Dokument-ID: 959080

Judikatur | Entscheidung

2 Ob 52/16k; OGH; 27. April 2017

GZ: 2 Ob 52/16k | Gericht: OGH vom 27.04.2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Privatstiftung, *****, vertreten durch Gabler Gibel & Ortner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. G***** GmbH, *****, und 2. F***** Gesellschaft mbH, *****, beide vertreten durch Dr. Lothar Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Leistung (Streitwert je EUR 75.000,– sA), Feststellung und Rechtsgestaltung (Streitwert EUR 150.000,–), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. Dezember 2015, GZ 5 R 175/15i-26, womit infolge Berufung der erstbeklagten Partei das Teilurteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 27. August 2015, GZ 3 Cg 22/14v-22, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Die klagende Privatstiftung wurde mit Stiftungsurkunde vom 25.11.2000 errichtet. In § 2 Abs 1 der Stiftungsurkunde wird der Zweck der Stiftung mit a) der Anlage und Verwaltung des Vermögens der Stiftung sowie b) Zuwendungen aus dem Vermögen der Stiftung oder aus den Erträgnissen des Vermögens der Stiftung an die Begünstigten, und zwar durch Geld- und/oder Sachleistungen, angeführt. Gemäß § 8 besteht der Stiftungsvorstand aus drei physischen, eigenberechtigten Personen (Abs 1), von denen jeweils zwei Mitglieder gemeinsam zur Vertretung berechtigt sind (Abs 4). Ein Aufsichtsrat war und ist bei der klagenden Partei nicht bestellt.

Die klagende Partei hielt 60 % der Geschäftsanteile der G***** GmbH; je 20 % hielten die erstbeklagte und die zweitbeklagte Partei. Mit dem in der Form eines Notariatsakts verfassten Abtretungsvertrag vom 11.05.2011 übertrug die klagende Partei je 30 % ihrer Geschäftsanteile an die erstbeklagte und an die zweitbeklagte GmbH. Dabei wurde sie von den Vorstandsmitgliedern Mag. T***** S***** und Ing. W***** P***** vertreten. Das dritte Vorstandsmitglied, Ing. Mag. W***** G*****, ist auch Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der erstbeklagten Partei, die er bei dem Rechtsgeschäft vertrat. Ein Ansuchen um gerichtliche Genehmigung des Abtretungsvertrags wurde nicht gestellt. Mittlerweile verfügt die klagende Partei über einen neu besetzten Stiftungsvorstand.

Mit ihrer am 02.05.2014 eingebrachten Klage strebt die klagende Partei die „Rückabwicklung“ des Abtretungsvertrags vom 11.05.2011 an. Sie begehrt in Punkt 1 ihres Klagebegehrens den Ausspruch, der (näher bezeichnete) Abtretungsvertrag vom 11.05.2011 „ist rechtsunwirksam und wird aufgehoben“, sowie in den Punkten 2 und 3 die Verpflichtung der beklagten Parteien zur „Übergabe“ der abgetretenen Geschäftsanteile, jeweils Zug um Zug gegen Leistung von EUR 150.000,–, an die klagende Partei, wobei die „Übergabe“ mit Rechtskraft des klagsstattgebenden Urteils und der Leistung des angeführten Betrags im Ausmaß einer Stammeinlage im Nominale von EUR 150.000,– „vollzogen“ sein soll.

Die klagende Partei steht auf dem Standpunkt, das Rechtsgeschäft hätte infolge vorliegender Doppelvertretung gemäß § 17 Abs 5 PSG einer gerichtlichen Genehmigung bedurft. In Ermangelung einer solchen sei der Abtretungsvertrag rechtsunwirksam. Da es sich um einen einheitlichen Abtretungsvertrag handle, erfasse die Unwirksamkeit auch die Abtretung an die zweitbeklagte Partei. Die Annahme einer Unwirksamkeit bloß gegenüber der erstbeklagten Partei würde dem Schutzzweck des § 17 Abs 5 PSG und dem Parteiwillen widersprechen. Der Vertrag werde auch wegen laesio enormis angefochten, der vertragliche Ausschluss dieses Rechtsbehelfs sei sittenwidrig. Sollte der Ausschluss doch wirksam sein, ergebe sich die Nichtigkeit des Vertrags aus § 879 ABGB wegen kollusiven Zusammenwirkens der Stiftungsvorstände und der beklagten Parteien.

Die beklagten Parteien bestritten die Anwendbarkeit des § 17 Abs 5 PSG, weil die erstbeklagte GmbH nicht mit der Person des Stiftungsvorstands identisch sei. Die beiden anderen Vorstandsmitglieder hätten die Interessen der klagenden Partei gewahrt, weshalb auch keine tatsächliche Doppelvertretung vorliege. Der Vertrag sei daher wirksam zustande gekommen. Im Übrigen liege es im Ermessen der neuen Vorstandsmitglieder, um eine gerichtliche Genehmigung des Abtretungsvertrags anzusuchen. Die Klage sei missbräuchlich und verfrüht. Der Vertrag könne keinesfalls als einheitliches Rechtsgeschäft verstanden werden. Es liege weder Verkürzung über die Hälfte noch kollusives Zusammenwirken vor. Eine Anfechtung wegen laesio enormis sei überdies vertraglich ausgeschlossen worden. Die Zug-um-Zug-Leistung der klagenden Partei habe je EUR 500.000,– zu betragen.

Das Erstgericht entschied mit Teilurteil, dass der zwischen der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei am 11.05.2011 abgeschlossene Abtretungsvertrag rechtsunwirksam sei und aufgehoben werde.

Dabei ging es vom eingangs wiedergegebenen, zwischen den Parteien unstrittigen Sachverhalt aus, den es ohne weitere Tatsachenfeststellungen der Beurteilung des für spruchreif erachteten Teilbegehrens zugrunde legte.

