12.04.2024 | Wohnrecht | ID: 1167259

Errichtung von Ladestationen für E-Fahrzeuge zum Langsamladen

Roman Reßler

Gastautor Mag. Roman Reßler erläutert die Frage, ob die Errichtung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeuges durch Verlegung einer Starkstromleitung eine privilegierte Änderung darstellt.

Selbst deutlich sichtbare Leitungen im Kellergeschoß und einige durchbohrte Kellerwände zwecks Leitungsverlegung stellen für sich keine unzumutbare Beeinträchtigung dar. Dies muss in einem Verfahren auch klar dargelegt werden.

Warum ein erheblicher Eingriff in eine Bausubstanz vorliegt, muss ebenfalls im Verfahren dargelegt werden und für das Gericht nachvollziehbar sein.

Dasselbe gilt auch für eine mögliche Gefahr durch eine Überputzführung einer Elektroleitung entlang der Garagendecke.

Errichtung von E-Ladestationen: Erleichterungen durch WEG-Novelle 2022

Durch die WEG Novelle 2022 wurde der Katalog der privilegierten Änderungen eines einzelnen Wohnungseigentümers erweitert, weshalb die Errichtung einer individuellen Ladestation zum Langsamladen von elektrisch betriebenen Fahrzeugen leichter durchgesetzt werden kann.

Zunächst hat der änderungswillige Wohnungseigentümer allen Miteigentümern eine Verständigung zu übersenden in der das Projekt vollständig, klar und verständlich beschrieben wird und gleichzeitig hingewiesen wird, dass im Fall der Nichtäußerung von einer Zustimmung ausgegangen wird. Bei privilegierten Änderungen wie zB der Errichtung einer individuellen Ladestation zum Langsamladen kann ein Miteigentümer der privilegierten Änderung widersprechen und muss diesen Widerspruch entweder auf Papier oder auf dauerhaft speicherbarer elektronischer Form übermitteln.

Praxistipp:

Zu beachten ist, dass für den Fall des Eintrittes einer wesentlichen und dauernden Beeinträchtigung eines Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekts durch die Errichtung einer Ladestation sich der betroffene Wohnungseigentümer auch dann zur Wehr setzen kann, wenn er den Widerspruch unterlassen hat!

Aktuelle OGH-Entscheidung zum Thema E-Ladestation im WEG

Sachverhalt

Der Entscheidung 5 Ob 152/23y vom 19.10 2023 lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Streitteile waren Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft mit der darauf errichteten Wohnungseigentumsanlage.

Im gegenständlichen Fall ging es um die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung zur Verlegung einer Starkstromleitung (dreiphasiges Kabel mit 16 Ampere Stromtragefähigkeit) mittels einer Leitungsführung bis zum 2. Stock zur Zählernische neben der Wohnung Top 2 der Antragstellerin, als änderungswillige Wohnungseigentümerin und zur Anbringung einer Wallbox an der Wand rechts im Bereich des Stellplatzes 2 in der Garage 1 samt deren Verbindung mit dieser Starkstromleitung und deren Installation sowie Betrieb.

Der Antragstellerin ist der Stellplatz 2 in der Gemeinschaftsgarage 1 und der Erstantragsgegnerin der Stellplatz 3 in der Gemeinschaftsgarage 2 zugeordnet. Schon die Vorinstanzen hatten keine relevante Beeinträchtigung von schutzwürdigen Interessen festgestellt. Das Revisionsgericht lies den Revisionsrekurs an dem OGH zu, weil es im Anwendungsbereich seit der WEG Novelle 2022 an oberstgerichtlicher Judikatur zu den Voraussetzungen für die Errichtung von Ladestationen im Wohnungseigentum fehle und die Entwicklung entsprechender Leitlinien über den gegenständlichen Fall hinaus von erheblicher Bedeutung sei.

In ihrem Revisionsrekurs strebte die Erstantragsgegnerin die Aufhebung dieses Beschlusses an und die Antragstellerin beantragte in ihrer Revisionsrekursbeantwortung den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihn nicht Folge zu geben.

Gegenstand des Änderungsbegehrens

Gegenstand des Änderungsbegehrens der Antragstellerin war einerseits die Herstellung des Starkstromanschlusses und andererseits die Errichtung der von ihr bereits installierten Wallbox.

Es handelte sich dabei um eine einphasige Wallbox mit einer Leistung von 3,680 kW.

