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Dokument-ID: 763251

Judikatur | Entscheidung

2013/16/0225; VwGH; 26. Februar 2015

GZ: 2013/16/0225 | Gericht: VwGH vom 26.02.2015

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde der I Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch die Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 1100 Wien, Wienerbergstraße 11, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 28. Oktober 2013, Zl Jv 3051/13i-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Generalversammlungsbeschluss vom 26. April 2013 wurde die Spaltung der beschwerdeführenden Gesellschaft m.b.H. (Beschwerdeführerin) zur Aufnahme des abgespaltenen Vermögenteils durch eine übernehmende Gesellschaft beschlossen. Die Eintragung in das Firmenbuch erfolgte am 17. Mai 2013. Die für die Eintragung der Spaltung gemäß TP 10I lit b Z 11 GGG angefallene Eintragungsgebühr wurde entrichtet.

Mit Beschluss vom 27. März 2013 bestellte das Handelsgericht Wien auf Antrag der Beschwerdeführerin vom 22. März 2013 einen Restvermögensprüfer.

Mit Zahlungsauftrag vom 19. Juni 2013 wurde der Beschwerdeführerin eine Pauschalgebühr gemäß TP 12 lit j GGG in der Höhe von EUR 244,– sowie eine Einhebungsgebühr von EUR 8,– gemäß § 6 Abs 1 GEG betreffend „Antrag auf Restvermögensprüferbestellung“ vorgeschrieben.

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 8. Juli 2013 einen Berichtigungsantrag ein. Mit der im Zuge der Spaltung entrichteten Eintragungsgebühr gemäß TP 10I lit b Z 11 GGG seien sämtliche im Zuge der Spaltung erforderlichen Eingaben abgegolten; aber selbst wenn der Antrag auf Restvermögensprüfer einer gesonderten Eingabengebühr unterworfen werden sollte, ginge TP 10I lit a Z 7 GGG als speziellere Bestimmung dem Auffangtatbestand des TP 12 lit j GGG jedenfalls vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag keine Folge. Der Restvermögensprüfer selbst werde nicht im Firmenbuch eingetragen, weswegen die Anmerkung 1 zur TP 10 GGG nicht zum Tragen komme, auch wenn solche Verfahren beim Handelsgericht Wien im Bereich des Firmenbuches angesiedelt seien. Es handle sich um keinen reinen Firmenbuchantrag. Da es sich um ein außerstreitiges Verfahren handle, sei jedoch TP 12 lit j GGG anzuwenden.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf „Nichtvorschreibung einer Gebühr nach dem GGG im Zusammenhang mit der Bestellung eines Restvermögensprüfers gemäß § 3 Abs 4 SpaltG in eventu Vorschreibung (nur) der Gebühr nach § 32 TP 10I a) 7 GGG im Zusammenhang mit der Bestellung eines Restvermögensprüfers gemäß § 3 Abs 4 SpaltG“ verletzt.

Die belangte Behörde legte die Teile der Akten des Verfahrens vor, reichte keine Gegenschrift ein und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat – in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG – gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Gemäß TP 10 (Firmenbuch- und Schiffsregistersachen) I (Firmenbuch) lit a Z 7 Gerichtsgebührengesetz (GGG), in der im Beschwerdefall noch maßgebenden Fassung der Verordnung BGBl II Nr 242/2011, war für Eingaben von Gesellschaften mit beschränkter Haftung eine Eingabegebühr in der Höhe von EUR 30,– zu entrichteten.

TP 10I lit b Z 11 GGG in der im Beschwerdefall noch maßgebenden Fassung der Verordnung BGBl II Nr 242/2011 legt die Eintragungsgebühren für Neueintragungen und Änderungen betreffend Spaltungen in der Höhe von EUR 312,– fest.

Anmerkung 1 zu TP 10 GGG lautet:

„1. Der Eintragungsgebühr nach Tarifpost 10 I lit a unterliegen Anträge auf Eintragung in das Firmenbuch, sonstige verfahrenseinleitende Anträge auf Vornahme einer Amtshandlung des Firmenbuchgerichts, Einreichungen gemäß §§ 277 bis 281 UGB sowie Rechtsmittel in Firmenbuchsachen.“

TP 12 (Sonstige Geschäfte des außerstreitigen Verfahrens) GGG in der im Beschwerdefall noch maßgebenden Fassung der Verordnung BGBl II Nr 242/2011 sieht in lit a bis lit i Pauschalgebühren für im Einzelnen aufgezählte Verfahren vor und legt in lit j für „sonstige Anträge in außerstreitigen Verfahren (ausgenommen Verfahren nach dem UbG, nach dem HeimAufG sowie Verfahren über die Sachwalterschaft für behinderte Personen und Verfahren über die Obsorge minderjähriger Personen)“ eine Gerichtsgebühr in Höhe von EUR 244,– fest.

§ 3 Abs 4 Spaltungsgesetz (SpaltG) lautet:

„(4) Der Hergang der Gründung der neuen Gesellschaften ist einer Prüfung zu unterziehen; ebenso ist zu prüfen, ob der tatsächliche Wert des verbliebenen Nettoaktivvermögens der übertragenden Gesellschaft wenigstens der Höhe ihres Nennkapitals zuzüglich gebundener Rücklagen nach Durchführung der Spaltung entspricht. Die aktienrechtlichen Bestimmungen über die Gründungsprüfung sind sinngemäß anzuwenden. Der Prüfer kann gleichzeitig Spaltungsprüfer sein. Der Gründungsbericht gemäß § 24 AktG entfällt.“

§ 25 Aktiengesetz (AktG) mit der Überschrift „Gründungsprüfung. Allgemeines“ lautet:

„§ 25. (1) Die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats haben den Hergang der Gründung zu prüfen.

