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Lukas Schenk - Florian Linder | News | 16.06.2011

Dr. Lukus Schenk/Dr. Florian Linder: Ehescheidung und Unternehmensvermögen

Die Autoren Dr. Lukas Schenk und Dr. Florian Linder gehen in ihrem Gastbeitrag der Frage nach, welche Auswirkungen eine Scheidung auf ein Unternehmen hat, an dem beide Ehepartner beteiligt waren.

Was passiert mit unternehmerischem Vermögen oder Unternehmensanteilen eines Ehegatten, wenn die Ehe geschieden wird? Diese Frage ist angesichts der hohen Scheidungsquoten – in Österreich wird jede zweite Ehe geschieden – von besonderer Brisanz und wird durch die Judikatur des OGH um einen folgenschweren Aspekt bereichert: Die – zumeist aus steuerlichen Überlegungen – durchgeführten „unbaren Entnahmen“ aus einem Unternehmen unterliegen der Vermögensaufteilung.

1. Unternehmen fallen nicht in die Aufteilungsmasse

Um den Bestand eines vorhandenen Unternehmens und die damit verbundenen Arbeitsplätze nicht zu gefährden, nimmt das Ehegesetz unternehmerisches Vermögen zunächst vollständig von der Vermögensaufteilung im Zuge einer Ehescheidung aus. Auch Anteile an einem Unternehmen sind von der Aufteilung ausgenommen. Ein Ehegatte hat im Scheidungsfall daher keinen Anspruch auf das Unternehmen.

Dabei spielt es keine Rolle, ob das Unternehmen vor oder während der Ehe erworben wurde, ob es von einem oder beiden Ehegatten betrieben wird und wie groß (klein) es ist. Beispielsweise ist auch die Vermietung von acht Wohnungen in einem Zinshaus als Unternehmen anzusehen, wenn eine auf Dauer angelegte Organisation (Anlegung einer Buchführung etc) erforderlich ist (OGH 24.06.2010, 6 Ob 87/10b).

Anteile an Unternehmen (Kapital-, Personengesellschaften) sind ohne (Mindest-) Beteiligung geschützt, sofern sie nicht bloße Wertanlagen (zB Aktienfonds) sind. Das Kriterium zur Abgrenzung ist die Mitwirkungsmöglichkeit an der Unternehmensführung (SZ 55/163).

2. Unternehmenszugehörige Sachen

Ebenso sind Sachen, die zum Unternehmen gehören, von der Vermögensaufteilung ausgenommen. Entscheidend ist dabei die Widmung. Ist eine Liegenschaft nicht Unternehmenszwecken gewidmet, sondern nur mit Hypotheken zur Besicherung für Unternehmenskredite (unter dem Verkehrswert) belastet, fällt sie unter die ehelichen Ersparnisse und damit in die Aufteilungsmasse (EF 46.345).

Ebenfalls als Ersparnisse der Aufteilung unterliegen entnommene Gewinne, wenn sie für private Anschaffungen verwendet werden (OGH 3 Ob 122/04v; vgl Linder, GesRz 2007, 15 f). Werden hingegen Gewinne nicht entnommen, ist das angesparte Kapital zum Unternehmen zugehörig und von der Aufteilung ausgenommen.

3. Sonderfall: Unbare Entnahme

Bei unbaren Entnahmen iSd UmgrStG – zB bei Einbringung eines Einzelunternehmens in eine GmbH – stehen regelmäßig steuerliche Überlegungen im Vordergrund. Die Konsequenzen einer möglichen Ehescheidung werden in vielen Fällen nicht bedacht. Der OGH hat in einer Entscheidung vom 30.08.2007 ausgeführt, dass auch unbare Entnahmen als Forderung des Einbringenden gegen die Gesellschaft im Scheidungsfall der Aufteilung unterliegen (2 Ob 143/07d). Unerheblich ist dabei die Höhe der Beteiligung an der Gesellschaft.

Im Ergebnis bedeutet dies eine erhebliche Vergrößerung des aufzuteilenden Vermögens. Dies unabhängig davon, ob die Entnahme bereits getätigt dh das Geld bereits „geflossen“ ist. Besonders unangenehm kann dies sein, wenn die Entnahme von dem Unternehmen fremdfinanziert werden muss.

4. Einbringung von Vermögen ins Unternehmen

Nicht nur eine (unbare) Entnahme sondern auch die Einbringung von Vermögen in das Unternehmen hat Auswirkungen auf die Vermögensaufteilung im Scheidungsfall. Die Einbringung von ehelichem Gebrauchsvermögen oder von ehelichen Ersparnissen in ein Unternehmen, an dem einem oder beiden Ehegatten Anteile zustehen, ist gemäß § 91 Abs 2 EheG durch eine entsprechende Ausgleichszahlung auszugleichen und zwar gleichgültig, wann sie erfolgt ist. Der Ausgleich ist nach Billigkeit, so auch unter Berücksichtigung, woher das eingebrachte Vermögen stammt, vorzunehmen. Der Bestand des Unternehmens darf dabei nicht gefährdet werden.

5. Mitwirkung eines Ehegatten im Unternehmen

Die Mitwirkung eines Ehegatten im Unternehmen ist im Rahmen der Vermögensaufteilung ebenfalls zu berücksichtigen (§ 83 Abs 2 EheG). Eine Einbeziehung der Mitwirkungsleistungen scheidet nur dann aus, wenn diese bereits anders – etwa durch Gehalt – abgegolten worden sind oder der gesetzliche Abgeltungsanspruch gemäß § 98 ABGB geltend gemacht wurde.

Autoren

Dr. Lukas Schenk:

Dr. Lukas Schenk ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er war als Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien sowie bei der Europäischen Kommission in Brüssel tätig. Dr. Lukas Schenk ist ständiger Vortragender an der Akademie der Wirtschaftstreuhänder. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Unternehmenstransaktionen, Gesellschaftsrecht und Gesellschafterausschluss, Umstrukturierungen, Vergabe- sowie Arbeitsrecht.

Lukas.schenk@vbsn.at

MMag. Dr. Florian Linder:

MMag. Dr. Florian Linder ist Rechtsanwalt bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er ist als Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien tätig sowie ständiges Redaktionsmitglied der Zeitschrift für Finanzmarktrecht. Dr. Florian Linder war Universitätsassistent am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Unternehmensrecht, Kapitalmarktrecht, Insolvenzrecht, allgemeines Zivil- und Vertragsrecht sowie Litigation.

Florian.linder@vbsn.at

(06.06.2011)