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Dokument-ID: 285666

Judikatur | Entscheidung

2008/17/0168; VwGH; 11. November 2010

GZ: 2008/17/0168 | Gericht: VwGH vom 11.11.2010

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des Dipl. oec. TP in W, vertreten durch DDr. Christian F. Schneider, Rechtsanwalt in 1220 Wien, ARES-Tower, Donau-City-Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 24. Juli 2008, Zl UVS- 06/FM/31/5416/2008, betreffend Übertretung des § 73 Abs 1 Z 1 erster Fall iVm § 98 Abs 2 Z 7 BWG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 20. Juni 2008 erging an den Beschwerdeführer folgendes Straferkenntnis der FMA:

„Sie sind seit 01.11.2003 Vorstand der I AG, vormals V AG, eines Kreditinstitutes iSd § 1 Abs 1 Bankwesengesetz (BWG), BGBl Nr 532/1993 idgF, mit Sitz in 1013 Wien, Renngasse 10.

Sie haben in dieser Funktion gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), BGBl Nr 52/1991 idgF, zu verantworten, dass es das besagte Kreditinstitut im Zeitraum vom 12.6.2006 bis 11.9.2006 unterlassen hat, eine Satzungsänderung unverzüglich schriftlich der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) anzuzeigen. Diese Verpflichtung beginnt nach der Rechtsprechung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien mit Beschlussfassung (siehe UVS-06/47/6082/2006-7 vom 20.08.2007 und UVS- 06/47/6083/2006-6 vom 27.08.2007).

Die Änderung der Satzung wurde in der Hauptversammlung vom 12.06.2006 beschlossen. Die diesbezügliche Anzeige erfolgte erst mit Schreiben vom 04.09.2006, welches am 11.09.2006 bei der FMA eingelangt ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 98 Abs 2 Z 7 iVm § 73 Abs 1 Z 1 Bankwesengesetz (BWG), BGBl Nr 532/1993 idgF unter Heranziehung von § 9 Abs 1 VStG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

gemäß

EUR 200,00

12 Stunden

§ 98 Abs 2 Z 7 BWG
iVm §§ 16, 19, 44a VStG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes

(VStG) zu zahlen:

EUR 20,– als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15,– angerechnet)

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher EUR 220,–.“

Begründend führte die erstinstanzliche Behörde zusammengefasst aus, der die Anzeigepflicht auslösende Tatbestand sei bereits der Beschluss der Hauptversammlung vom 12. Juni 2006 gewesen. Die Anzeige sei jedoch erst am 4. September 2006 erfolgt. Fehlendes Verschulden im Sinne des § 5 Abs 1 VStG habe der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen. Sodann begründete die erstinstanzliche Behörde die vorgenommene Strafzumessung.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er vertrat die Auffassung, gemäß § 148 Abs 3 des Aktiengesetzes, BGBl Nr 98/1965 (im Folgenden: AktG), werde eine Satzungsänderung erst mit der Eintragung in das Firmenbuch wirksam, sodass eine Anzeigepflicht davor keinesfalls bestehe. Für diese Auslegung spreche auch § 73 Abs 1 Z 1 BWG idF der BWG-Novelle BGBl I Nr 36/2003, wo ausdrücklich zwischen Satzungsänderungen und dem Beschluss auf Auflösung der Gesellschaft unterschieden werde.

Vorliegendenfalls sei der Beschluss über die Satzungsänderung jedoch erst am 18. August 2006 ins Firmenbuch eingetragen und am 21. August 2006 an den die I AG vertretenden Notar zugestellt worden. Dieser habe den Beschluss in der Folge an die I AG weitergeleitet, wobei sich der „andere Vorstand“ der I AG, Mag. S, vom 14. August bis einschließlich 3. September 2006 auf Urlaub befunden habe, sodass die Anzeige unmittelbar nach dessen Rückkehr aus dem Urlaub erfolgt sei.

