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Teilzeitarbeit – früher selten, heute oft vorkommend
Gastautor Johann Schöffthaler erläutert in seinem Beitrag den Anwendungsbereich des AZG und die Risiken, die eine Betriebsvereinbarung oder Einzelvereinbarung bezüglich Teilzeitarbeit für Unternehmen mit mehreren Betrieben haben kann.
§ 19d Abs 1 Arbeitszeitgesetz enthält die Legaldefinition für Teilzeitarbeit. Dieser Begriff erfasst Arbeitsverhältnisse, in denen eine kürzere durchschnittliche Wochenarbeitszeit vereinbart ist, als sie das Gesetz oder der im konkreten Fall anwendbare Kollektivvertrag als Normalarbeitszeit vorsieht.
Das Ausmaß der Verkürzung gegenüber der Normalarbeitszeit ist dabei nicht maßgeblich. Wenn also die gesetzliche Normalarbeitszeit von 40 Stunden gilt, ist schon eine vereinbarte durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 39 Stunden Teilzeitarbeit. Arbeitsverhältnisse mit geringfügiger Beschäftigung im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen unterliegen den Vorschriften über die Teilzeitarbeit. Es gilt keine Mindestgrenze der Teilzeitarbeit. Kürzere als gesetzliche Normalarbeitszeiten, die durch Kollektivvertrag festgelegt sind, gelten nicht als Teilzeitarbeit. Der Teilzeitbegriff ist daher für einzelne Branchen verschieden, je nach der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit.
Betriebsvereinbarungen
Betriebsvereinbarungen, die eine kürzere Normalarbeitszeit als Gesetz oder Kollektivvertrag vorsehen, wirken ohne besondere kollektivvertragliche Ermächtigung nicht normativ. Solche Inhalte von Betriebsvereinbarungen gelten daher in der Regel als Einzelvertragsergänzung (sog „freie“ Betriebsvereinbarung). Grundsätzlich sind auch dafür die Teilzeitregelungen anzuwenden, insbesondere auch der ab 1.1.2008 geltende Mehrarbeitszuschlag. Durch die Novelle BGBl I 2007/61 wurde in Abs 1 ein zweiter Satz eingefügt. Demnach ist es einer Norm der kollektiven Rechtsgestaltung gleichzuhalten, wenn eine durch Betriebsvereinbarung festgesetzte kürzere Normalarbeitszeit mit anderen Arbeitnehmern, für die kein Betriebsrat errichtet ist, einzelvertraglich vereinbart wird.
Voraussetzung ist eine normative Betriebsvereinbarung (d.h. es gibt eine gesetzliche oder kollektivvertragliche Ermächtigung). Bei Bestehen einer Betriebsvereinbarung soll der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin die Möglichkeit haben, mit anderen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen für die kein Betriebsrat besteht, die Arbeitszeitverkürzung einzelvertraglich zu vereinbaren, ohne dass diese Vereinbarungen unter das Regime des § 19d AZG fallen.
Beispiel:
Durch eine Betriebsvereinbarung für Arbeiter und Arbeiterinnen wird eine kürzere Normalarbeitszeit festgesetzt, einzelne mit den gleichen Arbeiten beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen stehen aber in einem Angestelltenverhältnis für die kein Betriebsrat errichtet ist. Wird für diese Angestellten die kürzere Normalarbeitszeit einzelvertraglich vereinbart, so soll keine Teilzeitarbeit vorliegen. Ein Arbeitgeber oder Arbeitgeberin, dessen bzw deren Unternehmen aus mehreren Betrieben besteht, könnte eine solche Regelung, die in einem Betrieb durch Betriebsvereinbarung getroffen wurde, mit den Arbeitnehmern in einem anderen Betrieb, in dem kein Betriebsrat besteht, einzelvertraglich abschließen um sich die möglichen anfallenden Mehrkosten von Vollarbeitsplätzen zu ersparen.
-> Solche einzelvertraglichen Vereinbarungen haben nicht die Qualität einer Norm der kollektiven Rechtsgestaltung.
