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Judikatur | Entscheidung

2008/16/0121; VwGH; 26.Mai 2011

GZ: 2008/16/0121 | Gericht: VwGH vom 26.05.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der V-Privatstiftung in O, vertreten durch die Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 23. Juli 2008, Zl RV/0012-S/07, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin wurde mit Stiftungsurkunde vom 07.07.2006 als Privatstiftung errichtet. Gemäß Punkt III. der Stiftungsurkunde ist Stiftungszweck ua die Vornahme von Zuweisungen an die Begünstigten, insbesondere die Sicherung deren angemessenen Lebensunterhaltes, Altersversorgung sowie wirtschaftliche Förderung im weitesten Sinne. Nach Punkt V. werden der oder die Begünstigte bzw Begünstigten der Stiftung durch den Familienbeirat und zwar durch - jederzeit abänderbare - schriftliche Mitteilung an den Stiftungsvorstand bestimmt. In der oder den Stiftungszusatzurkunden können Regelungen in jeder Richtung, zum Beispiel hinsichtlich der Person des Begünstigten, Dauer, Umfang etc getroffen werden, die für den Familienbeirat hinsichtlich der Bestimmung der Begünstigten verbindlich sind. Nach Punkt VII. besteht der Familienbeirat zunächst aus WV und KV, nach deren Ausscheiden (durch Tod oder Geschäftsunfähigkeit) deren namentlich genannte Kinder oder einer deren Nachkommen.

In der Stiftungszusatzurkunde ebenfalls vom 07.07.2006 sind unter Punkt I als zu gleichen Teilen Begünstigte zu deren Lebzeiten die Stifter WV und KV angeführt. Nach dem Ableben des ersten der begünstigten Stifter soll der verbleibende Erstbegünstigte alleine begünstigt bleiben. Nach dem Ableben des verbleibenden Erstbegünstigten sollen deren Kinder zu gleichen Teilen Begünstigte der Stiftung sein. Nach dem Ableben dieser Begünstigten geht der Anteil eines verstorbenen Begünstigten auf dessen Nachkommen über (sowohl leibliche als auch adoptierte Kinder). Im Falle mehrerer Nachkommen kann der Begünstigte durch letztwillige Verfügung regeln, wer seine Begünstigtenstellung erhält. Die Bestimmung mehrerer Nachkommen ist auch zu ungleichen Teilen zulässig. Für den Fall keiner oder einer unwirksamen Bestimmung gelten alle Nachkommen zu gleichen Teilen begünstigt. Sind zum Zeitpunkt des Ablebens eines oben genannten Begünstigten keine Nachkommen vorhanden, soll die Begünstigung anteilig nach Köpfen auf die übrigen zu diesem Zeitpunkt begünstigten Personen übergehen.

Ist auch auf diese Weise keine begünstigte Person mehr feststellbar, ist eine Bestimmung eines familienfremden Begünstigten mittels letztwilliger Verfügung durch den letzten Begünstigten zulässig und wirksam. Für nachfolgende Generationen gilt die oben dargestellte Regelung sinngemäß. Zuweisungen an weitere (auch familienfremde) Begünstigte können entsprechend den Bestimmungen der Stiftungsurkunde jederzeit durch den Familienbeirat, jedoch nur einstimmig und nicht aus der Substanz, sondern lediglich aus Erträgnissen vorgenommen werden.

Mit „Nachstiftungsvertrag“ vom 28.07.2006 widmeten die Stifter WV und KV der Beschwerdeführerin näher angeführte Liegenschaften. Als Gegenleistung übernahm die Beschwerdeführerin rückwirkend mit 1.07.2006 ua näher bezeichnete, per 30.06.2006 aushaftende Darlehen, ein auf zwei der Liegenschaften sichergestelltes Wohnungsrecht und Fruchtgenussrecht zu Gunsten von WA.

