Dokument-ID: 060645

Vorschrift

REACH-Verordnung (REACH-VO)

Inhaltsverzeichnis

8 Toxikologische Angaben

Spalte 1
Erforderliche Standarddatenanforderungen

Spalte 2
Besondere Bestimmungen für Abweichungen von Spalte 1

8.4. Mutagenität

8.4. Die Prüfungen gemäß den Nummern 8.4.6 und 8.4.7 sind nicht erforderlich, wenn einer der folgenden Fälle vorliegt:

  • der Stoff ist als Keimzellmutagen bekannt, das die Kriterien für die Einstufung in die Gefahrenklasse Keimzellmutagenität der Kategorie 1A oder 1B erfüllt, und es werden geeignete Risikomanagementmaßnahmen durchgeführt;
  • der Stoff ist als genotoxisches Karzinogen bekannt, das die Kriterien für die Einstufung sowohl in die Gefahrenklasse Keimzellmutagenität der Kategorie 1A, 1B oder 2 als auch in die Gefahrenklasse Karzinogenität der Kategorie 1A oder 1B erfüllt, und es werden geeignete Risikomanagementmaßnahmen durchgeführt.

(ABl. L 98/2022)

8.4.6. Eine zweite In-vivo-Prüfung der Genotoxizität an somatischen Säugerzellen bei einem positiven Ergebnis einer In-vitro-Prüfung der Genotoxizität nach Anhang VII oder VIII, das sowohl hinsichtlich einer Chromosomenaberration als auch einer Genmutation Anlass zur Besorgnis gibt. Die zweite Prüfung hat sich mit Bedenken hinsichtlich einer Chromosomenaberration oder einer Genmutation wie jeweils anwendbar zu befassen, die in der ersten In-vivo-Prüfung der Genotoxizität an somatischen Säugerzellen nicht ausgeräumt wurden. (ABl. L 98/2022)

 

8.4.7. Eine zweite In-vivo-Prüfung der Genotoxizität an somatischen Säuger-Keimzellen bei einem positiven Ergebnis einer In-vivo-Prüfung der Genotoxizität am somatischen Säugerzellen, das sowohl hinsichtlich einer Chromosomenaberration als auch einer Genmutation Anlass zur Besorgnis gibt. Die zweite Prüfung hat sich mit Bedenken hinsichtlich einer Chromosomenaberration oder einer Genmutation wie jeweils anwendbar zu befassen, die in der ersten In-vivo-Prüfung der Genotoxizität an Säuger-Keimzellen nicht ausgeräumt wurden. (ABl. L 98/2022)

8.4.7. Die Prüfung ist nicht erforderlich, wenn eindeutig nachgewiesen ist, dass weder der Stoff noch seine Metaboliten die Keimzellen erreichen. (ABl. L 98/2022)

 

8.6.3. Eine Prüfung der Langzeittoxizität mit wiederholter Applikation (≥ 12 Monate) kann vom Registranten vorgeschlagen oder nach Artikel 40 oder 41 von der Agentur verlangt werden, wenn wegen der Häufigkeit und Dauer der Exposition von Menschen eine Prüfung über einen längeren Zeitraum angebracht erscheint und eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

  • Bei der 28-Tage- oder der 90-Tage-Prüfung wurden ernsthafte oder schwerwiegende toxische Wirkungen festgestellt, die Anlass zu besonderer Besorgnis geben, und die vorliegenden Erkenntnisse reichen für eine toxikologische Bewertung oder Risikobeschreibung nicht aus;
  • bei strukturell verwandten Stoffen wurden Wirkungen beobachtet, die bei der 28-Tage- oder der 90-Tage-Prüfung des Stoffes nicht festgestellt wurden oder
  • der Stoff kann eine gefährliche Eigenschaft haben, die in einer 90-Tage-Prüfung nicht nachweisbar ist.

Soweit Nanoformen unter die Registrierung fallen, sind bei der Bestimmung, ob eine der obenstehenden Bedingungen erfüllt ist, sowohl physikalisch-chemische Eigenschaften (insbesondere Größe, Form und sonstige morphologische Eigenschaften, sowie Oberflächenfunktionalisierung und Oberfläche eines Partikels) als auch die molekulare Struktur zu berücksichtigen. (ABl. L 308/2018)

 

8.6.4 Weitere Prüfungen sind vom Registranten vorzuschlagen oder können nach Artikel 40 oder 41 von der Agentur verlangt werden,

  • wenn die toxische Wirkung in besonderem Maße Anlass zu Besorgnis gibt (z. B. wegen ernsthafter/schwerwiegender Wirkungen);
  • wenn es Hinweise auf Wirkungen gibt, für die die vorliegenden Erkenntnisse für eine toxikologische Bewertung oder Risikobeschreibung nicht ausreichen In diesem Fall können auch spezifische toxikologische Prüfungen sinnvoller sein, die Aufschluss über diese Wirkungen (z. B. Immuntoxizität, Neurotoxizität) geben;
  • wenn die Exposition in besonderem Maße Anlass zu Besorgnis gibt (z. B. wenn der Stoff in verbrauchernahen Produkten verwendet wird und das zu einer Expositionshöhe führt, die einer toxisch wirkenden Dosis nahe kommt).

