Dokument-ID: 320083

Vorschrift

CLP-Verordnung

Inhaltsverzeichnis

Teil 4

Umweltgefahren

4.

TEIL 4: UMWELTGEFAHREN 

4.1.

Gewässergefährdend

4.1.1.

Begriffsbestimmungen und allgemeine Erwägungen

4.1.1.1.

Begriffsbestimmungen

  1. Akute aquatische Toxizität: die intrinsische Eigenschaft eines Stoffes, einen Wasserorganismus bei kurzfristiger aquatischer Exposition zu schädigen.
  2. kurzfristige (akute) Gefährdung: zu Einstufungszwecken die Gefährdung, die von einem Stoff oder Gemisch aufgrund seiner akuten Toxizität für einen Organismus bei kurzfristiger aquatischer Exposition gegenüber diesem Stoff oder Gemisch ausgeht. (ABl. L 156/2016)
  3. Verfügbarkeit eines Stoffes: das Ausmaß, in dem dieser Stoff zu einer löslichen oder dissoziierten Spezies wird. Bei Metallen handelt es sich dabei um das Ausmaß, in dem der Anteil von Metallionen einer metallischen Verbindung (M°) von der übrigen Verbindung (Molekül) dissoziieren kann.
  4. Bioverfügbarkeit (oder biologische Verfügbarkeit): das Ausmaß, in dem ein Stoff von einem Organismus resorbiert und in einem Bereich innerhalb dieses Organismus verteilt wird. Sie hängt von den physikalisch-chemischen Eigenschaften des Stoffes, von Anatomie und Physiologie des Organismus, der Pharmakokinetik und dem Expositionsweg ab. Die Verfügbarkeit ist keine Voraussetzung für die Bioverfügbarkeit.
  5. Bioakkumulation: das Nettoergebnis von Aufnahme, Umwandlung und Ausscheidung eines Stoffes in einem Organismus über sämtliche Expositionswege (d. h. Luft, Wasser, Sediment/Boden und Nahrung).
  6. Biokonzentration: das Nettoergebnis von Aufnahme, Umwandlung und Ausscheidung eines Stoffes in einem Organismus durch Exposition über das Wasser.
  7. Chronische aquatische Toxizität: die intrinsische Eigenschaft eines Stoffes, im Verlauf von aquatischen Expositionen, die im Verhältnis zum Lebenszyklus des Organismus bestimmt werden, schädliche Wirkungen bei Wasserorganismen hervorzurufen.
  8. Abbau: die Zersetzung organischer Moleküle in kleinere Moleküle und schließlich in Kohlendioxid, Wasser und Salze.
  9. ECx: die Wirkungskonzentration, mit der eine Reaktion von x % einhergeht.
  10. Langfristige (chronische) Gefährdung: zu Einstufungszwecken die Gefährdung, die von einem Stoff oder Gemisch aufgrund seiner chronischen Toxizität nach einer langfristigen Exposition in aquatischer Umgebung ausgeht. (ABl. L 156/2016)
  11. Konzentration ohne messbaren Effekt (NOEC – No Observed Effect Concentration): die Prüfkonzentration, die unmittelbar unter der schwächsten geprüften Konzentration liegt, bei der eine statistisch signifikante, schädliche Auswirkung aufgetreten ist. Die NOEC hat gegenüber der Kontrollkonzentration keine statistisch signifikante, schädliche Auswirkung.

4.1.2.

Grundelemente

4.1.1.2.0.

Gewässergefährdend ist wie folgt differenziert

  • kurzfristig (akut) gefährdend
  • langfristig (chronisch) gewässergefährdend.

(ABl. L 156/2016)

4.1.1.2.1.

Folgende Grundelemente werden für die Einstufung aufgrund von Gefahren für die aquatische Umwelt verwendet:

  • akute aquatische Toxizität,
  • chronische aquatische Toxizität,
  • potenzielle oder tatsächliche Bioakkumulation und
  • Abbau (biotisch oder abiotisch) bei organischen Chemikalien.

4.1.1.2.2.

Daten sind vorzugsweise unter Anwendung der in Artikel 8 Absatz 3 bezeichneten standardisierten Prüfmethoden zu gewinnen. In der Praxis sind jedoch auch aus anderen standardisierten Prüfverfahren wie nationalen Methoden hervorgegangene Daten zu verwenden, wenn diese als gleichwertig gelten. Liegen valide Daten aus nicht standardisierten Prüfverfahren und Informationen, die nicht aus Labortests hervorgegangen sind, vor, sind diese bei der Einstufung zu berücksichtigen, sofern sie die Anforderungen gemäß Anhang XI Abschnitt 1 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 erfüllen. Generell werden Toxizitätsdaten sowohl von Süßwasserarten als auch von Salzwasserarten als für die Verwendung zur Einstufung geeignet betrachtet, sofern die verwendeten Verfahren für die Prüfung gleichwertig sind. Liegen keine derartigen Daten vor, erfolgt die Einstufung auf der Grundlage der besten verfügbaren Daten. Siehe dazu auch Anhang I Teil 1 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008.

4.1.1.3.

Sonstige Erwägungen

4.1.1.3.1.

Für die Einstufung von Stoffen und Gemischen aufgrund ihrer Umweltgefahren müssen ihre Gefahren für die aquatische Umwelt ermittelt werden. Als aquatische Umwelt sind die aquatischen Organismen, die im Wasser leben, und das aquatische Ökosystem, zu dem sie gehören, zu betrachten. Die Basis für die Ermittlung der kurzfristigen (akuten) und der langfristigen (chronischen) Gefahren ist daher die aquatische Toxizität des Stoffs oder Gemischs, auch wenn diese unter Berücksichtigung weiterer Informationen über das Abbau- und das Bioakkumulationsverhalten geändert werden soll, falls dies angezeigt ist. (ABl. L 156/2016)

4.1.1.3.2.

Das Einstufungssystem gilt zwar für alle Stoffe und Gemische, für Sonderfälle werden jedoch die von der Europäischen Chemikalienagentur herausgegebenen Leitlinien anerkannt.

4.1.2.

Einstufungskriterien für Stoffe

4.1.2.1.

Im Rahmen des Einstufungssystems gilt sowohl die kurzfristige (akute) als auch die langfristige (chronische) Gefahr für aquatische Organismen als intrinsische Gefahr eines Stoffes. Für die langfristige (chronische) Gefahr werden getrennte Gefahrenkategorien festgelegt, die eine Abstufung des ermittelten Gefahrengrades darstellen. Zur Festlegung der geeigneten Gefahrenkategorie/-n dient normalerweise der niedrigste verfügbare Toxizitätswert aller trophischen Ebenen sowie innerhalb der einzelnen trophischen Ebenen (Fische, Krebstiere, Algen/Wasserpflanzen). Unter gewissen Umständen ist es jedoch angezeigt, den Ansatz der Ermittlung der Beweiskraft anzuwenden. (ABl. L 156/2016)

4.1.2.2.

Im Kern besteht das Einstufungssystem für Stoffe aus einer Einstufungskategorie für die kurzfristige (akute) Gefahr und drei Einstufungskategorien für langfristige (chronische) Gefahren. Die Einstufungskategorien „kurzfristig (akut) gewässergefährdend“ und „langfristig (chronisch) gewässergefährdend“ werden unabhängig voneinander verwendet. (ABl. L 156/2016)

4.1.2.3.

Als Kriterium für die Einstufung eines Stoffs in die Kategorie Akut 1 dienen ausschließlich Daten über die akute aquatische Toxizität (EC50 oder LC50). Die Kriterien für die Einstufung eines Stoffs in die Kategorien Chronisch 1 bis 3 folgen einem Stufenkonzept, wobei in der ersten Stufe geprüft wird, ob die vorliegenden Informationen über die chronische Toxizität eine Einstufung aufgrund einer langfristigen (chronischen) Gefahr rechtfertigen. Sind keine geeigneten Daten über die chronische Toxizität verfügbar, besteht der nächste Schritt darin, zwei Arten von Informationen, nämlich die Daten über die akute aquatische Toxizität und die Daten über Verbleib und Verhalten in der Umwelt (Abbaubarkeits- und Bioakkumulationsdaten), miteinander zu verbinden (siehe Abbildung 4.1.1). (ABl. L 156/2016)

Abbildung 4.1.1
Kategorien für langfristig (chronisch) gewässergefährdende Stoffe
(ABl. L 156/2016)

CLP_bild_4_1_1

4.1.2.4.

Mit dem System wird außerdem eine Einstufung eingeführt, die die Funktion eines „Sicherheitsnetzes“ erfüllt (bezeichnet als Chronisch 4); sie wird verwendet, wenn die verfügbaren Daten eine Einstufung nach formalen Kriterien als Akut 1 oder Chronisch 1 bis 3 nicht erlauben, trotzdem aber Anlass zu Besorgnis besteht (siehe Beispiel in Tabelle 4.1.0). (ABl. L 156/2016)

4.1.2.5.

Stoffe, die unter 1 mg/l akut toxisch wirken oder unter 0,1 mg/l (falls nicht schnell abbaubar) bzw. unter 0,01 mg/l (falls schnell abbaubar) chronisch toxisch wirken, tragen als Bestandteile eines Gemisches bereits bei niedriger Konzentration zu der Toxizität des Gemisches bei; sie werden normalerweise bei der Einstufung durch die Anwendung der Summierungsmethode stärker gewichtet (siehe Hinweis 1 zu Tabelle 4.1.0 und Abschnitt 4.1.3.5.5). Die Kriterien für die Einstufung von Stoffen als gewässergefährdend und die Zuordnung zu den Kategorien sind in Tabelle 4.1.0 zusammengefasst.

Tabelle 4.1.0
Kategorien für die Einstufung von Stoffen als gewässergefährdend

a)

 

 

Gewässergefährdend, kurzfristige (akute) Wirkung

 

 

 

 

 

 

Kategorie Akut 1:

(Hinweis 1)

 

 

 

 

96 h LC50 (für Fische)

≤1 mg/l und/oder

 

 

 

 

48 h EC50 (für Krebstiere)

≤1 mg/l und/oder

 

 

 

 

72 oder 96 h ErC50 (für Algen oder andere Wasserpflanzen)

≤1 mg/l. (Hinweis 2)

b)

 

 

Gewässergefährdend, langfristige (chronische) Wirkung

 

 

 

 

i)

Nicht schnell abbaubare Stoffe (Hinweis 3), über die geeignete Daten zur chronischen Toxizität vorliegen.

 

 

 

 

 

 

Kategorie Chronisch 1:

(Hinweis 1)

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx(für Fische)

≤0,1 mg/l und/oder

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx(für Krebstieren)

≤0,1 mg/l und/oder

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx (für Algen oder andere Wasserpflanzen)

≤0,1 mg/l.

 

 

 

 

Kategorie Chronisch 2:

 

 

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx(für Fische)

≤1 mg/l und/oder

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx (für Krebstiere)

≤1 mg/l und/oder

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx (für Algen oder andere Wasserpflanzen)

≤1 mg/l.

