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WEKA (mpe) | News | 19.01.2015

Ausbildungskostenerstattung bei Mutterschaftsaustritt

Welche Folgen hat der Austritt aus dem Dienstverhältnis aus Gründen der Mutterschaft auf die Rückzahlungspflicht einer (nicht vollständig) absolvierten Ausbildung? Handelt es sich hierbei um einen begründeten vorzeitigen Austritt?

Die Rückerstattung von Ausbildungskosten ist in § 2d AVRAG geregelt. Nach Abs 4 besteht der Anspruch auf Ausbildungskostenrückersatz dann nicht, wenn das Arbeitsverhältnis durch unbegründete Entlassung bzw durch begründeten vorzeitigen Austritt endet.

Im vorliegenden Fall erklärte die klagende Angestellte vor Absolvierung des letzten Moduls und der Abschlussprüfung der Fortbildung nach § 15r MSchG aus Gründen der Mutterschaft ihren vorzeitigen Austritt.

Dieser Sachverhalt wirft vorrangig zwei Fragen auf:

  1. Gilt die Ausbildung als absolviert, obwohl die vorgesehene Abschlussprüfung nicht abgelegt wurde?
  2. Zählt der Austritt nach § 15r MSchG als begründeter vorzeitiger Austritt?

Auf eine Prüfung kommt es nicht an

Den Ausführungen des Berufungsgerichts folgend kommt es darauf an, ob die Ausbildung für die Arbeitnehmerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwertbar sei. Der Erfolg der Ausbildung müsse nicht durch eine Prüfung oder ein Zeugnis belegt sein. Außerdem entspringt der Grund aus dem die Ausbildung nicht abgeschlossen wurde (vorzeitiger Austritt), der Sphäre der Klägerin. Da auch eine entsprechende schriftliche Vereinbarung von den Streitparteien aufgenommen wurde, ist im Zwischenergebnis die Rückerstattung der Ausbildungskosten zu bejahen.

§ 15r MSchG zeigt Gesetzeslücke auf

Der OGH beschäftigte sich eingehend mit der Einordnung des § 15r MSchG. Zunächst stellt er fest, dass der Gesetzgeber mit der taxativen Aufzählung des § 2d Abs 4 AVRAG auf die in der traditionellen arbeitsrechtlichen Terminologie typischen Begriffe der unbegründeten Entlassung (§ 27 AngG und § 82 GewO 1859) und des begründeten vorzeitigen Austritts (§ 26 AngG und § 82a GewO 1859) abgestellt hat (vgl Binder, AVRAG² § 2d Rz 37).
Auf besondere, also in sondergesetzlichen Bestimmungen vorgesehene Austrittsrechte wurde nicht Bedacht genommen.

Aus der Entscheidung 4 Ob 10/85 geht hervor, dass der Mutterschaftsaustritt keinen vorzeitigen Austritt aus wichtigem Grund im Sinn der traditionellen arbeitsrechtlichen Terminologie darstellt. Es handelt sich vielmehr um eine vorzeitige Beendigungsart sui generis.

Der OGH zieht aus den obigen Ausführungen folgenden Schluss: Es liegt hier eine Gesetzeslücke vor und § 2d Abs 4 Z 3 AVRAG ist im Wege einer Analogie um den Fall eines in einer sondergesetzlichen Regelung vorgesehenen besonderen Austrittsrechts der Arbeitnehmerin zu erweitern.

Im Ergebnis ist damit die Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich der Ausbildungskosten mit dem Mutterschaftsaustritt gem § 15r MSchG ausgeschlossen.

OGH 29.09.2014, 8 ObA 57/14m