8.7 Reproduktionstoxizität

8.7. Die Prüfungen können entfallen,

  • wenn der Stoff bekanntermaßen ein gentoxisches Karzinogen ist, sodass die Kriterien für die Einstufung sowohl in die Gefahrenklasse Keimzellmutagenität (Kategorie 1A oder 1B oder Kategorie 2) als auch in die Gefahrenklasse Karzinogenität (Kategorie 1A oder 1B) erfüllt sind, und geeignete Risikomanagementmaßnahmen durchgeführt werden; oder
  • wenn der Stoff bekanntermaßen ein Keimzellmutagen ist, sodass die Kriterien für die Einstufung in die Gefahrenklasse Keimzellmutagenität (Kategorie 1A oder 1B) erfüllt sind, und geeignete Risikomanagementmaßnahmen durchgeführt werden; oder
  • wenn der Stoff geringe toxische Aktivität besitzt (ein umfassender und aussagekräftiger Datensatz ergibt keinen Hinweis auf Toxizität in den vorliegenden Prüfergebnissen), anhand toxikokinetischer Daten belegt werden kann, dass es auf den maßgeblichen Expositionswegen zu keiner systemischen Resorption kommt (wenn z. B. die Konzentration im Plasma/Blut bei Anwendung einer empfindlichen Analysemethode unter der Nachweisgrenze liegt und der Stoff und seine Metaboliten im Urin, in der Gallenflüssigkeit und in der ausgeatmeten Luft nicht nachweisbar sind) und es zu unbedeutender oder keiner Exposition von Menschen kommt.

Wenn der Stoff bekanntermaßen die Sexualfunktion und die Fruchtbarkeit beeinträchtigt, sodass die Kriterien für die Einstufung in die Gefahrenklasse Reproduktionstoxizität (Kategorie 1A oder 1B: Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen (H360F)) erfüllt sind, und die verfügbaren Daten für eine robuste Risikobewertung ausreichen, so sind keine weiteren Versuche zur Sexualfunktion und zur Fruchtbarkeit erforderlich.

Wenn ein Stoff bekanntermaßen Ursache für eine Entwicklungstoxizität ist, sodass die Kriterien für die Einstufung in die Gefahrenklasse Reproduktionstoxizität (Kategorie 1A oder 1B: Kann das Kind im Mutterleib schädigen (H360D)) erfüllt sind, und die verfügbaren Daten für eine robuste Risikobewertung ausreichen, so sind keine weiteren Versuche zur Entwicklungstoxizität erforderlich.

(ABl. L 216/2021)

8.7.2 Prüfung auf pränatale Entwicklungstoxizität (OECD TG 414) an einer weiteren Art, wobei die bevorzugte Art die Ratte oder das Kaninchen ist, je nachdem, welche Art nicht in der ersten Prüfung gemäß Anhang IX verwendet wurde. Der Weg der Verabreichung ist, wenn es sich um einen festen oder flüssigen Stoff handelt, oral, bei Gas erfolgt sie durch Inhalation; Abweichungen sind zulässig, wenn dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist, z. B. durch den Nachweis einer gleichwertigen oder höheren systemischen Exposition über einen anderen relevanten Weg menschlicher Exposition oder einer sich aus dem jeweiligen Expositionsweg ergebenden Toxizität. (ABl. L 98/2022)

Abweichungen vom standardmäßigen Weg der Verabreichung und Abweichungen bei der Wahl der Art sind wissenschaftlich zu begründen. (ABl. L 98/2022)

8.7.3. Erweiterte Eingenerationen-Prüfung auf Reproduktionstoxizität (OECD TG 443, Basis-Prüfschema (Kohorten 1A und 1B ohne Erweiterung um eine F2-Generation), an Tieren einer Art, sofern diese Angaben nicht bereits aufgrund der Anforderungen des Anhangs IX vorliegen. Der Weg der Verabreichung ist, wenn es sich um einen festen oder flüssigen Stoff handelt, oral, bei Gas erfolgt sie durch Inhalation; Abweichungen sind zulässig, wenn dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist, z. B. durch den Nachweis einer gleichwertigen oder höheren systemischen Exposition über einen anderen relevanten Weg menschlicher Exposition oder einer sich aus dem jeweiligen Expositionsweg ergebenden Toxizität. (ABl. L 98/2022)