In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Auffassung, § 17 Abs 5 PSG sei dahin auszulegen, dass diese Bestimmung nicht nur Rechtsgeschäfte mit einem Vorstandsmitglied erfasse, sondern auch solche, welche die Privatstiftung mit der Gesellschaft eines Vorstandsmitglieds abschließe. Dies vor allem, wenn dieses dort eine beherrschende Stellung innehabe, wie es bei der erstbeklagten Partei der Fall gewesen sei. Das Rechtsgeschäft hätte daher zu seiner Rechtswirksamkeit der gerichtlichen Genehmigung bedurft. Die seinerzeitigen Vorstandsmitglieder hätten jedoch eine entsprechende Antragstellung unterlassen. Dass die in der Zwischenzeit bestellten neuen Vorstandsmitglieder nicht um die Genehmigung angesucht hätten, begründe keinen Rechtsmissbrauch, strebten sie doch die Aufhebung des Abtretungsvertrags an. Allerdings sei von einer Einheitlichkeit des Abtretungsvertrags nicht auszugehen. Die von der klagenden Partei dafür ins Treffen geführten Umstände ließen nicht den Schluss auf die Untrennbarkeit der beiden Verträge zu. Man habe sich offenbar nur zur Vereinfachung eines einheitlichen Vertragsformulars bedient. Dessen ungeachtet hätten beide Rechtsgeschäfte auch unabhängig voneinander abgeschlossen werden können, weshalb Teilnichtigkeit eintreten könne. Dies ermögliche ein Teilurteil über das Feststellungsbegehren hinsichtlich der erstbeklagten Partei.

Das von der erstbeklagten Partei angerufene Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit, gab ihr im Übrigen jedoch Folge und hob die erstinstanzliche Entscheidung zur Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000,– übersteigt und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu.

Das Berufungsgericht hielt die Mängelrügen beider Parteien zwar für unberechtigt, verwies „aus Anlass der Berufung“ jedoch darauf, dass in einem Rechtsstreit um die Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrags sämtliche Vertragsparteien notwendige Streitgenossen seien. Dies müsse jedenfalls im Hinblick auf die geltend gemachte laesio enormis (beide beklagte Parteien hätten einen gleich hohen Preis bezahlt) und das behauptete kollusive Zusammenwirken gelten, weil in diesen Punkten die Gemeinschaftlichkeit der rechtserzeugenden Tatsachen zwangsläufig zu einer einheitlichen Entscheidung führen müsse. Daran ändere nichts, dass hinsichtlich der fehlenden gerichtlichen Genehmigung eine Teilnichtigkeit denkbar wäre. Schon aus diesem Grund erweise sich die Fällung eines Teilurteils als unzulässig, was zu dessen Aufhebung führen müsse.

Zu der aus „Zweckmäßigkeitserwägungen“ dennoch behandelten Rechtsrüge vertrat das Berufungsgericht nach ausführlicher Darstellung der divergierenden Lehrmeinungen über die Zulässigkeit einer analogen Anwendung des § 17 Abs 5 PSG auf Fälle, in denen die Privatstiftung nicht direkt mit dem Vorstandsmitglied kontrahiert, die Ansicht, dass die analoge Anwendung jedenfalls im vorliegenden Fall geboten sei. Andernfalls wäre „ohne jegliche Schwierigkeit“ eine Umgehung der dem Schutz der Privatstiftung vor Schmälerung des Stiftungsvermögens durch kollusiv handelnde Vorstandsmitglieder möglich. Bei der in § 17 Abs 5 PSG vorgesehenen gerichtlichen Genehmigung handle es sich entgegen den Berufungsausführungen nicht nur um ein „internes Erfordernis“, sondern eine auch im Außenverhältnis relevante Voraussetzung der Wirksamkeit des Geschäfts. An der Anwendbarkeit des § 17 Abs 5 PSG ändere auch nichts, dass das Vorstandsmitglied beim Vertragsabschluss nur die erstbeklagte Partei und nicht auch die klagende Partei vertreten habe.

Bedürfe der Abtretungsvertrag hinsichtlich der erstbeklagten Partei gemäß § 17 Abs 5 PSG der gerichtlichen Genehmigung durch das Firmenbuchgericht, so stelle sich die Frage nach den Folgen des Verstoßes gegen diese Bestimmung. Der Oberste Gerichtshof habe bereits ausgesprochen, dass das Genehmigungsverfahren nach § 17 Abs 5 PSG jenem nach (nunmehr) § 167 Abs 3 ABGB vergleichbar sei. Es erscheine daher naheliegend und sachgerecht, die zu dieser Bestimmung ergangene Rechtsprechung auf das Genehmigungsverfahren nach § 17 Abs 5 PSG zu übertragen. Demnach sei das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam, wobei vor der Beendigung des Schwebezustands weder Erfüllungs- noch Bereicherungsansprüche fällig seien. Sei eine gerichtliche Genehmigung ausständig, so könne der Vertragspartner den für ihn ungünstigen Schwebezustand dadurch beenden, dass er nach § 865 ABGB eine angemessene Frist zur Einholung der Genehmigung setze, nach deren Verstreichen er nicht mehr an den Vertrag gebunden sei. Diese Bestimmung sei insbesondere auch auf Rechtsgeschäfte anwendbar, die zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung eines Dritten bedürften.

