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CLP-Verordnung
3.5 Keimzellmutagenität
3.5.1. | Begriffsbestimmungen und allgemeine Erwägungen |
3.5.1.1. | Keimzellmutagenität: vererbbare Genmutationen, einschließlich vererbbare strukturelle und numerische Chromosomenaberrationen in Keimzellen, die nach der Exposition gegenüber einem Stoff oder einem Gemisch auftreten. (ABl. L 86/2019) |
3.5.1.2. | Mutation: eine dauerhafte Veränderung von Menge oder Struktur des genetischen Materials einer Zelle. Der Begriff „Mutation“ gilt sowohl für vererbbare genetische Veränderungen, die sich im Phänotyp ausdrücken können, als auch für die zugrunde liegenden DNA-Veränderungen, sofern sie bekannt sind (einschließlich spezifischer Basenpaar-Veränderungen und chromosomaler Translokationen). Die Begriffe „mutagen/keimzellmutagen“ und „Mutagen“ werden bei Stoffen verwendet, die zu einer gesteigerten Mutationshäufigkeit in Populationen von Zellen und/oder Organismen führen. (ABl. L 86/2019) |
3.5.1.3. | Die allgemeineren Begriffe genotoxisch und Genotoxizität werden bei Stoffen oder Prozessen verwendet, die die Struktur, den Informationsgehalt oder Segregation von DNA verändern, darunter auch solche, die durch die Störung normaler Replikationsabläufe DNA-Schäden verursachen oder die die DNA-Replikation auf nichtphysiologische Weise (vorübergehend) verändern. Die Ergebnisse von Genotoxizitätsprüfungen dienen in der Regel als Indikatoren für mutagene Wirkungen. (ABl. L 86/2019) |
3.5.2. | Einstufungskriterien für Stoffe |
3.5.2.1. | Diese Gefahrenklasse betrifft hauptsächlich Stoffe, die Mutationen in den Keimzellen von Menschen auslösen können, die an die Nachkommen weitergegeben werden können. Bei der Einstufung von Stoffen und Gemischen in dieser Gefahrenklasse finden jedoch auch die Ergebnisse von Mutagenitäts -oder Genotoxizitätsprüfungen Berücksichtigung, die in vitro und an Soma- und Keimzellen von Säugern in vivo durchgeführt werden. |
3.5.2.2. | Für die Zwecke der Einstufung aufgrund der Keimzellmutagenität werden die Stoffe einer der beiden Kategorien gemäß Tabelle 3.5.1 zugeordnet. |
Tabelle 3.5.1
Gefahrenkategorien für Keimzell-Mutagene
Kategorien | Kriterien |
KATEGORIE 1: | Stoffe, die bekanntermaßen vererbbare Mutationen verursachen oder die so angesehen werden sollten, als wenn sie vererbbare Mutationen an menschlichen Keimzellen auslösen |
Kategorie 1A: | Die Einstufung in die Kategorie 1A beruht auf positiven Befunden aus epidemiologischen Studien an Menschen. |
Kategorie 1B: | Die Einstufung in Kategorie 1B beruht auf:
|
KATEGORIE 2: | Stoffe, die für Menschen bedenklich sind, weil sie möglicherweise vererbbare Mutationen in Keimzellen von Menschen auslösen können
Hinweis: Stoffe mit positiven Befunden aus In-vitro Mutagenitäts-Prüfungen bei Säugern, die zudem eine chemische Struktur-Wirkungs-Beziehung zu bekannten Keimzellmutagenen aufweisen, sind auf eine Einstufung als keimzellmutagen der Kategorie 2 zu prüfen. |
3.5.2.3. | Besondere Erwägungen für die Einstufung von Stoffen als Keimzellmutagene |
3.5.2.3.1. | Zum Zwecke der Einstufung werden die Prüfergebnisse von Versuchen zur Ermittlung der mutagenen und/oder genotoxischen Wirkungen in den Keim- und/oder Somazellen von exponierten Tieren berücksichtigt. Mutagene und/oder genotoxische Wirkungen, die mittels in vitro Prüfungen ermittelt wurden, sind ebenfalls zu berücksichtigen. |
3.5.2.3.2. | Das System ist gefahrenbasiert und sieht vor, dass Stoffe anhand ihrer intrinsischen Fähigkeit zur Erzeugung von Mutationen in Keimzellen eingestuft werden. Daher ist dieses Schema auch nicht für die (quantitative) Risikobewertung von Stoffen gedacht. |
3.5.2.3.3. | Die Einstufung nach vererbbaren Wirkungen auf menschliche Keimzellen erfolgt anhand ordnungsgemäß durchgeführter und ausreichend validierter Versuche, vorzugsweise wie sie in der Verordnung (EG) Nr. 440/2008, die nach Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 erlassen wurde („Prüfmethodenverordnung“) beschrieben sind, wie die in den folgenden Absätzen aufgeführten Versuche. Die Versuchsergebnisse sind mit Hilfe einer Beurteilung durch Experten vorzunehmen und alle verfügbaren Daten sind einer ihrer Ermittlung der Beweiskraft zu unterziehen, um zu einer Einstufung zu gelangen. |
3.5.2.3.4. | In-vivo-Prüfungen auf vererbbare Keimzell-Mutagenität wie etwa:
|
3.5.2.3.5. | In-vivo-Mutagenitätsprüfungen an Somazellen wie etwa:
(ABl. L 86/2019) |
