01.11.2020 | Kanzleipraxis | ID: 1075324

Geldwäscheprävention in der Kanzlei – Neuerungen durch das BRÄG 2020

Albert Scherzer - Sabine Barbach

Wozu sind Rechtsanwälte hinsichtlich der Geldwäscheprävention verpflichtet, was gilt es bei einer kanzleiinternen Risikoanalyse zu beachten und welche Änderungen ergeben sich durch das BRÄG 2020?

Prüfungspflicht des Rechtsanwalts?

Gem § 8a RAO ist ein Rechtsanwalt im Hinblick auf die besonders hohe Gefahr der Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung verpflichtet, alle Geschäfte besonders sorgfältig zu prüfen, bei denen er im Namen und auf Rechnung seiner Partei Finanz- oder Immobilientransaktionen durchführt oder für seine Partei an deren Planung oder Durchführung mitwirkt und die Folgendes betreffen:

  • Den Kauf oder den Verkauf von Immobilien oder Unternehmen,
  • die Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten, die Eröffnung oder Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten oder
  • die Gründung, den Betrieb oder die Verwaltung von Trusts, Gesellschaften, Stiftungen oder ähnlichen Strukturen, einschließlich der Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen Mittel.

Liegt ein solches Geschäft vor, ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die Identität der Partei und – gegebenenfalls – jene des wirtschaftlichen Eigentümers (das sind jene natürlichen Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle die Partei letztlich steht oder in deren Auftrag sie handelt) festzustellen.

Der Rechtsanwalt ist zudem verpflichtet, die Identität seiner Partei vor Annahme des Auftrags zu überprüfen, wenn

  • ein auf Dauer angelegtes Auftragsverhältnis (Geschäftsbeziehung) absehbar ist,
  • bei allen sonstigen Geschäften, bei denen die Auftragssumme mindestens 15 000 Euro beträgt

Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises

Die Identität der Partei muss grundsätzlich durch persönliche Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises nachgewiesen werden.

Als amtlicher Lichtbildausweis gelten von einer staatlichen Behörde ausgestellte Dokumente, die mit einem nicht austauschbaren, erkennbaren Kopfbild der betreffenden Person versehen sind und den Namen, die Unterschrift und, soweit dies nach dem Recht des ausstellenden Staates vorgesehen ist, auch das Geburtsdatum der Person sowie die ausstellende Behörde enthalten. Schreitet für die Partei ein Vertreter ein, so ist dessen Identität in gleicher Weise festzustellen. Die Vertretungsbefugnis ist anhand geeigneter Bescheinigungen zu überprüfen.

Konsequenzen bei Nichterfüllung des Auskunftsverlangens

Kommt die Partei dem Auskunftsverlangen des Rechtsanwalts mutwillig nicht nach, muss der Rechtsanwalt die Geldwäschemeldestelle verständigen. Auch bei Verdachtsfällen der Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung muss sie/er der Geldwäschemeldestelle Meldung erstatten. Eine solche Verpflichtung besteht aber nicht hinsichtlich solcher Tatsachen, die der Rechtsanwalt von einer oder über eine Partei im Rahmen der Rechtsberatung oder im Zusammenhang mit ihrer Vertretung vor einem Gericht oder einer diesem vorgeschalteten Behörde oder Staatsanwaltschaft erfahren hat, es sei denn, dass die Partei für den jeweiligen Berufsträger erkennbar die Rechtsberatung offenkundig zum Zweck der Geldwäscherei oder der Terrorismusfinanzierung in Anspruch nimmt.

Kanzleiinterne Risikoanalyse

Rechtsanwälte sind verpflichtet, unter Bedachtnahme auf die konkrete Geschäftstätigkeit sowie auf Art und Größe ihrer Kanzlei und unter Berücksichtigung bestimmter Risikofaktoren eine individuelle Analyse und Bewertung des Risikos (Risikoanalyse) vorzunehmen. Der Rechtsanwalt hat dabei zu prüfen, ob und inwieweit, ausgehend von der Struktur seiner Kanzlei, seiner Klienten und der von ihm für seine Klienten angebotenen Leistungen, er bzw seine Mitarbeiter zu Zwecken der Geldwäsche missbraucht werden können. Dabei sind die Risikoanalyse auf Unionsebene sowie die nationale Risikoanalyse zu beachten. Die vorgenommene Bewertung und deren Ergebnisse sind schriftlich aufzuzeichnen und regelmäßig zu aktualisieren bzw auf ihre Aktualität zu prüfen, wobei in aller Regel eine Aktualisierung nur einmal pro Jahr ausreichend sein sollte, außer es ändern sich für die Kanzleianalyse relevante Umstände, wie eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen, Änderung der Geschäftsbereiche der Rechtsanwaltskanzlei oder grundlegende organisatorische Änderungen.

