Dokument-ID: 937221

WEKA (ato) | News | 04.08.2017

Sexuelle Belästigung iSd § 6 Abs 2 Z 1 GlBG am Arbeitsplatz

In einer aktuellen Entscheidung stellt der OGH klar, dass sexuelle Belästigung iSd § 6 Abs 2 Z 1 GlBG keine ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung oder Ablehnung von sexuell belästigendem Verhalten durch die betroffene Person voraussetzt.

Sachverhalt

Die Klägerin war beim beklagten Verein als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Der Obmann bediente sich ihr sowie auch anderen seiner Mitarbeiterinnen gegenüber eines lockeren, teils freizügig-scherzhaften Umgangstones mit zum Teil sexuell konnotierten Bemerkungen.

Wann liegt sexuelle Belästigung vor?

Ob ein Verhalten die Kriterien der sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs 2 Z 1 GlBG erfüllt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Zu bejahen ist diese dann, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt sowie für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.

Ablehnungspflicht der belästigten Person?

In Bezug auf die im Schrifttum angestellten Überlegungen hinsichtlich einer – wenn auch eingeschränkten – „Ablehnungsobliegenheit“ belästigter Personen hielt der OGH in vorliegender Entscheidung klarstellend fest, dass die ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung oder Ablehnung eines sexuell belästigenden Verhaltens durch die betroffene Person keine Tatbestandsvoraussetzung der sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs 2 Z 1 GlBG darstellt. Eine allfällige Ablehnung oder Zustimmung kann allerdings im Einzelfall ein Element des zu beurteilenden Sachverhalts sein, das bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen zu bewerten ist.

Fazit

Wie schon das Berufungsgericht sah auch der OGH den Tatbestand der sexuellen Belästigung in casu nicht verwirklicht. Die Art der Kommunikation zwischen der Klägerin und dem Obmann des beklagten Vereins deutete nämlich nicht darauf hin, dass sein Verhalten eine für die Klägerin einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt bezweckt oder auch nur geschaffen hätte. Nach den Feststellungen stieg die Klägerin auf den Umgangston des Obmanns ein und erwiderte diesen zum Teil. Darüber hinaus verfasste sie – ohne Veranlassung seinerseits – von sich aus Nachrichten mit sexuellem Bezug an ihn (betreffend Pornoseiten).

OGH 20.04.2017, 9 ObA 38/17d