© WEKA Business Solutions GmbH
A-1200 Wien, Dresdner Straße 45
E-Mail: kundenservice@weka.at

Dokument-ID: 009634

Judikatur | Entscheidung

2009/04/0173; VwGH; 7. September 2009

GZ: 2009/04/0173 | Gericht: VwGH vom 07.09.2009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde 1. der H Gesellschaft mbH und 2. des Y, beide in G, beide vertreten durch Dr. Arnulf Summer, Dr. Nikolaus Schertler, Mag. Nicolas Stieger und Mag. Andreas Droop, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 7. April 2009, Zl VIb-201.02/0077, betreffend Widerruf der Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer und Entziehung der Gewerbeberechtigung,

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird, soweit sie die Entziehung der Gewerbeberechtigung der Erstbeschwerdeführerin betrifft, zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin ist eine juristische Person und war im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart Cafe Restaurant. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Bestellung des Zweitbeschwerdeführers zum gewerberechtlichen Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 91 Abs 1 iVm § 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994 widerrufen. Gleichzeitig wurde der Erstbeschwerdeführerin die Gewerbeberechtigung gemäß § 91 Abs 2 iVm § 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994 entzogen.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der Zweitbeschwerdeführer sowohl gewerberechtlicher als auch handelsrechtlicher Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin sei. Über den Zweitbeschwerdeführer seien insgesamt sechs rechtskräftige Verwaltungsstrafen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz verhängt worden, davon fünf Verwaltungsstrafen wegen illegaler Beschäftigung namentlich genannter chinesischer Staatsangehöriger an näher bezeichneten Tagen bzw Zeiträumen zwischen dem 9. Mai 2004 und dem 2. August 2007. Außerdem sei der Zweitbeschwerdeführer laut Verwaltungsstrafregister dreimal wegen Übertretung näher genannter sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften rechtskräftig bestraft worden. Aus diesem Grund sei die Erstbeschwerdeführerin gemäß § 91 Abs 2 GewO 1994 aufgefordert worden, den Zweitbeschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer zu entfernen, wobei diesem Auftrag jedoch nicht nachgekommen worden sei.

In rechtlicher Hinsicht begründete die belangte Behörde unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die genannten Übertretungen des AuslBG als schwerwiegende Verstöße im Sinne des § 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994 anzusehen seien. Daher habe einerseits die Bestellung des Zweitbeschwerdeführers zum gewerberechtlichen Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 91 Abs 1 GewO 1994 widerrufen werden müssen. Da der Zweitbeschwerdeführer auch handelsrechtlicher Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin sei und von ihr aus dieser Funktion trotz der genannten Verstöße nicht abberufen worden sei, sei andererseits gemäß § 91 Abs 2 GewO 1994 auch die Gewerbeberechtigung der Erstbeschwerdeführerin zu entziehen gewesen.

Dem Berufungseinwand, dass dem Zweitbeschwerdeführer im Verfahren vor der Erstbehörde betreffend den Widerruf seiner Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer die Parteistellung zu Unrecht aberkannt worden sei, stimmte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 361 Abs 3 GewO 1994 grundsätzlich zu. Deshalb sei jedoch der Erstbescheid nicht zu beheben, weil dem Zweitbeschwerdeführer, wenngleich in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin, der maßgebende Sachverhalt nachweislich zur Kenntnis gelangt sei und er daher gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe Berufung erheben können, was dieser auch getan habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage des Verwaltungsaktes und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist einerseits der Widerruf der Bestellung des Zweitbeschwerdeführers zum gewerberechtlichen Geschäftsführer (§ 91 Abs 1 GewO 1994) und andererseits die Entziehung der Gewerbeberechtigung der Erstbeschwerdeführerin (§ 91 Abs 2 GewO 1994).

Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Hinsichtlich des Widerrufs der Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer steht sowohl dem Gewerbeinhaber als auch dem Geschäftsführer das Recht der Berufung zu (§ 361 Abs 3 GewO 1994). Daher ist die Beschwerde beider Beschwerdeführer, soweit sie den Widerruf der Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer betrifft, zulässig.