Dass diese für sich allein betrachtet, jedenfalls dem Langsamladen im Sinne der Privilegierung des § 16 Abs 2 Z 2 WEG entspricht, lag nach Ansicht des OGH auf der Hand und wurde auch im Revisionsrekurs an den OGH nicht bezweifelt.

Die Frage einer Privilegierung dieser Leitungsverlegung, die es grundsätzlich ermöglicht, in weiterer Folge auch eine Wallbox zu installieren, die allenfalls auch dreiphasiges Laden und eine deutlich höhere Ladeleistung ermöglicht, war im gegenständlichen Fall nicht zu klären.

Relevante Beeinträchtigung von schutzwürdigen Interessen

Im gegenständlichen Fall versuchte die Revisionsrekurswerberin jedoch eine relevante Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Interessen zu begründen. Dabei hielt das Höchstgericht fest, dass bagatellhafte Änderungen grundsätzlich nicht der Genehmigungspflicht des Außerstreitgerichtes unterliegen.

Gem §16 Abs 2 Z 1 WEG darf eine Änderung, welche nicht bagatellhaft ist, weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben.

Beweislast für die Beeinträchtigung von schutzwürdigen Interessen

Für das Vorliegen dieser Umstände ist der widersprechende Mit- und Wohnungseigentümer darlegungs- und beweispflichtig.

Abzustellen ist darauf, ob bei objektiver Betrachtung der Schutzwürdigkeit der Interessen anderer Miteigentümer eine als gewichtig anzusehende unzumutbare Beeinträchtigung vorliegt.

Im konkreten Fall schloss sich der OGH der Beurteilung der Vorinstanzen an, wonach das Vorbringen der Revisionsrekurswerberin eben nicht auf eine relevante Beeinträchtigung schließen lasse.

Warum selbst deutlich sichtbare Leitungen im Kellergeschoß zwecks Leitungsverlegungen eine unzumutbare Beeinträchtigung bewirken sollten, war aus den Revisionsrekursausführungen ebenfalls nicht ersichtlich. Ebenso konnte ein erheblicher Eingriff in die Bausubstanz aus dem Vorbringen nicht nachvollzogen werden. Auch auf eine nicht mehr spezifizierte Gefahr durch die Überputzführung der Elektroleitung entlang der Garagendecke hatte sich die Revisionsrekurswerberin auch nicht im Verfahren erster Instanz berufen. Somit lag im konkreten Fall insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage vor, sodass der Revisionsrekurs zurückzuweisen war.

Fazit

Nach der vorliegenden Entscheidung konnte die Revisionrekursbewerberin keine relevante Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Interessen aufzeigen und keine erhebliche Rechtsfrage erfolgreich vor dem OGH begründen, weshalb der Revisionsrekurs im Ergebnis zurückgewiesen werden musste.

Zu den Grenzen des Langsamladens eines elektrisch betriebenen Fahrzeuges

Auf die Frage, ob eine Vorrichtung zum Langsamladen mittels Starkstromleitung als privilegierte Maßnahme nach § 16 Abs 2 Z 2 anzusehen ist, war nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung. Das Langsamladen ist allerdings keineswegs auf einphasiges Laden beschränkt, sondern erfasst nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage auch dreiphasiges Laden.

Die Ladeleistung, bis zu der noch von einem Langsamladen auszugehen ist, wurde bewusst im Gesetz nicht näher definiert, um den technischen Entwicklungen Rechnung zu tragen. In den erläuternden Bemerkungen wurde lediglich festgelegt, dass die Ladeleistung, beim Langsamladen niedriger sein muss als die maximale Ladeleistung beim Normalladen (bis zu 22kW), sodass Laden mit 22kW oder auch nur 11kW nicht als Langsamladen angesehen wird.

Sehr wohl jedoch wird als Langsamladen noch das Laden mit 5,5 kW (das Minimum für dreiphasiges Laden) angesehen. (Illedits, Wohnrecht § 16 Rz 23)

Autor

Mag. Roman Reßler ist Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum. Schon während seines Studiums war er als Eigentümer von Liegenschaften mit Fragen des Miet- und Wohnrechts beschäftigt. Nach Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums und des Gerichtsjahres mit dem Schwerpunkt „Wohnrecht“ sammelte er weitere praktische Erfahrungen in einer Hausverwaltung. Im Jahre 2001 begann er seine Tätigkeit als Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum, wo er für die persönliche Mitgliederberatung verantwortlich ist.

Neben seiner Tätigkeit als Rechtsberater verfasst er auch juristische Fachartikel in der monatlich erscheinenden Mitgliederzeitung „Haus & Eigentum“.

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