Der Schwebezustand ende erst mit der Erteilung oder Versagung der gerichtlichen Genehmigung. Der Lehrmeinung Briems, dass der Schwebezustand auch in jenem Zeitpunkt ende, in dem feststehe, dass keine gerichtliche Genehmigung eingeholt wird, vermöge sich das Berufungsgericht jedoch nicht anzuschließen. Stünde es dann doch im Belieben der Privatstiftung, sich einer rechtsgeschäftlichen Verpflichtung einfach durch Unterlassung der Antragstellung bei Gericht zu entziehen. Die Privatstiftung sei vielmehr nach Treu und Glauben verpflichtet, die gerichtliche Genehmigung des schwebend unwirksamen Geschäfts zu beantragen und redlich zu betreiben. Die Erlangung einer solchen Genehmigung sei im vorliegenden Fall nach wie vor möglich, weshalb auch der Schwebezustand des angefochtenen Rechtsgeschäfts weiterhin aufrecht sei. Eine Rückabwicklung des Geschäfts komme derzeit aus dem Grund des § 17 Abs 5 PSG daher nicht in Betracht. Im fortgesetzten Verfahren werde sich das Erstgericht nur noch mit dem Vorbringen zu laesio enormis und Sittenwidrigkeit (Kollusion) auseinanderzusetzen haben.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil zu der vom Berufungsgericht überbundenen Rechtsansicht höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Die Frage der analogen Anwendbarkeit des § 17 Abs 5 PSG auf Fälle wie den vorliegenden habe der Oberste Gerichtshof bisher offen gelassen. Ebenso fehle es an einer Stellungnahme des Höchstgerichts zur Frage, ob die Privatstiftung durch faktische Untätigkeit und Unterlassung der Antragstellung beim Firmenbuchgericht eine Beendigung des Schwebezustands herbeiführen könne.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der klagenden Partei, mit dem sie, offenbar auch gegenüber der zweitbeklagten Partei und im Sinn einer Enderledigung die Entscheidung in der Sache selbst anstrebt. Hilfsweise stellt sie Anträge auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Teilurteils sowie – im Falle einer bestätigenden Entscheidung – auf Überbindung einer anderen Rechtsansicht an das Erstgericht.

Die erstbeklagte Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung sinngemäß, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Die klagende Partei macht geltend, die uneingeschränkte „Gleichstellung“ von § 17 Abs 5 PSG und § 167 ABGB erweise sich als verfehlt. Die entsprechenden Aussagen des Obersten Gerichtshofs hätten sich nur auf das Genehmigungsverfahren und die Genehmigungskriterien bezogen, nicht aber auf die aus einer fehlenden Genehmigung abzuleitenden Rechtsfolgen. Aus der unterschiedlichen ratio beider Bestimmungen könne jedenfalls nicht abgeleitet werden, dass die Rechtsfolgen bei Nichteinholung einer Genehmigung nach § 17 Abs 5 PSG jenen nach § 167 ABGB nachgebildet werden sollten. Gegen einen Schwebezustand und für die Unwirksamkeit des Geschäfts spreche neben dem Wortlaut der Bestimmung, dass auch ein Verstoß gegen die Unvereinbarkeitsbestimmungen des § 15 Abs 2 und 3 PSG zur Nichtigkeit schon des Bestellungsbeschlusses führe. Auch seien Insichgeschäfte im Allgemeinen unzulässig. Schließlich könnten aus § 39 Abs 4 GmbHG über die Nichtigkeit der Stimmabgabe eines Gesellschafters bei Vorliegen einer Interessenkollision und den §§ 271 f ABGB betreffend die Ungültigkeit eines Vertrags ohne Zuziehung eines Kollisionskurators Erkenntnisse für die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts gewonnen werden, bei dem trotz einer Interessenkollision des Stiftungsvorstands keine gerichtliche Genehmigung nach § 17 Abs 5 PSG eingeholt worden sei. Ein Schwebezustand solle schon aus Gründen der Rechtssicherheit tunlichst vermieden werden. Bei Insichgeschäften bestehe auch kein Bedürfnis, das Vertrauen des involvierten Vorstandsmitglieds auf die Rechtswirksamkeit des Vertragsabschlusses zu schützen. Dass der neue Stiftungsvorstand keine Genehmigung einholen werde, sei spätestens in jenem Zeitpunkt klar gewesen, in dem er von den beklagten Parteien die Rückabtretung der Geschäftsanteile gefordert habe. Es erscheine „geradezu absurd“, wenn der neue Stiftungsvorstand die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts trotz der Überzeugung beantragen müsste, dass dieses für die Stiftung grob nachteilig sei. Die klagende Partei vertrete zwar weiterhin die Ansicht, dass ein einheitlicher Abtretungsvertrag abgeschlossen worden und die Sache im Sinne eines stattgebenden Endurteils spruchreif sei. Es sei aber auch die – von der klagenden Partei selbst beantragte – Fällung eines Teilurteils, dessen Inhalt sich ausschließlich auf den Verstoß gegen § 17 Abs 5 PSG gestützt habe, zulässig.

Hiezu wurde erwogen:

I. Gesetzliche Grundlagen, Klagebegehren und Feststellungsinteresse:

1. § 17 PSG regelt die Aufgaben des Stiftungsvorstands und die Vertretung der Privatstiftung. Gemäß § 17 Abs 1 PSG verwaltet und vertritt der Stiftungsvorstand die Privatstiftung und sorgt für die Erfüllung des Stiftungszwecks. Bestimmt die Stiftungserklärung nichts anderes, so sind nach § 17 Abs 3 erster Satz PSG sämtliche Mitglieder des Stiftungsvorstands nur gemeinschaftlich zur Abgabe von Willenserklärungen und zur Zeichnung für die Privatstiftung befugt.

§ 17 Abs 5 PSG lautet:

„Wenn die Privatstiftung keinen Aufsichtsrat hat, bedürfen Rechtsgeschäfte der Privatstiftung mit einem Mitglied des Stiftungsvorstands der Genehmigung aller übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstands und des Gerichts.“

Die Genehmigungen durch die übrigen Vorstandsmitglieder und das Gericht müssen kumulativ vorliegen, wobei die Zustimmung der übrigen Vorstandsmitglieder bereits vor der gerichtlichen Genehmigung vorliegen muss. Dem Gericht kommt die endgültige Prüf- und Entscheidungsbefugnis zu (Kalss, Interessenkonflikte in der Privatstiftung – Insichgeschäfte eines Vorstandsmitglieds mit der Privatstiftung gem § 17 Abs 5 PSG, Kathrein & Co Stiftungsletter 2009, Ausgabe 13, 4 [6]; Arnold, Privatstiftungsgesetz³ [2013] § 17 Rz 95; Schereda, Insichgeschäfte des Stiftungsvorstands, RWZ 2015/20, 72). Über den Antrag auf Genehmigung des Rechtsgeschäfts entscheidet das Gericht im außerstreitigen Verfahren (§ 40 PSG; vgl 6 Ob 155/06x SZ 2006/126 = ZfS 2006, 151 [Csoklich]).