Mit Bescheiden jeweils vom 19. Oktober 2006 schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Übertragung der Liegenschaften Grunderwerbsteuer vor, wobei als Bemessungsgrundlage die übernommenen Verbindlichkeiten und der Kapitalwert der Dienstbarkeiten zugrunde gelegt wurden.

Mit einem weiteren Bescheid vom 19.10.2006 schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Übertragung der genannten Liegenschaften der WV Schenkungssteuer vor, indem es ausgehend von der Bemessungsgrundlage von EUR 1,719.707,12 den Freibetrag von EUR 110,– (§ 14 Abs 1 Z 3 ErbStG) in Abzug und in der Folge den Steuersatz von 5 % (§ 8 Abs 3 lit b ErbStG) zur Anwendung brachte. Zu dem sich daraus ergebenden Betrag wurde unter Anwendung des Steuersatzes von 3,5 % das so genannte Grunderwerbsteueräquivalent von EUR 60.189,75 hinzugerechnet.

In ihrer gegen den Schenkungssteuerbescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, eine Familien-Privatstiftung (§ 7 Abs 2 ErbStG) zu sein. Daher sei der Berechnung des Zuschlages nach § 8 Abs 4 ErbStG der Steuersatz von 2 % zugrunde zu legen (Hinweis auf Rz 290 der Stiftungsrichtlinie 2001 des Bundesministers für Finanzen), weil im Beschwerdefall nur die Stifter und nach deren Ableben deren Kinder die Begünstigten seien.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung vom 23.11.2006 stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In ihrer Begründung führte sie aus, im Beschwerdefall hätten sich die Stifter gem § 33 Abs 2 PSG die Änderung der Stiftungserklärung vorbehalten (Punkt IX. der Stiftungsurkunde vom 7. Juli 2006). Davon hätten sie bei der verfahrensgegenständlichen Nachstiftungserklärung vom 28. Juli 2006 Gebrauch gemacht, sodass von einem Stiftungsgeschäft iSd § 3 Abs 1 Z 7 ErbStG auszugehen sei. Im Beschwerdefall läge eine Familienstiftung vor. § 7 Abs 2 ErbStG sehe bei Familienstiftungen vor, dass der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Geschenkgeber zugrunde zu legen sei. Dennoch sei aber kein „Durchgriff des Verwandtschaftsverhältnisses“, welches zur Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes nach § 8 Abs 4 lit a ErbStG führen würde, gegeben. Das Grunderwerbsteueräquivalent sei nämlich ein Zuschlag und keine selbstständige Abgabe. Zur Ermittlung der einheitlichen Abgabe („Eintrittsabgabe“ nach § 8 Abs 3 ErbStG und Grundsteueräquivalent nach § 8 Abs 4 ErbStG) sei im Sinne eines einheitlichen Erwerbsvorganges immer vom selben Erwerber auszugehen. Eine „Mischvariante", wie sie die Beschwerdeführerin vorschlage, nämlich einen Erwerbsvorgang durch eine Familienprivatstiftung einerseits dem fixen Steuersatz nach § 8 Abs 3 lit b ErbStG zu unterziehen, bei Ermittlung des Grunderwerbsteueräquivalents nach § 8 Abs 4 ErbStG einen Erwerbsvorgang an den nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten unterstellen zu wollen und so in die Begünstigung des reduzierten Zuschlages von 2 % zu gelangen, würde bedeuten, für ein und denselben Erwerbsvorgang zwei unterschiedliche Erwerber, nämlich einmal die Privatstiftung und zum Zweck der Ermittlung des Zuschlags den entferntest Berechtigten heranzuziehen. Der Kommentarmeinung von Arnold (in: Arnold/Tanzer, Privatstiftungs-Steuerrecht, Rz II/65), wonach die Fiktion des Verwandtschaftsverhältnisses (§ 7 Abs 2 ErbStG) bei Ermittlung des Grunderwerbsteueräquivalents anzuwenden sei und zwar unabhängig vom Gebrauch des Wahlrechtes gem § 8 Abs 3 lit c ErbStG, sei daher nicht zu folgen. Im Übrigen stellten die Stiftungsrichtlinien 2001 auf die Ausübung des Wahlrechts ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin ausschließlich Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, dass das „Erbschaftssteueräquivalent“ nicht mit 3,5 %, sondern mit 2 % festgesetzt und der Freibetrag nicht mit EUR 110,–, sondern nach § 14 Abs 1 Z 1 ErbStG mit EUR 2.200,– ermittelt werde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Die Beschwerdeführerin replizierte auf die Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 1 Abs 1 des Bundesgesetzes über Privatstiftungen und Änderungen ua des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes (Privatstiftungsgesetz - PSG), BGBl Nr 694/1993, ist die Privatstiftung im Sinn dieses Bundesgesetzes ein Rechtsträger, dem vom Stifter ein Vermögen gewidmet ist, um durch dessen Nutzung, Verwaltung und Verwertung der Erfüllung eines erlaubten, vom Stifter bestimmten Zwecks zu dienen; sie genießt Rechtspersönlichkeit und muss ihren Sitz im Inland haben.

