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Dokument-ID: 757626

Andrea Futterknecht | Praxiswissen | Fachbeitrag

Voraussetzungen für Abschluss eines Ehevertrages

Begriff

Die Ehe wird durch einen Vertrag begründet, nach dessen Inhalt Braut und Bräutigam (die verschiedenen Geschlechts oder gleichen Geschlechts sein können) erklären, miteinander die Ehe (iSd § 44 ABGB) eingehen zu wollen.

Allgemeines

Voraussetzungen für den Abschluss des Ehevertrages sind

  • die Ehefähigkeit der Parteien,
  • das Nichtvorliegen von Eheverboten,
  • die Erfüllung der Ehewirksamkeitserfordernisse und
  • die Einhaltung der vorgesehenen Form.

Ehefähigkeit

Ehefähig ist, wer ehegeschäftsfähig und ehemündig ist.

Ehemündigkeit

Ehemündig sind Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Ehemündigerklärung

Auf Antrag können auch Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, vom Gericht für ehemündig erklärt werden, wenn der künftige Ehegatte volljährig ist und die minderjährige Person für diese Ehe reif erscheint (§ 1 EheG).

Zuständig für eine solche Ehemündigerklärung ist das Außerstreitgericht des gewöhnlichen Aufenthaltes der heiratswilligen minderjährigen Person (bzw in Ermangelung eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland: das Gericht des Aufenthaltes – siehe § 109 JN). Die erforderliche Reife, die in geistiger, sittlicher und charakterlicher Hinsicht vorzuliegen hat, ist vom Gericht in Hinblick auf die konkret geplante Ehe zu prüfen (EFSlg 104.796, 104.797, 104.798).

Bei Ausländern richtet sich die Ehemündigkeit – als Voraussetzung für die Eingehung einer Ehe – nach dem Personalstatut. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Eheschließung; ein späterer Statutenwechsel ist unbeachtlich (§ 17 iVm § 7 IPR).

Die Ehemündigerklärung beseitigt nicht die mangelnde Geschäftsfähigkeit.

Fehlende Ehemündigkeit

Fehlende Ehemündigkeit ist nur ein schlichtes Trauungsverbot (für den Standesbeamten); die verbotswidrig geschlossene Ehe ist weder nichtig (EFSlg 10.201) noch aufhebbar, sondern voll gültig (Schwimann/Weitzenböck in Schwimann, ABGB 1³, Rz 1 zu § 1 EheG).

Ehegeschäftsfähigkeit

Die Ehegeschäftsfähigkeit bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln über die Handlungsfähigkeit.

Geschäftsunfähige

Wer geschäftsunfähig ist, kann eine Ehe nicht eingehen (§ 2 EheG). Geschäftsunfähig sind Kinder unter 7 Jahren sowie alle übrigen Personen, „die den Gebrauch der Vernunft nicht haben“, wie etwa unter Umständen ein psychisch Kranker (SZ 43/14; EFSlg 13.767) oder jemand, der unter starker Alkohol- oder Drogeneinwirkung steht (Hopf/Kathrein, Eherecht³, Rz 1 zu § 2).

Ist für Braut oder Bräutigam ein Sachwalter bestellt, bedeutet dies nicht automatisch, dass Ehegeschäftsunfähigkeit vorliegt. Diese wäre nur dann gegeben, wenn die Geistesstörung einen solchen Umfang erreicht, dass der Vorgang der Eheschließung nicht erfasst werden kann (SZ 43/14). In allen anderen Fällen liegt nur beschränkte Geschäftsfähigkeit vor.

Eine von einer geschäftsunfähigen Person geschlossene Ehe ist nichtig (im Sinne von vernichtbar), kann aber heilen, wenn der Ehegatte nach Wegfall der Geschäftsunfähigkeit zu erkennen gibt, dass er die Ehe fortsetzen will (§ 22 EheG).

Beschränkt Geschäftsfähige

Beschränkt geschäftsfähig sind Personen ab 7 Jahren sowie alle Personen, für die ein Sachwalter gem § 273 ABGB bestellt ist, und zwar unabhängig vom Umfang der Sachwalterschaft (§ 102 ABGB).

