Dokument-ID: 634463

Judikatur | Entscheidung

2011/16/0258; VwGH; 18. März 2013

GZ: 2011/16/0258 | Gericht: VwGH vom 18.03.2013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der X-Fonds GmbH in L, vertreten durch die Fuchs- Mayer Revisions- und Wirtschaftstreuhand GmbH in 4020 Linz, Weißenwolffstraße 1, gegen den Bescheid des unabhängiger Finanzsenats, Außenstelle Linz, vom 7. November 2011, Zl RV/1076- L/11, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende X-Fonds Gesellschaft mbH (Beschwerdeführerin) schloss am 7. April 2011 mit acht weiteren Beteiligten einen Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft. Dieser lautet auszugsweise:

„1.1. (Die Beschwerdeführerin) betreibt in Z ein Unternehmen zur Unterstützung von in Z ansässigen Unternehmen und Unternehmensgründern (…).

1.2. An diesem Unternehmen beteiligten sich die Banken (…) als stille Gesellschafter.

3.1. Die stillen Gesellschafter leisten zur ausschließlichen Verwendung im Rahmen des Unternehmens (der Beschwerdeführerin) eine Einlage gemäß (…) insgesamt einen Betrag in Höhe von (…).

3.2. Die Einlagen werden in bar erbracht und sind binnen 14 Tagen ab … auf ein (von der Beschwerdeführerin) gesondert bekannt zu gebendes Konto bei … einem inländischen Kreditinstitut spesen- und abzugsfrei zur Zahlung fällig.

5.1. Die Geschäftsführung erfolgt durch (die Beschwerdeführerin). (Die Beschwerdeführerin) führt die Geschäfte des Unternehmens (…) nach Maßgabe der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen, insbesondere der am 31. Jänner 2011 abgeschlossenen Kooperationsvereinbarung. Als Administrations- und Haftungsprovision erhält (die Beschwerdeführerin) einen Betrag in Höhe von (…).

6.1. Für die stillen Gesellschafter werden (bei der Beschwerdeführerin) je ein Einlagenkonto und ein Privatkonto geführt.

8.1. Die stillen Gesellschafter sind am Vermögen einschließlich der Wertsteigerungen, den stillen Reserven und dem Firmenwert nach dem Verhältnis ihrer fixen Kapitalkonten beteiligt. Für die Gewinn- und Verlustbeteiligung der stillen Gesellschafter ist von dem Gewinn und Verlust auszugehen, der sich aus dem (…) Jahresabschluss (der Beschwerdeführerin) vor Berücksichtigung des auf die stillen Gesellschafter entfallenden Gewinn- oder Verlustanteils ergibt.

8.2. Bei dem Gewinn oder Verlust sind die Administrations- und Haftprovision (der Beschwerdeführerin) ergebnismindernd zu berücksichtigen, die Erträge und Aufwendungen die nicht aus der Verfolgung des in Punkt 1. festgehaltenen Unternehmensgegenstandes resultieren, sind zu eliminieren (‚Fondsergebnis‘).

…“

Das Finanzamt setzte für einen darin gesehenen Erwerb von Gesellschaftsrechten an der Beschwerdeführerin durch die stillen Gesellschafter mit Bescheid vom 7. Juli 2011 Gesellschaftsteuer fest.

In der dagegen erhobenen Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, es sei kein Vermögen und keine Einlage auf sie übergegangen, sondern es sei ein gesondertes Konto (Treuhandkonto oder Sondervermögen), „siehe auch 3.2. des Gesellschaftsvertrages“ geschaffen worden, welches streng vom „GmbH-Geschäftskonto“ getrennt sei. Die Gestaltung stelle eine Art Treuhandvereinbarung zwischen „dem Fonds“ und der Beschwerdeführerin dar, der Fonds selbst sei eine „reine Innengesellschaft“. Die Beschwerdeführerin sei nicht Eigentümerin des Geldes geworden, sondern verfüge lediglich treuhändig über dieses Vermögen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Unter Hinweis auf § 179 UGB, wonach Einlagen so zu leisten seien, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Unternehmens übergehen, nahm die belangte Behörde aufgrund des oben auszugsweise zitierten Vertrages über die Errichtung einer stillen Gesellschaft die Gewährung von Gesellschaftsrechten in Form von Forderungen, die eine Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft gewähren, gemäß § 5 Abs 1 Z 3 KVG als verwirklicht an.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, „keine Gesellschaftsteuer bezahlen zu müssen.“

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Gesellschaftsteuer unterliegt nach § 2 Z 1 KVG der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber.

