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WEKA (bli) | News | 31.03.2015

Verbandsklage wegen gesetzeswidriger Klauseln in Dienstverträgen?

Mangels höchstgerichtlicher Judikatur hatte der OGH erstmalig darüber zu entscheiden, ob die Verbandsklage nach §§ 28–30 KSchG auch in Arbeitsrechtssachen (hier: unzulässige Klauseln in Verträgen) zulässig ist.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall klagte die Bundesarbeitskammer ein Unternehmen, weil dieses in Vertragsformblätter, die integrierter Bestandteil aller Dienstverträge des Unternehmens sind, Klauseln verwendet, die zu einer Benachteiligung der ArbeitnehmerInnen hinsichtlich Entgeltfortzahlungs- und Urlaubsansprüchen führt.

Deshalb begehrte die Bundesarbeitskammer per Verbandsklage nach den §§ 28-30 KSchG die Verwendung bestimmter Klauseln in Vertragsformblättern für ArbeitnehmerInnen zu unterlassen und sich auf diese Klauseln bei bereits bestehenden Verträgen mit ArbeitnehmerInnen nicht zu berufen.

Zulässigkeit der Verbandsklage iSd §§ 28–30 KSchG zulässig?

Prinzipiell gilt laut OGH: Wer im Geschäftsverkehr AGB oder Vertragsformblätter verwendet, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, kann gemäß § 28 Abs 1 KSchG von einem gemäß § 29 Abs 1 KSchG klageberechtigten Verband einerseits auf Unterlassung geklagt werden und kann sich andererseits nicht auf die unzulässigen Bedingungen berufen.

In der vorliegenden Entscheidung hatte der OGH die Frage zu klären, ob diese Möglichkeit einer Verbandsklage auch für Arbeitsrechtsachen besteht. Bisher gab es keine höchstgerichtliche Judikatur dazu.

Laut OGH wurden Arbeitsrechtssachen zwar nicht ausdrücklich vom II. Hauptstück des KSchG ausgenommen, in welchem auch die Verbandsklage gemäß §§ 28–30 KSchG enthalten ist, allerdings sieht er das darin begründet, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des KSchG im Jahre 1979 Arbeitsverträge idR noch mündlich abgeschlossen wurden. Deshalb habe der damalige Gesetzgeber keinen Regelungsbedarf gesehen.

Anders als Literaturmeinungen (zB Kodek [ARD 6051/6/2010])erblickt der OGH keine Gesetzeslücke darin, dass in den Tatbeständen für die sachliche Zuständigkeit in Arbeitsrechtssachen gemäß §§ 50–52 ASGG die Verbandsklage nicht vorgesehen wurde. Vielmehr sieht er die Bestimmungen der §§ 28–30 KSchG als zu weit gefasst.

Das begründet der OGH auch damit, dass der Gesetzgeber die Verbandsklage deshalb nie in Arbeitsrechtssachen vorgesehen hatte, weil das KSchG die gesetzlichen Interessenvertretungen zur Erhebung der Verbandsklage ermächtigt, das Kollektivarbeitsrecht jedoch vom Vorrang freiwilliger Berufsvereinigungen geprägt ist (vgl § 6 ArbVG).

Außerdem sieht ja das ASGG selbst in § 54 besondere Feststellungsverfahren vor, in welchen einerseits parteifähige Organe der Arbeitnehmerschaft, andererseits auch Arbeitgeber die Feststellung des (Nicht-)Bestehens von Arbeitsrechtsverhältnissen auf Betriebsebene (Abs 1) und überbetrieblicher Ebene (Abs 2) beantragen können.

Fazit

Die Bestimmungen der §§ 28–30 KSchG sind zu weit gefasst. Sie sind teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass die Verbandsklage in Arbeitsrechtssachen nicht anwendbar ist.

OGH vom 18.12.2014, 9 ObA 113/14d