Schließlich bekämpft der Beschwerdeführer die Nichtanwendung des § 21 Abs 1 VStG sowie die Strafhöhe.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juli 2008 wurde der Berufung insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf EUR 120,– und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Stunden herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Strafsanktionsnorm „§ 98 Abs 2 BWG, BGBl Nr 532/1993 in der Fassung BGBl I Nr 48/2006“ laute. Der Kostenbeitrag wurde entsprechend reduziert.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es nach Wiedergabe des Verfahrensganges sowie der angewendeten Gesetzesbestimmungen zur Schuldfrage wie folgt:

„Zum rechtlichen Vorbringen des Berufungswerbers ist festzuhalten, dass der erkennende Senat keinen Anlass sieht, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen, wonach die unverzügliche Anzeigeverpflichtung nach § 73 Abs 1 Z 1 BWG ab jenem Zeitpunkt einsetzt, ab dem das für die Satzungsänderung entscheidende Organ den Beschluss gefasst hat (so auch Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger, BWG, § 73, Rz 2). Die Anzeigeverpflichtung des § 73 Abs 1 Z 1 BWG verfolgt den Zweck, dass die zuständige Aufsichtsbehörde die Einhaltung der Vorschriften des BWG durch die Kreditinstitute überwachen kann, zumal die Satzung eines Kreditinstitutes bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen hat, damit dem Kreditinstitut eine Konzession erteilt werden darf (vgl etwa § 5 Abs 1 Z 14 BWG). Eine Änderung der Satzung kann daher dazu führen, dass die Voraussetzungen der Konzessionserteilung nicht mehr gegeben sind, worauf die Aufsichtsbehörde entsprechende aufsichtsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen hat. Durch eine Kenntnisnahme der Aufsichtsbehörde unmittelbar nach Beschlussfassung durch das zuständige Organ kann eine schnelle Überprüfung seitens der Aufsichtsbehörde gewährleistet werden. Um der Intention des Gesetzgebers zu entsprechen, ist die Anzeige unverzüglich nach der Beschlussfassung der Gesellschaft der Behörde zu erstatten und nicht eine nachträgliche Eintragung in das Firmenbuch abzuwarten, zumal mit der Eintragung in das Firmenbuch die Satzungsänderung auch ohne einer Anzeige nach § 73 Abs 1 Z 1 BWG (für jedermann) ersichtlich ist. Abzustellen ist somit auf den früheren Zeitpunkt, da so der Behörde die Möglichkeit eingeräumt wird, schnell zu reagieren, um allfälligen Schaden am Unternehmen bzw für die Kunden desselben hintanzuhalten (vgl schon UVS Wien 17.11.2003, GZ. UVS-06/31/6893/2003, ebenso UVS Wien, 20.08.2007, GZ: UVS-06/47/6082/2006 ua).

Alleine der Umstand, dass der Gesetzgeber in der BWG-Novelle BGBl I 2003/36 den Beschluss auf Auflösung als weiteres (alternatives) Tatbestandselement in die verfahrensgegenständliche Norm aufgenommen hat, lässt noch keinesfalls den vom Berufungswerber angeführten Schluss zu, zumal das Abstellen auf den Zeitpunkt des Beschlusses in der Fachliteratur zur einschlägigen Bestimmung unbestritten ist, der ständigen Rechtsprechung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien entspricht und im Übrigen auch den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen ist, dass mit der Ergänzung in der angeführten BWG-Novelle ein Abweichen vom Begriffsverständnis des übrigen Tatbestandes beabsichtigt ist.

Mag es nun grundsätzlich auch zutreffen, dass nicht bei sämtlichen Anzeigetatbeständen des § 73 Abs 1 leg cit auf die Beschlussfassung abzustellen ist, sondern beispielsweise bei der Bestellung eines Verantwortlichen für die interne Revision gemäß Ziffer 11 leg cit eine Anzeigepflicht erst besteht, wenn die Bestellung einer solchen Person zum Verantwortlichen auch wirksam geworden ist – schließt doch das BWG unmittelbar wirksam werdende Bestellungsakte von Verantwortlichen nicht aus, wobei in einer solchen Konstellation bankenaufsichtsbehördliche Maßnahmen jedenfalls erst nach Wirksamwerden der Bestellung ergriffen werden können und dies vom Gesetzgeber offenbar auch hingenommen wird –, so ist diese Bestimmung (der Z 11) schon von ihrem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang nicht mit einer Satzungsänderung im Sinne des § 73 Abs 1 Z 1 BWG vergleichbar (vgl hiezu auch VwGH 24.6.2008, 2007/17/0111). Im hier anhängigen Verfahren wird vom Gesetzgeber auf eine (bloße) Änderung der Satzung abgestellt, somit nicht wie im Fall der Z 11 auf das Wirksamwerden einer Verantwortung, die ungeachtet eines Beschlusses erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten kann, zumal bis zu diesem auch eine andere Person (für die interne Revision) verantwortlich sein kann.

