21.02.2022 | Arbeitssicherheit & Brandschutz | ID: 1110622

Umbauen und Verändern von Maschinen: „STOP“- und „TOP“-Prinzip

Stefan Krähan

Das Thema Umbauen und Verändern von bestehenden Maschinen und Arbeitsmitteln ist für viele Unternehmen in Österreich von Bedeutung. Was gilt es bezüglich des STOP und TOP-Prinzips und einem wesentlichen Umbau zu beachten?

Der Lebenszyklus von Maschinen

Der Grund für den Umbau von Maschinen liegt darin, dass Maschinen im Laufe ihres Einsatzes „modifiziert“ werden müssen, um den veränderten Umgebungsbedingungen mit denen Unternehmen zu tun haben, gerecht zu werden. Es gibt in der betrieblichen Praxis nämlich kaum Maschinen und Arbeitsmittel, die über ihre gesamte Lebensdauer (Einsatzzeit) unverändert bleiben und so wie sie einst erworben und gekauft wurden, eingesetzt bleiben. Modifikationen und Umbauten an Maschinen sind oftmals das Resultat von Optimierungsaufgaben eines Unternehmens. Viele Firmen stehen aufgrund von Konkurrenzbedingungen in einem ständigen Wettbewerb und Einsparungspotential ist nicht nur bei den Kostenfaktoren wie Personal zu finden, sondern in vielen Fällen bei unternehmerischen Abläufen und Prozessen.

Umbau und Retrofit

Überall dort, wo Maschinen und Arbeitsmittel in einem Unternehmen oder in einer Firma zum Einsatz kommen, bedeutet dies auch, dass an bestehenden Maschinen Optimierungen vorgenommen werden. Unter dem Aspekt der Optimierung einer Maschine werden oftmals Umbauten verstanden. Ein weiterer Begriff, der ebenfalls als Umbau zu werten sind, ist der Begriff des Retrofits, der von vielen Firmen und Unternehmen, die Umbauten an im Einsatz befindlichen Maschinen vornehmen, verwendet wird.

Der Umbau in der Praxis

Wie erfolgt nun in der Praxis ein Umbau bzw wie werden an Maschinen Veränderungen durchgeführt und was sind die rechtlichen Konsequenzen, die sich aus einem derartigen Umbau für ein Unternehmen ergeben können?

In vielen Firmen werden Umbauten aufgrund eines Bedarfs, der im Unternehmen geweckt wurde, durchgeführt. Diese Umbauten bzw das Verändern an Maschinen und Arbeitsmitteln wird häufig von Mitarbeitern der Instandhaltung durchgeführt. Die praktische Durchführung ist in vielen Fällen für die Unternehmen kein Problem, aber eine besondere Herausforderung stellt die Dokumentation für die Unternehmen dar. Dabei wird oftmals auf die erforderliche und nachvollziehbare Dokumentation vergessen oder diese ist nur lücken- bzw mangelhaft ausgeführt.

Die Dokumentation

Was ist nun die erforderliche Dokumentation, damit die Rechtsvorgaben in diesem Zusammenhang erfüllt sind und sich somit für Firmen und Unternehmen keine Haftungsfolgen aufgrund einer mangelhaften Dokumentation ergeben? Was bedeutet es nun, einen Umbau, ein Retrofit und eine Veränderung an bestehenden Maschinen und Arbeitsmitteln rechtskonform vorzunehmen und durchzuführen?

In Österreich ist die gesetzliche Grundlage, die Arbeitgeber im Rahmen von Arbeitsschutzmaßnahmen einzuhalten haben, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG). Dabei ist im § 35 (2) des ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) die gesetzliche Basis für den Umbau angeführt. Darin heißt es, dass eine Gefahrenanalyse der Ausgangspunkt dafür ist, wie ein Umbau oder eine Veränderung an einer bestehenden Maschine anzugehen ist bzw vorgenommen werden muss. Diese Gefahrenanalyse muss sich auf den Umbau beziehen und es müssen Gefahren und Belastungen, die sich aufgrund des Umbaus ergeben, ermittelt werden. Neben der Ermittlung müssen die Gefahren und Belastungen bewertet werden und schlussendlich geeignete Maßnahmen getroffen werden, um diese Gefahren und Belastungen zu „behandeln“ und in den Griff zu bekommen.