8.7.3. Eine erweiterte Eingenerationen-Prüfung auf Reproduktionstoxizität mit Ausweitung der Kohorte 1B auf die F2-Generation ist vom Registranten vorzuschlagen oder kann von der Agentur verlangt werden, wenn: (ABl. L 98/2022)

  1. der Stoff Verwendungen hat, die zu einer erheblichen Exposition der Verbraucher oder professionellen Verwender führt, wobei unter anderem die Exposition der Verbraucher durch Erzeugnisse zu berücksichtigen ist, und
  2. eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
    • der Stoff hat genotoxische Auswirkungen bei einer In-vivo-Prüfung der Genotoxizität an somatischen Zellen, die zu einer Einstufung als Mutagen der Kategorie 2 führen könnten, oder
    • es gibt Anzeichen, dass die interne Dosis des Stoffes und/oder seiner Metaboliten bei den Versuchstieren erst nach längerer Exposition einen Gleichgewichtszustand erreicht, oder
    • verfügbare Hinweise aus In-vivo-Prüfungen oder anderen Methoden ohne Tiere deuten darauf hin, dass es eine oder mehrere relevante Wirkungsweisen im Zusammenhang mit endokriner Disruption gibt.

Eine erweiterte Eingenerationen-Prüfung auf Reproduktionstoxizität einschließlich der Kohorten 2A/2B (Entwicklungsneurotoxizität) und/oder Kohorte 3 (Entwicklungsimmunotoxizität) ist vom Registranten vorzuschlagen oder kann von der Agentur in Fällen verlangt werden, in denen besondere Bedenken in Bezug auf die (Entwicklungs-)Neurotoxizität oder die (Entwicklungs-)Immunotoxizität bestehen, die begründet sind durch: (ABl. L 98/2022)

  • vorhandene Daten über den Stoff selbst, die aus relevanten verfügbaren In-vivo-Prüfungen oder Methoden ohne Tierversuche stammen (z. B. Anomalien des ZNS, Beweise für nachteilige Auswirkungen auf Nerven- oder Immunsystem in Prüfungen an adulten oder pränatal exponierten Tieren), oder
  • spezifische Mechanismen/Wirkungsweisen des Stoffes in Verbindung mit (Entwicklungs-)Neurotoxizität und/oder (Entwicklungs-)Immunotoxizität (z. B. Cholinesterase-Inhibition oder relevante Veränderungen der Schilddrüsenhormonwerte, die mit nachteiligen Auswirkungen in Verbindung stehen), oder
  • vorhandene Daten über Auswirkungen von Stoffen, deren Struktur Analogien zu dem zu prüfenden Stoff aufweist, und die auf solche Auswirkungen oder Mechanismen/Wirkungsweisen schließen lassen.

Andere Prüfungen auf Entwicklungsneurotoxizität und/oder Entwicklungsimmunotoxizität als die Kohorten 2A/2B (Entwicklungsneurotoxizität) und/oder die Kohorte 3 (Entwicklungsimmunotoxizität) der erweiterten Eingenerationen-Prüfung auf Reproduktionstoxizität können vom Registranten vorgeschlagen werden, um Klarheit hinsichtlich der Bedenken in Bezug auf die Entwicklungstoxizität zu schaffen.

Zweigenerationen-Prüfungen auf Reproduktionstoxizität (B.35, OECD TG 416), die vor dem 13. März 2015 begonnen wurden, sind als geeignet anzusehen, um diese Standarddatenanforderung zu erfüllen.

8.9.1 Prüfung der Karzinogenität

8.9.1 Eine Prüfung der Karzinogenität kann vom Registranten vorgeschlagen oder nach Artikel 40 oder 41 von der Agentur verlangt werden,

  • wenn der Stoff eine weit verbreitete Verwendung hat oder wenn es Hinweise auf häufige oder lang andauernde Exposition von Menschen gibt und
  • wenn der Stoff als Mutagen der Kategorie 3 eingestuft ist oder wenn Prüfungen mit wiederholter Verabreichung ergeben haben, dass der Stoff Hyperplasie und/oder präneoplastische Veränderungen hervorrufen kann.

Ist der Stoff als Mutagen der Kategorien 1 oder 2 eingestuft, so ist davon auszugehen, dass ein gentoxischer Mechanismus für die Karzinogenität vorliegt In diesen Fällen wird normalerweise keine Prüfung der Karzinogenität verlangt.