(2) Außerdem hat eine Prüfung des Hergangs der Gründung durch einen oder mehrere Prüfer (Gründungsprüfer) stattzufinden, wenn

1. ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats sich einen besonderen Vorteil oder für die Gründung oder ihre Vorbereitung eine Entschädigung oder Belohnung ausbedungen hat oder

2. eine Gründung mit Sacheinlagen oder Sachübernahmen (§ 20) vorliegt.

(3) Die Gründungsprüfer bestellt das Gericht.

(4) Als Gründungsprüfer dürfen nur Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bestellt werden.

(5) Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie Angestellte der Gesellschaft dürfen nicht als Gründungsprüfer bestellt werden; gleiches gilt für Personen und Prüfungsgesellschaften, auf deren Geschäftsführung die Gründer oder Personen, für deren Rechnung die Gründer Aktien übernommen haben, oder die Gesellschaft maßgebenden Einfluß haben. Im übrigen gelten die §§ 271 und 271a UGB sinngemäß.“

§ 120 Abs 1 Jurisdiktionsnorm (JN) mit der Überschrift „Führung des Firmenbuchs; gesellschaftsrechtliche Angelegenheiten“ lautet:

„(1) Die mit Handelssachen betrauten Gerichtshöfe erster Instanz sind sachlich zuständig

1.zur Führung des Firmenbuchs;

2.für die nach §§ 146 Abs 2, 147, 157 Abs 2, 166 Abs 3, 183 Abs 3, 270 Abs 3 bis 5, 282 und 283 UGB vom Gericht zu erledigenden Angelegenheiten;

3. für die gemäß §§ 225c bis 225l AktG vom Gericht zu erledigenden Angelegenheiten;

4. für die nach dem SpaltG vom Gericht zu erledigenden Angelegenheiten;

5. für die nach dem UmwG vom Gericht zu erledigenden Angelegenheiten;

6. für die nach dem GesAusG vom Gericht zu erledigenden Angelegenheiten.“

§ 22 Rechtspflegergesetz (RpflG) mit der Überschrift „Wirkungskreis in Sachen des Firmenbuchs“ lautet:

„§ 22. (1) Der Wirkungskreis in Sachen des Firmenbuchs umfaßt alle mit seiner Führung zusammenhängenden Geschäfte.

(2) Dem Richter bleiben vorbehalten:

1. (…)

2. (…)

3. die Entscheidung über die gerichtliche Bestellung und Abberufung von

a) gesetzlichen Vertretern, besonderen Vertretern und Aufsichtsratsmitgliedern;

b) Gründungs-, Stiftungs-, Sonder- oder Abschlußprüfern, Stiftungskuratoren, Revisoren und Abwicklern (Liquidatoren), wenn die Entscheidung nicht ausschließlich die Auswahl einer bestimmten Person betrifft;

4. Maßnahmen aufgrund von Anmeldungen auf Eintragung in das Firmenbuch im Zusammenhang mit

a) (…)

b) (…)

c) Angelegenheiten nach dem Artikel I (SpaltG) und Artikel V Z 1 lit b (§ 3 Z 15 FBG) des GesRÄG 1993;

5. (…)

6. (…)

7. (…).“

Aus den obig zitierten Bestimmungen ist zu ersehen, dass der Gesetzgeber dem Gerichtshof als Firmenbuchgericht nicht allein die Registerführung über die einzutragenden Tatsachen iSd § 1 Abs 2 FBG, sondern auch die Zuständigkeit für weitere gesellschaftsrechtliche Angelegenheiten zugewiesen hat. Insbesondere geht der Gesetzgeber auch im § 22 Abs 1 RpflG davon aus, dass der Wirkungskreis in Sachen des Firmenbuchs alle mit seiner Führung zusammenhängenden Geschäfte umfasst. Nach § 22 Abs 2 Z 3 lit b leg cit bleibt dem Richter dabei unter anderem die Entscheidung über die gerichtliche Bestellung und Abberufung von Gründungs-, Stiftungs-, Sonder- oder Abschlussprüfern vorbehalten. Damit hat der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Bestellung von Prüfern in den Zuständigkeitsbereich des Firmenbuchgerichts fällt (vgl das hg Erkenntnis vom 20. Februar 2003, 2002/16/0211). Daraus folgt, dass es sich beim Antrag um Bestellung eines Restvermögensprüfers iSd § 3 Abs 4 SpaltG um einen den Gerichtsgebühren iS der TP 10 GGG unterliegenden Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung des Firmenbuchgerichts (Anmerkung 1 zu TP 10 GGG) handelt.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde bleibt daher im Beschwerdefall für die Bestellung eines Prüfers im Sinne des § 3 Abs 4 SpaltG iVm § 25 Abs 4 AktG kein Raum für den Auffangtatbestand der TP 12 lit j GGG für sonstige Anträge des außerstreitigen Verfahrens.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der im Beschwerdefall noch anwendbaren VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 26. Februar 2015

Leitsätze

  • Gerichtsgebühren für Antrag auf Bestellung eines Restvermögensprüfers iSd § 3 Abs 4 SpaltG

    Die Bestellung eines Restvermögensprüfers nach § 3 Abs 4 SpaltG unterliegt der Gerichtsgebühr nach TP 10 I lit b Z 11 GGG, und zwar für den Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung des Firmenbuchgerichts iSd Anmerkung 1 zu TP 10 GGG. Eine Vorschreibung nach der Bestimmung der TP 12 lit j GGG, die einen Auffangtatbestand für sonstige Anträge im Außerstreitverfahren darstellt, kommt nicht in Betracht.
    WEKA (mwo) | Judikatur | Leitsatz | 2013/16/0225 | VwGH vom 26.02.2015 | Dokument-ID: 763252