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Olaf Rittinger | News | 14.02.2012

Aufwandersatzanspruch bei aufrechtem Bestandverhältnis?

Gastautor Dr. Rittinger erläutert in seinem Beitrag, inwieweit bzw. ob für Mieter ein Anspruch auf Aufwandersatz für getätigte Investitionen besteht, wenn das Bestandverhältnis noch aufrecht ist.

Sachverhalt

Ein Vermieter macht rückständige Betriebskosten gerichtlich geltend. Der Beklagte wendet ua ein, er habe im Laufe der bisherigen Vertragslaufzeit (über 20 Jahre) zahlreiche Investitionen getätigt und legt dazu exemplarisch eine Rechnung für eine Heizung vor. Diese Heizung wurde vor etwa 8 Jahren installiert. Vor diesem Zeitpunkt konnte die Wohnung durch Kachelofen beheizt werden. Diese Kurzdarstellung beschränkt sich auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen und ab wann der Mieter Ersatzansprüche für getätigte Aufwendungen begehren kann.

Vorfragen

Primär stellt sich wie gewohnt bei mietrechtlichen Angelegenheiten die Frage nach der Anwendbarkeit des MRG. Auch im Teilanwendungsbereich kommen die im Zusammenhang mit Investitionen normierten Regelungen des unten kurz dargestellten § 10 MRG ohne spezielle Vereinbarungen nicht zur Anwendung.

Daneben wäre zu hinterfragen, ob vertragliche Regelungen zur Frage des Investitionsersatzes getroffen wurden. Insbesondere ein allfällig vertraglich fixierter Verzicht auf Ersatzansprüche ist auf seine Zulässigkeit hin zu überprüfen. Zudem wäre zu beurteilen, um welche Art von Aufwendung es sich handelt, nämlich um Erhaltungs-, Verbesserungsmaßnahmen oder sonstige Aufwendungen.

Schließlich ist anhand dieser Kriterien der Zeitpunkt einer möglichen Geltendmachung festzulegen.

Regelung gem § 10 MRG

Im Vollanwendungsbereich des MRG sieht § 10 MRG Regeln für Ersatz bestimmter vom Mieter einer Wohnung (nicht bei Geschäftsräumlichkeiten) getätigten Aufwendungen vor. Ein Investitionsersatz nach dieser Bestimmung kommt erst nach Beendigung des Mietverhältnisses infrage. Diese Bestimmung sieht vor, dass nur jene Aufwendungen relevant und zu prüfen sind, welche zur wesentlichen Verbesserung (gem. § 9 MRG) beigetragen haben und über die Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen sind, bzw jene Aufwendungen, die der Mieter dem Vormieter oder dem Vermieter abgegolten hat.

Das bedeutet, dass sich diese Regelung fast ausschließlich auf die Entschädigung von Verbesserungen im Mietobjekt und nicht auf vom Mieter getätigten Erhaltungsarbeiten konzentriert. Auf einen Ersatzanspruch gemäß § 10 MRG kann im Voraus nicht verzichtet werden (vgl. dazu Ausführungen in Kuprian/Prader, Der Mietvertrag, Rz 218, 219). Bei ersatzfähigen Investitionen ist weiters die (Wert-)Verminderung aufgrund jährlicher Abschreibung zu berücksichtigen. Wenn der Vermieter berechtigterweise seine Zustimmung dafür verweigert oder sich die Wiederherstellung des früheren Zustands ausbedungen hat, ist ein Ersatzanspruch ausgeschlossen.

§ 10 Abs 3 MRG führt die Aufwendungen an, die überhaupt für einen Ersatzanspruch infrage kommen. Unter § 10 Abs 3 Z 1 MRG sind – für unseren Sachverhalt relevant – Beheizungsanlagen angeführt, die in normaler Ausführung gehalten und den Stand der Technik entsprechen müssen. Luxusausführungen werden folglich nicht in voller Höhe abgegolten (vgl. dazu Dirnbacher, MRG idF der WRN 2006, Seite 128). Schließlich ist bei sonstigem Verlust des Ersatzanspruches die ordnungsgemäße Anzeige durch rechtzeitige (unterschiedliche Fristen je nach Auflösungsform), schriftliche Bekanntgabe unter Anführung der Investition und Bezifferung des Anspruches zu beachten.

Die Frage, inwiefern auch bei aufrechten Bestandverhältnissen ein Kostenersatz für Aufwendungen möglich ist, wird sich danach orientieren, ob es sich um Erhaltungsarbeiten iSd § 3 MRG handelt. Bei Unterlassen von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten kann der Mieter selbige gemäß § 6 MRG auftragen lassen. Mit anderen Worten wird es darauf ankommen, ob es der Vermieter verabsäumt, seinen vertraglichen und/oder gesetzlichen Verpflichtungen während aufrechter Bestanddauer nachzukommen. Ist dies der Fall und nimmt der Mieter diese notwendigen Arbeiten selbst vor, so kann er nach den unten kurz dargestellten Regeln des § 1097 iVm § 1036 ABGB schon während des aufrechten Bestandverhältnisses Ersatzansprüche gelten machen. Notwendige (dem Vermieter obliegende) Aufwendungen iSd §§ 1097, 1036 ABGB werden durch § 10 MRG überhaupt nicht berührt. (vgl. Tades/Hopf/Kathrein/Stabentheiner, ABGB Kommentar, 37. Auflage, zu § 1097, E 1b).