2. Die klagende Partei behauptet einerseits die Unwirksamkeit des Abtretungsvertrags vom 11. 5. 2011 wegen der fehlenden gerichtlichen Genehmigung nach § 17 Abs 5 PSG, andererseits behauptet sie, die Voraussetzungen der laesio enormis lägen vor. Während die Geltendmachung der Unwirksamkeit eines Vertrags ein Feststellungsbegehren erfordert, ist das Begehren bei der laesio enormis auf die rechtsgestaltende Aufhebung des Vertrags zu richten (2 Ob 522/95; RIS-Justiz RS0018806, RS0018814). Maßgebend für die Auslegung eines Klagebegehrens dahin, ob dieses einen Anspruch auf Rechtsgestaltung oder ein Feststellungsbegehren enthält, ist dessen im Zusammenhalt mit dem Sachvorbringen zu beurteilender Sinngehalt (vgl 2 Ob 522/95; 9 ObA 100/13s; RIS-Justiz RS0014803).

3. Die klagende Partei begehrte in Punkt 1 ihres Klagebegehrens, über den das Erstgericht hinsichtlich der erstbeklagten Partei mit Teilurteil entschied, den Ausspruch, der Abtretungsvertrag vom 11.05.2011 sei „rechtsunwirksam und wird aufgehoben“. Damit stellte sie – an sich zu ihrem Sachvorbringen passend – sowohl ein Feststellungs- als auch ein Rechtsgestaltungsbegehren. Eine Reihung der beiden Sachanträge in ein Haupt- und Eventualbegehren nahm sie allerdings nicht vor („und“). Eine solche kann ihrem Vorbringen nur insoweit entnommen werden, als sie den dritten Anfechtungsgrund, die behauptete Sittenwidrigkeit wegen kollusiven Zusammenwirkens aller Beteiligten, nur für den Fall eines wirksamen vertraglichen Ausschlusses des Rechtsbehelfs der laesio enormis geltend macht (Punkt 5 letzter Absatz der Klage).

4. Das Erstgericht hat hinsichtlich der erstbeklagten Partei nur einen Teil des Sachvorbringens der klagenden Partei behandelt, auf den sich das Feststellungsbegehren bezieht. Dennoch hat es auch über das Rechtsgestaltungsbegehren entschieden („und wird aufgehoben“), obwohl es den Rechtsgrund laesio enormis gänzlich ungeprüft ließ. Die beiden Aussprüche stehen grundsätzlich zueinander in Widerspruch: Wird die (anfängliche) Rechtsunwirksamkeit des Abtretungsvertrags festgestellt, so kommt seine Aufhebung nicht mehr infrage.

5. Die Frage, ob daraus allenfalls eine Nichtigkeit iSd § 477 Abs 1 Z 9 zweiter Fall ZPO abzuleiten wäre, stellt sich in dritter Instanz nicht mehr, weil das Berufungsgericht die auch auf diesen Umstand gestützte Nichtigkeitsberufung verworfen hat (RIS-Justiz RS0042981). Aus dem Gesamtzusammenhang der erstinstanzlichen Entscheidung lässt sich im Übrigen der Entscheidungswille des Erstgerichts eindeutig dahin erschließen, dass es lediglich über das Feststellungsbegehren und nicht auch über das – als solches wohl gar nicht erkannte – Rechtsgestaltungsbegehren entscheiden wollte. Das Teilurteil betreffende Verfahrensmängel wurden vom Berufungsgericht, für den Obersten Gerichtshof unüberprüfbar, ebenfalls bereits verneint (RIS-Justiz RS0042963). Nur das Feststellungsbegehren, soweit es auf die erstbeklagte Partei und die fehlende gerichtliche Genehmigung nach § 17 Abs 5 PSG bezogen ist, ist somit Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens. Eine Enderledigung ihres gesamten Klagebegehrens, wie sie der klagenden Partei offenbar vorschwebt, kommt in diesem Rekursverfahren daher keinesfalls in Betracht.

6. Da die klagende Partei neben dem Feststellungsbegehren auch ein Leistungsbegehren formulierte, könnte sich die Frage nach dem in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfenden Feststellungsinteresse stellen (RIS-Justiz RS0038817, RS0039123). Der Oberste Gerichtshof vertritt jedoch bei den so genannten materiell-rechtlichen Feststellungsklagen die Rechtsansicht, dass es eines Nachweises des rechtlichen Interesses iSd § 228 ZPO nicht bedarf. Dazu zählen auch Klagen, die auf die deklarative Feststellung der Ungültigkeit oder Nichtigkeit eines zwischen den Parteien des Rechtsstreits geschlossenen Vertrags gerichtet sind (1 Ob 68/74 SZ 47/59; 2 Ob 511/95; 2 Ob 2101/96a; RIS-Justiz RS0014650), etwa weil es zu dessen Wirksamkeit an einer erforderlichen gerichtlichen Genehmigung fehlt (vgl 8 Ob 95/65 SZ 38/57 [pflegschaftsgerichtliche Genehmigung]; 5 Ob 508/89 [grundverkehrsbehördliche Genehmigung]).

