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WEKA (dko) | News | 22.09.2017
GewO-Reform 2017: Trügerische Erleichterungen und Risiken im Anlagenrecht
Die Novelle zum Betriebsanlagenrecht wurde mit BGBl. I Nr. 96/2017 kundgemacht und ist seit 18. Juli 2017 in Kraft. Lesen Sie im Experteninterview mit Mag. Peter Gratzl mehr zu den formalen Erleichterungen und rechtlichen Stolperfallen.
WEKA: Ziel der Reform ist es, künftig bis zu 50 % aller Betriebsanlagenverfahren als vereinfachte Verfahren zu führen. Was hat sich durch die GewO-Novelle für Betriebsanlagenbesitzer mit 18. Juli nun tatsächlich geändert?
Gratzl: Formal gesehen brachte die Novelle eine Genehmigungserleichterung, wenn es zB um den „Austausch von gleichartigen Maschinen“ oder um „emissionsneutrale Änderungen“ geht. Damit sind Anlagen, die zuvor einer Anzeigepflicht unterlagen, jetzt genehmigungsfrei. Als Beispiel: Der Austausch einer alten Sägemaschine durch eine gleichartige, neue Sägemaschine ist der Behörde in keiner Art und Weise bekannt zu machen.
WEKA: Ersparen sich dadurch Unternehmen nun den Behördengang und erleichtert es den Austausch von Maschinen und Anlagen?
Gratzl: Auf den ersten Blick, ja. Der Austausch durch gleichwertige Maschinen ist damit zwar vereinfacht worden, allerdings trifft die Entscheidung, ob ein genehmigungsfreier Tatbestand vorliegt, das Unternehmen, welches die Änderung durchführt. Das Unternehmen entscheidet, ob es mit der Behörde Kontakt aufnimmt und Unterlagen übermittelt oder nicht.
Was aber zB gleichartig ist, schafft eine Grauzone. Wird beispielsweise eine bestehende Maschine durch eine modernere Maschine ausgetauscht – die vielleicht auch emissionsseitig besser ist und dasselbe macht – wäre zu beurteilen, ob die Anlage wirklich gleichwertig ist oder gar mehr kann, schneller ist, ... . Dies hätte zur Folge, dass kein Austausch einer gleichartigen Maschine (die neue ist ja besser, kann mehr, ...) vorliegt und die Änderung genehmigungspflichtig ist. Um rechtliche Absicherung zu haben, wäre wiederum ein Feststellungsbescheid erforderlich.
WEKA: Was raten Sie für die Praxis? Wie soll bei einem Maschinentausch vorgegangen werden?
Gratzl: Zunächst machen Sie sich diese Gedanken bitte bevor die neue Maschine bereits in der Halle steht. Dann seien Sie als Unternehmen ehrlich zu sich selbst und hinterfragen Sie kritisch, ob es sich um einen gleichwertigen Austausch handelt (vgl. § 81 Abs 2 Ziffer 5 GewO). Denn bei falscher Beurteilung können nachträglich unangenehme Konsequenzen (Strafen, Betriebssperren) damit einhergehen. Dokumentieren Sie Ihre Überlegungen, warum eine Genehmigungsfreiheit vorliegt – dies wird übrigens auch in den Materialien zur Novelle empfohlen. Sollte die Behörde Ihren Betrieb überprüfen, können Sie Ihr diese Überlegungen vorweisen und sind nicht unter Zugzwang, schnell eine Erklärung zu finden und dies erleichtert auch Anlagenprüfungen wie § 82b GewO.
Und, was ich meinen Kunden stets rate: Nehmen Sie im Zweifelsfall Kontakt mit der Behörde auf, dokumentieren Sie das Gesprächsergebnis und sorgen Sie für ein ordentliches Bescheidmanagement in Ihrem Betrieb.
Wir bedanken uns bei Mag. Gratzl für den Einblick in die Praxis!
Interviewpartner: Mag. Peter Gratzl (ConPlusUltra)
Autor von Betriebsanlagenrecht in der Praxis