Relevante Organisationseinheit im Arbeitsverfassungsgesetz und in arbeitsrechtlichen Gesetzen ist der Betrieb, nicht das Unternehmen.
Diese Regelung hat die Absicht, ArbeitnehmerInnen einer organisatorischen Einheit einheitlich behandeln zu können, nicht aber, betriebsratlosen Betrieben generell die Möglichkeit zu eröffnen, einzelvertragliche Vereinbarungen mit kollektivrechtlichen Wirkungen abzuschließen.
Ist eine geringere Wochenarbeitszeit kollektivrechtlich vorgesehen, sind die Schutznormen des § 19d AZG nicht unmittelbar anzuwenden. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind zu zeitlichen Mehrleistungen nur bei Vorliegen einer Vereinbarung oder kollektivrechtlichen Regelung verpflichtet und haben im Falle berücksichtigungswürdiger Interessen jedenfalls ein Widerspruchsrecht.
Die Teilzeitregeln des AZG sind anzuwenden, wenn das Gesetz oder eine kollektive Rechtsnorm Rahmenbedingungen für bestimmte Formen der Teilzeitarbeit festlegt, aber die Entscheidung darüber, ob die Normalarbeitszeit im Einzelfall nun verkürzt wird oder nicht, den Arbeitsvertragsparteien überlässt (z.B. Altersteilzeit).
Ausnahmen für die Teilzeitregeln des AZG
Für überlassene Arbeitskräfte, für die nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) besondere Schutzvorschriften gelten, ist das AZG anwendbar, soweit das AÜG nicht strengere Regelungen zu Gunsten des Arbeitnehmers trifft.
Für Elternteilzeit im Sinne des Mutterschutzgesetzes (MSchG) oder des Väter-Karenzgesetzes (VKG) gelten laut § 19d Abs 8 die Vorschriften der Abs 2 und 3 nicht.
Fazit zur Teilzeitarbeit
Teilzeitarbeit kann als einzelvertraglich vereinbarte Arbeitszeitverkürzung ohne (oder doch mit vermindertem) Lohnausgleich bezeichnet werden. Die Teilzeitarbeit ist in den letzten Jahren wesentlich häufiger geworden als früher. Arbeitsmarktpolitisch wird argumentiert, dass Teilzeitbeschäftigung besser ist als Arbeitslosigkeit, und dass viele Menschen zwar keine Vollzeitverpflichtung bekommen können oder wollen, aber sehr wohl Teilzeitarbeitsplätze zur Verfügung stünden. Auf der anderen Seite kommt durch die Veränderungen am Arbeitsmarkt auch unfreiwillige Teilzeitarbeit vor, die zu einem weiteren Auseinanderklaffen der Einkommen unter den unselbständig Erwerbstätigen führt. Bei der Teilzeitarbeit handelt es sich also um eine durchaus widersprüchliche und von unterschiedlichen Interessen getragene sozialpolitische Thematik. Der Gesetzgeber hat durch die Einfügung des § 19d AZG versucht, einige als problematisch empfundene Auswirkungen der Teilzeitarbeit mit Rahmenbedingungen zu versehen. Durch die Verankerung des Vereinbarungsprinzips bei der Festlegung von Ausmaß und Lage der Teilzeitarbeit sollte die Stellung des Arbeitnehmers bzw der Arbeitnehmerin bei Teilzeitvereinbarungen gestärkt und die Möglichkeit willkürlicher Festlegungen und Veränderungen von Dauer und Lage der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin ausgeschlossen werden. Diese Zielsetzung ist als Auslegungsgrundsatz für den § 19d AZG maßgeblich. Durch die Einführung des gesetzlichen Zuschlages für Mehrarbeit soll die Kostengerechtigkeit zwischen Teilzeitarbeit und Vollzeitarbeit gefördert, die Zerlegung von Vollzeitarbeitsplätzen in Teilzeitarbeitsplätze hintan gehalten, sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert werden. Im Zuge dessen wurden auch die Regelungen über die Vereinbarung der Lage und die Änderung des Ausmaßes der Arbeitszeit modifiziert.