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Johann Schöffthaler | News | 20.05.2015

Lenker/innen – Sonderbestimmungen, Teil 2: Lenkpause, Ruhepause und Ruhezeit

Gastautor Johann Schöffthaler geht in Teil 2 dieser Beitragsserie näher darauf ein, für welche Verwirrungen die 3 Begriffe Lenkpause, Ruhepause und Ruhezeit sorgen können und widmet sich weiters einer Spezialfrage zum Thema Lenkzeit.

Lenkpause, Ruhepause und Ruhezeit

Art 7 Verordnung (EG) Nr 561/2006 ist auf VO-Fahrzeuge unmittelbar anzuwenden (für sonstige Fahrzeuge gilt § 15 Arbeitszeitgesetz - AZG) und bezeichnet die Lenkpausen als „Fahrtunterbrechung“. Innerhalb der vorgesehenen Lenkzeit oder unmittelbar danach (von 4 1/2 Stunden Lenkzeit) müssen Lenkpausen erfolgen. Während einer Lenkpause dürfen Lenker/innen keine anderen Arbeiten ausführen.

(VO-Fahrzeuge sind verordnungspflichtige Fahrzeuge; dazu zählt Güterbeförderung mit Fahrzeugen, deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, sowie Personenbeförderung mit Fahrzeugen, die für die Beförderung von mehr als neun Personen einschließlich des Fahrers/der Fahrerin konstruiert oder dauerhaft angepasst und zu diesem Zweck bestimmt sind.)

Art 4 lit d Verordnung (EG) Nr 561/2006 definiert als Fahrtunterbrechung jeden Zeitraum, in dem der Fahrer keine Fahrtätigkeit ausüben und keine anderen Arbeiten ausführen darf und der ausschließlich zur Erholung genutzt wird. Ruhepausen können demnach als Lenkpausen gewertet werden.

Ruhezeiten hingegen dürfen gemäß Art 7 Verordnung (EG) Nr 561/2006 nicht als Lenkpausen gezählt werden. Die Ausführung jeglicher Arbeitsleistungen verhindert die Qualifikation als Lenkpause, da der Zeitraum nicht ausschließlich zur Erholung genutzt wird. Keine Ruhezeiten sind Zeiten der Arbeit oder Arbeitsbereitschaft sowie die im fahrenden Fahrzeug verbrachten Zeiten. Die tägliche Ruhezeit kann jedoch im Fahrzeug verbracht werden, sofern es mit einer Schlafkabine ausgestattet ist und nicht fährt. Dies gilt auch bei der Zwei-Lenker/innen-Besetzung. Die beiden Lenker/innen müssen deshalb die Ruhezeit gleichzeitig einhalten, wobei ebenfalls eine im Fahrzeug vorhandene Schlafkabine benutzt werden darf.

Ruhepausen dienen der Erholung der Lenker/innen nach einem Teil der Arbeitszeit, um danach wieder die Arbeit aufzunehmen. Während der Ruhepause dürfen Lenker/innen keine Arbeiten ausführen, dürfen während der Ruhepause ihren Arbeitsplatz verlassen und Zeiten der Arbeitsbereitschaft zählen nicht zur Ruhepause.

Die tägliche Ruhezeit muss innerhalb eines 24-Stunden-Zeitraumes abgeschlossen sein. Der 24-Stunden-Zeitraum muss nicht mit einem Kalendertag identisch sein. Beginnt die Fahrt zB am Sonntag um 22.00 Uhr, so muss die Ruhezeit spätestens bis Montag 22.00 Uhr zur Gänze konsumiert sein. Wartezeiten zählen als Lenkpausen, sofern sie nach allgemeiner Verkehrsanschauung nicht dem Fahrvorgang zuzurechnen sind (Zeiten der Arbeitsbereitschaft). Dies gilt für die Zeiten auf dem Beifahrersitz oder in der Schlafkabine im fahrenden Fahrzeug sowie auf Fähr- und Eisenbahnfahrten. („Bereitschaftszeit“ ist für Fahrpersonal, das sich beim Fahren abwechselt, die Zeit, die während der Fahrt neben dem Fahrer oder in einer Schlafkabine verbracht wird - Art 3 lit b Richtlinie 2002/15/EG).