Der Privatstiftung muss nach § 4 PSG ein Vermögen im Wert von mindestens Euro 70 000,– gewidmet werden.

Begünstigter ist gemäß § 5 PSG der in der Stiftungserklärung als solcher Bezeichnete. Ist der Begünstigte in der Stiftungserklärung nicht bezeichnet, so ist Begünstigter, wer von der vom Stifter dazu berufenen Stelle, sonst vom Stiftungsvorstand als solcher festgestellt worden ist.

Nach § 7 Abs 1 PSG wird die Privatstiftung durch eine Stiftungserklärung errichtet; sie entsteht mit der Eintragung in das Firmenbuch.

§ 9 Abs 1 PSG enthält Bestimmungen über den Mindestinhalt der Stiftungserklärung, beispielsweise die Widmung des Vermögens (Z 1). Nach Abs 2 PSG kann die Stiftungserklärung darüber hinaus ua die Angabe, dass eine Stiftungszusatzurkunde errichtet ist oder werden kann (Z 7) oder die Widmung und Angabe eines weiteren, das Mindestvermögen (§ 4) übersteigenden Stiftungsvermögens enthalten (Z 14).

Gemäß § 10 Abs 1 PSG ist die Stiftungserklärung zu beurkunden (Stiftungsurkunde, Stiftungszusatzurkunde).

Enthält die Stiftungsurkunde die Angabe, dass eine Stiftungszusatzurkunde errichtet ist oder werden kann (§ 9 Abs 2 Z 6, richtig wohl: Z 7), so können nach § 10 Abs 2 PSG über § 9 Abs 1 hinausgehende Regelungen, ausgenommen eine Regelung gemäß § 9 Abs 2 Z 1 bis 8, in einer Zusatzurkunde beurkundet werden. Die Stiftungszusatzurkunde ist dem Firmenbuchgericht nicht vorzulegen.

Gemäß § 1 Abs 1 Z 2 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) idF vor der Aufhebung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2007, G 23/07 ua, unterlagen Schenkungen unter Lebenden der Steuer nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 3 Abs 1 Z 7 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes der Übergang von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäftes unter Lebenden.

§ 7 Abs 1 ErbStG unterscheidet nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser fünf Steuerklassen.

Nach § 7 Abs 2 zweiter Halbsatz ErbStG ist in den Fällen des § 3 Abs 1 Z 7 der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Geschenkgeber zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien gemacht ist.

§ 8 ErbStG legt in seinem Abs 1 die nach Steuerklassen und Höhe der Erwerbe differenzierten Tarifstufen fest. Dazu enthält sein Abs 2 die Regelung eines Härteausgleichs.