„STOP“- und „TOP“-Prinzip

Im ArbeitnehmerInnenschutz sind auch die zu treffenden Maßnahmen mit einer Hierarchie vorgegeben. Dies Hierarchie ist als “STOP“- bzw “TOP“- Prinzip bekannt. Das bedeutet im Detail, dass zunächst überlegt werden muss, ob Gefahren und Belastungen gänzlich eliminiert (substituiert) werden können. Wenn dies aus technischen Gründen nicht möglich ist, oder nicht zur Gänze geht, dann sind technische Maßnahmen zu treffen. Technische Maßnahmen bedeuten, dass Schutzeinrichtungen verwendet werden müssen, um diese Gefahrstellen und Belastungen abzumindern. Schutzeinrichtungen können zum Beispiel Verkleidungen, Abdeckungen, Umwehrungen, Zäune, aber auch optoelektronische Einrichtungen, wie Laserscanner, Lichtschranken und Lichtvorhänge sein. Wenn diese technischen Maßnahmen auch noch nicht ausreichen, um die Gefahren und Belastungen unter ein entsprechendes Restrisiko zu senken, dann müssen hinweisende und schlussendlich persönliche Maßnahmen vorgenommen werden. Hinweisende Maßnahmen sind zum Beispiel Piktogramme, die an Maschinen unmittelbar bei Gefahrstellen platziert werden müssen und persönliche Maßnahmen sind das Verwenden von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) durch die Arbeitnehmer.

Diese Maßnahmenhierarchie ist vom Arbeitgeber im Zusammenhang mit Umbauten einzuhalten und auch entsprechend zu dokumentieren. Es ist auch wichtig zu erwähnen, dass Gefahren und Belastungen im Zusammenhang mit dem Umbau innerhalb aller Lebensphasen zu bewerten sind. Das bedeutet im Detail, dass nicht nur die bestimmungsgemäße Verwendung, sondern auch die Lebensphase der Wartung, Instandhaltung, Störungsbehebung, unterschiedliche Betriebsarten wie Automatik- und Handbetrieb zu betrachten sind. Eine nachvollziehbare und lückenlose Dokumentation ist deswegen ganz essenziell. Darüber hinaus muss neben der Dokumentation der Gefahrenanalyse in Bezug auf den Umbau auch das Thema einer möglichen Neuzertifizierung, die ein Umbau mit sich bringen kann, betrachtet werden. Im Konkreten muss die Frage beantwortet werden, ob es sich bei einem Umbau oder einem Retrofit um einen „wesentlichen“ Umbau handelt oder nicht.

Ein wesentlicher Umbau

Ein „wesentlichen“ Umbau bedeutet, dass bei Maschinen und Arbeitsmitteln das Konformitätsbewertungsverfahren nach den Bestimmungen der Maschinen-Sicherheitsverordnung (MSV) 2010 vorzunehmen und durchzuführen ist. Wann spricht man aber nun von einem Umbau, der als „wesentlich“ zu sehen ist und ab wann ist somit eine CE-Kennzeichnung nach MSV 2010 erforderlich? Die Beantwortung der Frage kann im Folgenden sehr übersichtlich und anschaulich dargestellt werden. Demnach ist ein Umbau nur dann gemäß den Bestimmungen der MSV 2010 abzuhandeln und eine CE-Kennzeichnung zu vergeben, wenn einer der im nachfolgenden beschriebenen drei Fälle in Bezug auf den Umbau vorliegt bzw vorhanden ist:

  1. Durchführung einer Leistungserhöhung, wenn damit verbunden konstruktive Eingriffe in die Mechanik der Maschine erforderlich sind oder
  2. Änderung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Maschine (Verwendungszweck der Maschine) oder des Arbeitsmittels oder
  3. es wird eine „tiefgreifende Verkettung“ von Maschinen vorgenommen. Dies bedeutet im Detail, dass wenn zum Beispiel zwei Maschinen miteinander verbunden bzw verkettet werden, die Identität der jeweiligen Einzelmaschinen aufgelöst werden und es existiert nach dem Umbau nur mehr eine Gesamtmaschine. In der betrieblichen Praxis werden derartige Konstellationen als „Anlage“ bezeichnet und die Bedienung und die Verwendung der Einzelmaschine ist auch nach der Verkettung nicht mehr möglich. 

Diese drei oben skizzierten Fälle sind auf Basis des § 35 (2) des ArbeitnehmerInnenschutzgesetztes (ASchG) vorgenommen und ausgearbeitet worden. Im Konkreten wurde die gesetzliche Basis des § 35 (2) des ASchGs ausformuliert und als Ergebnis wurde ein Ablaufschema zum Thema Umbau von Maschinen („AUVA-Folder“ zum Thema Umbau von Maschinen) kreiert, welches den Unternehmen und Firmen, die Veränderungen und Umbauten angehen möchten und vorhaben, als Unterstützung dienen soll. Die Ausarbeitung wurde unter der Leitung der AUVA in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium, Zentralarbeitsinspektorat, TÜV Austria festgelegt und akkordiert. Dieses Ablaufschema ist für alle Maschinen, unabhängig des Baujahres der Maschine anzuwenden.

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