Personen, die beschränkt geschäftsfähig sind, bedürfen zur Eheschließung der Zustimmung

  • ihres gesetzlichen Vertreters (das ist jener Obsorgeberechtigte, dem im Bereich von Pflege und Erziehung die gesetzliche Vertretung zusteht oder der Sachwalter im Sinne von § 273 ABGB ist) und
  • des Erziehungsberechtigten (= das ist jene Person, der Pflege und Erziehung zusteht, sofern diese nicht gesetzlicher Vertreter ist).

Sofern beide Eltern (Großeltern/Pflegeeltern) einer minderjährigen Person gesetzliche Vertreter sind, reicht die Einwilligung eines Teiles (§ 154 Abs 1 ABGB), und zwar selbst wenn diese gegen den Willen des anderen Teiles erklärt wird. Für die Einwilligung ist eine gerichtliche Genehmigung nicht erforderlich (SZ 29/57).

Die Einwilligungen sind Willenserklärungen, die dem Standesbeamten spätestens bis zur Trauung zugehen müssen und von ihm gem § 53 Abs 1 Z 2 PStG zu beurkunden und zu beglaubigen sind. Die Einwilligungen müssen sich auf eine individuell bestimmte Eheschließung beziehen; ihr (rechtzeitiger) Widerruf vor der Trauung ist zulässig. Eine Einwilligung unter Bedingung oder Befristung ist nur dann zulässig, wenn zum Trauungszeitpunkt die Bedingung erfüllt bzw die befristete Einwilligung aufrecht ist. Als Willenserklärung ist die Einwilligung nach allgemeinen Grundsätzen wegen Willensmängeln anfechtbar (Schwimann/Weitzenböck in Schwimann, ABGB 1³, Rz 2 zu § 1 EheG).

Werden diese Einwilligungen verweigert, so hat das Gericht sie auf Antrag der Braut/des Bräutigams, die/der ihrer bedarf, zu ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen (§ 3 EheG). Gerechtfertigte Gründe sind Sachverhalte, die objektiv dem sittlichen Zweck und dem Wesen einer Ehe widersprechen (EvBl 1957/362; EvBl 1959/142). Der Grund muss sich auf das Verhältnis der zukünftigen Ehegatten zueinander beziehen. Insbesondere prüft die Rechtsprechung im Einzelfall das Risiko, das sich aus den Verhältnissen von Braut und Bräutigam für den Bestand der Ehe ergibt; ist dieses Risiko zu hoch, so wird die Verweigerung der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters als gerechtfertigt erkannt. Unter diesem Gesichtspunkt wurde zum Beispiel von Gerichten als triftiger Grund für die Verweigerung der Einwilligung anerkannt:

  • Nach EFSlg 2133, 2135 ein Altersunterschied der Brautleute von etwa 30 Jahren (nicht aber von 21 Jahren – EFSlg 2128)
  • Mangelnde körperliche Gesundheit oder fehlende geistige Reife der Brautleute oder von Braut oder Bräutigam (EFSlg 43.586)
  • Die beengten finanziellen Verhältnisse des Bräutigams einschließlich des Umstandes, dass dieser nach Beendigung seines Studiums mit seiner Frau in seine Heimat Afrika zurückkehren wollte (EFSlg 10.202)
  • Überhaupt das Fehlen einer materiellen Grundlage für die geplante Gemeinschaft (EFSlg 29.480)
  • Der Hang des Bräutigams zu verantwortungs- oder rücksichtslosem Verhalten (EvBl 1975/274)

Ob bereits eine Lebensgemeinschaft besteht und/oder die Braut schwanger ist, wird vom Gericht berücksichtigt, gibt für die Entscheidung allein aber nicht den Ausschlag.

Wurde die Einwilligung nicht durch das Gericht ersetzt und die Ehe dennoch geschlossen, so stellt die fehlende Einwilligung des gesetzlichen Vertreters einen Eheaufhebungsgrund dar; die fehlende Einwilligung des Erziehungsberechtigten bildet lediglich für den Standesbeamten ein Trauungsverbot und wirkt sich auf die Gültigkeit der geschlossenen Ehe nicht aus.