Was jedoch die Entziehung der Gewerbeberechtigung der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 91 Abs 2 GewO 1994 anlangt, so wird dadurch nur in die Rechtsposition der Erstbeschwerdeführerin, nicht aber in die Rechtsstellung ihres Geschäftsführers, also des Zweitbeschwerdeführers eingegriffen (vgl das hg. Erkenntnis vom 28. März 2001, Zl 2000/04/0164). Da somit durch die Entziehung der Gewerbeberechtigung der Erstbeschwerdeführerin eine Rechtsverletzung des Zweitbeschwerdeführers im Sinne des Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG von vornherein nicht in Betracht kommt, war dessen Beschwerde, soweit sie sich auf die Entziehung der Gewerbeberechtigung bezieht, als unzulässig zurückzuweisen.

Zum Widerruf der Bestellung als gewerberechtlicher Geschäftsführer:

Gemäß § 91 Abs 1 GewO 1994 hat die Behörde die Bestellung des Geschäftsführers oder Filialgeschäftsführers für die Ausübung des Gewerbes zu widerrufen, wenn sich (ua) die im § 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994 genannten Entziehungsgründe auf die Person des Geschäftsführers oder Filialgeschäftsführers beziehen.

Gemäß § 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt; ein Schutzinteresse ist insbesondere (ua) die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung.

In der Beschwerde bleibt unbestritten, dass über den Zweitbeschwerdeführer insgesamt sechs rechtskräftige Verwaltungsstrafen wegen Übertretungen des AuslBG sowie drei weitere Verwaltungsstrafen wegen Übertretungen sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften verhängt wurden. Die Beschwerde meint jedoch einerseits, dass die belangte Behörde zu diesen Übertretungen keine näheren Feststellungen hinsichtlich der konkret vorgeworfenen Tathandlungen getroffen habe, und dass diese Übertretungen andererseits keineswegs derart schwerwiegend seien, dass sie die verfügten Maßnahmen rechtfertigen könnten.

Zum genannten Beschwerdevorbringen ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa das im angefochtenen Bescheid zitierte Erkenntnis vom 1. Oktober 2008, Zl 2008/04/0135 mwN) das Tatbestandsmerkmal der „schwerwiegenden Verstöße“ im Sinne des § 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994 nicht nur durch an sich als schwerwiegend zu beurteilende Verstöße erfüllt werden kann, sondern auch durch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen. Abgesehen davon handelt es sich aber nach dem zuletzt zitierten Erkenntnis beim Verbot der Beschäftigung von nach dem AuslBG hiezu nicht berechtigten Arbeitnehmern um eine für die Aufrechterhaltung eines geordneten Arbeitsmarktes besonders wichtige Norm, deren Einhaltung zu den im § 87 Abs 1 GewO 1994 genannten Schutzinteressen zählt und deren Einhaltung der Gesetzgeber großes Gewicht beigemessen hat. Davon ausgehend ist der Verwaltungsgerichtshof in jenem dem Erkenntnis Zl 2008/04/0135 zu Grunde liegenden Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangt, dass bereits drei rechtskräftige Bestrafungen wegen Beschäftigung jeweils eines Ausländers ohne entsprechende Bewilligung in ihrer Gesamtheit als schwerwiegende Verstöße im Sinne des § 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994 zu werten seien.

Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als dem Zweitbeschwerdeführer (abgesehen von Übertretungen anderer Rechtsvorschriften) fünf rechtskräftige Bestrafungen wegen der unerlaubten Beschäftigung von Ausländern zur Last liegen.