 

 

ii)

Schnell abbaubare Stoffe (Hinweis 3), über die geeignete Daten zur chronischen Toxizität vorliegen

 

 

 

 

 

 

Kategorie Chronisch 1:

(Hinweis 1)

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx(für Fische)

≤0,01 mg/l und/oder

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx (für Krebstiere)

≤0,01 mg/l und/oder

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx (für Algen oder andere Wasserpflanzen)

≤0,01 mg/l

 

 

 

 

 Kategorie Chronisch 2:

 

 

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx (für Fische)

≤0,1 mg/lund/oder

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx (für Krebstiere)

≤0,1 mg/l und/oder

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx (für Algen oder andere Wasserpflanzen)

≤0,1 mg/l

 

 

 

 

Kategorie Chronisch 3:

 

 

 

 

 

 

chronischer NOEC oder EC(für Fische)

≤1 mg/l und/oder

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx (für Krebstiere)

≤1 mg/l und/oder

 

 

 

 

chronischer NOEC oder ECx (für Algen oder andere Wasserpflanzen)

≤1 mg/l

 

 

iii)

Stoffe, über die keine geeigneten Daten zur chronischen Toxizität vorliegen

 

 

 

 

 

 

Kategorie Chronisch 1:

(Hinweis 1)

 

 

 

 

96 h LC50 (für Fische)

≤1 mg/l und/oder

 

 

 

 

48 h EC50 (für Krebstiere)

≤1 mg/l und/oder

 

 

 

 

72 oder 96 h ErC50 (für Algen oder andere Wasserpflanzen)

≤1 mg/l (Hinweis 2)

 

 

 

 

und der Stoff ist nicht schnell abbaubar und/oder der experimentell bestimmte BCF beträgt ≥ 500

 

 

 

 

 

 

(oder wenn nicht vorhanden log Kow≥ 4).

(Hinweis 3)

 

 

 

 

Kategorie Chronisch 2:

 

 

 

 

 

 

96 h LC50 (für Fische)

> 1 bis ≤ 10 mg/l und/oder

 

 

 

 

48 h EC50 (für Krebstiere)

> 1 bis ≤ 10 mg/l und/oder

 

 

 

 

72 oder 96 h ErC50 (für Algen oder andere Wasserpflanzen)

> 1 bis ≤ 10 mg/l (Hinweis 2)

 

 

 

 

und der Stoff ist nicht schnell abbaubar und/oder der experimentell bestimmte BCF beträgt ≥

 

 

 

 

 

 

500 (oder wenn nicht vorhanden log Kow ≥ 4). (Hinweis 3)

 

 

 

 

 

 

Einstufung wegen wahrscheinlicher Gefahr („Sicherheitsnetz“)

 

 

 

 

 

 

Kategorie Chronisch 4:

 

 

 

 

 

 

Fälle, in denen die verfügbaren Daten eine Einstufung nach den vorgenannten Kriterien nicht erlauben, aber trotzdem Anlass zu Besorgnis besteht. Dazu gehören beispielsweise schwer lösliche Stoffe, die in Bereichen bis zur Wasserlöslichkeit keine akute Toxizität zeigen (Hinweis 4), die gemäß Abschnitt 4.1.2.9.5 nicht schnell abbaubar sind und einen experimentell bestimmten BCF von ≥ 500 (oder wenn nicht vorhanden einen log Kow von ≥ 4) aufweisen, was auf ein Bioakkumulationspotenzial hindeutet; sie werden in diese Kategorie eingestuft, sofern sonstige wissenschaftliche Erkenntnisse eine Einstufung nicht als unnötig belegen. Solche Erkenntnisse sind beispielsweise NOEC-Werte für chronische Toxizität > Wasserlöslichkeit oder > 1 mg/l oder auch andere Nachweise über einen schnellen Abbau in der Umwelt, die nicht durch eines der in Abschnitt 4.1.2.9.5 aufgeführten Verfahren erbracht werden.

 

 

(ABl. L 156/2016)

Hinweis 1
Bei der Einstufung von Stoffen in die Kategorien akut 1 und/oder chronisch 1 muss ein entsprechender Multiplikationsfaktor angegeben werden (siehe Tabelle 4.1.3).

Hinweis 2
Die Einstufung erfolgt auf der Grundlage der ErC50 (= EC50 (Wachstumsrate)). Ist die Grundlage der EC50 nicht angegeben oder wird keine ErC50 berichtet, hat die Einstufung auf dem niedrigsten verfügbaren EC50-Wert zu basieren.

Hinweis 3
Liegen keine verwertbaren, entweder experimentell bestimmten oder geschätzten Daten über die Abbaubarkeit vor, sollte der Stoff als nicht schnell abbaubar behandelt werden.

Hinweis 4
„Keine akute Toxizität“ bedeutet, dass der/die L(E)C50-Wert(e) über der Wasserlöslichkeit liegt/liegen. Auch für schwer lösliche Stoffe (Wasserlöslichkeit < 1 mg/l), bei denen belegt ist, dass die Prüfung auf akute Toxizität kein echtes Maß für die intrinsische Toxizität ergibt.

4.1.2.7.

Aquatische Toxizität

4.1.2.7.1.

Zur Bestimmung der akuten aquatischen Toxizität werden in der Regel die Prüfungen 96 h LC50(Fisch), 48 h EC50(Krebstier) und/oder 72 h bzw. 96 h EC50(Alge) durchgeführt. Diese Spezies decken eine Reihe von trophischen Ebenen und Taxa ab und werden stellvertretend für alle Wasserorganismen betrachtet; Daten über andere Spezies (beispielsweise Lemnaspp.) sind bei geeigneter Testmethodik ebenfalls zu berücksichtigen. Die Prüfungen auf Hemmung des Wasserpflanzenwachstums werden normalerweise als chronische Prüfungen betrachtet, die EC50werden jedoch für Einstufungszwecke als akute Toxizitätswerte behandelt (siehe Hinweis 2).

4.1.2.7.2.

Zur Bestimmung der chronischen aquatischen Toxizität sind zu Einstufungszwecken Daten zu akzeptieren, die nach den in Artikel 8 Absatz 3 bezeichneten standardisierten Prüfverfahren gewonnen wurden, sowie Ergebnisse aus anderen validierten und international anerkannten Prüfverfahren. Es sind die NOEC-Werte oder gleichwertige ECx-Werte (beispielsweise EC10) zu verwenden.

4.1.2.8.

Bioakkumulation

4.1.2.8.1.

Die Bioakkumulation von Stoffen in Wasserorganismen kann über längere Zeiträume toxische Wirkungen verursachen, auch wenn die tatsächlichen Konzentrationswerte im Wasser niedrig sind. Das Bioakkumulationspotenzial organischer Stoffe ist in der Regel unter Verwendung des Oktanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten zu ermitteln, der üblicherweise als log Kow-Wert bestimmt wird. Die Beziehung zwischen dem log Kow eines organischen Stoffes und seiner Biokonzentration, gemessen anhand des Biokonzentrationsfaktors (BCF) beim Fisch, wird in der wissenschaftlichen Literatur eindeutig nachgewiesen. Die Verwendung eines Berücksichtigungsgrenzwertes von log Kow ≥ 4 dient dazu, nur diejenigen Stoffe zu identifizieren, die über ein echtes Biokonzentrationspotenzial verfügen. Dies stellt dann zwar ein Bioakkumulationspotenzial dar, ein experimentell bestimmter BCF eignet sich jedoch besser als Maßzahl und ist, falls verfügbar, vorzuziehen. Ein BCF bei Fischen von ≥ 500 ist zu Einstufungszwecken ein Indiz für das Biokonzentrationspotenzial. Es lassen sich bestimmte Zusammenhänge zwischen der chronischen Toxizität und dem Bioakkumulationspotenzial beobachten, da die Toxizität mit der Körperbelastung in Verbindung steht.

4.1.2.9.

Schnelle Abbaubarkeit organischer Stoffe

4.1.2.9.1.

Stoffe, die schnell abbauen, können rasch aus der Umwelt entfernt werden. Zwar können aufgrund dieser Stoffe Wirkungen auftreten, insbesondere bei Leckagen oder Unfällen, sie bleiben aber örtlich begrenzt und sind von kurzer Dauer. Findet kein schneller Abbau in der Umwelt statt, hat ein Stoff im Wasser das Potenzial, langfristig und großräumig toxisch zu wirken.

4.1.2.9.2.

Eine Möglichkeit zum Nachweis einer schnellen Abbaubarkeit besteht im Bioabbaubarkeits-Screeningtest, bei dem bestimmt wird, ob ein organischer Stoff „leicht biologisch abbaubar“ ist. Sind derartige Daten nicht verfügbar, gilt ein BSB (5 Tage)/CSB-Verhältnis von ≥ 0,5 als Hinweis auf die schnelle Abbaubarkeit. Somit gilt ein Stoff, der die Anforderungen dieses Screeningtests erfüllt, in Gewässern als wahrscheinlich „schnell“ biologisch abbaubar und daher kaum als persistent. Umgekehrt bedeutet die Nichterfüllung der Prüfanforderungen nicht unbedingt, dass der Stoff nicht schnell in der Umwelt abbaut. Daher können auch andere Belege für die schnelle Abbaubarkeit in der Umwelt berücksichtigt werden und sind insbesondere dann von besonderer Bedeutung, wenn die Stoffe in den bei Standardprüfungen verwendeten Konzentrationen auf Mikroorganismen aktivitätshemmend wirken. Deshalb wurde ein weiteres Einstufungskriterium aufgenommen, das die Verwendung von Daten ermöglicht, die belegen, dass der Stoff in Gewässern tatsächlich innerhalb von 28 Tagen zu > 70 % biotisch oder abiotisch abgebaut hat. Wird ein Abbau unter realistischen Umweltbedingungen nachgewiesen, gilt das Kriterium „schnelle Abbaubarkeit“ damit als erfüllt.

4.1.2.9.3.

Zahlreiche Abbaubarkeitsdaten liegen in Form von Abbau-Halbwertszeiten vor; sie können für die Bestimmung der schnellen Abbaubarkeit verwendet werden, vorausgesetzt dass ein vollständiger biologischer Abbau des Stoffes, d.h. eine vollständige Mineralisierung, erreicht wird. Die primäre Bioabbaubarkeit reicht normalerweise bei der Beurteilung der schnellen Abbaubarkeit nicht als Nachweis aus, es sei denn, es kann belegt werden, dass die Abbauprodukte nicht Kriterien für die Einstufung als gewässergefährdend erfüllen.

4.1.2.9.4

Die herangezogenen Kriterien spiegeln die Tatsache wider, dass der Abbau in der Umwelt biotisch oder abiotisch erfolgen kann. Hydrolyse kann berücksichtigt werden, wenn die Hydrolyseprodukte nicht die Kriterien für die Einstufung als gewässergefährdend erfüllen.
Stoffe gelten als schnell in der Umwelt abbaubar, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:
In 28-tägigen Studien auf leichte Bioabbaubarkeit werden mindestens folgende Abbauwerte erreicht:

  1. Tests basierend auf gelöstem organischem Kohlenstoff: 70 %
  2. Tests basierend auf Sauerstoffverbrauch oder Kohlendioxidbildung: 60 % des theoretischen Maximums
  1. Diese Schwellenwerte der Bioabbaubarkeit müssen innerhalb von 10 Tagen nach dem Beginn des Abbauprozesses (Zeitpunkt, zu dem 10 % des Stoffes abgebaut sind) erreicht sein, es sei denn, der Stoff wurde als UVCB-Stoff oder als komplexer, aus mehreren, strukturell ähnlichen Bestandteilen bestehender Stoff identifiziert. In diesem Fall kann bei hinreichender Begründung von dem vorgeschriebenen Zeitfenster von 10 Tagen abgesehen werden und stattdessen nach 28 Tagen beurteilt werden, ob die Kriterien erfüllt sind, oder
  2. in Fällen in denen nur BSB- und CSB-Daten vorliegen, beträgt das Verhältnis BSB5/CSB ≥ 0,5; oder
  3. es liegen andere stichhaltige wissenschaftliche Nachweise darüber vor, dass der Stoff in Gewässern innerhalb von 28 Tagen zu > 70 % (biotisch und/oder abiotisch) abgebaut werden kann.