3.5.2.3.6. | Mutagenitäts-/Genotoxizitätsprüfungen an Keimzellen wie etwa:
|
3.5.2.3.7. | Genotoxizitätsprüfungen an Somazellen wie etwa:
|
3.5.2.3.8 | In-vitro-Mutagenitätstests wie etwa:
|
3.5.2.3.9. | Die Einstufung einzelner Stoffe erfolgt mit Hilfe einer Beurteilung durch Experten auf der Grundlage der Beweiskraft sämtlicher verfügbaren Daten (siehe Abschnitt 1.1.1). Wird ein einzelner ordnungsgemäß durchgeführter Versuch zur Einstufung herangezogen, muss dieser klare und eindeutig positive Befunde ergeben. Wenn neue, ordnungsgemäß validierte Testverfahren verfügbar werden, dann können sie auch zur Beurteilung der Beweiskraft sämtlicher Daten herangezogen werden. Auch die Relevanz des in der Studie verwendeten Expositionswegs des Stoffes im Vergleich zum wahrscheinlichsten Expositionsweg beim Menschen ist zu berücksichtigen. |
3.5.3. | Einstufungskriterien für Gemische |
3.5.3.1. | Einstufung von Gemischen, wenn Daten für alle oder nur manche Bestandteile des Gemisches vorliegen |
3.5.3.1.1. | Gemische werden als mutagen eingestuft, wenn mindestens ein Bestandteil als Mutagen der Kategorie 1A, der Kategorie 1B oder der Kategorie 2 eingestuft worden ist und seine Konzentration die entsprechenden allgemeinen Konzentrationsgrenzwert für Kategorie 1A, Kategorie 1B oder Kategorie 2 gemäß Tabelle 3.5.2 erreicht oder übersteigt. |
Tabelle 3.5.2
Allgemeine Konzentrationsgrenzwerte von als keimzellmutagen eingestuften Bestandteilen eines Gemisches, die zur Einstufung des Gemisches führen
| Konzentrationsgrenzwerte, die zur Einstufung des Gemisches in folgende Kategorie führen: | ||
| Mutagen der Kategorie 1 | Mutagen der Kategorie 2 | |
Bestandteil eingestuft als: | Mutagen der Kategorie 1A | Mutagen der Kategorie 1B | |
Mutagen der Kategorie 1A | ≥ 0,1 % | – | – |
Mutagen der Kategorie 1B | – | ≥ 0,1 % | – |
Mutagen der Kategorie 2 | – | – | ≥ 1,0 % |
(ABl. L 149/2013)
Hinweis:
Die Konzentrationsgrenzwerte der vorstehenden Tabelle gelten für Feststoffe und Flüssigkeiten (in w/w) sowie für Gase (in v/v).
3.5.3.2. | Einstufung von Gemischen, bei denen Daten für das komplette Gemisch vorliegen |
3.5.3.2.1. | Die Einstufung von Gemischen beruht auf den verfügbaren Testdaten für die einzelnen Bestandteile des Gemisches, wobei Konzentrationsgrenzwerte für Bestandteile gelten, die als Keimzell-Mutagene eingestuft sind, Konzentrationsgrenzwerte sind. Im Einzelfall können Versuchsdaten für Gemische zur Einstufung herangezogen werden, wenn sie auf Wirkungen hinweisen, die bei einer Beurteilung der einzelnen Bestandteile nicht zu erkennen waren. In solchen Fällen ist nachzuweisen, dass die Versuchsergebnisse für das Gemisch insgesamt schlüssig sind, wobei die eingesetzten Dosen und weitere Faktoren wie Expositionsdauer, weitere Beobachtungen, Empfindlichkeit und statistische Analyse des jeweiligen Keimzellmutagenitätsprüfsystems zu berücksichtigen sind. Es sind geeignete Unterlagen zur Begründung der Einstufung aufzubewahren und auf Verlangen zur Überprüfung vorzulegen. |
3.5.3.3. | Einstufung von Gemischen, bei denen keine Daten für das komplette Gemisch vorliegen: Übertragungsgrundsätze |
3.5.3.3.1. | Wurde das Gemisch selbst nicht auf seine Keimzellmutagenität geprüft, liegen jedoch (vorbehaltlich des Abschnittes 3.5.3.2.1) ausreichende Daten über seine Einzelbestandteile und über ähnliche geprüfte Gemische vor, um die Gefahren des Gemisches angemessen zu beschreiben, dann sind diese Daten nach Maßgabe der Übertragungsvorschriften des Abschnitts 1.1.3 zu verwenden. |
3.5.4. | Gefahrenkommunikation |
3.5.4.1. | Bei Stoffen oder Gemischen, die die Kriterien für die Einstufung in diese Gefahrenklasse erfüllen, sind die Kennzeichnungselemente gemäß Tabelle 3.5.3 zu verwenden. |
Tabelle 3.5.3
Kennzeichnungselemente für Keimzellmutagenität
Einstufung | Kategorie 1 | Kategorie 2 |
GHS-Piktogramm | ||
Signalwort | Gefahr | Achtung |
Gefahrenhinweis | H340: Kann genetische Defekte verursachen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht) | H341: Kann vermutlich genetische Defekte verursachen (Expositionsweg angeben, sofern schlüssig belegt ist, dass diese Gefahr bei keinem anderen Expositionsweg besteht) |
Sicherheitshinweise – Prävention | P201 | P201 |
Sicherheitshinweise – Reaktion | P308 + P313 | P308 + P313 |
Sicherheitshinweise – Lagerung | P405 | P405 |
Sicherheitshinweise – Entsorgung | P501 | P501 |
(ABl. L 149/2013)
3.5.5 | Zusätzliche Erwägungen für die Einstufung |