7. Im vorliegenden Fall fehlt es nach den Klagebehauptungen an einer gerichtlichen Genehmigung nach § 17 Abs 5 PSG, die für die dort bezeichneten Rechtsgeschäfte nach Zustimmung der anderen Mitglieder des Stiftungsvorstands Wirksamkeitsvoraussetzung ist (vgl Kalss, Interessenkonflikte in der Privatstiftung – Insichgeschäfte eines Vorstandsmitglieds mit der Privatstiftung gem § 17 Abs 5 PSG, Kathrein & Co Stiftungsletter 2009, Ausgabe 13, 4 [7 und 9]; Kalss/Müller in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Vermögensnachfolge [2010] § 25 Rz 187; Briem, In-sich-Geschäfte nach § 17 Abs 5 PSG, ZUS 2012, 60 [66]; Arnold, Privatstiftungsgesetz³ [2013] § 17 Rz 95). Als gesetzliches Wirksamkeitserfordernis ist die gerichtliche Genehmigung eine aufschiebend wirkende Rechtsbedingung, weil sie nicht im Willen der Parteien, sondern im Willen des Gesetzes liegt (vgl RIS-Justiz RS0017449, RS0034706). Das auf Feststellung der Unwirksamkeit des Abtretungsvertrags gerichtete Begehren ist daher als „materiell-rechtliche Feststellungsklage“ zu qualifizieren. Da es bei diesen Klagen der Behauptung eines Feststellungsinteresses nicht bedarf, stellt sich auch das Problem der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage nicht (1 Ob 210/15m; RIS-Justiz RS0038877).

II. Erfordernis einer gerichtlichen Genehmigung im konkreten Fall?

1. Unter dem Oberbegriff des Insichgeschäfts werden zwei Fälle verstanden:

  • Das Selbstkontrahieren, wenn der Vertreter ein Geschäft für den Vertretenen mit sich selbst abschließt, also dieselbe Person auf der einen Seite als Vertreter, auf der anderen Seite im eigenen Namen handelt.
  • Die Doppel- oder Mehrfachvertretung, wenn ein Vertreter für zwei oder mehrere Vertretene, für die er vertretungsberechtigt ist, ein Geschäft abschließt, wenn also dieselbe Person beide Seiten vertritt (RIS-Justiz RS0019621).

Insichgeschäfte sind im Allgemeinen unzulässig; sie sind nur wirksam, wenn der oder die beteiligten Machthaber damit einverstanden sind oder wenn das Selbstkontrahieren dem Vertretenen ausschließlich rechtliche Vorteile bringt. Ferner ist das Selbstkontrahieren gestattet, wenn keine Gefahr oder Schädigung des Vertretenen besteht, insbesondere wenn die Ware oder Leistung einen Markt- oder Börsenpreis hat (6 Ob 73/99z mwN; RIS-Justiz RS0019350 [T3], RS0108252; P. Bydlinski in KBB4 § 1017 Rz 5; Kalss, Interessenkonflikte in der Privatstiftung – Insichgeschäfte eines Vorstandsmitglieds mit der Privatstiftung gem § 17 Abs 5 PSG, Kathrein & Co Stiftungsletter 2009, Ausgabe 13, 4 [5]).

2. § 17 Abs 5 PSG sieht eine Sonderregelung für Insichgeschäfte vor (6 Ob 73/99z), die über die allgemeine Regel hinausgeht: Sie umfasst nicht nur Insichgeschäfte im eigentlichen Sinn, sondern darüber hinaus auch Geschäfte, bei denen das betroffene Vorstandsmitglied zwar im eigenen Namen kontrahiert, aber nicht es selbst, sondern andere Vorstandsmitglieder die Privatstiftung bei diesem Rechtsgeschäft vertreten. Das Geschäft ist dann trotz der Vertretung durch die anderen Vorstandsmitglieder für die Privatstiftung nicht wirksam (Kalss, Interessenkonflikte in der Privatstiftung – Insichgeschäfte eines Vorstandsmitglieds mit der Privatstiftung gem § 17 Abs 5 PSG, Kathrein & Co Stiftungsletter 2009, Ausgabe 13, 4 [7]; Schereda, Insichgeschäfte des Stiftungsvorstands, RWZ 2015/20, 72).

3. Im Schrifttum ist die auch im vorliegenden Fall bedeutsame Frage umstritten, ob die Bestimmung des § 17 Abs 5 PSG auch solche Rechtsgeschäfte erfasst, bei denen ein Vorstandsmitglied nicht in eigener Person mit der Privatstiftung kontrahiert, sondern als Vertreter eines anderen Rechtsträgers, wie zB als Geschäftsführer einer GmbH. Der Oberste Gerichtshof hat in 6 Ob 73/99z diese Frage ausdrücklich offen gelassen.

3.1 Von einem Teil der Lehre wird eine ausdehnende oder analoge Anwendung des § 17 Abs 5 PSG auf diese Fälle abgelehnt (Csoklich, Rechtsgeschäfte mit und ohne Vergütung von Vorstandsmitgliedern, ZfS 2006, 97 [100]; Kalss, Interessenkonflikte in der Privatstiftung – Insichgeschäfte eines Vorstandsmitglieds mit der Privatstiftung gem § 17 Abs 5 PSG, Kathrein & Co Stiftungsletter 2009, Ausgabe 13, 4 [7]; Kalss/Müller in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Vermögensnachfolge [2010] § 25 Rz 191 f; Kunz/Liemberger in Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Vermögensnachfolge [2010] § 27 Rz 101). Die Vertreter dieser Auffassung argumentieren im Wesentlichen mit dem Wortlaut der Bestimmung, den Gesetzesmaterialien und dem Fehlen einer Gesetzeslücke, was zur Anwendung der allgemeinen zivilrechtlichen Regeln führen soll. Zwar bestehe auch bei einer Doppelvertretung ein möglicher Interessenkonflikt, allerdings sei die Befangenheit bei der Doppelvertretung eine andere, da zwei Fremdinteressen aufeinanderstießen und der Vorstand nicht allein seine eigenen Interessen vertrete (Kalss aaO).

