Dokument-ID: 754665

Judikatur | Entscheidung

3 Ob 120/14i; OGH; 19. November 2014

GZ: 3 Ob 120/14i | Gericht: OGH vom 19.11.2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. G*****, vertreten durch Sunder-Plaßmann Loibner & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, wider die beklagte Partei „J*****“ Privatstiftung, *****, vertreten durch Kerres Rechtsanwalts GmbH in Wien, sowie der Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. R*****, 2. D***** und 3. B*****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig-Heinz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der Nebenintervenienten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Mai 2014, GZ 16 R 46/14y-73, womit infolge Berufung der Nebenintervenienten das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 2. Jänner 2014, GZ 54 Cg 38/12y-65, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Nebenintervenienten sind schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.328,68 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten EUR 387,81 an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

Die beklagte Privatstiftung wurde im Jahr 1995 vom Großvater und vom Vater des Klägers (im Folgenden: Zweitstifter) errichtet. Nach Punkt VI. der (aktuellen, mehrfach geänderten) Stiftungsurkunde ist erster Begünstigter auf dessen Lebenszeit der Zweitstifter; nach dessen Ableben sind zu gleichen Teilen dessen namentlich genannte fünf volljährige Kinder Begünstigte, darunter der Kläger. Nach der Stiftungsurkunde stand dem Zweitstifter das ausschließliche Recht zu, weitere Begünstigte seiner Wahl unter Lebenden oder von Todes wegen zu bestellen. Die Privatstiftung hat den Zweck, die standesgemäße Versorgung der Begünstigten aus den Erträgen des Stiftungsvermögens zu gewährleisten. Die Verwendung der verfügbaren Mittel der Privatstiftung erfolgt unter der Verantwortung des Stiftungsvorstands.

Der Zweitstifter errichtete am 28. Mai 2009 die in der Stiftungsurkunde für zulässig erklärte Stiftungszusatzurkunde, womit er die Nebenintervenienten (eine dem Zweitstifter zuletzt nahestehende Frau und deren volljährige Kinder) zu weiteren Begünstigten nach seinem Ableben berief. Anlässlich seines Ablebens erhielt die Erstnebenintervenientin EUR 50.000,–, deren Sohn und Tochter je EUR 25.000,–; weiters sieht die Stiftungszusatzurkunde für die Erstnebenintervenientin ab dem Ableben des Zweitstifters auf ihre Lebenszeit zum Ersten eines jeden Monats im Vorhinein eine Zahlung von EUR 3.000,– wertgesichert vor, dies jedoch nur, wenn beziehungsweise solange sie nicht mit einer anderen Person als dem Zweitstifter eine Ehe eingeht. Die Errichtung der Stiftungszusatzurkunde wurde im Firmenbuch eingetragen.

Der Zweitstifter verstarb am 22. April 2010. Im Zeitpunkt der Errichtung der Stiftungszusatzurkunde am 28. Mai 2009 bestand bei ihm nach den getroffenen Feststellungen ein schweres Alkoholabhängigkeitssyndrom. Er war nicht in der Lage, die Tragweite und die Auswirkungen seiner Handlung abzuschätzen und den Inhalt der Stiftungszusatzurkunde zu verstehen. Ihm fehlten die Fähigkeiten des Sich-Vergegenwärtigens von Sachverhalten und der Überblicksgewinnung. Eine freie Willensbildung war nicht mehr gegeben. Er befand sich in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Erstnebenintervenientin, die sich ihm gegenüber teilweise auch aggressiv verhielt.

Der Kläger begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit der am 28. Mai 2009 errichteten Stiftungszusatzurkunde; in eventu soll festgestellt werden, dass die darin enthaltene Regelung über die Zahlung von 3.000 EUR monatlich an die Erstnebenintervenientin unwirksam sei. Er begründet dies unter Vorlage eines Privatgutachtens vom 19. Dezember 2011 mit der Behauptung, der Zweitstifter sei bei Errichtung der Stiftungszusatzurkunde wegen fortgesetzten gesteigerten Alkoholkonsums geschäftsunfähig gewesen. Der Kläger habe ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, das jenem eines Erbrechtsklägers an der Feststellung der Ungültigkeit einer der eigenen Erbserklärung widerstreitenden letztwilligen Verfügung entspreche. Außerdem wurzle das Feststellungsbegehren in der materiell-rechtlichen Bestimmung des § 865 ABGB über die mangelnde Geschäftsfähigkeit, weshalb kein besonderes rechtliches Interesse dargetan werden müsse.