Nun der Widerspruch bzw die Verwirrung

Per Definition von Artikel 3 Abs a Ziffer 1 der Richtlinie 2002/15/EG zählen zur Arbeitszeit, die Zeiten, während derer das Fahrpersonal nicht frei über seine Zeit verfügen kann und sich an seinem Arbeitsplatz bereithalten muss, um ggf seine normale Arbeit aufzunehmen, wobei es bestimmte mit dem Dienst verbundene Aufgaben ausführt – insbesondere während der Zeit des Wartens auf das Be- und Entladen, wenn deren voraussichtliche Dauer nicht im Voraus bekannt ist, (d.h. entweder vor der Abfahrt bzw unmittelbar vor dem tatsächlichen Beginn des betreffenden Zeitraums oder gemäß den allgemeinen zwischen den Sozialpartnern ausgehandelten und/oder durch die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen). Somit wäre eine Arbeitsbereitschaft nicht als Lenkpause zu werten.

Per Definition Artikel 3 Abs b der Richtlinie 2002/15/EG sind „Bereitschaftszeiten“ andere Zeiten als Ruhepausen und Ruhezeiten, in denen das Fahrpersonal nicht verpflichtet ist, an seinem Arbeitsplatz zu bleiben, in denen es sich jedoch in Bereitschaft halten muss, um etwaigen Anweisungen zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der Fahrtätigkeit oder zur Ausführung anderer Arbeiten Folge zu leisten. Dies wäre vergleichbar mit einer Rufbereitschaft nach § 20 Abs a AZG. Als Bereitschaftszeit gelten insbesondere die Zeiten, in denen das Fahrpersonal ein Fahrzeug während der Beförderung auf einer Fähre oder mit einem Zug begleitet sowie Wartezeiten an den Grenzen und infolge von Fahrverboten. Diese Zeiten und ihre voraussichtliche Dauer müssen dem Fahrpersonal im Voraus bekannt sein, dh entweder vor der Abfahrt bzw unmittelbar vor dem tatsächlichen Beginn des betreffenden Zeitraums oder gemäß den allgemeinen zwischen den Sozialpartnern ausgehandelten und/oder durch die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen.

Hinweis:

In Österreich zählen Wartezeiten als Lenkzeitunterbrechung, sofern sie nach allgemeiner Verkehrsanschauung nicht dem Fahrvorgang zuzurechnen sind (Zeiten der Arbeitsbereitschaft). Dies gilt für Zeiten auf dem Beifahrersitz oder in der Schlafkabine im fahrenden Fahrzeug sowie auf Fähr- und Eisenbahnfahrten.

Ist die Lenkzeit des Privatpersonenkraftwagens, mit dem der Lenker oder die Lenkerin zum Standort des Lastkraftwagens fährt, zur Lenkzeit des verordnungspflichtigen Fahrzeug dazuzuzählen

Die von einem Fahrer verbrachte Zeit, um mit einem nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallenden Fahrzeug zu einem in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallenden Fahrzeug (damit ist die Verordnung VO (EG) 561/2006 gemeint), das sich nicht am Wohnsitz des Fahrers oder der Betriebsstätte des Arbeitgebers, dem der Fahrer normalerweise zugeordnet ist, befindet, anzureisen oder von diesem zurückzureisen, ist als andere Arbeiten anzusehen (Artikel 9 Abs 3 VO (EG) 561/2006). Somit ist die Lenkzeit des Privat-PKWs nicht als Lenkzeit im Sinne der VO (EG) 561/2006 zu werten und zur Lenkzeit des verordnungspflichtigen Fahrzeuges dazuzuzählen. Es ist Arbeitszeit, vorausgesetzt der LKW steht nicht am Wohnsitz des Fahrers/der Fahrerin oder der Betriebsstätte des Arbeitgebers.