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Dokument-ID: 390409

WEKA (bli) | News | 17.04.2012

Ruhender Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bei Bezug von Wochengeld?

In der vorliegenden aktuellen Entscheidung geht es um die Frage, ob der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld gem § 6 Abs 1 KBGG auch dann zum Ruhen kommt, wenn es vom Vater des Kindes beantragt wurde und der Mutter ein Anspruch auf Wochengeld zusteht.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall betreute der Vater nach der Geburt das Kind, da die Kindsmutter als selbstständige Fachärztin ihre Praxis nicht einfach so schließen konnte. Das Kind wächst im Haushalt des Vaters auf. Der Vater (Kläger) beantragte deshalb die Gewährung von Kinderbetreuungsgeld ab der Geburt des Kindes für 12 Monate (Zeitraum: 31.03.2010 – 30.03.2011). Die Mutter beantragte für den Zeitraum von 06.02.2010 bis 13.04.2010 das Wochengeld.

Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld ruht wegen Wochengeld

Die beklagte Partei gewährte zwar den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld des Vaters, sprach jedoch aus, dass für den Zeitraum, währenddessen die Mutter Wochengeld bezog, der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld gemäß § 6 Abs 1 KBGG ruhe.

Das Erstgericht wies das Klagsbegehren des Vaters ab, denn sofern ein Anspruch auf Wochengeld nach § 102a GSVG bestehe, ruhe gemäß § 6 Abs 1 KBGG der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld. Dabei ist unerheblich, dass die Mutter teilweise auf die Auszahlung des Wochengeldes verzichtet habe.

Diskriminierung von Vätern?

Laut dem Kläger führe die Auslegung des § 6 Abs 1 KBGG durch die Vorinstanzen zu einer Diskriminierung von Vätern, die die Betreuung des Kindes übernommen haben und nicht mit der Kindsmutter zusammenleben, da den Vätern dabei kein Wochengeldanspruch oder ein vergleichbarer Anspruch zustehe. Dabei gäbe es für den Vater auch keine rechtliche Möglichkeit, die Kindsmutter zu zwingen, sich das Wochengeld auszahlen zu lassen oder dessen Herausgabe zu fordern. Somit entspräche § 6 Abs 1 und 2 KBGG nicht dem Gleichsatz.

Entscheidung des OGH

Bisher gab es nur Entscheidungen dazu, dass der Anspruch der Mutter auf Kinderbetreuungsgeld in Höhe des Wochengeldanspruchs ruht (10 ObS 72/11b; 10 ObS 34/07h). Der Frage, ob auch der Anspruch des Kinderbetreuungsgeldes ruht, wenn der Vater dieses bezieht bzw beantragt hat, wird erstmals mit dieser Entscheidung nachgegangen (10 ObS 151/11w).

Laut OGH ist es zu bejahen, dass der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld während des Anspruchs auf Wochengeld auch dann ruht, wenn er vom Vater und nicht von der Mutter bezogen wird. Er beruft sich dabei auch auf § 6 des Durchführungserlasses zum Kinderbetreuungsgesetz. Dem Vater gebührt jedoch der Differenzbetrag, falls das Wochengeld niedriger als das Kinderbetreuungsgeld ausfällt.

Beim Kinderbetreuungsgeld handelt es sich um einen einheitlichen Anspruch, den die Eltern wahlweise ausüben können, nicht um getrennte Ansprüche des Vaters oder der Mutter. Somit ist es auch bei der Anwendung der Ruhensbestimmung des § 6 KBGG Intention des Gesetzgebers, die Einkünfte der Mutter und des Vaters nicht getrennt zu betrachten, sondern zu prüfen, ob es „in der Familie“ zu Leistungskumulierungen kommt. Im vorliegenden Fall hätte der gleichzeitige Bezug von Wochengeld und Kinderbetreuungsgeld zu solch einer Leistungskumulierung und somit einer Überversorgung geführt.

Laut OGH bestehen gegen die Anwendung der Ruhensbestimmungen in Fällen wie diesem auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf den Gleichsatz. Dem Gesetzgeber stehe bezüglich der Verfolgung von familienpolitischen Zielen ein relativ großer Gestaltungspielraum zu. Es steht dem Gesetzgeber frei Kinderbetreuungsgeld zu gewähren oder nicht, der Gleichheitssatz verpflichtet den Gesetzgeber weder auf den Grad der Belastung durch die Kinderbetreuung abzustellen, noch auf die Vermögens- und Einkommenslage der Eltern bedacht zu nehmen.

OGH 10 ObS 151/11w vom 17. Jänner 2012