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Johann Schöffthaler | News | 21.08.2015

Lenker/innen – Sonderbestimmungen, Teil 3: Wann ist man Lenker/in im Sinne des AZG?

Gastautor Johann Schöffthaler beschäftigt sich in seinem Beitrag damit, unter welchen Bedingungen für Lenker/innen die Sonderbestimmungen des AZG zur Anwendung kommen. Spielt es z. B. eine Rolle, ob man primär auf öffentlichen Straßen unterwegs ist?

„§ 13a. (1) Für die Beschäftigung von Lenkern von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen gelten die Bestimmungen der Abschnitte 2 bis 3a mit den in den §§ 13b bis 17c genannten Abweichungen.

(2) Für das Lenken von VO-Fahrzeugen gelten Vorschriften nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr 561/2006 auch auf solchen Fahrtstrecken auf öffentlichen Straßen, die nicht unter Art 2 Abs 2 dieser Verordnung fallen.

(3) Die §§ 14a bis 15d sind nur auf das Lenken sonstiger Fahrzeuge anzuwenden.“

Eine gewisse Häufigkeit der Tätigkeit des Lenkens ist im Rahmen des Arbeitsverhältnisses Voraussetzung für die Anwendung der Spezialbestimmungen und sind schon auf jede vereinzelte dienstliche Fahrt eines Arbeitnehmers/einer Arbeitnehmerin anzuwenden, der/die sonst ganz andere arbeitsvertragliche Aufgaben zu erfüllen hat!

„Lenker/innen sind Arbeitnehmer/innen, die im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnisses ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen, sei es auch nur kurze Zeit, selbst lenken oder sich im Kraftfahrzeug befinden, um es gegebenenfalls später bei einer Mehrfahrerbesetzung selbst zu lenken.

Auf die Besonderheiten des Einsatzes von Lenker/innen von Kraftfahrzeugen wird neben den allgemeinen Arbeitszeitbestimmungen durch zusätzliche nationale und europäische Regelungen Bedacht genommen.

Für Lenker/innen gelten das Arbeitszeitgesetz (AZG), das Arbeitsruhegesetz (ARG), die Verordnung (EG) Nr 561/2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und die Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr. Daneben gelten noch die Regelungen der Fahrtenbuchverordnung und der Kollektivverträge.“ (vgl. http://www.arbeitsinspektion.gv.at/LENKERIN vom 22.07.2015)

Der Gesetzgeber hält es für richtig, dass zB nach einer gewissen Dauer des Lenkens eines Kraftfahrzeuges eine Lenkpause einzulegen ist und dass eine gewisse Anzahl von Stunden des täglichen Lenkens eines Kraftfahrzeuges nicht überschritten werden soll. Dagegen könnte allenfalls argumentiert werden, dass die gesetzgeberischen Beschränkungen des Lenkens nur von durch das Lenken von Kraftfahrzeugen hervorgerufene Dauerbelastungen schützen sollen. Die sonstige Tätigkeit eines nur fallweise ein Fahrzeug lenkenden Arbeitnehmers ist nicht weniger belastend oder sogar noch belastender als das Lenken.

Abschnitt 4 AZG gilt für die Beschäftigung von Lenkern von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen im Sinne des § 1 Abs 1 StVO. Die §§ 13 bis 17c AZG sind daher auf Lenker/innen, die beispielsweise nur auf dem Firmengelände unterwegs sind, nicht jedoch auf öffentlichen Straßen, nicht anwendbar. Die Gesetzesmaterialien (vgl. 1432 BlgRV 22. GP 4) stellen klar, dass Lenker in Mischverwendung, die sowohl auf öffentlichen wie auch auf nichtöffentlichen Straßen eingesetzt werden, jedenfalls den Sonderbestimmungen für Lenker/innen unterliegen. Nur ein Lenker, der ausschließlich im innerbetrieblichen Verkehr (z.B. in Schottergruben) tätig ist, soll nicht unter den Abschnitt 4 AZG fallen.

Abs 1 stellt klar, dass grundsätzlich die allgemeinen Regeln des Arbeitszeitrechts auch für Lenker/innen zur Anwendung kommen. Werden in den §§ 13b bis 17c abweichende Regelungen getroffen, so sind diese freilich spezieller und gehen den allgemeinen Bestimmungen vor. Die Bestimmungen der Lenkzeiten VO 561/2006 kommen in ihrem Geltungsbereich unmittelbar zur Anwendung, sie verdrängen also insoweit auch etwaige Regelungen des AZG (z.B. bei der täglichen Ruhezeit).

Geltungsbereich der LenkzeitenVO

Die LenkzeitenVO 561/2006 ist gemäß Art 2 Abs 2 auf Beförderungen im Straßenverkehr innerhalb der EU, der Schweiz und der Vertragsstaaten des EWR anzuwenden. Für andere Fahrtstrecken kommt das Europäische Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR) zur Anwendung, sofern der jeweilige Staat das AETR unterzeichnet hat. Beim AETR handelt es sich um ein multilaterales völkerrechtliches Übereinkommen, dem derzeit sämtliche Mitgliedstaaten der EU und des EWR, sowie die Schweiz, die Türkei, Andorra, sämtliche osteuropäischen Staaten sowie die meisten Staaten der ehemaligen Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) angehören.

Da es nicht sinnvoll wäre, für Fahrzeuge, die unter die LenkzeitenVO fallen, auf einigen Fahrtstrecken abweichende Regelungen vorzusehen, wird in Abs 2 die Geltung einheitlicher Rechtsvorschriften unabhängig von der Fahrtstrecke auch außerhalb der EU, des EWR und der Schweiz sichergestellt. Somit ist unabhängig von der Fahrtstrecke ausschließlich die Verordnung 561/2006 zu beachten.