4.1.2.10

Anorganische Verbindungen und Metalle

4.1.2.10.1

Für anorganische Verbindungen und Metalle hat das Konzept der Abbaubarkeit in der Form, in der es bei organischen Verbindungen angewendet wird, nur begrenzte oder gar keine Bedeutung. Solche Stoffe können vielmehr durch normale Umweltprozesse umgewandelt werden, so dass die Bioverfügbarkeit der toxischen Spezies entweder erhöht oder verringert wird. Ebenso ist die Verwendung von Bioakkumulationsdaten mit Vorsicht zu betrachten (x) • [Fußnote: Die Europäische Chemikalienagentur hat eigene Leitlinien über die mögliche Verwendung dieser Daten für solche Stoffe in Bezug auf die Anforderungen der Einstufungskriterien herausgegeben. .

4.1.2.10.2

Schwerlösliche anorganische Verbindungen und Metalle können in Gewässern akut oder chronisch toxisch sein, was zum einen von der intrinsischen Toxizität der bioverfügbaren anorganischen Spezies abhängt und zum anderen davon, wie viel von dieser Spezies wie rasch in Lösung geht. Sämtliche Nachweise sind in einer Einstufungsentscheidung abzuwägen. Dies gilt insbesondere für Metalle, deren Ergebnisse im Umwandlungs-/Auflösungsprotokoll (Transformation/Dissolution Protocol) an der Grenze sind.

4.1.3.

Einstufungskriterien für Gemische

4.1.3.1

Das System für die Einstufung von Gemischen umfasst sämtliche Einstufungskategorien, die für Stoffe verwendet werden, also die Kategorien Akut 1 und Chronisch 1 bis 4. Um alle verfügbaren Daten zur Einstufung eines Gemisches aufgrund seiner Gewässergefährdung zu nutzen, gilt gegebenenfalls Folgendes:

Als „relevante Bestandteile“ eines Gemisches gelten jene, die als „Akut 1“ oder „Chronisch 1“ eingestuft sind und in Konzentrationen von mindestens 0,1 % (w/w) vorliegen, und solche, die als „Chronisch 2“, „Chronisch 3“ oder „Chronisch 4“ eingestuft sind und in Konzentrationen von mindestens 1 % (w/w) vorliegen, sofern (wie bei hochtoxischen Bestandteilen der Fall, siehe Abschnitt 4.1.3.5.5.5) kein Anlass zu der Annahme besteht, dass ein in einer niedrigeren Konzentration enthaltener Bestandteil dennoch für die Einstufung des Gemisches aufgrund seiner Gefahren für die aquatische Umwelt relevant ist. Die Konzentration, die normalerweise für als „Akut 1“ oder als „Chronisch 1“ eingestufte Stoffe berücksichtigt wird, ist (0,1/M) %. (Siehe Abschnitt 4.1.3.5.5.5 zur Erläuterung des M-Faktors.)

4.1.3.2.

Die Einstufung von Gefahren für die aquatische Umwelt ist ein mehrstufiger Prozess und von der Art der Information abhängig, die zu dem Gemisch selbst und seinen Bestandteilen verfügbar ist. Abbildung 4.1.2 zeigt die Schritte des Verfahrens.

Das Stufenkonzept beinhaltet folgende Elemente:

  • die Einstufung auf der Grundlage von Prüfergebnissen des Gemisches,
  • die Einstufung auf der Grundlage von Übertragungsgrundsätzen,
  • die „Summierung eingestufter Bestandteile“ und/oder die Verwendung einer „Additivitätsformel“.

Abbildung 4.1.2
Mehrstufiges Verfahren zur Einstufung von Gemischen nach ihrer kurzfristigen (akuten) und langfristigen (chronischen) Gewässergefährdung

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(ABl. L 156/2016)

4.1.3.3.

Einstufung von Gemischen, wenn Daten für das komplette Gemisch vorliegen

4.1.3.3.1.

Wurde das Gemisch als Ganzes auf seine aquatische Toxizität geprüft, können diese Informationen zur Einstufung des Gemischs nach den für Stoffe festgelegten Kriterien verwendet werden. Die Einstufung basiert üblicherweise auf Daten für Fische, Krebstiere und Algen/Pflanzen (siehe Abschnitte 4.1.2.7.1 und 4.1.2.7.2). Fehlen geeignete Daten über die akute oder chronische Toxizität des Gemisches als Ganzes, sollten die „Übertragungsgrundsätze“ oder die „Summierungsmethode“ (siehe Abschnitt 4.1.3.4 bzw. 4.1.3.5) angewandt werden.

4.1.3.3.2.

Für die Einstufung von Gemischen aufgrund ihrer langfristigen (chronischen) Gefahr bedarf es zusätzlicher Informationen über ihre Abbaubarkeit und in manchen Fällen auch über ihre Bioakkumulation. Prüfungen der Abbaubarkeit und Bioakkumulation werden für Gemische nicht verwendet, weil sie in der Regel schwierig zu interpretieren sind und gegebenenfalls nur für Einzelstoffe aussagekräftig sein können. (ABl. L 156/2016)

4.1.3.3.3.

Einstufung in die Kategorie Akut 1

  1. Es liegen geeignete Testdaten über die akute Toxizität (LC50oder EC50) für das Gemisch als Ganzes vor, die zeigen, dass L(E)C50≤ 1 mg/l:
    Das Gemisch wird nach Tabelle 4.1.0 Buchstabe a als Akut 1 eingestuft.
  2. Es liegen geeignete Testdaten über die akute Toxizität (einer oder mehrere LC50oder EC50) für das Gemisch als Ganzes vor, die zeigen, dass in der Regel bei allen trophischen Ebenen der/die Wert(e) für L(E)C50> 1 mg/l:

Eine Einstufung aufgrund kurzfristiger (akuter) Toxizität ist nicht erforderlich. (ABl. L 156/2016)

4.1.3.3.4.

Einstufung in die Kategorien Chronisch 1, 2 und 3

  1. Es liegen geeignete Daten über die chronische Toxizität (ECx oder NOEC) für das Gemisch als Ganzes vor, die zeigen, dass die ECx oder NOEC des geprüften Gemisches ≤ 1 mg/l:
    1. Das Gemisch wird nach Tabelle 4.1.0 Buchstabe b Ziffer ii als Chronisch 1, 2 oder 3 eingestuft, weil es schnell abbaubar ist, wenn die vorliegenden Informationen den Schluss zulassen, dass alle relevanten Bestandteile des Gemischs schnell abbaubar sind.
    2. In allen übrigen Fällen wird das Gemisch nach Tabelle 4.1.0 Buchstabe b Ziffer i als Chronisch 1 oder 2 eingestuft, weil es nicht schnell abbaubar ist.
  2. Es liegen geeignete Daten über die chronische Toxizität (ECx oder NOEC) für das Gemisch als Ganzes vor, die zeigen, dass in der Regel bei allen trophischen Ebenen der/die ECx- oder NOEC-Wert/-e des geprüften Gemisches > 1 mg/l:

Eine Einstufung in die Kategorien Chronisch 1, 2 oder 3 aufgrund einer langfristigen (chronischen) Gefahr ist nicht erforderlich. (ABl. L 156/2016)

4.1.3.3.5.

Einstufung in die Kategorie Chronisch 4

Bestehen dennoch Gründe für Bedenken:

Das Gemisch wird nach Tabelle 4.1.0 als Chronisch 4 („Sicherheitsnetz“) eingestuft.

4.1.3.4.

Einstufung von Gemischen, bei denen keine Toxizitätsdaten für das komplette Gemisch vorliegen: Übertragungsgrundsätze

4.1.3.4.1.

Wurde das Gemisch selbst nicht auf seine Gefahren für die aquatische Umwelt geprüft, liegen jedoch ausreichende Daten über seine einzelnen Bestandteile und über ähnliche geprüfte Gemische vor, um die Gefahren des Gemisches angemessen zu beschreiben, dann sind diese Daten nach Maßgabe der Übertragungsregeln des Abschnitts 1.1.3 zu verwenden. Wird der für Verdünnungen geltende Übertragungsgrundsatz angewandt, gelten jedoch die Abschnitte 4.1.3.4.2 und 4.1.3.4.3.

4.1.3.4.2.

Verdünnung: Entsteht ein Gemisch durch Verdünnung eines anderen geprüften Gemisches oder eines Stoffes, der aufgrund seiner Gefahr für die aquatische Umwelt eingestuft wurde, wobei der Verdünner in eine gleichwertige oder niedrigere Kategorie der Gewässergefährdung eingestuft wurde als der am wenigsten gewässergefährdende Bestandteil des Ausgangsgemisches, und ist nicht davon auszugehen, dass das Verdünnungsmittel die Gefahren anderer Bestandteile für die aquatische Umwelt beeinflusst, dann kann das neue Gemisch als ebenso gewässergefährdend wie das geprüfte Ausgangsgemisch oder der Ausgangsstoff eingestuft werden. Alternativ kann die in Abschnitt 4.1.3.5 dargelegte Methode angewandt werden.

4.1.3.4.3.

Entsteht ein Gemisch durch Verdünnung eines anderen geprüften Gemisches oder eines geprüften Stoffes mit Wasser oder einem anderen völlig ungiftigen Material, kann die Toxizität des Gemisches anhand des unverdünnten Gemisches oder des unverdünnten Stoffes errechnet werden.
(ABl. L 149/2013)

4.1.3.5.

Einstufung von Gemischen, wenn Toxizitätsdaten für einige oder alle Bestandteile des Gemisches vorliegen

4.1.3.5.1.

Die Einstufung eines Gemisches basiert auf der Summierung der Konzentration seiner eingestuften Bestandteile. Der Prozentanteil der als „akut“ oder als „chronisch“ eingestuften Bestandteile fließt direkt in die Summierungsmethode ein. Diese Methode wird in Abschnitt 4.1.3.5.5 detailliert beschrieben.

4.1.3.5.2.

Gemische können sowohl aus Bestandteilen bestehen, die (als Akut 1 und/oder Chronisch 1, 2, 3 oder 4) eingestuft sind, als auch aus Bestandteilen, für die geeignete Prüfdaten zu ihrer Toxizität vorliegen. Sind geeignete Toxizitätsdaten für mehr als einen Bestandteil des Gemisches verfügbar, wird die kombinierte Toxizität dieser Bestandteile mit Hilfe der nachstehenden Additivitätsformeln a oder b, je nach Art der Toxizitätsdaten, berechnet:

a) ausgehend von der akuten aquatischen Toxizität:

 wobei gilt:
 Ci= Konzentration des Bestandteils i (Gewichtsprozentsatz)
 L(E)C50 i = (mg/l) LC50oder EC50für Bestandteil i
 η = Zahl der Bestandteile
 L(E)C50m = L(E) C50des Teils des Gemisches mit Prüfdaten

Die errechnete Toxizität kann dazu dienen, diesem Anteil des Gemischs eine Kategorie der langfristigen (akuten) Gefährdung zuzuordnen, die anschließend in die Anwendung der Summierungsmethode einfließt.
b) ausgehend von der chronischen aquatischen Toxizität

wobei gilt:

Ci = Konzentration von Bestandteil i (Gewichtsprozentsatz) zur Erfassung der schnell abbaubaren Bestandteile

Cj = Konzentration von Bestandteil j (Gewichtsprozentsatz) zur Erfassung der nicht schnell abbaubaren Bestandteile

NOECi = NOEC (oder eine andere anerkannte Maßeinheit für die chronische Toxizität) für Bestandteil i zur Erfassung der schnell abbaubaren Bestandteile, in mg/l

NOECj = NOEC (oder eine andere anerkannte Maßeinheit für die chronische Toxizität) für Bestandteil j zur Erfassung der nicht schnell abbaubaren Bestandteile, in mg/l

n = Anzahl der Bestandteile, alle Werte von i zwischen 1 und n

EqNOECm = äquivalente NOEC jenes Teils des Gemisches, für den Prüfdaten vorliegen.

