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Unterhalt: Krankheitsbedingter Mehraufwand
Dieser Artikel ist aus unserer aktuellen Neuerscheinung "Unterhaltsrecht" von Mag Alexandra Cervinka und Mag Susanna Perl entnommen.
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Krankheitsbedingter Mehraufwand des Unterhaltsberechtigten
Sonderbedarf ist der Bedarf, der dem Unterhaltsberechtigten infolge Berücksichtigung der bei der Ermittlung des Regelbedarfs bewusst außer Acht gelassenen Umstände erwächst (1 Ob 585/90 und 9 Ob 47/06b).
Zum Unterhaltsanspruch kann sohin gemessen an den Einzelumständen ein darüber hinausgehender Sonderbedarf, also ein Mehrbedarf eines Kindes, entstehen, wobei diese Mehrkosten insbesondere durch die Momente der Außergewöhnlichkeit und der Dringlichkeit bestimmt sind (1 Ob 635/92).
Sonderbedarf ist nur zuzusprechen, wenn er in der Person des Kindes begründet ist und nur wenn ein Deckungsmangel vorliegt. Dies bedeutet, dass, wenn der monatliche Unterhaltsbeitrag über der Prozentkomponente und weit über dem Durchschnittsbedarf liegt, dieser besonders streng geprüft werden muss, sowie auch nur dann, wenn er nicht durch Sozialleistungen von dritter Seite getragen wird (10 Ob 61/05a).
Der Sonderbedarf für Krankheitskosten betrifft neben der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes hauptsächlich die Erhaltung der (gefährdeten) Gesundheit und die Heilung einer Krankheit (2 Ob 514/94).
Soweit der Sonderbedarf aus öffentlichen Mitteln (insbesondere aus Mitteln von Sozialversicherungsträgern) getragen wird oder zu tragen ist, kann seine Deckung dem Unterhaltspflichtigen nicht aufgetragen werden (3 Ob 144/10p).
Das Pflegegeld dient ausschließlich der pauschalierten Abgeltung des Sonderbedarfs pflegebedürftiger Personen, weshalb es insoweit bei der Unterhaltsbemessung zur Gänze außer Betracht zu bleiben hat (6 Ob 591/95).
So sind etwa von der ständigen Rechtsprechung anerkannt Zahnregulierungskosten, Kosten für eine Psychotherapie und auch Kontaktlinsenkosten, wenn deren medizinische Notwendigkeit durch Vorlage eines augenfachärztlichen Befundes nachgewiesen ist (10 Ob 61/05a).
Was Brillenkosten betrifft, muss dabei berücksichtigt werden, dass von der Krankenversicherung immer auch ein Teil der Brillenkosten getragen wird, sodass allenfalls nur der von der Krankenversicherung nicht gedeckte Betrag dem Unterhaltspflichtigen als Sonderbedarf zur Last fallen kann (5 Ob 524/95).
Fallen Spitalaufenthaltskosten an, so ist auch zu prüfen und zu berücksichtigen, dass diese vom Krankenversicherungsträger übernommen werden, sodass Kosten, welche bei Aufenthalt in einem Privatsanatorium anfallen, nicht als Sonderbedarf zuzusprechen sind.
Krankheitsbedingter Mehraufwand des Unterhaltspflichtigen
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verringert krankheitsbedingter Mehraufwand des Unterhaltspflichtigen dessen Unterhaltsbemessungsgrundlage; ein ihm aus einer Behinderung entstandener Sachaufwand wird dabei durch das zur pauschalen Abgeltung von Pflegeleistungen erhaltene Pflegegeld nicht gedeckt und ist daher abzugsfähig (s die Nachweise bei Gitschthaler, Unterhaltsrecht² [2008] Rz 201, 202).
Ein krankheitsbedingter Sachaufwand (zB besonders hohe Rezeptgebühren wegen der Vielzahl von einzunehmenden Medikamenten) könnte zwar eine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage darstellen (ÖA 1999, 35; ÖA 1999, 117), doch wäre der Unterhaltspflichtige für das Vorliegen eines solchen gesundheitsbedingten Mehraufwands beweispflichtig. Ob ein solcher Mehraufwand im Einzelfall ausreichend dargetan wurde, ist eine Tatfrage (ÖA 1999, 135), doch ist an den Nachweis der Notwendigkeit zusätzlichen Aufwands ein besonders strenger Maßstab anzulegen (5 Ob 2233/96k).
Krankheitsbedingter Sonderbedarf eines konkurrierenden unterhaltsberechtigten Kindes
Wiewohl konkurrierende Sorgepflichten grundsätzlich nicht einfach in Höhe des dafür bemessenen Unterhaltsbetrags von der Bemessungsgrundlage abgezogen, sondern durch die Verminderung des Unterhaltsprozentsatzes angemessen berücksichtigt werden, verringert der krankheitsbedingte Mehraufwand, den der Unterhaltsschuldner zu tragen hat gleichfalls nach ständiger Rechtsprechung die Bemessungsgrundlage. Dies muss auch dann gelten, wenn es nicht die Krankheit des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen gilt, sondern um den krankheitsbedingten Sonderbedarf eines konkurrierenden unterhaltsberechtigten Kindes geht (1Ob180/98x).
Judikatur
OGH |
Krankheitsbedingter Mehraufwand des Unterhaltspflichtigen verringert dessen Unterhaltsbemessungsgrundlage; ein ihm aus einer Behinderung entstandener Sachaufwand wird dabei durch das zur pauschalen Abgeltung von Pflegeleistungen erhaltene Pflegegeld nicht gedeckt und ist daher abzugsfähig. |
OGH |
Ein krankheitsbedingter Sachaufwand (zB besonders hohe Rezeptgebühren wegen der Vielzahl von einzunehmenden Medikamenten) könnte zwar eine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage darstellen, doch wäre der Unterhaltspflichtige für das Vorliegen eines solchen gesundheitsbedingten Mehraufwands beweispflichtig. Ob ein solcher Mehraufwand im Einzelfall ausreichend dargetan wurde, ist eine Tatfrage, doch ist an den Nachweis der Notwendigkeit zusätzlichen Aufwands ein besonders strenger Maßstab anzulegen (5 Ob 2233/96k). |
OGH |
Wiewohl konkurrierende Sorgepflichten grundsätzlich nicht einfach in Höhe des dafür bemessenen Unterhaltsbetrags von der Bemessungsgrundlage abgezogen, sondern durch die Verminderung des Unterhaltsprozentsatzes angemessen berücksichtigt werden, verringert – der krankheitsbedingte Mehraufwand, den der Unterhaltsschuldner zu tragen hat – gleichfalls nach ständiger Rechtsprechung die Bemessungsgrundlage. Dies muss auch dann gelten, wenn es nicht die Krankheit des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen gilt, sondern um den krankheitsbedingten Sonderbedarf eines konkurrierenden unterhaltsberechtigten Kindes geht. |
OGH |
Der Sonderbedarf für Krankheitskosten betrifft neben der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes hauptsächlich die Erhaltung der (gefährdeten) Gesundheit und die Heilung einer Krankheit. |
OGH |
Zum Unterhaltsanspruch kann sohin gemessen an den Einzelumständen ein darüber hinausgehender Sonderbedarf, also ein Mehrbedarf eines Kindes, entstehen, wobei diese Mehrkosten insbesondere durch die Momente der Außergewöhnlichkeit und der Dringlichkeit bestimmt sind. |
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