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WEKA (aga) | News | 21.02.2017

Nachrechnungspflicht und Deckungsprüfung bei Überstundenpauschalen

Geleistete Überstunden sind grundsätzlich einzeln abzurechnen. In der Praxis werden allerdings häufig Vereinbarungen getroffen, welche eine pauschale Abgeltung von Überstunden vorsehen. Diese sind jedoch laufend zu überprüfen.

Nachrechnungspflicht

Der Arbeitnehmer darf durch eine Mehr- bzw Überstundenpauschale nur besser, aber nicht schlechter gestellt werden, als er ohne sie stünde. Übersteigt die zwingend zustehende Überstundenvergütung über einen gewissen Zeitraum hinweg das Ausmaß der Pauschalentlohnung, besteht ein Nachforderungsanspruch des Arbeitnehmers auf die Entgeltdifferenz.

Den Arbeitgeber trifft in diesem Zusammenhang eine Nachrechnungspflicht: Er hat zu prüfen, ob durch die Pauschale die tatsächlich geleisteten Überstunden im Durchschnitt eines bestimmten Zeitraumes – idR ein Jahr - abgegolten werden.

Vorsicht ist bei den entgeltfortzahlungspflichtigen Dienstverhinderungszeiten (Urlaub, Krankenstand) geboten: Leistet der Arbeitnehmer regelmäßig Überstunden, ist aufgrund des Ausfallsprinzips zu fingieren, dass der Arbeitnehmer auch während der Dienstverhinderung Überstunden geleistet hätte. Im Normalfall ist dabei der Durchschnitt der letzten 13 Wochen maßgeblich. Diese fiktiven Überstunden sind zu berücksichtigen, wenn nachgerechnet wird, ob die Pauschale ausreicht, um das (zwingende) Überstundenentgelt für die geleisteten Überstunden abzudecken.

Deckungsprüfung

Bei der Deckungsprüfung wird die Überstundenpauschale jenem fiktiven Betrag gegenüber gestellt, den der Dienstnehmer erhalten hätte, wenn die tatsächlich geleisteten Überstunden am Ende des Beobachtungszeitraums einzeln abgerechnet worden wären. Überschreitet dieser Gegenwert den Betrag der Überstundenpauschale, so ist dem Arbeitnehmer die Differenz nachzuzahlen.

Für die Durchführung der Deckungsprüfung sind folgende Schritte zu empfehlen (Diese Checkliste wurde dem neuen WEKA-Praxishandbuch Arbeitszeitrecht entnommen):

  1. Ermittlung des Beobachtungszeitraumes (im Zweifel ein Jahr)
  2. Berechnung der Mindestansprüche des Arbeitnehmers:
    • Welches Gehalt/-lohn wurde für die Normalarbeitszeit vereinbart?
    • Welche Mehr- und Überstunden wurden tatsächlich geleistet?
    • Welche fiktiven Mehr- und Überstunden ergeben sich aufgrund des Ausfallsprinzips?
    • Was soll die Pauschale sonst noch abdecken?
    • AZG und/oder Kollektivvertrag anwendbar?
    • Welche Mindestansprüche ergeben sich daraus?
  3. Vergleich: Mindestansprüche und Pauschalentlohnung
    • Wenn zwischen den Mindestansprüchen und der Pauschalentlohnung eine Entgeltdifferenz zu Lasten des Arbeitnehmers entstanden ist, hat eine Nachzahlung zu erfolgen.
    • Werden weniger Überstunden geleistet, als durch die Pauschalentgeltvereinbarung abgegolten ist, kann die daraus resultierende „Überzahlung“ vom Arbeitnehmer nicht zurückgefordert werden. Gleiches gilt, wenn überhaupt keine Mehr- und Überstunden geleistet wurden.
    • Zur Berechnung der Mindestansprüche wird bei echten Überstundenpauschalen grundsätzlich der IST-Lohn für die Normalarbeitszeit zuzüglich der auf dieser Basis berechneten Überstundenentgelte (tatsächlich geleistete Überstunden zuzüglich der Überstunden aufgrund des Ausfallsprinzips) herangezogen.
    • Bei Berechnung der Mindestansprüche ist ua zu berücksichtigen, ob zum Beispiel kollektivvertraglich besondere Überstundenteiler oder Zuschläge vorgesehen sind.
Arbeitszeitrecht

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