Die äquivalente Toxizität spiegelt somit die Tatsache wider, dass nicht schnell abbaubare Stoffe um eine Gefahrenkategorie höher (also „strenger“) eingestuft werden als schnell abbaubare Stoffe.

Die errechnete äquivalente Toxizität kann dazu dienen, diesem Anteil des Gemischs anhand der Kriterien für schnell abbaubare Stoffe (Tabelle 4.1.0 Buchstabe b Ziffer ii) eine langfristige (chronische) Gefahrenkategorie zuzuordnen, die anschließend in die Anwendung der Summierungsmethode einfließt. (ABl. L 156/2016)

4.1.3.5.3.

Bei Anwendung der Additivitätsformel auf einen Teil des Gemisches sollten bei der Berechnung der Toxizität dieses Teils des Gemisches für jeden Stoff vorzugsweise Toxizitätswerte verwendet werden, die sich auf dieselbe taxonomische Gruppe beziehen (d. h. Fisch, Krebstier, Algen oder Gleichwertige); anschließend sollte die höchste errechnete Toxizität (niedrigster Wert) verwendet werden (d. h. Verwendung der sensibelsten der drei taxonomischen Gruppen). Sind die Toxizitätsdaten für die einzelnen Bestandteile jedoch nicht für dieselbe taxonomische Gruppe verfügbar, wird der Toxizitätswert der einzelnen Bestandteile auf dieselbe Art und Weise ausgewählt wie die Toxizitätswerte für die Einstufung von Stoffen, d. h. es wird die höhere Toxizität (des sensibelsten Prüforganismus) verwendet. Anhand der errechneten akuten und chronischen Toxizität wird dann bewertet, ob dieser Teil des Gemisches in Anwendung der auch für Stoffe geltenden Kriterien als Akut 1 und/oder Chronisch 1, 2 oder 3 einzustufen ist.

4.1.3.5.4.

Wird ein Gemisch nach mehreren Methoden eingestuft, ist dem Ergebnis der Methode zu folgen, die das konservativere Ergebnis erbringt.

4.1.3.5.5.

Summierungsmethode

4.1.3.5.5.1

Grundlage

4.1.3.5.5.1.1.

Im Falle der Einstufungskategorien Chronisch 1 bis Chronisch 3 unterscheiden sich die zugrunde liegenden Toxizitätskriterien von einer Kategorie zur nächsten um den Faktor 10. Stoffe mit einer Einstufung in einen hochtoxischen Bereich tragen somit zur Einstufung eines Gemisches in einen niedrigeren Bereich bei. Bei der Berechnung dieser Einstufungskategorien muss daher der Beitrag aller als Chronisch 1, 2 oder 3 eingestuften Stoffe betrachtet werden.

4.1.3.5.5.1.2.

Enthält ein Gemisch Bestandteile, die als Akut 1 oder Chronisch 1 eingestuft wurden, muss die Tatsache berücksichtigt werden, dass derartige Bestandteile mit einer akuten Toxizität bei unter 1 mg/l und/oder einer chronischen Toxizität bei unter 0,1 mg/l (falls nicht schnell abbaubar) bzw. bei 0,01 mg/l (falls schnell abbaubar) auch in niedriger Konzentration zur Toxizität des Gemisches beitragen. Aktive Bestandteile in Pestiziden weisen häufig solch eine hohe aquatische Toxizität auf, dies gilt jedoch auch für andere Stoffe wie metallorganische Verbindungen. Unter diesen Umständen führt die Anwendung der normalen allgemeinen Konzentrationsgrenzwerte zu einer zu niedrigen Einstufung des Gemisches. Daher sind, wie in Abschnitt 4.1.3.5.5.5 beschrieben, Multiplikationsfaktoren anzuwenden, um hochtoxische Bestandteile entsprechend zu berücksichtigen.

4.1.3.5.5.2.

Einstufungsverfahren

4.1.3.5.5.2.1.

Im Allgemeinen hebt eine strengere Einstufung von Gemischen eine weniger strenge auf, d. h. eine Einstufung als Chronisch 1 hebt eine Einstufung als Chronisch 2 auf. Folglich ist das Einstufungsverfahren in diesem Beispiel bereits abgeschlossen, wenn das Ergebnis der Einstufung auf „Chronisch 1“ lautet. Eine strengere Einstufung als „Chronisch 1“ ist nicht möglich. Daher sind weitere Maßnahmen zur Einstufung nicht erforderlich.

4.1.3.5.5.3.

Einstufung in die Kategorie Akut 1

4.1.3.5.5.3.1

Zunächst werden sämtliche als Akut 1 eingestuften Bestandteile betrachtet. Falls die Summe der Konzentrationen (in %) dieser Bestandteile, multipliziert mit ihrem jeweiligen M-Faktor, ≥ 25 % beträgt, wird das gesamte Gemisch als Akut 1 eingestuft. (ABl. L 86/2019)

4.1.3.5.5.3.2

Die Einstufung von Gemischen aufgrund ihrer kurzfristigen (akuten) Gewässergefährdung mit Hilfe dieser Summierung von eingestuften Bestandteilen wird in der nachstehenden Tabelle 4.1.1 zusammengefasst. (ABl. L 156/2016)

Tabelle 4.1.1

Einstufung eines Gemisches nach seiner akuten Gewässergefährdung auf der Grundlage der Summierung von eingestuften Bestandteilen

Summe der Bestandteile, die eingestuft sind als:

Gemisch wird eingestuft als:

Akut 1 x M (a) • [Fußnote: Siehe Abschnitt 4.1.3.5.5.5 zur Erläuterung des M-Faktors. ≥ 25 %

Akut 1

4.1.3.5.5.4.

Einstufung in die Kategorien Chronisch 1, 2, 3 und 4

4.1.3.5.5.4.1

Zunächst werden sämtliche als Chronisch 1 eingestuften Bestandteile betrachtet. Ist die Summe der Konzentrationen (in %) dieser Bestandteile, multipliziert mit ihrem jeweiligen M-Faktor größer oder gleich 25 %, wird das gesamte Gemisch als Chronisch 1 eingestuft. Ergibt die Berechnung eine Einstufung des Gemisches als Chronisch 1, ist das Einstufungsverfahren abgeschlossen.

4.1.3.5.5.4.2

Falls das Gemisch nicht als Chronisch 1 eingestuft wird, wird eine Einstufung als Chronisch 2 geprüft. Ein Gemisch wird dann als Chronisch 2 eingestuft, wenn die zehnfache Summe der Konzentrationen (in %) aller Bestandteile, die als Chronisch 1 eingestuft sind, multipliziert mit ihrem jeweiligen M-Faktor, zuzüglich der Summe der Konzentrationen (in %) aller Bestandteile, die als Chronisch 2 eingestuft sind, größer oder gleich 25 % ist. Ergibt die Berechnung eine Einstufung des Gemisches als Chronisch 2, ist das Einstufungsverfahren abgeschlossen.

4.1.3.5.5.4.3

Falls das Gemisch weder als Chronisch 1 noch als Chronisch 2 eingestuft wird, ist eine Einstufung als Chronisch 3 zu prüfen. Ein Gemisch wird dann als Chronisch 3 eingestuft, wenn die hundertfache Summe der Konzentrationen (in %) aller Bestandteile, die als Chronisch 1 eingestuft sind, multipliziert mit ihrem jeweiligen M-Faktor, zuzüglich der zehnfachen Summe der Konzentrationen (in %) aller Bestandteile, die als Chronisch 2 eingestuft sind, sowie der Summe der Konzentrationen (in %) aller Bestandteile, die als Chronisch 3 eingestuft sind, größer oder gleich 25 % ist.

4.1.3.5.5.4.4

Wurde das Gemisch nicht als Chronisch 1, 2 oder 3 eingestuft, wird eine Einstufung als Chronisch 4 geprüft. Ein Gemisch wird als Chronisch 4 eingestuft, wenn die Summe der Konzentrationen (in %) der Bestandteile, die als Chronisch 1, 2, 3 und 4 eingestuft sind, größer oder gleich 25 % ist.

4.1.3.5.5.4.5

Die Einstufung von Gemischen nach ihrer langfristigen (chronischen) Gewässergefährdung mit Hilfe der Summierung der Konzentrationen der eingestuften Bestandteile wird in der nachstehenden Tabelle 4.1.2 zusammengefasst. (ABl. L 156/2016)

Tabelle 4.1.2
Einstufung eines Gemischs nach seiner langfristigen (chronischen) Gewässergefährdung auf der Grundlage der Summierung der Konzentrationen der eingestuften Bestandteile
(ABl. L 156/2016)

Summe der Bestandteile, die eingestuft sind als:

Gemisch wird eingestuft als:

Chronisch, Kategorie 1 × M (a) • [Fußnote: Siehe Abschnitt 4.1.3.5.5.5 zur Erläuterung des M-Faktors. ≥ 25 %

Chronisch 1

(M × 10 × Chronisch 1) + Chronisch 2 ≥ 25 %

Chronisch 2

M × 100 × Chronisch 1) + (10 × Chronisch 2) + Chronisch 3 ≥ 25 %

Chronisch 3

Chronisch 1 + Chronisch 2 + Chronisch 3 + Chronisch 4 ≥ 25 %

Chronisch 4

4.1.3.5.5.5

Gemische mit hochtoxischen Bestandteilen

4.1.3.5.5.5.1

Als Akut 1 und Chronisch 1 eingestufte Bestandteile mit einer Toxizität bei unter 1 mg/l und/oder einer chronischen Toxizität bei unter 0,1 mg/l (falls nicht schnell abbaubar) bzw. bei unter 0,01 mg/l (falls schnell abbaubar) tragen selbst in geringer Konzentration zur Toxizität des Gemisches bei und erhalten in der Regel bei der Einstufung mit Hilfe der Summierungsmethode ein größeres Gewicht. Enthält ein Gemisch Bestandteile, die als Akut oder Chronisch 1 eingestuft sind, gilt eines der nachstehenden Verfahren:

  • Das in den Abschnitten 4.1.3.5.5.3 und 4.1.3.5.5.4 beschriebene Stufenkonzept, das eine gewichtete Summe verwendet, die aus der Multiplikation der Konzentrationen der als Akut 1 und Chronisch 1 eingestuften Bestandteile mit einem Faktor resultiert, anstatt lediglich Prozentanteile zu addieren. Dies bedeutet, dass die Konzentration von „Akut 1“ in der linken Spalte von Tabelle 4.1.1 und die Konzentration von „Chronisch 1“ in der linken Spalte der Tabelle 4.1.2 mit dem entsprechenden Multiplikationsfaktor multipliziert werden. Die auf diese Bestandteile anzuwendenden Multiplikationsfaktoren werden anhand des Toxizitätswertes bestimmt, wie in nachstehender Tabelle 4.1.3 zusammenfassend dargestellt. Zur Einstufung eines Gemisches mit als Akut 1/Chronisch 1 eingestuften Bestandteilen muss daher die für die Einstufung zuständige Person den Wert des M-Faktors kennen, um die Summierungsmethode anwenden zu können.
  • Die Additivitätsformel (siehe Abschnitt 4.1.3.5.2), sofern für alle hochtoxischen Bestandteile des Gemisches Toxizitätsdaten vorliegen und es schlüssige Belege dafür gibt, dass sämtliche anderen Bestandteile (einschließlich derjenigen, für die keine spezifischen Daten über die akute und/oder chronische Toxizität vorliegen) wenig oder gar nicht toxisch sind und nicht deutlich zur Umweltgefährlichkeit des Gemisches beitragen.

