Dokument-ID: 286051

Vorschrift

Tiroler Bauordnung 2022 (TBO 2022)

Inhaltsverzeichnis

§ 8. Abstellmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge

idF LGBl. Nr. 44/2022 | Datum des Inkrafttretens 01.05.2022

(1) Beim Neubau von Gebäuden und bei der Errichtung sonstiger baulicher Anlagen sind für die zu erwartenden Kraftfahrzeuge der ständigen Benützer und der Besucher der betreffenden baulichen Anlage geeignete Abstellmöglichkeiten in ausreichender Anzahl und Größe einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrten nachzuweisen. Diese Verpflichtung besteht auch bei jedem Zu- oder Umbau oder jeder sonstigen Änderung von Gebäuden, bei der Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden und bei der Änderung sonstiger baulicher Anlagen, soweit dadurch ein zusätzlicher Bedarf an Abstellmöglichkeiten entsteht. Die Anzahl der mindestens nachzuweisenden Abstellmöglichkeiten ist in der Baubewilligung festzulegen und darf die höchstzulässige Anzahl von Abstellmöglichkeiten nach Abs. 7 oder die in einer Verordnung nach Abs. 6 festgelegten Höchstzahlen nicht überschreiten.

(2) Die nach Abs. 1 für Einkaufszentren nach § 49 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 und die für Handelsbetriebe nach § 48a des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 erforderlichen Abstellmöglichkeiten dürfen nur in Form von Parkdecks oder unterirdischen Garagen errichtet werden. Dies gilt nicht für den Abbruch und den Wiederaufbau von Handelsbetrieben, sofern mit dem Neubau den Anforderungen nach § 48a Abs. 4 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 entsprochen wird. Weiters gilt dies nicht für die Erweiterung von Handelsbetrieben, die am 31. Dezember 2019 nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften rechtmäßig bestanden haben, bis zum Ausmaß der Kundenfläche entsprechend der Anlage zu den §§ 8, 48a und 49 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 und für die Erweiterung von Einkaufszentren im Rahmen des § 120 Abs. 3, 4 und 5 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022.

(3) Die nach Abs. 1 erforderlichen Abstellmöglichkeiten dürfen von der betreffenden baulichen Anlage höchstens 300 m, gemessen nach der kürzesten Wegverbindung, entfernt sein. Diese Entfernung kann überschritten werden, wenn

  1. aufgrund des Baubestandes oder aufgrund von Verkehrsbeschränkungen, wie insbesondere durch Fußgängerzonen, die Abstellmöglichkeiten nur in entsprechend größerer Entfernung nachgewiesen werden können oder
  2. dies im Interesse der angestrebten Verkehrsberuhigung in bestimmten Gebieten zweckmäßig ist.

In der Baubewilligung kann eine geringere als die im ersten Satz bestimmte Entfernung festgelegt werden, wenn dies aufgrund des Verwendungszweckes der betreffenden baulichen Anlage oder der örtlichen Verhältnisse geboten ist, sofern nicht einer der in den lit. a und b genannten Gründe dem entgegensteht. Die nach Abs. 1 für Einkaufszentren außerhalb von Kernzonen nach § 8 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 erforderlichen Abstellmöglichkeiten dürfen nur auf der betreffenden Sonderfläche oder auf den an diese unmittelbar angrenzenden Grundstücken geschaffen werden.

(4) Soweit die nach Abs. 1 erforderlichen Abstellmöglichkeiten nicht bereits bestehen oder Gegenstand eines Bauverfahrens sind, hat der Bauwerber glaubhaft zu machen, dass diese spätestens bis zum voraussichtlichen Zeitpunkt der Vollendung der betreffenden baulichen Anlage nachgewiesen werden können.

(5) Fällt eine nach Abs. 1 erforderliche Abstellmöglichkeit nachträglich weg, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage aufzutragen, innerhalb einer angemessenen Frist eine neue Abstellmöglichkeit nachzuweisen oder – außer in den Fällen des Abs. 11 dritter Satz – um eine Befreiung nach Abs. 11 erster Satz anzusuchen. Wird diesem Auftrag nicht entsprochen oder die Befreiung rechtskräftig versagt, so hat die Behörde die weitere Benützung der baulichen Anlage zu untersagen.

