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WEKA (bli) | News | 16.01.2012

Nichtigkeit einer Betriebsratswahl aufgrund falscher Stimmauszählung?

Der OGH beschäftigte sich neulich mit der Frage, ob leer abgegebene Stimmzettel bei einer Betriebsratswahl als gültige Stimmen gezählt werden können und, ob eine falsche Auszählung der Stimmen gleich die Nichtigkeit der Wahl zur Folge habe.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall beteiligten sich sechs von acht Wahlberechtigten an einer Betriebsratswahl, bei der einheitliche Stimmzettel mit nur einem einzigen Wahlvorschlag „Liste 1“ zum Ankreuzen verwendet wurden. Die Wahl brachte folgendes Ergebnis:

  • Bei einem der abgegebenen Stimmzettel war der Wahlvorschlag „Liste 1“ angekreuzt.
  • Bei einem stand neben der „Liste 1“ das Wort „Nein“.
  • Die restlichen vier Stimmzettel wurden leer abgegeben.

Leere Stimmzettel als gültige Stimme?

Der Wahlvorstand veröffentlichte als Wahlergebnis fünf gültige Stimmen für die „Liste 1“, die somit das eine zu vergebende Mandat erhielt. Das heißt, die vier leeren Stimmzettel wurden als gültige Stimme mitgezählt.

Daraufhin klagte der Arbeitgeber (Geschäftsführer) und begehrte die Feststellung auf Nichtigkeit der Wahl, in eventu die Anfechtung der Wahl.

Erstgericht und Berufungsgericht gaben dem Klagsbegehren statt und erklärten die BR-Wahl für nichtig. Begründung des Berufungsgerichts: Bei Vorliegen bloß eines Wahlvorschlags sei die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich und es müsse die Möglichkeit geben, den Wahlvorschlag nicht zu wählen. Da hier ein einheitlicher Stimmzettel iSd § 21a der BRWO vorlag, sind die Stimmen als ungültig anzusehen, wenn kein Wahlvorschlag angekreuzt sei. Somit sei die Auszählung der Stimmen falsch erfolgt. Wegen der Bedeutung des Repräsentationsprinzips für die demokratische Vertretung habe die Missachtung dieser Regelungen die Nichtigkeit der Wahl zur Folge. Das Verhalten des Wahlvorstands habe eine grobe Verzerrung des Wahlergebnisses bewirkt.

Keine Nichtigkeit der BR-Wahl laut OGH – warum?

Der OGH änderte die Urteile der Erstgerichte über die Revision des Betriebsrates ab.

Zu allererst unterscheidet der OGH zwischen

  • einheitlichen Stimmzetteln mit bereits vorgegeben Wahlvorschlägen und
  • leeren bzw beigebrachten Stimmzetteln.

Bei Letzterem handelt es sich um einen eigenen Stimmzettel des Wählers, auf welchem er den Wahlvorschlag festhalten kann. Dabei muss gemäß § 24 Abs 5b BRWO eindeutig zu erkennen sein, welchen Wahlvorschlag der Wähler wählen wollte. Da im vorliegenden Fall jedoch ein einheitlicher Stimmzettel mit einem vorgegeben Wahlvorschlag verwendet wurde, stimmt der OGH den Vorinstanzen dahingehend zu, dass es sich um keine gültige Stimme handelt, wenn der Stimmzettel leer abgegeben wurde und somit der Wahlvorschlag nicht ankreuzt war.

Es handelt sich also um eine mangelhafte Auszählung des Wahlergebnisses, das auf einer nicht zutreffenden Rechtsansicht fußte. Dies stellt zwar gemäß § 59 Abs 2 ArbVG einen Anfechtungsgrund dar, allerdings kann die Anfechtung nur von den Arbeitnehmern selbst bzw anderen wahlwerbenden Gruppen, nicht jedoch vom Geschäftsführer bzw Arbeitgeber – wie in diesem Fall – erfolgen.

Weiters bewirkt ein Fehler bei der Auszählung nicht gleich, dass die Wahl als Zerrbild einer Wahl zu beurteilen wäre. Aus dem Gesetz gehe deutlich hervor, dass die Anfechtung der Wahl nicht durch den Arbeitgeber erfolgen kann. Es liegt somit keine Nichtigkeit der BR-Wahl vor. Deshalb ist laut OGH der Revision des Betriebsrates Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen im klagsabweisenden Sinne abzuändern.

OGH 9 ObA 40/11i vom 25.11.2011

Die Vorschriften im Volltext finden Sie auf www.weka.at/arbeitsrecht:

Betriebsrats-Wahlordnung 1974 (BRWO 1974)

Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG)