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WEKA (api) | News | 31.07.2018

Zählt die Umkleidezeit zur Arbeitszeit?

In einer aktuellen OGH-Entscheidung ging es um die Frage, ob die Zeit, die ein Arbeitnehmer zum Anziehen der Dienstkleidung und für das Zurücklegen des Weges von der Garderobe hin zur eigentlichen Arbeitsstelle braucht, als Arbeitszeit zu werten ist.

Sachverhalt

Die klagende Partei ist der Zentralbetriebsrat der Beklagten, welche 19 Landeskliniken betreibt. In den jeweiligen Anstaltsordnungen wurde geregelt, dass die Dienstnehmer die vorgesehen Schutz- und Dienstkleidung zu tragen haben, wobei das Tragen außerhalb des Krankenhausareals aus hygienischen, organisatorischen und rechtlichen Gründen unzulässig ist.

Die Anstaltsbekleidung ist größtenteils aus Wäscheautomaten zu entnehmen und in diesen auch wieder zu entsorgen, was ohne Wartezeit 1 Minute 40 Sekunden lang dauert, und in Garderoben anzuziehen. Die Wegzeit zwischen den Wäscheautomaten, Garderobe und Abteilung dauert längsten 23 Minuten und durchschnittlich zwischen zwei und zehn Minuten.

Der Kläger begehrte nun die Einrechnung der Zeiträume fürs An- und Auskleiden, einschließlich der Wegzeiten von der Umkleidestellte oder der Wäscheausgabestelle bis zur Abteilung, zur Arbeitszeit, was sich pro Dienst auf rund 20 Minuten summieren würde.

Bei ausreichender Fremdbestimmung zählen Umkleide- und Wegzeiten zur Arbeitszeit

Nach dem Kern der bestehenden Gesetzeslage beginnt die Arbeitszeit ab dem Zeitpunkt, von dem der Arbeitnehmer nach der arbeitsvertraglichen Verpflichtung die Arbeit aufnimmt oder dem Arbeitgeber dafür zur Verfügung steht. Nach der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments ist die Arbeitszeit jener Zeitraum, an dem der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Aufgaben ausübt. Entscheidend ist, dass man sich an einem vom Arbeitgeber definierten Ort aufhält, zu dessen Verfügung steht und seine Anweisungen befolgt.

Bisherige Rechtsprechung zum Thema

In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der OGH festgestellt, dass die am Arbeitsort aufgewendete Zeit zum Anziehen des Arbeitsgewandes nicht zur Arbeitszeit zählt. Auch in der Literatur wird die Umkleidezeit aus mangelhafter Nähe zur arbeitsvertraglichen Tätigkeit nicht als Arbeitszeit gewertet.

Jene Zeiten, in denen der Arbeitnehmer eine für den Arbeitgeber relevante Aufgabe erfüllt, schließt Mazal jedoch in den Abreitzeitbegriff mit ein, wobei ein Mindestmaß an Fremdbestimmung durch den Arbeitgeber erforderlich ist, sodass der Arbeitnehmer in örtlicher und inhaltlicher Hinsicht in seinen Handlungen gewissen Einschränkungen unterliegt.

Aktuelle Entscheidung des OGH

Der OGH schließt sich der Sicht von Mazal an, insbesondere da es nicht nur um das verpflichtende Tragen von Dienstkleidung geht, sondern diese nur im Krankenhaus gewechselt werden darf. Das Anziehen der Dienstkleidung erfolgt im Auftrag und Interesse des Arbeitgebers und dieser entscheidet auch, an welchem Ort die Kleidung angelegt werden muss. Diese Tätigkeit ist eine arbeitsvertragliche Verpflichtung, genauso wie das Abholen und Zurückgeben der Dienstkleidung im Betrieb und die Wegstrecken zwischen der Arbeitsstelle und den Wäscheautomaten.

Dadurch dass der Arbeitnehmer nicht selbstständig entscheiden kann, wo er seine Kleidung wechselt, ist das erforderliche Maß an Fremdbestimmung vorhanden, sodass eine Aufgabenerfüllung für den Arbeitgeber zu bejahen ist und damit diese Handlungen unter den Arbeitszeitbegriff fallen.

OGH 17.05.2018, 9 ObA 29/18g