Tabelle 4.1.3
Multiplikationsfaktoren für hochtoxische Bestandteile von Gemischen

Akute Toxizität

M-
Faktor

Chronische Toxizität

M-
Faktor

 

 

L(E)C50-Wert mg/l

 

 

NOEC-Wert mg/l

NSA (a) Bestandteile

SA (b) Bestandteile

0,1 < L(E)C50 ≤ 1

1

0,01 < NOEC ≤ 0,1

1

0,01 < L(E)C50 ≤ 0,1

10

0,001 < NOEC ≤ 0,01

10

1

0,001 < L(E)C50 ≤ 0,01

100

0,0001 < NOEC ≤ 0,001

100

10

0,0001 < L(E)C50 ≤ 0,001

1000

0,00001 < NOEC ≤ 0,0001

1000

100

0,00001 < L(E)C50 ≤ 0,0001

10000

0,000001 < NOEC ≤ 0,00001

10000

1000

(weiter in Faktor-10-Intervallen)

 

 

(weiter in Faktor-10-Intervallen)

 

 

 

 

(a) Nicht schnell abbaubar.

(b) Schnell abbaubar.

(ABl. L 149/2013)

 

 

4.1.3.6.

Einstufung von Gemischen mit Bestandteilen, zu denen keine verwertbaren Informationen vorliegen

4.1.3.6.1

Liegen für einen oder mehrere relevante Bestandteile keinerlei verwertbare Informationen über eine kurzfristige (akute) und/oder langfristige (chronische) Gewässergefährdung vor, führt dies zu dem Schluss, dass eine endgültige Zuordnung des Gemischs zu einer oder mehreren Gefahrenkategorie/n nicht möglich ist. In einem solchen Fall wird das Gemisch lediglich aufgrund der bekannten Bestandteile eingestuft und auf dem Kennzeichnungsschild und im Sicherheitsdatenblatt mit folgendem Zusatzhinweis versehen: „Enthält x % Bestandteile mit unbekannter Gewässergefährdung. (ABl. L 156/2016)

4.1.4.

Gefahrenkommunikation

4.1.4.1

Bei Stoffen oder Gemischen, die die Kriterien für die Einstufung in diese Gefahrenklasse erfüllen, sind die Kennzeichnungselemente gemäß Tabelle 4.1.4 zu verwenden.

Tabelle 4.1.4
Kennzeichnungselemente für Gewässergefährdung

KURZFRISTIG (AKUT) GEWÄSSERGEFÄHRDUNG

 

Akut 1

GHS-
Piktogramm

clp_tabelle_4_1_4

Signalwort

Achtung

Gefahrenhinweis

H400: Sehr giftig für Wasserorganismen

Sicherheitshinweise –
Prävention

P273

Sicherheitshinweise –
Reaktion

P391

Sicherheitshinweise –
Lagerung

 

Sicherheitshinweise –
Entsorgung

P501

 

LANGFRISTIG (CHRONISCH) GEWÄSSERGEFÄHRDEND

 

Chronisch 1

Chronisch 2

Chronisch 3

Chronisch 4

GHS-
Piktogramm

GHS
GHS

Kein Piktogramm

Kein Piktogramm

Signal-
wort

Achtung

Kein Signalwort

Kein Signalwort

Kein Signalwort

Gefahren-
hinweis

H410:
Sehr giftig
für Wasser-
organismen,
mit
langfristiger
Wirkung

H411:
Giftig für
 Wasser-
organismen,
mit
langfristiger
Wirkung

H412:
Schädlich für
Wasser-
organismen,
mit
langfristiger
Wirkung

H413:
Kann für
Wasser-
organismen
schädlich
sein, mit
langfristiger
Wirkung

Sicherheitshinweise –
Prävention

P273

P273

P273

P273

Sicherheitshinweise –
Reaktion

P391

P391

  

Sicherheitshinweise –
Lagerung 

    

Sicherheitshinweise –
Entsorgung

P501

P501

P501

P501

(ABl. L 156/2016)

4.2. Endokrine Disruption mit Wirkung auf die Umwelt

4.2.1. Begriffsbestimmungen und allgemeine Erwägungen

4.2.1.1. Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke von Abschnitt 4.2. gelten folgende Begriffsbestimmungen:

  1. Ein „endokriner Disruptor“ ist ein Stoff oder ein Gemisch, der/das eine oder mehrere Funktion(en) des Hormonsystems verändert und folglich in einem intakten Organismus, seiner Nachkommenschaft, Populationen oder Teilpopulationen schädliche Wirkungen auslöst;
  2. „endokrine Disruption“ bezeichnet die durch einen endokrinen Disruptor verursachte Veränderung einer oder mehrerer Funktion(en) des Hormonsystems;
  3. „endokrine Aktivität“ bezeichnet eine Wechselwirkung mit dem Hormonsystem, die eine Reaktion des Hormonsystems, von Zielorganen oder Zielgeweben auslösen kann und einem Stoff oder einem Gemisch das Potenzial verleiht, eine oder mehrere Funktion(en) des Hormonsystems zu verändern;
  4. „schädliche Wirkung“ bezeichnet eine Veränderung der Morphologie, der Physiologie, des Wachstums, der Entwicklung, der Fortpflanzung oder der Lebensdauer eines Organismus, eines Systems, einer Population oder einer Teilpopulation, die Funktionseinschränkungen, eine Einschränkung der Fähigkeit zur Bewältigung erhöhten Stresses oder eine erhöhte Anfälligkeit für andere Einflüsse zur Folge hat;
  5. „biologisch plausibler Zusammenhang“ bezeichnet die Korrelation zwischen einer endokrine Aktivität und einer schädlichen Wirkung aufgrund von biologischen Prozessen, wobei aufgrund derzeitiger wissenschaftlicher Erkenntnisse vom Bestehen dieser Korrelation auszugehen ist.

4.2.1.2. Allgemeine Erwägungen

4.2.1.2.1. Bei Stoffen und Gemischen, die die Kriterien für endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt in Anbetracht der Nachweise gemäß der Tabelle 4.2.1 erfüllen, ist davon auszugehen, dass es sich um bekannte, vermeintliche oder mutmaßliche endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt handelt, es sei denn, es wurde schlüssig nachgewiesen, dass die festgestellte schädliche Wirkung auf der Ebene der Population oder der Subpopulation nicht zum Tragen kommt.

4.2.1.2.2. Nachweise, die bei der Einstufung von Stoffen gemäß anderen Abschnitten dieses Anhangs Berücksichtigung finden, können auch als Nachweise bei der Einstufung von Stoffen als endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt verwendet werden, sofern die Kriterien dieses Abschnitts erfüllt sind.

4.2.2. Einstufungskriterien für Stoffe

4.2.2.1 Gefahrenklassen

Bei der Einstufung nach endokriner Disruption mit Wirkung auf die Umwelt werden die Stoffe in eine von zwei Kategorien eingestuft.

Tabelle 4.2.1

Gefahrenkategorien für endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt

Kategorien

Kriterien

KATEGORIE 1

Bekannte oder vermeintliche endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt

Die Einstufung in Kategorie 1 basiert weitgehend auf Nachweisen, die mindestens einer der folgenden Kategorien zuzuordnen sind:

  1. am Tier gewonnene Daten;
  2. nicht am Tier gewonnene Daten, deren Prognosekapazität den Daten gemäß Buchstabe a entspricht.

Durch diese Daten wird nachgewiesen, dass der Stoff alle folgenden Kriterien erfüllt:

  1. endokrine Aktivität;
  2. schädliche Wirkung in einem intakten Organismus oder seinen Nachkommen oder künftigen Generationen;
  3. biologisch plausibler Zusammenhang zwischen der endokrinen Aktivität und der schädlichen Wirkung.

Liegen jedoch Informationen vor, die die Relevanz der schädlichen Wirkung auf das Hormonsystem, die auf der Ebene der Population oder der Teilpopulation festgestellt wurde, ernsthaft infrage stellen, kann die Einstufung in Kategorie 2 geeigneter erscheinen.

KATEGORIE 2

Stoffe, die in dem Verdacht stehen, endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt zu sein

Ein Stoff wird in Kategorie 2 eingestuft, wenn alle folgenden Kriterien erfüllt sind:

  1. es gibt Nachweise für
    1. eine endokrine Aktivität; und
    2. eine schädliche Wirkung in einem intakten Organismus oder seinen Nachkommen oder künftigen Generationen;
  2. die Nachweise nach Buchstabe a sind nicht überzeugend genug, um eine Einstufung in Kategorie 1 zu rechtfertigen;
  3. es gibt Nachweise für einen biologisch plausiblen Zusammenhang zwischen der endokrinen Aktivität und der schädlichen Wirkung.

Wurde jedoch schlüssig nachgewiesen, dass die festgestellte schädliche Wirkung auf der Ebene der Population oder der Teilpopulation nicht zum Tragen kommt, gilt der Stoff nicht als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt.

4.2.2.2. Einstufungsgrundlage

4.2.2.2.1 Die Einstufung erfolgt auf der Grundlage der oben aufgeführten Kriterien und einer Ermittlung der Beweiskraft der Daten für jedes der Kriterien (siehe Abschnitt 4.2.2.3) sowie einer umfassenden Ermittlung der Beweiskraft (siehe Abschnitt 1.1.1). Die Einstufung als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt soll für Stoffe erfolgen, die hormonell bedingte schädliche Wirkungen auf der Ebene der Population oder der Teilpopulation auslösen oder auslösen können.

4.2.2.2.2. Schädliche Wirkungen, bei denen es sich ausschließlich um unspezifische Folgen anderer toxischer Wirkungen handelt, werden bei der Identifizierung eines Stoffes als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt nicht berücksichtigt.

4.2.2.3. Beweiskraftermittlung und Beurteilung durch Experten

4.2.2.3.1. Die Einstufung als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt erfolgt auf der Grundlage einer Beurteilung der Beweiskraft sämtlicher verfügbarer Daten durch Experten (siehe Abschnitt 1.1.1). Dies bedeutet, dass alle verfügbaren Informationen, die für die Feststellung der endokrinen Disruption mit Wirkung auf die Umwelt relevant sind, gemeinsam ausgewertet werden, zum Beispiel:

  1. In-vivo-Studien oder andere Studien (z. B. In-vitro-Studien, In-silico-Studien), mit denen schädliche Wirkungen, eine endokrine Aktivität oder ein biologisch plausibler Zusammenhang bei Tieren vorhergesagt werden können;
  2. Daten zu analogen Stoffen unter Einsatz von Struktur-Wirkungs-Beziehungen (SAR);
  3. die Bewertung von Stoffen, die mit dem zu untersuchenden Stoff chemisch verwandt sind, können ebenfalls berücksichtigt werden (Gruppierung, Übertragung), insbesondere wenn über den zu untersuchenden Stoff nur wenige Informationen vorliegen;
  4. alle zusätzlichen relevanten und anerkannten wissenschaftlichen Daten.

4.2.2.3.2.Bei der Beweiskraftermittlung mit Beurteilung durch Experten ist bei der Auswertung der wissenschaftlichen Daten gemäß Abschnitt 4.2.2.3.1 insbesondere allen nachstehend genannten Faktoren Rechnung zu tragen:

  1. sowohl positiven als auch negativen Befunden;
  2. der Relevanz des Studiendesigns für die Bewertung der schädigenden Wirkungen und seiner Relevanz auf Ebene der Population oder der Teilpopulationen sowie für die Bewertung der endokrinen Aktivität;
  3. den schädlichen Auswirkungen auf Fortpflanzung und Wachstum/Entwicklung sowie anderen relevanten schädliche Auswirkungen, die wahrscheinlich Auswirkungen auf Populationen oder Teilpopulationen haben;
  4. der Qualität und Schlüssigkeit der Daten unter Berücksichtigung der Struktur und Kohärenz der Befunde innerhalb von und zwischen Studien mit ähnlichem Design und zwischen verschiedenen Arten;
  5. Studien zu Expositionswegen sowie Toxikokinetik- und Metabolismusstudien;
  6. dem Konzept der Grenzdosis (Konzentration) sowie internationalen Leitlinien für empfohlene Maximaldosen (Konzentrationen) und für die Bewertung der verzerrenden Wirkung exzessiver Toxizität;
  7. sofern verfügbar, geeignete, verlässliche und repräsentative Feld- oder Überwachungsdaten oder Ergebnisse von Populationsmodellen.

