Dokument-ID: 919334

WEKA (ato) | News | 31.05.2017

Besonderer Kündigungsschutz für Mitarbeiterin in Elternteilzeit bei umstrukturierungsbedingter Stilllegung des Betriebs

Die Kündigung kann gegenüber einer Arbeitnehmerin in Elternteilzeit nur dann rechtswirksam ausgesprochen werden, wenn vorher die Zustimmung des Gerichts eingeholt wird. Wurde der Betrieb bereits stillgelegt, entfällt dieses Erfordernis.

Sachverhalt

Die Beklagte war seit 1. Mai 2003 bei einem in Österreich ansässigen Unternehmen beschäftigt. Seit dem Ende ihrer Karenz am 2. September 2015 nahm sie Elternteilzeit in Anspruch, wurde jedoch dienstfrei gestellt. Die Klägerin brachte vor, dass das gesamte Key Account Management an diesem Standort im Rahmen einer Umstrukturierung im April 2014 aufgelöst worden und seitdem direkt von ihr von Deutschland aus durchgeführt werde, das Dienstverhältnis mit der Klägerin sei dabei aufgrund eines damit verbundenen Teilbetriebsüberganges auf sie übergegangen. Sie begehrte die Zustimmung des Gerichts zur Kündigung gem § 15n iVm § 10 Abs 3 MSchG, weil es ihr nicht zumutbar sei, für die Beklagte in Österreich einen Ersatzarbeitsplatz zu schaffen. Die Beklagte bemängelte die fehlende Verständigung des zuständigen Betriebsrats von der Einbringung der Klage und führte aus, dass der Betrieb ohnehin weder eingeschränkt noch stillgelegt worden sei, weswegen die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung nicht erfüllt seien und sie jedenfalls weiterhin beschäftigt werden kann.

Zustimmung des Gerichts bei bereits erfolgter Betriebsstillegung?

Seine Zustimmung zur Kündigung hat das Gericht nur dann zu erteilen, wenn der Dienstgeber das Dienstverhältnis wegen einer Einschränkung oder Stilllegung des Betriebs oder der Stilllegung einzelner Betriebsabteilungen nicht ohne Schaden für den Betrieb weiter aufrecht erhalten kann oder wenn sich die Dienstnehmerin vor dem Gericht mit der Kündigung einverstanden erklärt. Nach Stilllegung des Betriebs ist eine Zustimmung des Gerichts nicht erforderlich. Eine solche liegt vor, wenn die Organisationseinheit als solche dauerhaft nicht mehr fortbesteht, dh nur dann, wenn auch ein Betriebsübergang nicht gegeben ist. Eine Betriebseinschränkung besteht bei Verlust eines Großteils der bisherigen Agenden des Unternehmens oder bei saisonbedingtem Mangel an Aufträgen.

Tatbestandsvoraussetzung für Kündigung gem § 10 Abs 3 MSchG gegeben?

Im Hinblick auf das eben Ausgeführte waren dem Vorbringen der Klägerin, die einerseits einen Teilbetriebsübergang bzw einen Übergang des Arbeitsverhältnisses und andererseits zwar eine Änderung in der Organisationseinheit behauptete, jedoch ohne darzutun, dass dieser Standort auf Dauer nicht mehr fortbestehen würde, sondern nur, dass dessen Aufgabenbereich nun anders (von Deutschland aus) fortgeführt werde, keine ausreichenden Tatbestandsvoraussetzungen für eine mögliche Zustimmung zur Kündigung gem § 10 Abs 3 MSchG zu entnehmen. Sofern sich die Klägerin mit ihren Ausführungen dazu, dass der Standort zu einem bloßen Schauraum umfunktioniert wurde, darauf bezieht, dass der Betrieb bereits „stillgelegt“ worden sei, wäre das Klagebegehren ebenfalls unberechtigt, weil in diesem Fall das Erfordernis der Zustimmung gem § 10 Abs 3 4. Satz MSchG entfällt.

OGH 24.03.2017, 9 ObA 123/16b