Regelung nach § 1097 ABGB

Diese Bestimmung normiert zunächst eine Anzeigepflicht des Mieters bei nötigen Ausbesserungen, die dem Bestandgeber obliegen. Damit sind eben diese Maßnahmen gemeint, zu denen der Vermieter vertraglich oder gesetzlich angehalten ist. Unterlässt der Mieter eine derartige Anzeige, wird er schadenersatzpflichtig für Schäden, die aufgrund mangelnder Anzeige entstanden sind. Bei Verletzung der Anzeigepflicht verliert der Mieter, der notwendige Ausbesserungen selbst durchführte, noch nicht seinen Anspruch aus der Geschäftsführung, er kann aber schadenersatzpflichtig werden (vgl. Tades/Hopf/Kathrein/Stabentheiner, ABGB Kommentar, 37. Auflage, zu § 1097 E 4). Werden Arbeiten durch den Bestandnehmer selbst durchgeführt, so gelten die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag und sind allfällige Ersatzansprüche bei einen den Bestandgeber obliegenden Aufwand gemäß § 1036 ABGB bei sonstigen nützlichen Aufwendungen gemäß § 1037 ABGB zu beurteilen.

§ 1097 ABGB unterscheidet demnach nach notwendigen und nützlichen Aufwendungen und knüpft daran unterschiedliche Zeitpunkte einer möglichen Geltendmachung. Bei notwendigen Aufwendungen besteht Handlungsbedarf während des Bestandverhältnisses, da diese zur Erhaltung und Brauchbarmachung geboten sind (bei nützlichen Verbesserungen nicht der Fall). Bei notwendigen Aufwendungen ist ein Anspruch auf Ersatz solcher Aufwendungen sofort fällig. Ein Ersatzanspruch für nützliche Aufwendungen kann in der Regel erst nach Beendigung des Bestandverhältnisses begehrt werden, da erst zu diesem Zeitpunkt feststeht, ob diese Aufwendungen überhaupt noch wirksam und daher dem Bestandgeber zum klaren und überwiegenden Vorteil gereichen können (vgl. Tades/Hopf/Kathrein/Stabentheiner, ABGB Kommentar, 37. Auflage, zu § 1097 E 15 und E 9).

Dementsprechend ist im Vollanwendungsbereich des MRG ein vertraglicher Verzicht auf Ansprüche nach § 1097 iVm § 1036 ABGB nur beschränkt wirksam, da unter den dem Bestandgeber obliegenden Aufwendungen eben jene Erhaltungspflichten des § 3 MRG gemeint sind. Diese sind zulasten des Mieters nicht abdingbar. Anders stellt sich die Situation bei bloß nützlichen Aufwendungen iSd § 1097 iVm §1037 ABGB dar. Hier ist ein vertraglicher Verzicht auch im Vollanwendungsbereich möglich (vgl. dazu Ausführungen in Kuprian/Prader, Der Mietvertrag, Rz 220-227).

Schließlich ist die Präklusionsfrist für sämtliche Ersatzansprüche zu beachten. Diese müssen nach Rückstellung des Bestandobjektes längstens binnen sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht werden, dies bei sonstigem Verlust des Anspruchs.

Für den eingangs skizzierten Sachverhalt wird es daher aufgrund des nach wie vor aufrechen Bestandverhältnis darauf ankommen, ob – je nachdem ob im Vollanwendungsbereich des MRG oder nicht – den gesetzlichen Verpflichtungen des Vermieters entweder nach § 3 MRG oder nach § 1096 ABGB durch zur Verfügungstellung eines Kachelofens zu Beginn des Mietverhältnisses ausreichend nachgekommen wurde oder nicht. Nur wenn den Vermieter eine gesetzliche/vertragliche Pflichtverletzung treffen würde, könnte mE eine diesbezügliche Gegenforderung für den Beklagten prozessual hilfreich werden.

Fazit

Bei Investitionen ist ein allfälliger Ersatzanspruch durchwegs erst nach Beendigung des Mietverhältnisses zu prüfen. § 10 Abs 8 MRG verweist darauf, dass weitergehende Ansprüche nach § 1097 iVm § § 1036, 1037 ABGB unberührt bleiben und schafft damit auch im Vollanwendungsbereich eine weitere Anspruchsgrundlage (vgl. dazu Ausführungen in Kuprian/Prader, Der Mietvertrag, Rz 219). Lediglich dann, wenn der Vermieter seine gesetzlichen/vertraglichen Hausaufgaben nicht erledigt, kommt auch bei aufrechtem Mietverhältnis ein Aufwandersatzanspruch infrage.

Autor

Herr Dr. Olaf Rittinger ist selbstständiger Rechtsanwalt in Salzburg. Eines seiner Spezialgebiete ist das Miet- und Wohnrecht. Als Gastautor schreibt er regelmäßig Artikel für Wohnrecht online.