4.2.2.3.3. Bei der Beweiskraftermittlung wird der Zusammenhang zwischen der endokrinen Aktivität und den schädlichen Wirkungen nach der biologischen Plausibilität hergestellt, die nach Auswertung der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse festzustellen ist. Ein Nachweis des biologisch plausiblen Zusammenhangs anhand stoffspezifischer Daten ist nicht erforderlich.

4.2.2.3.4. Bei der Beweiskraftermittlung sollen Nachweise, die bei der Einstufung eines Stoffes als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit gemäß Abschnitt 3.11 Berücksichtigung finden, in die Beurteilung der Einstufung des Stoffes als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt nach Abschnitt 4.2 einfließen.

4.2.2.4. Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe nach den in den Abschnitten 4.2.2.1 bis 4.2.2.3 festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Einstufung nach den in den Abschnitten 4.2.2.1 bis 4.2.2.3 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

4.2.3. Einstufungskriterien für Gemische

4.2.3.1. Einstufung von Gemischen, wenn Daten für alle oder nur für einige Bestandteile des Gemisches vorliegen

4.2.3.1.1. Ein Gemisch wird als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt eingestuft, wenn mindestens ein Bestandteil als endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt der Kategorie 1 oder der Kategorie 2 eingestuft worden ist und seine Konzentration den entsprechenden allgemeinen Konzentrationsgrenzwert für die Kategorie 1 bzw. die Kategorie 2 gemäß der Tabelle 4.2.2 erreicht oder übersteigt.

Tabelle 4.2.2.

Allgemeine Konzentrationsgrenzwerte von als endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt eingestuften Bestandteilen eines Gemisches, die zu einer Einstufung des Gemisches führen

Bestandteil eingestuft als

Allgemeine Konzentrationsgrenzwerte, die zu folgender Einstufung des Gemisches führen:

Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt, Kategorie 1

Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt, Kategorie 2

Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt, Kategorie 1

≥ 0,1 %

 

 

Endokriner Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt, Kategorie 2

 

 

≥ 1 %

[Hinweis 1 ]

Hinweis:

Die Konzentrationsgrenzwerte der vorstehenden Tabelle gelten für Feststoffe und Flüssigkeiten (in w/w) sowie für Gase (in v/v).

Hinweis 1:

Enthält das Gemisch als Bestandteil einen endokrinen Disruptor mit Wirkung auf die Umwelt der Kategorie 2 in einer Konzentration ≥ 0,1 %, so wird auf Anforderung ein Sicherheitsdatenblatt für das Gemisch vorgelegt.

4.2.3.2. Einstufung von Gemischen, bei denen Daten für das komplette Gemisch vorliegen:

4.2.3.2.1. Die Einstufung von Gemischen beruht auf den verfügbaren Testdaten für die einzelnen Bestandteile des Gemisches, wobei Konzentrationsgrenzwerte für diejenigen Bestandteile gelten, die als endokrine Disruptoren mit Wirkung auf die Umwelt eingestuft sind. Versuchsdaten für das ganze Gemisch können im Einzelfall zur Einstufung herangezogen werden, wenn sie endokrine Disruption mit Wirkung auf die Umwelt nachweisen, die bei einer Beurteilung der einzelnen Bestandteile nicht zu erkennen waren. In solchen Fällen ist nachzuweisen, dass die Versuchsergebnisse für das Gemisch insgesamt schlüssig sind, wobei die eingesetzten Dosen (Konzentrationen) und weitere Faktoren wie Dauer, Beobachtungen, Empfindlichkeit und statistische Analyse der Testsysteme zu berücksichtigen sind. Es sind geeignete Unterlagen zur Begründung der Einstufung aufzubewahren und auf Verlangen zur Überprüfung vorzulegen.

4.2.3.3. Einstufung von Gemischen, bei denen keine Daten für das komplette Gemisch vorliegen: Übertragungsgrundsätze.

4.2.3.3.1. Wenn das Gemisch selbst nicht auf seine endokrine Disruption mit Wirkung auf die Umwelt geprüft wurde, jedoch (vorbehaltlich des Abschnitts 4.2.3.2.1) ausreichende Daten über seine Einzelbestandteile und über ähnliche geprüfte Gemische vorliegen, um die Gefahren des Gemisches angemessen zu beschreiben, sind diese Daten nach Maßgabe der Übertragungsgrundsätze des Abschnitts 1.1.3 zu verwenden.

4.2.3.4. Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische nach den in den Abschnitten 4.2.3.1 bis 4.2.3.3 festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2026 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2028 eine Einstufung nach den in den Abschnitten 4.2.3.1, 4.2.3.2 und 4.2.3.3 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

4.2.4. Gefahrenkommunikation

4.2.4.1. Bei Stoffen und Gemischen, die die Kriterien für die Einstufung in diese Gefahrenklasse (endokrine Disruption mit Wirkung auf die Umwelt) erfüllen, sind die Kennzeichnungselemente gemäß Tabelle 4.2.3. zu verwenden.

Tabelle 4.2.3.

Kennzeichnungselemente für endokrine Disruption mit Wirkung auf die Umwelt

Einstufung

Kategorie 1

Kategorie 2

GHS-Piktogramm

 

 

 

 

Signalwort

Gefahr

Achtung

Gefahrenhinweis

EUH430: Kann endokrine Störungen in der Umwelt verursachen

EUH431: Steht in dem Verdacht, endokrine Störungen in der Umwelt zu verursachen

Sicherheitshinweise – Prävention

P201

P202

P273

P201

P202

P273

Sicherheitshinweise – Reaktion

P391

P391

Sicherheitshinweise – Lagerung

P405

P405

Sicherheitshinweise – Entsorgung

P501

P501

4.2.4.2. Zeitliche Anwendbarkeit für Stoffe

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe gemäß Abschnitt 4.2.4.1 zu kennzeichnen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 4.2.4.1 nicht erforderlich.

4.2.4.3. Zeitliche Anwendbarkeit für Gemische

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische gemäß Abschnitt 4.2.4.1 zu kennzeichnen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2026 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2028 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 4.2.4.1 nicht erforderlich.

4.3. Persistente, bioakkumulierbare und toxische Eigenschaften oder sehr persistente und sehr bioakkumulierbare Eigenschaften.

4.3.1. Begriffsbestimmungen und allgemeine Erwägungen

4.3.1.1. Für die Zwecke von Abschnitt 4.3 gelten folgende Begriffsbestimmungen:

„PBT“ bezeichnet einen Stoff oder ein Gemisch, der/das persistent, bioakkumulierbar und toxisch ist und die Einstufungskriterien des Abschnitts 4.3.2.1 erfüllt.

„vPvB“ bezeichnet einen Stoff oder ein Gemisch, der/das sehr persistent und sehr bioakkumulierbar ist und die Einstufungskriterien des Abschnitts 4.3.2.2 erfüllt.

4.3.1.2. Die Gefahrenklasse persistente, bioakkumulierbare und toxische oder sehr persistente, sehr bioakkumulierbare Eigenschaften wird differenziert nach:

  • PBT-Eigenschaften und
  • vPvB-Eigenschaften.

4.3.2. Einstufungskriterien für Stoffe

4.3.2.1. Einstufungskriterien für PBT

Ein Stoff gilt als PBT-Stoff, wenn er die Persistenz-, Bioakkumulations- und Toxizitätskriterien der Abschnitte 4.3.2.1.1 bis 4.3.2.1.3 erfüllt und gemäß Abschnitt 4.3.2.3 bewertet wurde.

4.3.2.1.1. Persistenz

Ein Stoff erfüllt das Kriterium „persistent“ (P), wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

  1. Die Abbau-Halbwertszeit in Meerwasser beträgt mehr als 60 Tage;
  2. die Abbau-Halbwertszeit in Süßwasser oder Flussmündungswasser beträgt mehr als 40 Tage;
  3. die Abbau-Halbwertszeit in Meeressediment beträgt mehr als 180 Tage;
  4. die Abbau-Halbwertszeit in Süßwassersediment oder Flussmündungssediment beträgt mehr als 120 Tage;
  5. die Abbau-Halbwertszeit im Boden beträgt mehr als 120 Tage.

4.3.2.1.2. Bioakkumulation

Ein Stoff erfüllt das Kriterium „bioakkumulierbar“ (B), wenn der Biokonzentrationsfaktor (bioconcentration factor — BCF) in Wasserlebewesen höher als 2 000 ist.

4.3.2.1.3. Toxizität

Ein Stoff erfüllt das Kriterium „toxisch“ (T), wenn mindestens eine der folgenden Situationen gegeben ist:

  1. Die Langzeit-NOEC (long-term no-observed effect concentration – langfristige Konzentration, bei der keine Wirkung beobachtet wird) oder ECx (z. B. EC10) für Meeres- oder Süßwasserlebewesen liegt unter 0,01 mg/l;
  2. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als karzinogen (Kategorie 1A oder 1B), keimzellenmutagen (Kategorie 1A oder 1B) oder reproduktionstoxisch (Kategorie 1A, 1B oder 2) gemäß den Abschnitten 3.5, 3.6 oder 3.7;
  3. es gibt andere Belege für chronische Toxizität, die darin bestehen, dass der Stoff die folgenden Einstufungskriterien erfüllt: spezifische Zielorgan-Toxizität nach wiederholter Exposition (STOT RE Kategorie 1 oder 2) gemäß Abschnitt 3.9;
  4. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als endokriner Disruptor (Kategorie 1) mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt gemäß den Abschnitten 3.11 oder 4.2.

4.3.2.2. Einstufungskriterien für vPvB

Ein Stoff gilt als vPvB-Stoff, wenn er die Persistenz- und Bioakkumulationskriterien der Abschnitte 4.3.2.2.1 und 4.3.2.2.2 erfüllt und gemäß Abschnitt 4.3.2.3 bewertet wurde.

4.3.2.2.1. Persistenz

Ein Stoff erfüllt das Kriterium „sehr persistent“ (vP), wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

  1. Die Abbau-Halbwertszeit in Meeres- oder Süßwasser oder Flussmündungswasser beträgt mehr als 60 Tage;
  2. die Abbau-albwertszeit in Meeres- oder Süßwasser oder Flussmündungssediment beträgt mehr als 180 Tage;
  3. die Abbau-Halbwertszeit im Boden beträgt mehr als 180 Tage.

4.3.2.2.2. Bioakkumulation

Ein Stoff erfüllt das Kriterium „sehr bioakkumulierbar“ (vB), wenn der Biokonzentrationsfaktor in Wasserlebewesen höher als 5 000 ist.

4.3.2.3. Einstufungsgrundlage

Die Einstufung von PBT-Stoffen und vPvB-Stoffen erfolgt durch eine Beweiskraftermittlung mittels eines Expertenurteils, indem alle in Abschnitt 4.3.2.3 genannten relevanten und verfügbaren Informationen mit den Kriterien der Abschnitte 4.3.2.1 und 4.3.2.2 abgeglichen werden. Die Beweiskraftermittlung erfolgt insbesondere in denjenigen Fällen, in denen die Kriterien der Abschnitte 4.3.2.1 und 4.3.2.2 nicht unmittelbar auf die verfügbaren Informationen angewendet werden können.