Dem Vorbringen des Berufungswerbers, dass die schriftliche Anzeige der Satzungsänderung nicht verspätet erfolgte, ist lediglich dahingehend Recht zu geben, dass es sich beim verwendeten Gesetzesbegriff,unverzüglich' um einen unbestimmten Gesetzesbegriff handelt, dem eigentümlichen Bedeutungsgehalt dieses Wortes jedoch zweifelsfrei zu entnehmen ist, dass seitens des Gesetzgebers eine sofortige Vornahme der schriftlichen Anzeige gefordert wird. Dieser Bedeutungsgehalt ist nicht alleine schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch evident, sondern entspricht auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, beispielsweise VwGH vom 29.4.1988, 85/17/0049, dergemäß nach herrschender Auffassung der Begriff ‚unverzüglich‘ soviel wie ‚ohne schuldhaftes Zögern‘ bedeute. Des Weiteren verweist der VwGH in seinem Erkenntnis auf die ständige Rechtsprechung des OGH zur Vorschrift des § 377 Abs 1 HGB, dergemäß schon geringe, bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang vermeidbare Lässigkeit, die Rüge verspätet mache.

In Hinblick auf diese Judikatur wäre selbst im Falle der hier ausdrücklich abgelehnten Rechtsansicht des Berufungswerbers zum Zeitpunkt der Erstattung der Anzeige eine Eintragung ins Firmenbuch mit 18. August 2006 und eine erst am 4. September 2006 erfolgte Absendung der Anzeige, welche am 11. September 2006 bei der erstinstanzlichen Behörde eintraf, verspätet, ist doch auch ein Zeitraum von über drei Wochen für die Bekanntgabe keinesfalls als 'unverzüglich' im Sinne des Gesetzes zu werten ist.

Der Berufungswerber hat es im vorliegenden Fall somit unterlassen hat, unverzüglich nach Beschlussfassung der in Rede stehenden Satzungsänderung der FMA diese schriftlich anzuzeigen, und ist dies erst mit Schreiben vom 4. September 2007 (eingelangt bei der erstinstanzlichen Behörde am 11. September 2007) erfolgt ist, und wurde hiedurch der objektive Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Übertretung verwirklicht.

Bei dieser Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorausgesetzt, noch über das Verschulden etwas bestimmt wird. Bei solchen Delikten obliegt es gemäß § 5 Abs 1 VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, zB durch die Beibringung von Beweismitteln bzw die Stellung entsprechender Beweisanträge.

Der Berufungswerber hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen wäre.“

Sodann begründete die belangte Behörde, weshalb sie von einer Anwendung des § 21 Abs 1 VStG Abstand nahm bzw die nunmehr vorgenommene Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 73 Abs 1 Z 1 und 11 des Bankwesengesetzes, BGBl Nr 532/1993 (im Folgenden: BWG) in der im Jahr 2006 in Kraft gestandenen Fassung dieses Paragrafen nach dem Bundesgesetz BGBl I Nr 33/2005, lautete:

„§ 73. (1) Die Kreditinstitute haben der FMA unverzüglich schriftlich anzuzeigen:

1. Jede Satzungsänderung und den Beschluss auf Auflösung;

11. den oder die Verantwortlichen für die interne

Revision sowie Änderungen in deren Person;

…“

§ 98 Abs 2 Z 7 BWG idF BGBl I Nr 48/2006, wie er zwischen 12. Juni und 11. September 2006 in Kraft stand, lautete:

„§ 98. …

(2) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Kreditinstitutes

7. die unverzügliche schriftliche Anzeige von in § 73 Abs 1 Z 1 bis 15 genannten Sachverhalten an die FMA unterlässt;

begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit Geldstrafe bis zu EUR 30 000,– zu bestrafen.“

§ 145 Abs 1 und § 148 Abs 1 und 3 AktG, die erstgenannte Bestimmung in der Stammfassung BGBl Nr 98/1965, die zweitgenannte Bestimmung in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl Nr 10/1991, wie sie jeweils im Jahr 2006 in Geltung standen, lauteten:

„Satzungsänderung

§ 145. Allgemeines

(1) Jede Satzungsänderung bedarf eines Beschlusses der Hauptversammlung. Die Befugnis zu Änderungen, die nur die Fassung betreffen, kann die Hauptversammlung dem Aufsichtsrat übertragen.

