3G-Regel am Arbeitsplatz und Kündigung wegen Testverweigerung?
Gastautor Johann Schöffthaler, BA MA, informiert, welche Schutzpflichten Unternehmen bezüglich COVID-19 treffen, und über die geplante 3G-Regel am Arbeitsplatz. Was gilt für Maskenpausen oder wenn ArbeitnehmerInnen einen Corona-Test verweigern?
Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) (BGBl Nr 450/1994) gibt klare Schutzziele für den Arbeitsschutz in einer Arbeitsstätte vor, für die Einhaltung hat der oder die Arbeitgeberin die Verantwortung.
Pflichten hinsichtlich des ArbeitnehmerInnenschutztes
Gemäß § 3 Abs 1 und 2 und § 4 Abs 1 ASchG sind ArbeitgeberInnen verpflichtet:
- für Sicherheit und Gesundheitsschutz der ArbeitnehmerInnen in Bezug auf alle Aspekte, die die Arbeit betreffen, zu sorgen. Die Kosten dafür dürfen auf keinen Fall zulasten der ArbeitnehmerInnen gehen. ArbeitgeberInnen haben die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit sowie der Integrität und Würde erforderlichen Maßnahmen zu treffen, einschließlich der Maßnahmen zur Verhütung arbeitsbedingter Gefahren, zur Information und zur Unterweisung sowie der Bereitstellung einer geeigneten Organisation und der erforderlichen Mittel. ArbeitgeberInnen haben sich unter Berücksichtigung der bestehenden Gefahren über den neuesten Stand der Technik und der Erkenntnisse auf dem Gebiet der Arbeitsgestaltung entsprechend zu informieren.
- die für die Sicherheit und Gesundheit der ArbeitnehmerInnen bestehenden Gefahren zu ermitteln und zu beurteilen. Dabei sind die Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG anzuwenden.
Schutzpflichten im Betrieb
Gemäß § 15 Abs 1 ASchG haben ArbeitnehmerInnen die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und Integrität und Würde nach diesem Bundesgesetz, den dazu erlassenen Verordnungen sowie behördlichen Vorschreibungen gebotenen Schutzmaßnahmen anzuwenden, und zwar gemäß ihrer Unterweisung und den Anweisungen des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin. Sie haben sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung soweit als möglich vermieden wird.
Gemäß § 1157 Abs 1 ABGB hat der oder die Dienstgeberin die Dienstleistungen so zu regeln und bezüglich der von ihm oder ihr beizustellenden oder beigestellten Räume und Gerätschaften auf seine oder ihre Kosten dafür zu sorgen, dass Leben und Gesundheit des Dienstnehmers oder der Dienstnehmerin, soweit es nach der Natur der Dienstleistung möglich ist, geschützt werden.
Somit ist der oder die Arbeitgeberin gesetzlich verpflichtet, den ArbeitnehmerInnen einen größtmöglichen Schutz am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Das ergibt sich aus den Rechtsgrundlagen des ABGB (arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht) und dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz.
Aktuelles OGH-Urteil zur Kündigung wegen Testverweigerung
An diese Rechtsgrundlagen haben sich die ArbeitgeberInnen zu halten, womit zB die Kündigung eines Diplomkrankenpflegers in einem Altersheim, welcher die Testung verweigerte, durch den OGH bestätigt und gerechtfertigt wurde. Der Diplomkrankenpfleger verweigerte nicht das Tragen einer Maske, sondern nur die „Nasenbohrertests“, welche das Pflegeheim in der Arbeitszeit zur Verfügung stellte, weil er die Sinnhaftigkeit nicht sah. Zu diesem Zeitpunkt durfte der Dienstgeber gemäß § 10 Abs 4 der am 17.11.2020 in Kraft getretenen Covid-10-NotMV idF BGBl II 2020/479 nur MitarbeiterInnen einlassen, welche sich einmal pro Woche einen Antigen-Test oder einen molekularbiologischen Test auf SARS-Cov-2 unterzogen und dieser negativ ausfiel. Der OGH erklärte dazu, selbst wenn diese Verordnung verfassungswidrig gewesen wäre, war sie bis zu deren Aufhebung durch den VfGH anzuwenden! (OGH 14.09.2021, 8 ObA 42/21s)
3G-Regel am Arbeitsplatz?
Wird seitens unserer demokratisch legitim gewählten Bundesregierung die 3G-Regel am Arbeitsplatz gesetzlich verpflichtend eingeführt, so müssen die ArbeitgeberInnen diese umsetzen bzw einhalten! Nun wird die 3G-Regel am Arbeitsplatz mit 1. November tatsächlich kommen!
Hinsichtlich der bisher schon bestehenden allgemeinen Maskenpflicht gilt ab 1. November (eine Übergangsfrist wird mit 14.11.2021 festgelegt, alle Arbeitnehmenden ohne 3-G-Nachweis müssen bis dahin durchgehend eine FFP2-Maske tragen), dass ArbeitnehmerInnen durch Erbringung eines 3G-Nachweises von der Maskenpflicht entbunden sind.
Damit müssen beispielsweise Angestellte in Supermärkten mit 3G-Nachweis keine Maske mehr tragen. Für Kunden bleibt jedoch die FFP2-Maskenpflicht an Orten zur Deckung notwendiger Grundbedürfnisse (z.B. Supermärkte, Apotheken, öffentliche Verkehrsmittel) weiterhin aufrecht.