Die Informationen, die für die Ermittlung der PBT-/vPvB-Eigenschaften verwendet werden, basieren auf unter den relevanten Bedingungen gewonnenen Daten.

Bei der Identifizierung werden auch die PBT-/vPvB-Eigenschaften relevanter Bestandteile, Zusatzstoffe oder Verunreinigungen eines Stoffes und relevanter Umwandlungs- oder Abbauprodukte berücksichtigt.

Diese Gefahrenklasse (persistente, bioakkumulierbare und toxische (PBT) oder sehr persistente, sehr bioakkumulierbare (vPvB) Eigenschaften) gilt für alle organischen Stoffe, einschließlich metallorganischer Verbindungen.

Bei der Beurteilung der P-, vP-, B-,vB- und T-Eigenschaften werden die Informationen gemäß den Abschnitten 4.3.2.3.1, 4.3.2.3.2 und 4.3.2.3.3 berücksichtigt.

4.3.2.3.1. Beurteilung von P- oder vP-Eigenschaften

Bei der Beurteilung der P- oder vP-Eigenschaften werden die nachstehenden Informationen berücksichtigt:

  1. Ergebnisse von Simulationstests zur Abbaubarkeit in Oberflächengewässern;
  2. Ergebnisse von Simulationstests zur Abbaubarkeit im Boden;
  3. Ergebnisse von Simulationstests zur Abbaubarkeit im Sediment;
  4. sonstige Informationen, wie Informationen aus Feldstudien oder Monitoringstudien unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.3.2.3.2. Beurteilung von B- oder vB-Eigenschaften

Bei der Beurteilung der B- oder vB-Eigenschaften werden die nachstehenden Informationen berücksichtigt:

  1. Ergebnisse einer Studie zur Biokonzentration oder Bioakkumulierbarkeit in Wasserlebewesen;
  2. sonstige Informationen zum Bioakkumulationspotenzial unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können, wie
    1. Ergebnisse einer Studie zur Bioakkumulierbarkeit in Landlebewesen;
    2. Daten aus wissenschaftlichen Analysen menschlicher Körperflüssigkeiten oder -gewebe wie Blut, Milch oder Fett;
    3. Nachweis erhöhter Werte in Biota, insbesondere bei gefährdeten Arten oder in gefährdeten Populationen oder Teilpopulationen, im Vergleich zu den Werten in ihrer Umgebung;
    4. Ergebnisse einer Studie zur chronischen Toxizität bei Tieren;
    5. Bewertung des toxikokinetischen Verhaltens des Stoffes.
  3. Informationen über die Fähigkeit des Stoffs zur Biomagnifikation in der Nahrungskette, ausgedrückt möglichst durch Biomagnifikationsfaktoren oder trophische Magnifikationsfaktoren.

4.3.2.3.3. Beurteilung von T-Eigenschaften:

Bei der Beurteilung der T-Eigenschaften werden die nachstehenden Informationen berücksichtigt:

  1. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für wirbellose Wasserlebewesen;
  2. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für Fische;
  3. Ergebnisse der Studie über die Hemmung des Wachstums von Algen oder Wasserpflanzen;
  4. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als karzinogen in Kategorie 1A oder 1B (zugeordnete Gefahrenhinweise: H350 oder H350i), als keimzellmutagen in Kategorie 1A oder 1B (zugeordneter Gefahrenhinweis: H340), als reproduktionstoxisch in Kategorie 1A, 1B oder 2 (zugeordnete Gefahrenhinweise: H360, H360F, H360D, H360FD, H360Fd, H360fD, H361, H361f, H361d oder H361fd), oder als spezifisch zielorgantoxisch (wiederholte Exposition) in Kategorie 1 oder 2 (zugeordneter Gefahrenhinweis: H372 oder H373);
  5. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als endokriner Disruptor (Kategorie 1) mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt (zugeordnete Gefahrenhinweise: EUH380 oder EUH430);
  6. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für terrestrische Organismen, Wirbellose und Pflanzen;
  7. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für im Sediment lebende Organismen;
  8. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeit- oder Reproduktionstoxizität für Vögel;
  9. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.3.2.4. Beweiskraftermittlung und Beurteilung durch Experten

4.3.2.4.1. Bei der Ermittlung der Beweiskraft mit Beurteilung durch Experten gemäß Abschnitt 1.1.1 werden alle verfügbaren relevanten wissenschaftlichen Daten im Zusammenhang betrachtet, zum Beispiel:

  1. In-vivo-Studien oder andere Studien (z. B. In-vitro-Studien, In-silico-Studien);
  2. Informationen aus der Anwendung des Kategorienkonzepts (Gruppierung, Übertragung);
  3. Daten zu analogen Stoffen unter Einsatz von Struktur-Wirkungs-Beziehungen (SAR), die Schlüsse auf P-, vP-, B-, vB- und T-Eigenschaften ermöglichen;
  4. Ergebnisse von Monitoring und Modellierung;
  5. Erfahrungen beim Menschen wie z. B. Daten über berufsbedingte Exposition und Daten aus Unfalldatenbanken;
  6. epidemiologische und klinische Studien;
  7. gut dokumentierte Fallberichte, von Experten begutachtete veröffentlichte Studien und Beobachtungen;
  8. alle zusätzlichen anerkannten Daten.

Die Qualität und Schlüssigkeit der Daten erhält eine angemessene Gewichtung. Die vorliegenden Befunde sind unabhängig von ihren einzelnen Schlussfolgerungen in einer Beweiskraftermittlung zusammen zu berücksichtigen.

4.3.2.4.2. Bei der Beweiskraftermittlung fließen die folgenden Informationen — zusätzlich zu den Informationen gemäß den Abschnitten 4.3.2.3.1, 4.3.2.3.2 und 4.3.2.3.3 — in die wissenschaftliche Bewertung der Informationen ein, die hinsichtlich der P-, vP-, B-, vB- und T-Eigenschaften relevant sind:

  1. Hinweise auf P- oder vP-Eigenschaften:
    1. Ergebnisse von Versuchen zur leichten biologischen Abbaubarkeit;
    2. Ergebnisse anderer Screeningtests zur Abbaubarkeit (z. B. verbesserter Test zur leichten biologischen Abbaubarkeit, Tests zur inhärenten biologischen Abbaubarkeit);
    3. Ergebnisse von gut entwickelten, zuverlässigen (Q)SAR-Modellen zur biologischen Abbaubarkeit;
    4. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.
  2. Hinweise auf B- oder vB-Eigenschaften:
    1. Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient, experimentell bestimmt oder geschätzt mithilfe von gut entwickelten, zuverlässigen (Q)SAR-Modellen
    2. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.
  3. Hinweise auf T-Eigenschaften:
    1. aquatische Kurzzeittoxizität (z. B. Ergebnisse von Prüfungen auf akute Toxizität bei Wirbellosen, Algen oder Wasserpflanzen oder Fischen, In-vitro-Prüfungen auf akute Toxizität bei Fischzelllinien);
    2. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.3.2.5. Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe nach den in den Abschnitten 4.3.2.1 bis 4.3.2.4 festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Einstufung nach den in den Abschnitten 4.3.2.1 bis 4.3.2.4 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

4.3.3. Einstufungskriterien für Gemische

4.3.3.1. Ein Gemisch wird als PBT bzw. vPvB eingestuft, wenn mindestens ein Bestandteil des Gemisches als PBT bzw. vPvB eingestuft wurde und die Konzentration dieses Bestandteils mindestens 0,1 Gewichtsprozent beträgt.

4.3.3.2. Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische nach den in Abschnitt 4.3.3.1. festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2026 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2028 eine Einstufung nach den in Abschnitt 4.3.3.1 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

4.3.4. Gefahrenkommunikation

4.3.4.1. Bei Stoffen oder Gemischen, die die Kriterien für die Einstufung in diese Gefahrenklasse erfüllen, sind die Kennzeichnungselemente gemäß der Tabelle 4.3.1 zu verwenden.

Tabelle 4.3.1.

Kennzeichnungselemente für PBT- und vPvB-Eigenschaften

PBT

vPvB

GHS-Piktogramm

 

 

 

 

Signalwort

Gefahr

Gefahr

Gefahrenhinweis

EUH440: Anreicherung in der Umwelt und in lebenden Organismen einschließlich Menschen

EUH441: Starke Anreicherung in der Umwelt und in lebenden Organismen einschließlich Menschen

Sicherheitshinweise – Prävention

P201

P202

P273

P201

P202

P273

Sicherheitshinweise – Reaktion

P391

P391

Sicherheitshinweise – Entsorgung

P501

P501

4.3.4.2. Zeitliche Anwendbarkeit für Stoffe

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe gemäß Abschnitt 4.3.4.1 zu kennzeichnen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 4.3.4.1 nicht erforderlich.

4.3.4.3. Zeitliche Anwendbarkeit für Gemische

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische nach den Vorschriften gemäß Abschnitt 4.3.4.1 zu kennzeichnen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2026 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2028 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 4.3.4.1 nicht erforderlich.

4.4. Persistente, mobile und toxische Eigenschaften oder sehr persistente, sehr mobile Eigenschaften

4.4.1. Begriffsbestimmungen und allgemeine Erwägungen

4.4.1.1. Für die Zwecke von Abschnitt 4.4 gelten folgende Begriffsbestimmungen:

„PMT“ bezeichnet einen Stoff oder ein Gemisch, der/das persistent, mobil und toxisch ist und die Einstufungskriterien des Abschnitts 4.4.2.1 erfüllt.

„vPvM“ bezeichnet einen Stoff oder ein Gemisch, der/das sehr persistent und sehr mobil ist und die Einstufungskriterien des Abschnitts 4.4.2.2 erfüllt.

„log Koc“ bezeichnet den Zehnerlogarithmus des Koeffizienten für die Verteilung organischer Kohlenstoff/Wasser (also den Koc).

4.4.1.2 Die Gefahrenklasse persistente, mobile und toxische oder sehr persistente, sehr mobile Eigenschaften wird differenziert nach:

  • PMT-Eigenschaften und
  • PvM-Eigenschaften.

4.4.2. Einstufungskriterien für Stoffe

4.4.2.1. Einstufungskriterien für PMT

Ein Stoff gilt als PMT-Stoff, wenn er die Persistenz-, Mobilitäts- und Toxizitätskriterien der Abschnitte 4.4.2.1.1, 4.4.2.1.2 und 4.4.2.1.3 erfüllt und gemäß Abschnitt 4.4.2.3 bewertet wurde.

4.4.2.1.1. Persistenz

Ein Stoff erfüllt das Kriterium „persistent“ (P), wenn mindestens eine der folgenden Situationen gegeben ist:

  1. Die Abbau-Halbwertszeit in Meerwasser beträgt mehr als 60 Tage;
  2. die Abbau-Halbwertszeit in Süßwasser oder Flussmündungswasser beträgt mehr als 40 Tage;
  3. die Abbau-Halbwertszeit in Meeressediment beträgt mehr als 180 Tage;
  4. die Abbau-Halbwertszeit in Süßwassersediment oder Flussmündungssediment beträgt mehr als 120 Tage;
  5. die Abbau-Halbwertszeit im Boden beträgt mehr als 120 Tage.

4.4.2.1.2. Mobilität

Ein Stoff erfüllt das Mobilitätskriterium (M), wenn der Wert von log Koc unter 3 liegt. Bei ionisierenden Stoffen gilt das Mobilitätskriterium als erfüllt, wenn der niedrigste Wert von log Koc bei einem pH-Wert zwischen 4 und 9 unter 3 liegt.