(6) Die Landesregierung kann durch Verordnung in Bezug auf Gebäude, die ganz oder teilweise zu Wohnzwecken genutzt werden, die Höchstzahlen der nach Abs. 1 für das Gebäude bzw. die darin befindlichen Wohneinheiten nachzuweisenden Abstellmöglichkeiten festlegen. Diese Höchstzahlen sind für alle Gemeinden nach Kategorien, jeweils einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet oder ausnahmsweise für Teile des Gemeindegebietes unterschiedlich, gestaffelt nach der Größe der Gebäude bzw. Wohneinheiten festzulegen. Dabei kann zwischen dem Hauptsiedlungsgebiet und dem übrigen Siedlungsgebiet der Gemeinde differenziert werden. Bei der Festlegung der Kategorien und Höchstzahlen ist insbesondere auf die Größe und die zentralörtliche Bedeutung der jeweiligen Gemeinde, die Qualität der Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, die Bevölkerungsdichte bezogen auf den Siedlungsraum und weiters auf räumliche Verflechtungen zwischen Gemeinden oder Teilen von Gemeinden Bedacht zu nehmen.

(7) Bei Einkaufszentren nach § 49 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 und bei Handelsbetrieben nach § 48a des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 dürfen zusätzlich zu den nach Abs. 1 erforderlichen Abstellmöglichkeiten weitere Abstellmöglichkeiten, die nicht in Form von Parkdecks oder unterirdischen Garagen errichtet werden, nur in dem Ausmaß geschaffen werden, als die nach Abs. 1 erforderlichen Abstellmöglichkeiten die höchstzulässige Anzahl von Abstellmöglichkeiten nicht erreicht. Die höchstzulässige Anzahl von Abstellmöglichkeiten bei solchen Einkaufszentren und Handelsbetrieben ergibt sich, indem je angefangener 15 m² rechtmäßig bestehender Kundenfläche eine Abstellmöglichkeit angesetzt wird.

(8) Die Gemeinde kann durch Verordnung unter Bedachtnahme auf die örtlichen Erfordernisse für bestimmte Arten von baulichen Anlagen die Anzahl der nach Abs. 1 erforderlichen Abstellmöglichkeiten festlegen. Diese Festlegung hat zumindest größere funktional zusammenhängende Gebiete der Gemeinde zu umfassen. Dabei dürfen weder die höchstzulässige Anzahl von Abstellmöglichkeiten bei Einkaufszentren und Handelsbetrieben nach Abs. 7 noch die in einer Verordnung nach Abs. 6 festgelegten Höchstzahlen überschritten werden.

(9) Die Gemeinde kann durch Verordnung weiters für bestimmte Arten von Wohnbauvorhaben, bei denen aufgrund ihres besonderen Verwendungszweckes ein geringerer Bedarf an Abstellmöglichkeiten besteht, wie insbesondere betreute Wohnformen, Schülerheime oder Einrichtungen zur Betreuung von hilfs-, betreuungs- oder pflegebedürftigen Personen, festlegen, dass Abstellmöglichkeiten nur in einer entsprechend geringeren Anzahl nachgewiesen werden müssen. In diesen Fällen ist jedoch der im Hinblick auf den unumgänglich notwendigen Individualverkehr unter Berücksichtigung auch der Kraftfahrzeuge der Besucher, Betreuungspersonen, Lieferanten und dergleichen dennoch bestehende Bedarf an Abstellmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(10) Weiters kann die Gemeinde durch Verordnung festlegen, dass die nach Abs. 1 im Bauland oder für bauliche Anlagen auf Sonderflächen nach den §§ 43, 47a, 48 und 50 und auf Vorbehaltsflächen nach den §§ 52 und 52a des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 erforderlichen Abstellmöglichkeiten zur Gänze oder zu einem bestimmten Teil nur in Form von Parkdecks oder unterirdischen Garagen errichtet werden dürfen, wenn dies im Interesse der bestmöglichen Nutzung des Baulandes bzw. der betreffenden Sonderflächen oder Vorbehaltsflächen geboten oder zum Schutz der Gesundheit von Menschen oder zur Vermeidung unzumutbarer Belästigungen erforderlich ist. Eine solche Festlegung kann unter diesen Voraussetzungen auch für bestimmte Teile des Baulandes, für bestimmte Sonderflächen oder Vorbehaltsflächen oder allgemein für Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen, für die mindestens eine bestimmte Anzahl an Abstellmöglichkeiten nachzuweisen ist, getroffen werden.

(11) Die Behörde hat den Bauwerber bzw. den Eigentümer der baulichen Anlage auf dessen Antrag von der Verpflichtung nach Abs. 1 oder 5 ganz oder teilweise zu befreien, wenn die entsprechenden Abstellmöglichkeiten nicht oder nur mit einem wirtschaftlich nicht vertretbaren Aufwand nachgewiesen werden können. Dabei ist festzulegen, für welche Anzahl von Abstellmöglichkeiten die Befreiung erteilt wird. Bei Abstellmöglichkeiten für Einkaufszentren ist außer in Kernzonen eine Befreiung nicht zulässig.