In sonstigen Kundenbereichen (z.B. nichtlebensnotwendiger Handel, Reisebüros, Museen) muss entweder ein 3G-Nachweis erbracht oder eine FFP2-Maske getragen werden. Für die Einhaltung der Maßnahme sind laut Angaben der Ministerien sowohl ArbeitgeberInnen als auch ArbeitnehmerInnen verantwortlich; für die Kontrollen in erster Linie die jeweiligen ArbeitgeberInnen zuständig. Für die ArbeitgeberInnen gilt nach bisherigem Wissensstand, dass es beim Eintritt keine lückenlose Kontrolle geben soll, sondern Stichproben (vgl. Aussage des Bundesministers für Arbeit vom 20.10.2021).
Strafen bei Verstößen
Bei Verstößen drohen Strafen laut dem geplanten COVID-Maßnahmengesetz für ArbeitnehmerInnen bis zu 500 Euro, für ArbeitgebeiInnen bis zu 3600 Euro.
Ausnahmen und strengere Regelungen
Ausnahmen und strengere Regelungen werden bereits über die Medien bekannt gemacht. Als Beispiel für eine Ausnahme gilt diese Bestimmung nicht für LKW-FahrerInnen, mit der Begründung, dass diese alleine im LKW sitzen (ehrlicherweise wird aber der Umstand ausschlaggebend gewesen sein, dass viele LKW-FahreInnen aus Nicht-EU-Ländern beschäftigt werden, welche nicht mit einem in der EU zugelassenem Impfstoff geimpft wurden und somit den 3G-Nachweis nach österreichischen Recht nicht vorlegen können. Zusätzlich ist es naturgemäß schwierig, wenn man einen 40-Tonner lenkt schnell, mal irgendwo zu parken und sich testen zu lassen).
Als strengere Regelung dient das Beispiel in Alters- und Pflegeheimen und in Spitälern, wonach die Arbeitnehmenden verpflichtend eine FFP2-Maske (zusätzlich zum 3G-Nachweis) tragen müssen (dies gilt auch für BesucherInnen in diesen Einrichtungen). Ebenso können die Länder strengere Regeln verordnen.
Zu Bedenken ist vor allem der Umstand, dass es keinen Kündigungsschutz in Österreich gibt, außer man ist schwanger, ein jugendlicher Lehrling im Beschäftigungsverhältnis oder man hat den Behindertenstatus.
Regelungen gemäß der 2. COVID-19-Maßnahmenverordnung
Die geltende 2. COVID-19-Öffnungsverordnung (seit 15.09.21: 2. COVID-19-Maßnahmenverordnung) gibt konkrete Mindeststandards für bestimmte Betriebe vor, in die Ansteckungsgefahr aus medizinischer Sicht überdurchschnittlich hoch ist (unmittelbarer Kundenkontakt, Gastronomie, Krankenanstalten, Alten- und Pflegeheime, etc.).
Die Verordnung befreit die ArbeitgebeInnen jedoch nicht von der in § 1157 ABGB verankerten Fürsorgepflicht und den Bestimmungen des ASchG. Zudem müssen ArbeitgeberInnen von Betrieben mit mehr als 52 Beschäftigten ein COVID-19-Vorsorgekonzept vorweisen.
Evaluierungsmaßnahmen im Betrieb
Das heißt, dass ArbeitgebeInnen, selbst wenn die gesetzlichen Regelungen lockerer sind, die Beschäftigten im Betrieb bestmöglich schützen müssen. Wie das genau umgesetzt wird, hängt von den konkreten Umständen im Betrieb ab (Größe der Räume, Kontakte, Möglichkeit der Durchlüftung, Anwesenheit von Risikogruppen usw.). Diese Umstände sind durch die ArbeitgeberInnen zu evaluieren bzw zu ermitteln und zu beurteilen Zur Unterstützung muss hierbei der oder die Arbeitgeberin gemäß der §§ 76 Abs 3 und 81 Abs 3 ASchG die Sicherheitsfachkraft und ArbeitsmedizinerIn in allen Fragen der Arbeitssicherheit einschließlich der Unfallverhütung sowie bei der Festlegung von Maßnahmen zur Gefahrenverhütung hinzuziehen.
Werden aufgrund dieser Evaluierung Maßnahmen festgesetzt, die über das gesetzlich geforderte Maß hinausgehen, dann ist das so! Diese Maßnahmen sind zu begründen, warum keine andere Maßnahme eine Wirkung erzielen würde, die Entscheidungsgrundlage ist hier wesentlich.
Als Beispiel dient hier bei Verweigerung einer durch den Betrieb zur Verfügung gestellten Impfung, dass diese ArbeitnehmerInnen eine FFP-2-Maske tragen müssen, separat in die Mittagspause - getrennt von geimpften Personen – geschickt werden, Einzelarbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden, Beendigung von Homeoffice, etc.
Corona-Testungen und Maskenpausen – Arbeitszeit?
Sämtliche vom Arbeitgeber oder Arbeitgeberin verlangten Maßnahmen, wie zB Testung, sind Ausfluss des Arbeitsvertrages bzw erfolgen aufgrund des Willens durch den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin und sind in der Arbeitszeit zu ermöglichen oder als Arbeitszeit aufzuzeichnen.
Mit dem Generalkollektivvertrag zu „Corona-Testungen“ wurde der Rechtsanspruch geschaffen, eine Maske (Mund-Nasen-Schutz und FFP 1/2/3) jedenfalls nach einer durchgehenden Tragezeit von höchstens 3 Stunden für zumindest 10 Minuten abzunehmen. Damit ist keine unbezahlte Arbeitspause gemeint, sondern die Möglichkeit, alle drei Stunden innerhalb der (bezahlten) Arbeitszeit eine Tätigkeit ausüben zu dürfen, die keine Maske erfordert. Ist das nicht möglich, ändert das nichts daran, dass man die eigene Tätigkeit kurz niederlegen darf, um die Maske abnehmen zu können.