3.2 Die Befürworter einer ausdehnenden Anwendung des § 17 Abs 5 PSG halten diese Argumente für nicht überzeugend (Briem, In-sich-Geschäfte nach § 17 Abs 5 PSG, ZUS 2012, 60 [62 f]; Arnold, Privatstiftungsgesetz³ [2013] § 17 Rz 92a und 92c; Müller/Melzer, Die rechtsschutzfreundliche Auslegung von Begünstigtenrechten als Beitrag zur Überwindung des Kontrolldefizits in der Privatstiftung? JEV 2015, 4 [7]; Schereda, Insichgeschäfte des Stiftungsvorstands, RWZ 2015/20, 72 [74]; im Ergebnis auch Lenz, Zum § 17 Abs 5 PSG – Doppelvertretung von Vorstandsmitgliedern, ZfS 2011, 51 [52]; Brditschka in HASCH & PARTNER, PSG² § 17 Rz 46; Zweifel an einer restriktiven Auslegung auch schon bei S Schmidt in Doralt/Kalss, Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts [2001] 187 f). Ihrer Ansicht nach ist eine rein wörtliche Interpretation der Bestimmung weder sachgerecht, noch entspricht sie den Intentionen des Gesetzgebers. Der Anwendungsbereich des § 17 Abs 5 PSG sei daher interpretativ auf all jene Fälle zu erweitern, in denen der Geschäftsabschluss zumindest wirtschaftlich einem solchen mit dem Mitglied des Stiftungsvorstands gleichkomme (Arnold aaO, Rz 92a; Müller/Melzer aaO; Schereda aaO; grundsätzlich für die Gleichbehandlung von Selbstkontrahieren und Doppelvertretung Briem aaO).

4. Im vorliegenden Fall wurde die klagende Privatstiftung bei Abschluss des Abtretungsvertrags vom 11.05.2011 von den beiden anderen Mitgliedern des Stiftungsvorstands wirksam vertreten. Ihr Vertragspartner war ua die erstbeklagte GmbH, deren einziger Gesellschafter und Geschäftsführer das dritte Vorstandsmitglied der klagenden Partei war. In dieser Konstellation läge nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln weder ein Fall des Selbstkontrahierens noch ein solcher der Doppelvertretung vor. Einer analogen Anwendung des § 17 Abs 5 PSG steht dieser Umstand aber nicht entgegen, weil diese Bestimmung – wie erörtert – auch Geschäfte erfasst, bei denen die Privatstiftung durch die weiteren Vorstandsmitglieder in vertretungsbefugter Anzahl vertreten wird.

5. Unter den Befürwortern einer ausdehnenden Anwendung des § 17 Abs 5 PSG besteht bei allen sonstigen Abgrenzungsproblemen insoweit Einigkeit, als diese Bestimmung jedenfalls auf jene Fälle anzuwenden sein soll, in denen die mit der Privatstiftung kontrahierende Gesellschaft von einem Mitglied des Stiftungsvorstands allein beherrscht wird (vgl Briem, In-sich-Geschäfte nach § 17 Abs 5 PSG, ZUS 2012, 60 [64 f]; Arnold, Privatstiftungsgesetz³ [2013] § 17 Rz 92a; Schereda, Insichgeschäfte des Stiftungsvorstands, RWZ 2015/20, 72 [74]). Zumindest für diesen – hier ausschließlich zu beurteilenden – „Extremfall“ (so Arnold aaO), bei dem die Gesellschaft überdies vom einzigen Gesellschafter auch vertreten wurde, die Privatstiftung also mit einer Einpersonen-GmbH kontrahierte, folgt der erkennende Senat jener Auffassung, die sich für eine analoge Anwendung des § 17 Abs 5 PSG ausspricht.

6. Mit Briem (aaO 62) ist vom Vorliegen einer „unechten Lücke“ auszugehen, die dann gegeben ist, wenn ein Sachverhalt zwar nach dem Gesetzeswortlaut gelöst werden kann, die „ratio legis“ in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz allerdings die Erstreckung der Rechtsfolgenanordnung einer Norm auch auf den vom Wortlaut nicht unmittelbar erfassten Fall erfordert (6 Ob 160/13t SZ 2013/123; Kodek in Rummel/Lukas4 § 7 Rz 21).

Den Zweck des § 17 Abs 5 PSG sieht der Oberste Gerichtshof darin, dass die Gefahr der Schmälerung des Stiftungsvermögens durch kollusiv handelnde Vorstandsmitglieder verhindert werden soll (1 Ob 214/09s ZfS 2010, 165 [Hochedlinger] = GesRz 2011, 53 [Kalss]; ebenso Arnold, Privatstiftungsgesetz³ [2013] § 17 Rz 92; ähnlich Müller/Melzer, Die rechtsschutzfreundliche Auslegung von Begünstigtenrechten als Beitrag zur Überwindung des Kontrolldefizits in der Privatstiftung? JEV 2015, 4 [7]: Schutz vor Übervorteilung; Briem aaO, 62: Verhinderung von Gefahren, die sich aus Interessenkollisionen ergeben).

7. Diese Gefahr besteht in gleichem Maße, wenn ein Vorstandsmitglied nicht ad personam, sondern in der Rechtsform einer Einpersonen-GmbH mit der Privatstiftung kontrahiert. Das Argument, dass bei einem Vertrag mit einer Gesellschaft Fremdinteressen aufeinanderstoßen würden und das die Gesellschaft vertretende Vorstandsmitglied nicht allein seine eigenen Interessen vertrete (vgl Punkt 3.1), trägt in dieser Konstellation nicht. Denn das Vorstandsmitglied verfolgt sein wirtschaftliches Eigeninteresse, ob es nun persönlich oder als Vertreter „seiner“ Gesellschaft agiert (Arnold, Privatstiftungsgesetz³ [2013] § 17 Rz 92a).

Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich für die gegenteilige Ansicht nichts gewinnen. Zwar werden dort „vor allem“ Anstellungsverträge als typisches Beispiel einer Interessenkollision genannt (vgl ErläutRV 1132 BlgNR XVIII. GP 27). Das bedeutet aber nicht, dass nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auch andere Kollisionsfälle erfasst sein sollen, bei denen das Vorstandsmitglied ausschließlich wirtschaftliche Eigeninteressen verfolgt.

8. Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten:

§ 17 Abs 5 PSG ist analog auf jene Fälle anzuwenden, in denen die Privatstiftung nicht mit einem Vorstandsmitglied persönlich, sondern mit einer Gesellschaft, bei der ein Vorstandsmitglied einziger Gesellschafter und Geschäftsführer ist, Rechtsgeschäfte abschließt. Auch solche Rechtsgeschäfte bedürfen der Genehmigung aller übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstands und des Gerichts.

III. Rechtsfolgen der Unterlassung des Ansuchens um gerichtliche Genehmigung:

1. Vorauszuschicken ist, dass die beiden weiteren (damaligen) Vorstandsmitglieder den Abtretungsvertrag durch die Unterfertigung des Notariatsakts iSd § 17 Abs 5 PSG genehmigt haben. Wurde die Privatstiftung beim Abschluss des Vertrags ohnehin bereits durch alle übrigen Vorstandsmitglieder vertreten, ist ein zusätzlicher Genehmigungsakt dieser Vorstandsmitglieder nicht mehr notwendig, da die Vertretungshandlung die Genehmigung implizit mitumfasst (Schereda, Insichgeschäfte des Stiftungsvorstands, RWZ 2015/20, 72 [73]). Dass sich die neuen Vorstandsmitglieder an diese Genehmigung wie auch an die rechtsgeschäftlichen Erklärungen ihrer Vorgänger gebunden erachten, ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Prozessvorbringen der klagenden Partei (vgl etwa AS 140 f), würde sich – da die Genehmigungen kumulativ vorliegen müssen – ansonsten doch jeglicher Streit über die Konsequenzen der fehlenden gerichtlichen Genehmigung erübrigen.

2. Nach überzeugender Ansicht ist ein nach § 17 Abs 5 PSG genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft bis zur gerichtlichen Genehmigung oder ihrer Versagung grundsätzlich schwebend unwirksam (Briem, In-sich-Geschäfte nach § 17 Abs 5 PSG, ZUS 2012, 60 [66]; Hartlieb/Zollner, Entlastung des Stiftungsvorstands, PSR 2012/44 FN 76; Schereda, Insichgeschäfte des Stiftungsvorstands, RWZ 2015/20, 72). Das entspricht allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen zu Rechtsbedingungen, die in behördlichen Genehmigungs-erfordernissen bestehen (dazu schon Punkt I.7; vgl RIS-Justiz RS0016853, RS0038627, RS0049181, RS0053275; Rummel in Rummel/Lukas4 § 897 Rz 4).

3. Die im Rekurs der klagenden Partei gegen das Eintreten eines Schwebezustands vorgetragenen Argumente sind nicht stichhältig. Nach der Sonderregelung des § 17 Abs 5 PSG sind Insichgeschäfte eben nicht per se verboten, sondern ihre Zulässigkeit ist, sofern die übrigen Vorstandsmitglieder zugestimmt haben, durch das Gericht zu klären. Aus anderen Regelungen, die der Bewältigung von Interessenkollisionen dienen sollen (zu diesen auch Briem, In-sich-Geschäfte nach § 17 Abs 5 PSG, ZUS 2012, 60 [61]), sind für den in § 17 Abs 5 PSG besonders geregelten Fall keine abweichenden Erkenntnisse zu gewinnen.

4. Zur Frage der Beendigung des Schwebezustands stützte sich das Berufungsgericht auf die zu § 865 ABGB vertretenen Grundsätze, deren sinngemäße Anwendung unter den hier konkret vorliegenden Umständen nicht zu beanstanden ist. Der Oberste Gerichtshof orientiert sich – worauf das Berufungsgericht zutreffend hinwies – im außerstreitigen Genehmigungsverfahren nach § 17 Abs 5 PSG an der Bestimmung des (nunmehr) § 167 Abs 3 ABGB (6 Ob 155/06x SZ 2006/126 = ZfS 2006, 151 [Csoklich]; vgl auch 6 Ob 199/06t ZfS 2006, 155 [Csoklich]), was eine grundsätzliche Gleichbehandlung von genehmigungs-bedürftigen Geschäften geschäftsunfähiger Personen nach Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und genehmigungsbedürftigen Insichgeschäften einer Privatstiftung nach Zustimmung der „übrigen“ Vorstandsmitglieder durchaus nahelegt.

5. Gemäß § 865 ABGB sind bis zu einer erforderlichen gerichtlichen Genehmigung oder Nichtgenehmigung beide Vertragsteile gebunden (vgl RIS-Justiz RS0053275 [„hinkendes Rechtsgeschäft“]). Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist der gesetzliche Vertreter eines Pflegebefohlenen nach Treu und Glauben verpflichtet, die Entscheidung über die Genehmigung des abgeschlossenen Vertrags beim Pflegschaftsgericht herbeizuführen, um auf diese Weise den Schwebezustand zu beenden und klare Verhältnisse zu schaffen, ob der Vertrag rückwirkend zu einem voll wirksamen Vertrag wird oder zufolge der Verweigerung der Genehmigung seine Wirkung verliert (1 Ob 160/57 SZ 31/52; 6 Ob 286/05k; 4 Ob 188/06k; auch 3 Ob 63/14g; RIS-Justiz RS0049151).