§ 8 Abs 3 und 4 ErbStG lauten:

„(3) Die Steuer beträgt ohne Rücksicht auf die Höhe der Zuwendungen:

  1. von Zuwendungen an solche inländische juristische Personen, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, sowie an inländische Institutionen gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften 2,5 vH und
  2. von Zuwendungen an nicht unter lit a fallende Privatstiftungen durch den Stifter selbst 5 vH, ist der Stifter eine Privatstiftung 2,5 vH. …;
  3. abweichend von lit b kann für Zuwendungen des Stifters an eine Familienstiftung (§ 7 Abs 2) nach Wahl eines Steuerschuldners die Steuer stattdessen nach dem maßgeblichen Steuersatz des § 8 Abs 1 berechnet werden.

(4) Die sich nach den Abs 1 und 2 oder nach dem Abs 3 ergebende Steuer erhöht sich bei Zuwendungen

a)

an den Ehegatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Zuwendenden um

2 vH

b)

an andere Personen um

3,5 vH

des Wertes der durch die Zuwendung erworbenen Grundstücke.“

§ 14 ErbStG lautet auszugsweise:

„§ 14. (1) Bei der Berechnung der Steuer nach § 8 Abs 1 oder § 8 Abs 3 bleibt bei jedem Erwerb steuerfrei:

  1. für Personen der Steuerklasse I oder II ein Betrag von 2 200 Euro,
  2. für Personen der Steuerklasse III oder IV ein Betrag von 440 Euro,
  3. für Personen der Steuerklasse V ein Betrag von 110 Euro.

(2) ….

(3) ….“

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Familienstiftung iSd § 7 Abs 2 iVm § 8 Abs 3 lit c ErbStG handelt.

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob bei der Berechnung des so genannten Grunderwerbsteueräquivalents iSd § 8 Abs 4 ErbStG der Steuersatz von 2 % (lit a) oder jener von 3,5 % (lit b) anzuwenden ist und ob der Beschwerdeführerin der Freibetrag iSd § 14 Abs 1 von EUR 2.200,– (Z 1) oder von EUR 110,– (Z 3) zusteht.

Die Beschwerdeführerin begründet ihre Auffassung, dass im Beschwerdefall der niedrigere Steuersatz und der höhere Freibetrag anzuwenden sei, im Wesentlichen mit dem Wortlaut des § 7 Abs 2 ErbStG, wonach „der Besteuerung“ von Familienstiftungen das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Geschenkgeber zugrunde zu legen sei. Daraus folge, dass diese Fiktion des Verwandtschaftsverhältnisses nicht bloß bei der Bestimmung der Steuerklasse, sondern auch im Bereich des Grundsteueräquivalents (§ 8 Abs 4 ErbStG) und der Freibeträge (§ 14 ErbStG) Bedeutung zukomme.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Nach der Systematik des ErbStG behandelt § 7 die Einreihung der Erwerber in die Steuerklassen. In Abs 1 leg cit werden die (fünf) Steuerklassen nach den im Einzelnen dort festgelegten persönlichen Verhältnissen des Erwerbers zum (Erblasser oder) Schenker unterschieden. Dabei ist allein ein nach bürgerlichem Recht bestehendes Abstammungs-, Verwandtschafts- und familienrechtliches Naheverhältnis zwischen dem Schenkenden und dem Beschenkten maßgebend. In die Steuerklasse V fallen alle Erwerber, die nicht in den Steuerklassen I bis IV genannt sind, also auch Stiftungen (vgl Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Bd III Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rzn 1 und 18 zu § 7, mwN). Auf den Übergang des Vermögens vom Stifter auf eine Stiftung (§ 3 Abs 1 Z 7 ErbStG) ist demnach grundsätzlich die Steuerklasse V anzuwenden. Eine Ausnahme davon bestimmt § 7 Abs 2 ErbStG für den Fall der Errichtung einer Familienstiftung. Es ist der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Geschenkgeber zugrunde zu legen. Bei der Errichtung einer Familienstiftung wird also jene Steuerklasse angewendet, die sich nach § 7 Abs 1 ErbStG aufgrund des persönlichen Verhältnisses des entferntest Berechtigten zum Stifter ergibt. Als entferntest Berechtigter gilt jede Person, die laut Stiftungsurkunde etwas erhalten kann. Es reicht auch eine potentielle Berechtigung aus. Wird beispielsweise bestimmt, dass im Falle des Ablebens eines Kindes dessen Nachkommen die Begünstigtenstellung erlangen, sind auch die Enkelkinder bei der Betrachtung des entferntest Berechtigten zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld noch gar keine Enkelkinder existieren (vgl Fellner, aaO, Rz 23 zu § 7).

