist, Nachtarbeit zu leisten, ohne ihre/seine Gesundheit über das übliche Maß hinaus zu gefährden, und um auf festgestellte Gesundheitsbeeinträchtigungen präventiv reagieren zu können.

Für den Anspruch auf Gesundheitsuntersuchungen ist die Definition des „Nachtarbeitnehmers“ in zwei Punkten abgeändert:

  1. Der Zeitrahmen, innerhalb dessen Arbeit als Nachtarbeit gilt, von sonst 22 Uhr bis 5 Uhr auf 22 Uhr bis 6 Uhr ausgedehnt und
  2. an die Stelle von 48 Nachtdiensten im Kalenderjahr treten 30 Nachtdienste jährlich, die jedenfalls ausreichen, um den/die Arbeitnehmer/in zum/zur Nachtarbeitnehmer/in zu machen.

Grund für diese Abweichung von der sonst geltenden Definition ist das Verschlechterungsverbot in Art 23 EU-Arbeitszeitrichtlinie, wonach die Umsetzung der Richtlinie nicht Anlass für Verschlechterungen gegenüber dem bisherigen Rechtszustand sein darf. Schon vor der Richtlinienumsetzung gab es nämlich den Anspruch von Nachtarbeitnehmern/innen auf Gesundheitsuntersuchungen – und zwar unter den genannten Voraussetzungen, die eine weitere Grenze rund um den Nachtarbeitnehmer/innenbegriff ziehen als die für die übrigen Schutzbestimmungen geltende Definition.

Der zeitliche Abstand, in dem der Anspruch auf Gesundheitsuntersuchungen nach der Erstuntersuchung vor Aufnahme der Nachtarbeit wieder auftritt, beträgt zwei Jahre, ein Jahr für Arbeitnehmer/innen über 50 und wenn jemand bereits mindestens zehn Jahre Nachtarbeit geleistet.

Der Anspruch des/der Arbeitnehmers/in auf für ihn/sie kostenlose Gesundheitsuntersuchungen richtet sich gegen den/die Arbeitgeber/in. Zur Anspruchsbegründung ist zusätzlich erforderlich, dass der/die Arbeitnehmer/in dem/der Arbeitgeber/in gegenüber ausdrücklich den Wunsch nach der Untersuchung äußert.

Die Arbeitgeber/innen sind verpflichtet, jeder/n Arbeitnehmer/in vor der erstmaligen Aufnahme von Nachtarbeit über den Anspruch auf Gesundheitsuntersuchungen einschließlich der für die Folgeuntersuchungen geltenden Zeitabstände zu informieren (Hinweis: § 8 Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz). Arbeitgeber/innen können, auch wenn es darauf keinen Rechtsanspruch gibt, bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt einen Antrag auf Kostenersatz stellen (Hinweis: Informationen zum Kostenersatz samt Antragsformular auf www.auva.at).

Wird die Untersuchung während der Arbeitszeit durchgeführt, hat der/die Arbeitnehmer/in für diese Zeit Anspruch auf Entgeltfortzahlung (Hinweis: § 58 Abs 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz). Dem/der untersuchenden Arzt/Ärztin muss der/die Arbeitgeber/in Zugang zum Arbeitsplatz des/der untersuchten Arbeitnehmers/in sowie zu allen für die Durchführung und Beurteilung notwendigen Informationen gewähren (Hinweis: § 58 Abs 1 ASchG).

2. Anspruch auf Versetzung:

§ 12c AZG besagt das Nachtarbeitnehmer/innen gegenüber dem/der Arbeitgeber/in Recht auf Versetzung auf einen „geeigneten Tagesarbeitsplatz“ haben, wenn entweder von weiterer Nachtarbeit eine Gesundheitsgefährdung ausgeht oder Betreuungspflichten gegenüber Kindern „bis zu zwölf Jahren“ dies erforderlich machen, aber nur entsprechend den betrieblichen Möglichkeiten”. „Ein Anspruch auf Versetzung auf einen Tagesarbeitsplatz besteht dann, wenn das Interesse des Nachtarbeitnehmers an der Versetzung auf einen Tagesarbeitsplatz höher zu bewerten ist als zwingende betriebliche Interessen.“ (1180 BlgNR 21. GP 11).

Es gibt keine verwaltungsstrafrechtliche Sanktion in diesem Zusammenhang. Der Versetzungsanspruch ist im Zivilrechtsweg (Verfahren vor den Arbeits- und Sozialgerichten) durchzusetzen.

3. Recht auf Information:

Die Informationen des/der Arbeitgebers/in an die Belegschaft sollen Nachtarbeitnehmer/innen erreichen, obwohl sie während ihrer nächtlichen Arbeitsleistung nicht am Tag zu den gemeinhin üblicheren Arbeitszeiten, im Betrieb anwesend und erreichbar sind.

Der/die Arbeitgeber/in hat sich also Kommunikationsmethoden zu bedienen (E-Mail, Anschläge am Schwarzen Brett, Informationsversammlungen auch für die Nachtschicht usw), die die Nachtarbeitnehmer/innen nicht diskriminieren.

Informationen also zB nur über eine am Tag stattfindende Belegschaftsversammlung weiter zu geben, an der die Nachtarbeitnehmer/innen nicht – bzw nur über Verzicht auf ihre Freizeit teilnehmen können, wäre ein Verstoß gegen § 12d AZG.