6. Die sinngemäße Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall bedeutet zunächst, dass die klagende Partei durch die Unterlassung der Antragstellung auf Genehmigung des Rechtsgeschäfts beim Firmenbuchgericht den Schwebezustand nicht beenden kann. Ein solcher Antrag ist weiterhin möglich und wäre entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung auch keineswegs „absurd“, selbst wenn die neuen Vorstandsmitglieder das Rechtsgeschäft als für die klagende Partei „grob nachteilig“ bewerten. Steht ihnen doch die Möglichkeit offen, in einem nach Treu und Glauben zu stellenden Antrag auch ihre Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Rechtsgeschäfts zu formulieren. Nicht dem Stiftungsvorstand, sondern allein dem Gericht kommt die endgültige Prüf- und Entscheidungsbefugnis zu (vgl schon Punkt I.1).

Andererseits hätte auch die erstbeklagte Partei in sinngemäßer Anwendung des § 865 Satz 3 ABGB (vgl RIS-Justiz RS0014088, RS0014630; Rummel in Rummel/Lukas4 § 865 Rz 19) durch Setzung einer angemessenen Frist die Möglichkeit, sich bei anhaltender Untätigkeit des Stiftungsvorstands vom Vertrag zu lösen und dadurch eine Beendigung des Schwebezustands herbeizuführen.

7. Zufolge des anhaltenden Schwebezustands findet das auf die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Abtretungsvertrags vom 11. 5. 2011 gerichtete Feststellungsbegehren, soweit es auf die fehlende gerichtliche Genehmigung nach § 17 Abs 5 PSG gestützt wird, in der erörterten Rechtslage keine Deckung. Die Stattgebung dieses Begehrens gegenüber der erstbeklagten Partei kommt daher schon aus diesem Grund (zumindest derzeit) nicht in Betracht.

Aber auch eine Abweisung dieses Teilbegehrens ist noch nicht möglich, weil die klagende Partei – hilfsweise zur bisher ungeprüften Anfechtung aus dem Rechtsgrund der laesio enormis – auch die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts wegen kollusiven Zusammenwirkens der Vertragsparteien geltend gemacht hat.

IV. „Einheitlicher Vertrag“:

1. Die klagende Partei hat in erster Instanz umfangreiches Vorbringen erstattet, warum sie „unter keinen Umständen“ nur mit der zweitbeklagten Partei allein einen Abtretungsvertrag geschlossen hätte. Sie berief sich dazu auf den (hypothetischen) Parteiwillen und die Auslegung des Vertrags.

Das Erstgericht vertrat dazu, ohne Feststellungen zu treffen, die Rechtsansicht, es lägen zwei gesonderte Verträge vor. Das Berufungsgericht ist auf diese materiell-rechtliche Frage nicht näher eingegangen.

2. In ihrem Rekurs wiederholt die klagende Partei ihren Standpunkt, dass ein „einheitlicher Abtretungsvertrag“ vorliege, dessen Unwirksamkeit beide beklagten Parteien erfasse. Inhaltlicher Ausführungen enthält sie sich, zumal das erstinstanzliche Teilurteil nur gegen die erstbeklagte Partei ergangen ist.

Im fortzusetzenden Verfahren wird das Erstgericht aber auch zu diesem Thema Feststellungen zu treffen haben. Grundsätzlich ist ihm darin beizupflichten, dass beide Verträge als Singularschuldverhältnisse unabhängig voneinander Bestand haben könnten, auch wenn sie gemeinsam in den errichteten Notariatsakt aufgenommen worden sind. Das Vorbringen der klagenden Partei lässt sich allerdings dahin deuten, dass nach dem (allenfalls hypothetischen) Willen sämtlicher Vertragsparteien der eine Vertrag ohne den anderen nicht abgeschlossen worden wäre, beide Rechtsgeschäfte daher einander bedingen. Sollte ein solcher Parteiwille tatsächlich erwiesen werden können, hätte dies – im Sinne des Rechtsstandpunkts der klagenden Partei – zur Folge, dass eine allfällige Unwirksamkeit oder die rechtsgestaltende Aufhebung des einen Vertrags auch den anderen Vertrag erfassen würde.

V. Ergebnis:

Aus obigen Erwägungen hat es bei der Aufhebung des erstinstanzlichen Teilurteils zu bleiben, weshalb dem Rekurs nicht Folge zu geben ist. Darauf, ob das Teilurteil auch aus den vom Berufungsgericht genannten prozessualen Gründen aufzuheben gewesen wäre, muss derzeit nicht näher eingegangen werden.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die Rechtslage mit den Parteien zu erörtern und den Anfechtungsgrund der laesio enormis, allenfalls auch jenen des sittenwidrigen kollusiven Zusammenwirkens, zu prüfen und geeignete Feststellungen (auch im Sinne von Punkt IV.) zu treffen haben. Im Hinblick auf das missverständlich formulierte Klagebegehren wird es auch insoweit auf Klarstellung zu dringen haben. Das betrifft nicht nur Punkt 1, der – wie erörtert – ein gleichrangiges Feststellungs- und Rechtsgestaltungsbegehren enthält, sondern auch die Sinnhaftigkeit des Leistungsbegehrens, mit dem die klagende Partei eine fiktive „Übergabe“ von Geschäftsanteilen begehrt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Leitsätze

  • Anwendungsbereich und Rechtsfolge des § 17 Abs 5 PSG bei einem Vertrag mit einer Einpersonen-GmbH

    § 17 Abs 5 PSG ist analog anwendbar auf Rechtsgeschäfte zwischen einer Privatstiftung und einer Gesellschaft, deren einziger Gesellschafter und Geschäftsführer ein Vorstandsmitglied der Stiftung ist. Ein solches Geschäft ist bis zur gerichtlichen Genehmigung schwebend unwirksam, die Unterlassung der Antragstellung auf gerichtliche Genehmigung kann die schwebende Unwirksamkeit nicht beenden.
    WEKA (ffa) | Judikatur | Leitsatz | 2 Ob 52/16k | OGH vom 27.04.2017 | Dokument-ID: 959090