Da die Berechnung der Steuer im 3. Abschnitt des I. Teils (§§ 8 bis 11) des ErbStG geregelt wird, könnte aufgrund der Systematik des Gesetzes § 7 Abs 2 ErbStG dahingehend verstanden werden, dass sich dessen Regelungsinhalt trotz des von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Wortlauts („ist der Besteuerung … zugrunde zu legen“) auf die Bestimmung der im Falle einer Familienstiftung anzuwendenden Steuerklasse beschränkt.

Für diese Interpretation spricht auch der Grundsatz, dass Ausnahmebestimmungen grundsätzlich eng auszulegen sind (vgl beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 25.05.1988, 87/13/0236).

§ 8 Abs 1 und 2 ErbStG normieren die nach Steuerklassen und Höhe der Erwerbe progressiven Tarifstufen und einen entsprechenden Härteausgleich. Dies stellt den Grundfall der Steuerberechnung dar. Eine Ausnahme davon gibt es nur in Abs 3 für Zuwendungen an gemeinnützige Körperschaften (lit a) und Privatstiftungen (lit b; eingefügt durch Art VII Privatstiftungsgesetz, BGBl Nr 694/1993). In beiden Fällen ordnet der Gesetzgeber ohne Rücksicht auf die Höhe der Zuwendungen einen festen Steuersatz an, der sich jeweils im unteren Bereich der Tarifstufen bewegt (5 % bei gemeinnützigen Körperschaften und 2,5 % bei Privatstiftungen). Von den Privatstiftungen wird die Familienstiftung insofern privilegiert, als sie sich als Steuerschuldnerin auch für das Modell der Tarifstufen entscheiden kann. Abhängig von der Höhe des Erwerbs und der Steuerklasse des nach § 7 Abs 2 ErbStG zu Grunde zu legenden Verwandtschaftsverhältnisses kann sich dadurch ein geringerer Steuersatz ergeben als jener des § 8 Abs 3 ErbStG.

Um Doppelbesteuerungen nach dem Grunderwerbsteuergesetz (in der Folge: GrEStG) einerseits und dem ErbStG andererseits zu vermeiden, waren nach § 3 Abs 1 Z 2 GrEStG in der im Beschwerdefall noch maßgebenden Stammfassung der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden iSd ErbStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen. Als Äquivalent für diese Abgabenbefreiung ist im § 8 Abs 4 ErbStG ein Zuschlag (Erhöhung) der Erbschafts(Schenkungs)steuer für jede Art eines unentgeltlichen Erwerbes von Grundstücken oder Grundstücksanteilen vorgesehen. Diese Erhöhung kann somit als Ersatz für die nach § 3 Abs 1 Z 2 GrEStG entgehende Grunderwerbsteuer angesehen werden. Das so genannte Grunderwerbsteueräquivalent wird als Objektsteuer betrachtet, während die Erbschafts- und Schenkungssteuer als Personensteuer ausgestaltet ist. Es wird auch als „Einbruch des Grunderwerbsteuerrechts in das Erbschaftssteuerrecht“ bezeichnet. Bei einer gemischten Schenkung ist davon auszugehen, dass das Grunderwerbsteueräquivalent nur für jenen Teil des Erwerbsvorganges zu entrichten ist, für den nicht bereits Grunderwerbsteuer zu entrichten war (vgl Fellner, aaO, Rzn 37 und 42 zu § 8, mwN).