Gemäß § 5 Abs 1 Z 3 KVG gelten dabei als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften Forderungen, die eine Beteiligung am Gewinn oder Liquidationserlös der Gesellschaft gewähren.

§ 179 UGB normiert:

„(1) Wer sich als stiller Gesellschafter an dem Unternehmen, das ein anderer betreibt, mit einer Vermögenseinlage beteiligt, hat die Einlage so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Unternehmens übergeht.

(2) Der Inhaber wird aus den in dem Betrieb geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet.“

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem von der Beschwerdeführerin schon in der Berufung zitierten Erkenntnis vom 1. September 1999, 98/16/0181, VwSlg 7.434/F, hervorgehoben, für das Wesen einer stillen Gesellschaft sei essenziell, dass die vom Gesellschafter geleistete Einlage in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes übergeht, an das sich der Gesellschafter beteiligt, ohne dass dadurch Gesellschaftsvermögen entsteht. Demgegenüber würden Einlagen in eine etwa zwischen einer GmbH und einer natürlichen Person errichteten Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts Gesellschaftsvermögen (Sondervermögen) bilden.

Die Beschwerdeführerin führt aus, die belangte Behörde hätte trotz Berufungsvorbringen die vertraglichen Grundlagen und somit den wahren Gehalt des Gesellschaftsvertrages nicht geprüft und dadurch Verfahrensgrundsätze verletzt. Unter Mitberücksichtigung der Kooperationsvereinbarung über die Errichtung des X-Fonds vom 31. Jänner 2011 hätte sich ergeben, sie wäre lediglich eine reine Arbeitsgesellschafterin des „X-Fonds“ und würde hierfür auch nur eine Haftungs- und Geschäftsführungsvergütung erhalten, sei jedoch in keiner Weise am Gewinn und Verlust des Fonds beteiligt. Dass die Gesellschaft ("der Fonds") als „Stille“ bezeichnet worden sei, sei dogmatisch nicht korrekt, es entscheide aber nicht die „äußere Form“ einer Vereinbarung sondern der tatsächliche Inhalt. Es sei nicht beabsichtigt gewesen, das Fondsvermögen in die Beschwerdeführerin einzubringen, sondern vielmehr sei ein Sondervermögen geschaffen worden, das von ihr als Arbeitsgesellschafterin für den Fonds treuhändig verwaltet werde.

Die belangte Behörde führt in ihrer Gegenschrift aus, es wäre ausschließlich die rechtliche Beurteilung des Vertrages über die Errichtung der stillen Gesellschaft entscheidend gewesen, weil nach eindeutiger Anordnung des § 179 UGB Einlagen so zu leisten seien, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Unternehmens übergingen. Dabei vernachlässigt die belangte Behörde jedoch, dass der Vertrag über die Errichtung der „stillen Gesellschaft“ ausdrücklich auf die Kooperationsvereinbarung (vgl. Pkt 5.1 des Vertrages) Bezug nimmt und daher für die Vertragsauslegung wesentlich gewesen wäre. Die belangte Behörde hat sich, ausgehend von ihrer Rechtsmeinung unzureichend mit der Ermittlung des wahren Vertragsinhaltes auseinandergesetzt. Es wäre jedoch die Aufgabe der belangten Behörde gewesen, unter Heranziehung des erwähnten Kooperationsvertrages festzustellen, ob nach Maßgabe der zivilrechtlich zulässigen Vereinbarungen die Beschwerdeführerin als Unternehmensinhaberin am Gewinn und Verlust des X-Fonds nicht teilhaben sollte und nur mehr „formell“ Eigentümerin des Unternehmensträgers wird, wirtschaftlich betrachtet ausschließlich für den (oder die) Stillen tätig wird, wodurch allenfalls ein Treuhandcharakter zu prüfen gewesen wäre (vgl. hierzu Hochedlinger in Jabornegg/Artmann, UGB², § 179 Rz 13 sowie Straube/U. Torggler in Straube, HBG³, § 181 Rz 7).

Dieser von der Beschwerde gerügte sekundäre Verfahrensmangel (Feststellungsmangel) belastet daher den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weswegen er gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtwidrigkeit seines Inhalts aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 18. März 2013

Leitsätze