4.4.2.1.3. Toxizität

Ein Stoff erfüllt das Kriterium „toxisch“ (T), wenn mindestens eine der folgenden Situationen gegeben ist:

  1. Die Langzeit-NOEC (long-term no-observed effect concentration — langfristige Konzentration, bei der keine Wirkung beobachtet wird) oder ECx (z. B. EC10) für Meeres- oder Süßwasserlebewesen liegt unter 0,01 mg/l;
  2. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als karzinogen (Kategorie 1A oder 1B), keimzellenmutagen (Kategorie 1A oder 1B) oder reproduktionstoxisch (Kategorie 1A, 1B oder 2) gemäß den Abschnitten 3.5, 3.6 oder 3.7;
  3. es gibt andere Belege für chronische Toxizität, die darin bestehen, dass der Stoff die Kriterien für die Einstufung „spezifische Zielorgan-Toxizität (wiederholte Exposition)“ (STOT RE Kategorie 1 oder 2) gemäß Abschnitt 3.9 erfüllt;
  4. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als endokriner Disruptor (Kategorie 1) mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt gemäß den Abschnitten 3.11 oder 4.2.

4.4.2.2. Einstufungskriterien für vPvM

Ein Stoff gilt als vPvM-Stoff, wenn er die Persistenz- und Mobilitätskriterien der Abschnitte 4.4.2.2.1 und 4.4.2.2.2 erfüllt und gemäß Abschnitt 4.4.2.3 bewertet wurde.

4.4.2.2.1. Persistenz

Ein Stoff erfüllt das Kriterium „sehr persistent“ (vP), wenn mindestens eine der folgenden Situationen gegeben ist:

  1. Die Abbau-Halbwertszeit in Meeres- oder Süßwasser oder Flussmündungswasser beträgt mehr als 60 Tage;
  2. die Abbau-Halbwertszeit in Meeres- oder Süßwasser oder Flussmündungssediment beträgt mehr als 180 Tage;
  3. die Abbau-Halbwertszeit im Boden beträgt mehr als 180 Tage.

4.4.2.2.2. Mobilität

Ein Stoff erfüllt das Kriterium „sehr mobil“ (vM), wenn der Wert von log Koc unter 2 liegt. Bei ionisierenden Stoffen gilt das Mobilitätskriterium als erfüllt, wenn der niedrigste Wert von log Koc bei einem pH-Wert zwischen 4 und 9 unter 2 liegt.

4.4.2.3. Einstufungsgrundlage

Die Einstufung von PMT-Stoffen und vPvM-Stoffen erfolgt durch eine Beweiskraftermittlung mittels eines Expertenurteils, indem alle in Abschnitt 4.4.2.3 genannten relevanten und verfügbaren Informationen mit den Kriterien der Abschnitte 4.4.2.1 und 4.4.2.2 abgeglichen werden. Die Beweiskraftermittlung erfolgt insbesondere in denjenigen Fällen, in denen die Kriterien der Abschnitte 4.4.2.1 und 4.4.2.2 nicht unmittelbar auf die verfügbaren Informationen angewendet werden können.

Die Informationen, die für die Ermittlung der PMT-/vPvM-Eigenschaften verwendet werden, basieren auf unter den relevanten Bedingungen gewonnenen Daten.

Bei der Identifizierung werden auch die PMT-/vPvM-Eigenschaften relevanter Bestandteile, Zusatzstoffe oder Verunreinigungen eines Stoffes und relevanter Umwandlungs- oder Abbauprodukte berücksichtigt.

Diese Gefahrenklasse (PMT- und vPvM-Eigenschaften) gilt für alle organischen Stoffe, einschließlich metallorganischer Verbindungen.

Bei der Beurteilung der P-, vP-, M-,vM- und T-Eigenschaften werden die Informationen gemäß den Abschnitten 4.4.2.3.1, 4.4.2.3.2 und 4.4.2.3.3 berücksichtigt.

4.4.2.3.1. Beurteilung von P- oder vP-Eigenschaften

Bei der Beurteilung der P- oder vP-Eigenschaften werden die nachstehenden Informationen berücksichtigt:

  1. Ergebnisse von Simulationstests zur Abbaubarkeit in Oberflächengewässern;
  2. Ergebnisse von Simulationstests zur Abbaubarkeit im Boden;
  3. Ergebnisse von Simulationstests zur Abbaubarkeit im Sediment;
  4. sonstige Informationen, wie Informationen aus Feldstudien oder Monitoringstudien unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.4.2.3.2. Beurteilung von M- oder vM-Eigenschaften

Bei der Beurteilung der M- oder vM-Eigenschaften werden die nachstehenden Informationen berücksichtigt:

  1. Ergebnisse von Adsorptions-/Desorptionstests;
  2. sonstige Informationen, wie Informationen aus Auswaschungsstudien, Modellierungsstudien oder Monitoringstudien unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.4.2.3.3. Beurteilung von T-Eigenschaften:

Bei der Beurteilung der T-Eigenschaften werden die nachstehenden Informationen berücksichtigt:

  1. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für wirbellose Wasserlebewesen;
  2. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für Fische;
  3. Ergebnisse der Studie über die Hemmung des Wachstums von Algen oder Wasserpflanzen;
  4. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als karzinogen in Kategorie 1A oder 1B (zugeordnete Gefahrenhinweise: H350 oder H350i), als keimzellmutagen in Kategorie 1A oder 1B (zugeordneter Gefahrenhinweis: H340), als reproduktionstoxisch in Kategorie 1A, 1B oder 2 (zugeordnete Gefahrenhinweise: H360, H360F, H360D, H360FD, H360Fd, H360fD, H361, H361f, H361d oder H361fd) oder als spezifisch zielorgantoxisch (wiederholte Exposition) in Kategorie 1 oder 2 (zugeordneter Gefahrenhinweis: H372 oder H373);
  5. der Stoff erfüllt die Kriterien für die Einstufung als endokriner Disruptor (Kategorie 1) mit Wirkung auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt (zugeordnete Gefahrenhinweise: EUH380 oder EUH430);
  6. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für terrestrische Organismen, Wirbellose und Pflanzen;
  7. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeittoxizität für im Sediment lebende Organismen;
  8. Ergebnisse von Prüfungen zur Langzeit- oder Reproduktionstoxizität für Vögel;
  9. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.4.2.4. Beweiskraftermittlung und Beurteilung durch Experten

4.4.2.4.1. Bei der Ermittlung der Beweiskraft mit Beurteilung durch Experten gemäß Abschnitt 1.1.1 werden alle verfügbaren relevanten wissenschaftlichen Daten im Zusammenhang betrachtet, zum Beispiel:

  1. In-vivo-Studien oder andere Studien (z. B. In-vitro-Studien, In-silico-Studien);
  2. Informationen aus der Anwendung des Kategorienkonzepts (Gruppierung, Übertragung);
  3. Daten zu analogen Stoffen unter Einsatz von Struktur-Wirkungs-Beziehungen (SAR), die Schlüsse auf P-, vP-, M-, vM- und T-Eigenschaften ermöglichen;
  4. Ergebnisse von Monitoring und Modellierung;
  5. Erfahrungen beim Menschen wie z. B. Daten über berufsbedingte Exposition und Daten aus Unfalldatenbanken;
  6. epidemiologische und klinische Studien;
  7. gut dokumentierte Fallberichte, von Experten begutachtete veröffentlichte Studien und Beobachtungen;
  8. alle zusätzlichen anerkannten Daten.

Die Qualität und Schlüssigkeit der Daten erhält eine angemessene Gewichtung. Die vorliegenden Befunde sind unabhängig von ihren einzelnen Schlussfolgerungen in einer Beweiskraftermittlung zusammen zu berücksichtigen.

4.4.2.4.2.

Bei der Beweiskraftermittlung fließen die folgenden Informationen — zusätzlich zu den Informationen gemäß den Abschnitten 4.4.2.3.1, 4.4.2.3.2 und 4.4.2.3.3 — in die wissenschaftliche Bewertung der Informationen ein, die hinsichtlich der P-, vP-, M-, vM- und T-Eigenschaften relevant sind:

  1. Hinweise auf P- oder vP-Eigenschaften:
    1. Ergebnisse von Versuchen zur leichten biologischen Abbaubarkeit;
    2. Ergebnisse anderer Screeningtests zur Abbaubarkeit (z. B. verbesserter Test zur leichten biologischen Abbaubarkeit, Tests zur inhärenten biologischen Abbaubarkeit);
    3. Ergebnisse von gut entwickelten, zuverlässigen (Q)SAR-Modellen zur biologischen Abbaubarkeit;
    4. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.
  2. Hinsichtlich der M- oder vM-Eigenschaften relevante Informationen:
    1. Verteilungskoeffizient organischer Kohlenstoff/Wasser (Koc), geschätzt mithilfe von gut entwickelten, zuverlässigen (Q)SAR-Modellen;
    2. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.
  3. Hinsichtlich der T-Eigenschaften relevante Informationen:
    1. aquatische Kurzzeittoxizität (z. B. Ergebnisse von Prüfungen auf akute Toxizität bei Wirbellosen, Algen oder Wasserpflanzen oder Fischen, In-vitro-Prüfungen auf akute Toxizität bei Fischzelllinien);
    2. sonstige Informationen unter der Voraussetzung, dass deren Eignung und Zuverlässigkeit angemessen nachgewiesen werden können.

4.4.2.5. Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe nach den in den Abschnitten 4.4.2.1 bis 4.4.2.4 festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Einstufung nach den in den Abschnitten 4.4.2.1 bis 4.4.2.4 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

4.4.3. Einstufungskriterien für Gemische

4.4.3.1 Ein Gemisch wird als PMT oder vPvM eingestuft, wenn mindestens ein Bestandteil des Gemisches als PMT oder vPvM eingestuft wurde und die Konzentration dieses Bestandteils mindestens 0,1 Gewichtsprozent beträgt.

4.4.3.2 Zeitliche Anwendbarkeit

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische nach den in Abschnitt 4.4.3.1 festgelegten Kriterien einzustufen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2026 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2028 eine Einstufung nach den in Abschnitt 4.4.3.1 festgelegten Kriterien nicht erforderlich.

4.4.4. Gefahrenkommunikation

4.4.4.1. Bei Stoffen oder Gemischen, die die Kriterien für die Einstufung in diese Gefahrenklasse (PMT- und vPvM-Eigenschaften) erfüllen, sind die Kennzeichnungselemente gemäß der Tabelle 4.4.1 zu verwenden.

Tabelle 4.4.1.

Kennzeichnungselemente für PMT- und vPvM-Eigenschaften

 

 

PMT

vPvM

GHS-Piktogramm

 

 

 

 

Signalwort

Gefahr

Gefahr

Gefahrenhinweis

EUH450: Kann lang anhaltende und diffuse Verschmutzung von Wasserressourcen verursachen

EUH451: Kann sehr lang anhaltende und diffuse Verschmutzung von Wasserressourcen verursachen

Sicherheitshinweise – Prävention

P201

P202

P273

P201

P202

P273

Sicherheitshinweise – Reaktion

P391

P391

Sicherheitshinweise – Entsorgung

P501

P501

4.4.4.2. Zeitliche Anwendbarkeit für Stoffe

Spätestens ab dem 1. Mai 2025 sind Stoffe gemäß Abschnitt 4.4.4.1 zu kennzeichnen.

Für Stoffe, die vor dem 1. Mai 2025 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. November 2026 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 4.4.4.1 nicht erforderlich.

4.4.4.3. Zeitliche Anwendbarkeit für Gemische

Spätestens ab dem 1. Mai 2026 sind Gemische gemäß Abschnitt 4.4.4.1 zu kennzeichnen.

Für Gemische, die vor dem 1. Mai 2028 in Verkehr gebracht wurden, ist jedoch bis zum 1. Mai 2026 eine Kennzeichnung nach Abschnitt 4.4.4.1 nicht erforderlich.

(ABl. L 93/2023)