§ 8 Abs 4 ErbStG sieht in seiner lit b den im Allgemeinen anzuwendenden Steuersatz von 3,5 % vor. Als Ausnahme davon enthält lit a eine Begünstigung für Zuwendungen an den Ehegatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkel-, Stief-, Wahl- oder Schwiegerkind des Zuwendenden. Diese Ausnahmebestimmung stellt nicht auf Steuerklassen, sondern auf ein davon unabhängiges familienrechtliches Naheverhältnis ab. Angemerkt sei, dass die dort genannten Personen sowohl in die Steuerklasse I (Ehegatten, Kinder, Stiefkind), II (Enkelkind), III (Elternteil) oder IV (Schwiegerkind) fallen können. Schon dieser Umstand zeigt, dass die Bestimmung des § 8 Abs 4 ErbStG unabhängig von der Steuerklasseneinteilung des § 7 ErbStG zu lesen ist.

Dafür spricht auch die historische Entwicklung des § 8 Abs 4 ErbStG. Diese Bestimmung findet sich bereits in der Stammfassung des ErbStG, BGBl Nr 141/1955, welches gleichzeitig mit dem GrEStG 1955 in Kraft trat. Letzteres enthielt zu diesem Zeitpunkt in seinem § 14 Abs 1 Z 1 lit a eine mit § 8 Abs 4 lit a ErbStG wörtlich idente Aufzählung der begünstigten Personen, für deren Erwerbe ebenfalls der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung gelangen sollte. Auch aus dieser Übereinstimmung ergibt sich, dass der „Steuerklassenprivilegierung“ des § 7 Abs 2 zweiter Halbsatz ErbStG keine Bedeutung bei der Berechnung des Grunderwerbsteueräquivalents beigemessen werden kann, weil diese von einem anderen, mit dem GrEStG (vgl § 7 Z 1 GrESt 1987) übereinstimmenden, Angehörigenbegriff ausgeht (vgl in diesem Sinne auch Briem/Lechner in Csoklich/Müller/Gröhs/Helbich (Hrsg.), Handbuch zum Privatstiftungsgesetz, 98 Fn 120).

Da die belangte Behörde aber nach den obigen Ausführungen im Ergebnis zu Recht der Bemessung des Grunderwerbsteueräquivalents den Steuersatz nach § 8 Abs 4 lit b ErbStG zugrunde gelegt hat, wurde die Beschwerdeführerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt.

Anders stellt sich die Rechtslage bei den Steuerbefreiungen nach § 14 Abs 1 ErbStG dar. Diese Bestimmung stellt hinsichtlich der Freibeträge ihrem Wortlaut nach auf die Steuerklassen I bis V ab. Daher ist zunächst eine Bestimmung der anzuwendenden Steuerklasse durchzuführen, um in der Folge den dafür vorgesehenen Freibetrag anzuwenden. Im Falle einer Familienstiftung ist daher nach dem Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Erblasser oder Geschenkgeber zu fragen.

Im Beschwerdefall sehen sowohl die Stiftungsurkunde (vgl deren Punkt V.) als auch die Stiftungszusatzurkunde (vgl deren Punkt I.) jeweils vom 07.07.2006 vor, dass Zuweisungen an weitere (auch familienfremde) Begünstigte jederzeit durch den Familienbeirat (jedoch nur einstimmig und nicht aus der Substanz, sondern lediglich aus Erträgnissen) vorgenommen werden können. Da auch eine potentielle Berechtigung ausreicht, muss als entferntest Berechtigter eine familienfremde Person angesehen werden. Damit ist aber Letztbegünstigter keine in § 8 Abs 4 lit a ErbStG genannte Person, weshalb schon deshalb der Steuersatz nach § 8 Abs 4 lit b ErbStG anzuwenden war und kommt aber die Steuerklasse V und somit der Freibetrag nach § 14 Abs 1 Z 3 ErbStG von EUR 110,- zur Anwendung.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 455/2008.

Leitsätze