Die Beschwerde wendet weiters ein, der Zweitbeschwerdeführer sei im erstinstanzlichen Verfahren betreffend den Widerruf seiner Bestellung zum Geschäftsführer nicht als Partei beigezogen worden. Damit übersieht die Beschwerde, dass der Mangel hinreichenden Parteiengehörs im erstinstanzlichen Verfahren durch die Möglichkeit, den Standpunkt im Berufungsverfahren auszuführen, geheilt wird (vgl die bei Thienel, Verwaltungsverfahrensvorschriften I² unter E. 36 zu § 66 AVG referierte hg. Judikatur). Dies trifft im vorliegenden Fall zu, weil der Zweitbeschwerdeführer in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Widerrufsbescheid (der ihm nach der Berufung am 17. November 2008 zugestellt wurde) seinen Standpunkt dargelegt hat und die belangte Behörde hierüber mit dem angefochtenen Bescheid entschieden hat.

Soweit die Beschwerde schließlich die unterlassene Vernehmung der Beschwerdeführer zum Zwecke der Erforschung der materiellen Wahrheit rügt, zeigt sie nicht auf, weshalb die Vernehmung zu einem anders lautenden Ergebnis hätte führen können; die Beschwerde legt somit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar.

Unzutreffend ist im Übrigen der Beschwerdeeinwand, der belangten Behörde sei bei der gegenständlichen Entscheidung Ermessen zugekommen, bei der sie das Persönlichkeitsbild des Zweitbeschwerdeführers hätte berücksichtigen müssen, weil § 91 Abs 1 GewO 1994 für diese Annahme keine Grundlage bietet.

Zur Entziehung gemäß § 91 Abs 2 GewO:

Gemäß § 91 Abs 2 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Gewerbetreibende (ua) eine juristische Person ist und sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, beziehen, dem Gewerbetreibenden eine Frist bekannt zu geben, innerhalb der er diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.

Die Beschwerde wendet ein, dass der Erstbeschwerdeführerin von der Behörde keine Frist eingeräumt worden sei, den Zweitbeschwerdeführer aus seiner Funktion als handelsrechtlichen Geschäftsführer zu entfernen. Dieses Vorbringen steht mit den aus der Aktenlage (Blatt 26 und 59) ersichtlichen, an die Erstbeschwerdeführerin gerichteten Schreiben vom 16. Jänner 2006 (Zustellnachweis 20. Jänner 2006) und vom 20. Juni 2008 (Zustellnachweis 24. Juni 2008) im Widerspruch, mit denen jeweils die Aufforderung erging, den Zweitbeschwerdeführer binnen sechs Wochen aus der Funktion zu entfernen.

Was das gemäß § 91 Abs 2 GewO 1994 erforderliche Tatbestandsmerkmal der Erfüllung eines Entziehungsgrundes im Sinne des § 87 leg cit durch eine natürliche Person mit maßgebendem Einfluss betrifft, so kann auf das bereits Gesagte verwiesen werden. Insbesondere setzt der durch den Zweitbeschwerdeführer verwirklichte Tatbestand des § 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994 (abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen) eine Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Bestraften nicht voraus (vgl hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl 2007/04/0137).

Da die Erstbeschwerdeführerin dem Auftrag der Gewerbebehörde, den Zweitbeschwerdeführer aus seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu entfernen, unstrittig nicht nachgekommen ist, erweist sich auch die Entziehung der Gewerbeberechtigung im Sinne des § 91 Abs 2 GewO 1994 rechtlich als unbedenklich.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Beschwerde im Wesentlichen nur Rechtsfragen aufwirft, die durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt sind und diese Rechtsprechung in der Beschwerde auch gar nicht infrage gestellt wird (vgl etwa EGMR vom 5. September 2002, Speil v. Austria).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 7. September 2009

Leitsätze

  • Amtswegige Entziehung der Gewerbeberechtigung

    Die Beschäftigung von nach dem AuslBG nicht berechtigten Arbeitnehmern fällt ausdrücklich unter die Schutzinteressen des § 87 Abs 1 GewO. Der Entzug der Gewerbeberechtigung gem § 91 Abs 2 GewO stellt einen Eingriff in die Rechtsposition der GmbH dar, nicht aber in die Rechtstellung des Geschäftsführers.
    Judikatur | Leitsatz | 2009/04/0173 | VwGH vom 07.09.2009 | Dokument-ID: 256629