Eintragung der Satzungsänderung

§ 148. (1) Der Vorstand hat die Satzungsänderung zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Der Anmeldung ist der vollständige Wortlaut der Satzung beizufügen; er muss mit der Beurkundung eines Notars versehen sein, dass die geänderten Bestimmungen der Satzung mit dem Beschluss über die Satzungsänderung und die unveränderten Bestimmungen mit dem zuletzt zum Firmenbuch eingereichten vollständigen Wortlaut der Satzung übereinstimmen. …

(3) Die Änderung hat keine Wirkung, bevor sie in das Firmenbuch des Sitzes der Gesellschaft eingetragen worden ist."

§ 20 Abs 1 des Firmenbuchgesetzes, BGBl Nr 10/1991 idF BGBl I Nr 161/2004 (im Folgenden: FBG), lautet:

„§ 20. (1) Der Beschluss des Gerichts über die Eintragung hat auch deren Wortlaut zu enthalten. Eine Begründung kann auch dann unterbleiben, wenn keine der nach § 18 zu verständigenden Personen der Eintragung Einwendungen entgegengesetzt hat. Der Beschluss ist sofort zu vollziehen, außer es wird im Beschluss der Vollzug erst nach Rechtskraft ausdrücklich angeordnet.“

§ 21 Abs 1 FBG idF BGBl I Nr 120/2005 lautet:

„§ 21. (1) Der Beschluss über die Eintragung ist dem Antragsteller, der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung, bei Eintragungen von Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften dem zuständigen gesetzlichen Revisionsverband und dem Betroffenen zuzustellen.“

Auch vor dem Verwaltungsgerichtshof erblickt der Beschwerdeführer – mit vergleichbaren Argumenten wie in seiner Berufung – eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, dass die belangte Behörde zu Unrecht von der Rechtsauffassung ausgegangen sei, schon der Hauptversammlungsbeschluss vom 12. Juni 2006 habe die Anzeigepflicht ausgelöst, wobei er in diesem Zusammenhang insbesondere auf § 148 Abs 3 AktG verweist. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht:

Strafbewehrt ist aus dem Grunde des § 98 Abs 2 Z 7 BWG die Unterlassung der unverzüglichen schriftlichen Anzeige „von in § 73 Abs 1 Z 1 bis 15 genannten Sachverhalten“ (vgl. hiezu auch das bereits von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2008, Zlen 2007/17/0111, 0112, in welchem für die Anzeigepflicht gemäß § 73 Abs 1 Z 11 erster Fall BWG die Wirksamkeit der Bestellung eines Verantwortlichen für die interne Revision als für die Auslösung der Anzeigepflicht erforderlich angesehen wurde). Der in § 73 Abs 1 Z 1 erster Fall BWG umschriebene „Sachverhalt“ ist der Eintritt einer „Satzungsänderung“. Wenngleich § 73 Abs 1 Z 1 erster Fall und § 73 Abs 1 Z 11 erster Fall BWG von ihrem Wortlaut und ihrem systematischen Zusammenhang nicht vergleichbar sind, setzt dennoch auch der „Sachverhalt“ einer Satzungsänderung deren Wirksamkeit voraus. Kraft ausdrücklicher Anordnung des § 148 Abs 3 AktG hat eine Satzungsänderung aber insolange keine Wirkung, als sie in das Firmenbuch des Sitzes der Gesellschaft nicht eingetragen worden ist. Die Eintragung ist daher für das Vorliegen einer Satzungsänderung konstitutiv, uns zwar sowohl im Verbands- wie auch im Außenverhältnis (Nagele/Lux in Jabornegg/Strasser, Kommentar zum Aktiengesetz5, Rz 11 zu § 148).

Die im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung, die strafbewehrte Anzeigepflicht werde schon durch den Beschluss betreffend die Satzungsänderung ausgelöst, findet im Wortlaut der §§ 98 Abs 2 Z 7 iVm § 73 Abs 1 Z 1 erster Fall BWG und § 148 Abs 3 AktG keine Deckung.

