Dokument-ID: 603221

WEKA (mpe) | News | 22.07.2013

Integritätsabgeltung nach Sturz von Baugerüst

Die Missachtung von Arbeitnehmerschutzvorschriften durch das bewusste Nichtbefolgen von Herstellerangaben beim Aufbau eines Baugerüsts ist laut OGH als grob fahrlässig zu werten.

Sachverhalt

Der beklagte Polier ignorierte bei der Gerüstmontage die in der Anleitung vom Hersteller vorgegebenen Mindestanforderungen bezüglich Länge der Anker zur Befestigung in der Mauer sowie Minimalabstand zwischen den Ankerbohrlöchern. In der Folge brach das Gerüst zwei Tage nach Errichtung zusammen, als gerade der Kläger darauf seine Maurertätigkeit verrichtete. Für die durch den Sturz erlittenen schweren Verletzungen begehrt er eine Integritätsabgeltung gem § 213a ASVG.

Anspruch auf Integritätsabgeltung laut Gericht?

Als eine wesentliche Voraussetzung für den Anspruch auf Integritätsabgeltung verlangt das Gesetz, dass der Arbeitsunfall durch die grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften verursacht wurde. Das Erstgericht sah dies als erfüllt an und entsprach mit seinem Urteil dem Klagebegehren.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts finden die Grundsätze zum Schutz der Arbeitnehmer in der Gerüstmontageanleitung des Herstellers – welche eine Unfallverhütungs- bzw Arbeitnehmerschutzvorschrift darstelle – Niederschlag. Leichte Fahrlässigkeit scheide im Hinblick auf die gravierenden Verstöße gegen die Montageanleitung aus.

Der OGH teilt die Ansicht des Erst- und Berufungsgerichts. Es wurden bei objektiver Betrachtungsweise seitens des Poliers ganz einfache und naheliegende Überlegungen in Bezug auf den Arbeitnehmerschutz (Verwendung der richtigen Anker, Einhaltung der Minimalabstände der Bohrlöcher) nicht angestellt.
 Die subjektive Vorwerfbarkeit ergibt sich aus der krassen Missachtung der Montageanleitung, wonach mit dem Ausreißen der Gerüstbefestigung und ein damit verbundener Personenschaden als wahrscheinlich anzunehmen war.

Das vom Beklagten eingewendete Herumspringen am Gerüst zur Überprüfung der Haltbarkeit stellt zwar eine Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten dar, ändert jedoch nichts an der subjektiven Vorwerfbarkeit bzw der groben Fahrlässigkeit.

Die außerordentliche Revision wurde zu Recht zurückgewiesen.

OGH vom 28.05.2013, 10 ObS 51/13t