Angemessene und geeignete Strategien zur Verhinderung der Geldwäscherei

Basierend auf dieser kanzleiinternen Risikoanalyse hat der Rechtsanwalt gemäß §8 Abs 2 RAO angemessene und geeignete Strategien und Verfahren zur Erfüllung der ihm im Rahmen der Bekämpfung der Geldwäscherei auferlegten Sorgfaltspflichten einzuführen und aufrechtzuerhalten.

Rechtsanwälte haben zur Erfüllung der ihm im Rahmen der Bekämpfung der Geldwäscherei auferlegten Sorgfaltspflichten hinsichtlich Verdachtsmeldungen, der Aufbewahrung von Aufzeichnungen, interner Kontrolle, Risikobewertung und Risikomanagement sowie zur Sicherstellung der Einhaltung der einschlägigen Vorschriften und der Kommunikation geeignete Strategien und Verfahren innerhalb seiner Kanzlei einzuführen und aufrechtzuerhalten, um Transaktionen, die mit Geldwäscherei zusammenhängen, vorzubeugen und zu verhindern.

Neuerungen aufgrund der 5. Geldwäscherichtlinie (Berufsrechts-Änderungsgesetz 2020)

In § 8b Abs 2 RAO wird nun festgehalten, dass die Überprüfung der Identität der Partei nicht nur anhand der schon bisher gesetzlich vorgesehenen Mittel (Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises; amtlich dokumentierter, in gleicher Weise beweiskräftiger Vorgang), sondern auch „auf der Grundlage von Dokumenten, Daten oder Informationen, die von einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen“, erfolgen kann. Die Identitätsfeststellung der Partei darf nun auch aus der Ferne oder auf elektronischem Weg erfolgen!

Neu ist weiters, dass der Rechtsanwalt gemäß § 8b Abs 4a RAO nun ausdrücklich verpflichtet ist, bei Anknüpfung einer neuen Geschäftsbeziehung zu einem Rechtsträger im Sinn des § 1 Abs 2 WiEReG einen Auszug aus dem Register der wirtschaftlichen Eigentümer einzuholen. Bei Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen, an denen ein „Drittland mit hohem Risiko“ beteiligt ist, sind Rechtsanwälte nun dazu verpflichtet, die in § 9a FM-GwG angeführten verstärkten Sorgfaltspflichten einzuhalten.

Es wurde zudem klargestellt, dass die den Rechtsanwalt treffenden Sorgfaltspflichten auch für alle bestehenden Geschäftsbeziehungen gelten, unabhängig davon, wann sie begründet worden sind. Gemäß § 8b Abs 6a RAO hat die Anwendung der Sorgfaltspflichten auf risikobasierter Grundlage bei bestehenden Geschäftsbeziehungen insbesondere dann zu erfolgen, wenn der Rechtsanwalt Kenntnis von einer Änderung maßgeblicher Umstände bei der Partei erlangt. Außerdem, wenn er aufgrund anderer Rechtsvorschriften verpflichtet ist, die Partei im Laufe des betreffenden Kalenderjahres zu kontaktieren, um etwaige einschlägige Informationen über den Eigentümer zu überprüfen.

Eine weitere Klarstellung erfolgte dahingehend, als bei Scheitern der Identifizierung aufgrund mutwilliger Verweigerung eines berechtigten Auskunftsverlangens des Rechtsanwalts durch die Partei, eine Verdachtsmeldung an die Geldwäschemeldestelle im Sinne der Richtlinie „in Erwägung zu ziehen“ ist, ist jedoch nicht verpflichtend.

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