Diese Auslegung wird auch durch die Überlegung gestützt, dass der Gesetzgeber des § 73 Abs 1 Z 1 BWG idF dieser Ziffer nach dem Bundesgesetz BGBl I Nr 36/2003 sich offenkundig der Tatsache bewusst war, wonach eine Umschreibung des die Anzeigepflicht auslösenden Tatbestandes mit der Beschlussfassung der Hauptversammlung möglich wäre, wie der zweite Fall dieser Bestimmung in der genannten Fassung zeigt. Vor dem weiteren Hintergrund, dass dem Gesetzgeber dieser Novelle § 148 Abs 3 AktG wohl bekannt gewesen sein dürfte, wäre es demnach nahe gelegen, (auch) für die Anzeigepflicht nach dem ersten Fall dieser Gesetzesbestimmung auf die Beschlussfassung abzustellen, wollte er diese auch für bloß in Angriff genommene, wenngleich noch unwirksame Satzungsänderungen festschreiben. Eine solche Vorgangsweise ist aber unterblieben.

Folglich spielen aber die von der belangten Behörde ins Treffen geführten teleologischen Erwägungen schon im Hinblick auf das im Verwaltungsstrafrecht herrschende Analogieverbot keine Rolle (vgl hiezu neuerlich das bereits mehrfach zitierte hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2008). Der von Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Strobl, BWG², § 73, Rz 2, ohne nähere Begründung vertretenen gegenteiligen Auffassung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof daher nicht anzuschließen.

Damit belastete die belangte Behörde aber ihre Entscheidung – unabhängig von der Tragfähigkeit ihrer Hilfsargumentation, wonach die Anzeige auch ausgehend vom Zeitpunkt der Eintragung der Satzungsänderung im Firmenbuch nicht unverzüglich erfolgt wäre – mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weil sie den Beschwerdeführer durch Übernahme des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides für eine Verspätung der Anzeige im gesamten Zeitraum vom 12. Juni bis 11. September 2006 verantwortlich machte und eine Verzögerung in diesem zeitlichen Ausmaß auch ihrer Beurteilung der Frage der Anwendbarkeit des § 21 VStG sowie der Strafbemessung zu Grunde legte.

Im Übrigen ist der Beschwerdeführer aber nicht im Recht, wenn er weiters die Auffassung vertritt, erst die spätere Zustellung des Firmenbuchbeschlusses „bzw. dessen Rechtskraft“ würde die Anzeigepflicht auslösen. Vielmehr stellt – wie oben ausgeführt – die bezeichnete Eintragung den konstitutiven Akt dar, nicht jedoch die Veröffentlichung derselben bzw die gerichtliche Eintragungsverfügung oder deren Rechtskraft (vgl Nagele/Lux in Jabornegg/Strasser, aaO, Rz 13 zu § 148 AktG). Freilich wird man von einer schuldhaften Verletzung der Anzeigepflicht durch Organe eines Kreditinstituts erst dann ausgehen dürfen, wenn letzterem die Eintragung der Satzungsänderung durch Zustellung des entsprechenden Beschlusses des Firmenbuchgerichtes gemäß § 21 Abs 1 FBG an seinen bevollmächtigten Vertreter zur Kenntnis gebracht wurde. Dies wäre nach Maßgabe des Berufungsvorbringens des Beschwerdeführers am 21. August 2006 der Fall gewesen. Ab diesem Zeitpunkt ist es freilich Angelegenheit der gemäß § 9 Abs 1 VStG Verantwortlichen des Kreditinstitutes, dafür Sorge zu tragen, dass die dem Vertreter des Kreditinstitutes zur Kenntnis gebrachte Firmenbucheintragung, welche die Satzungsänderung bewirkt hatte, der FMA unverzüglich angezeigt wird. Weitere, durch die urlaubsbedingte Abwesenheit eines Vorstandsmitgliedes verursachte Verzögerungen sind in diesem Zusammenhang nicht mehr entschuldbar. Auch ausgehend vom 21. August 2006 wäre die am 11. September 2006 eingelangte Anzeige vom 4. September 2006 nicht mehr unverzüglich. Freilich wird die belangte Behörde bei der Frage der Anwendbarkeit des § 21 Abs 1 VStG bzw im Falle seiner Nichtanwendbarkeit bei der neuerlichen Strafbemessung zu berücksichtigen haben, dass der I AG lediglich eine geringfügige Verzögerung der gebotenen Anzeige zur Last zu legen ist, welche der Beschwerdeführer zu verantworten hätte.

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455, insbesondere deren § 3 Abs 2.

Wien, am 11. November 2010

Leitsätze