Die Beklagte beschränkte sich in erster Instanz auf die Bestreitung der angeblichen Geschäftsunfähigkeit des Zweitstifters.

Die Nebenintervenienten traten dem Verfahren auf Seiten der Beklagten bei, ohne dass ihnen der Streit verkündet worden wäre (ON 22). Den Antrag des Klägers auf Zurückweisung der Nebenintervention wies das Erstgericht mit Beschluss vom 11. Jänner 2013 ab (ON 25). Auch die Nebenintervenienten bestritten in erster Instanz nur die angebliche Geschäftsunfähigkeit des Zweitstifters.

Das Erstgericht ging auf der Grundlage des eingangs im Wesentlichen wiedergegebenen Sachverhalts von der Geschäftsunfähigkeit des Zweitstifter bei Errichtung der Stiftungszusatzurkunde aus und gab dem Hauptfeststellungsbegehren statt.

Der nur von den Nebenintervenienten erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht nicht Folge, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig, weil die im Wesentlichen zu lösende Rechtsfrage des Feststellungsinteresses des Klägers anhand oberstgerichtlicher Rechtsprechung zu § 228 ZPO beurteilt habe werden können. Es verwarf die Mängel- und Beweisrügen und erachtete die Rechtsrüge zur angenommenen Geschäftsunfähigkeit als nicht gesetzmäßig ausgeführt, jene zum fehlenden Feststellungsinteresse des Klägers als unberechtigt. Die Rechtsposition des Klägers als Begünstigter werde durch die Stiftungsurkunde zwar selbst nicht infrage gestellt; allerdings werde diese unmittelbar dadurch berührt, dass die Stiftungszusatzurkunde weitere Begünstigte mit konkreten Ansprüchen bestimme. Diese Konstellation sei vergleichbar der Stellung eines oder mehrerer Erben einerseits und der Verringerung des Nachlasses durch Legate andererseits. Die dazu ergangene Rechtsprechung (7 Ob 142/00h) sei daher auf den vorliegenden Fall übertragbar und das rechtliche Interesse des Klägers als Begünstigter zu bejahen.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Nebenintervenienten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der vollinhaltlichen Klageabweisung, hilfsweise auf Aufhebung und Zurückverweisung an die erste oder zweite Instanz. Sie thematisieren darin ausschließlich das ihrer Ansicht nach fehlende rechtliche Interesse des Klägers als weiteres Begünstigten der Beklagten, weil seine damit verbundene Rechtsstellung durch den Inhalt der Stiftungszusatzurkunde, mit der nur weitere Begünstigte bestellt worden seien, weder direkt oder indirekt noch mittelbar oder unmittelbar beeinflusst oder beendet werde. Der Kläger verfüge über keinen Rechtsanspruch auf Zuwendung und werde nur durch eine so genannte Reflexwirkung betroffen, weil der „Haftungsfonds“ (das Vermögen) der Beklagten eventuell dahingehend geschmälert werde, dass die Beklagte auch Zuwendungen an die Nebenintervenienten als weitere Begünstigte leisten müsse, was zu einer Schmälerung der Zuwendungen an die Kinder des Zweitstifters (darunter den Kläger) als Begünstigte führen könne. Zweck der Beklagten sei die standesgemäße Versorgung der Begünstigten aus den Erträgen; der Kläger habe aber gar nicht behauptet, dass seine standesgemäße Versorgung durch Zuwendungen an die Nebenintervenienten eingeschränkt würden. Seine Begünstigtenposition solle dadurch wertgesteigert werden, dass das Stiftungsvermögen mit einer geringeren Zahlungsverpflichtung belastet werde, was aber den klassischen Fall eines nur wirtschaftlichen Interesses darstelle. Die Unterlassung der amtswegigen Feststellung des mangelnden Feststellungsinteresses durch das Berufungsgericht stelle einen Verfahrensmangel dar.

Dem tritt der Kläger in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage des rechtlichen Interesses eines (bereits eingesetzten) Begünstigten an der Feststellung der Unwirksamkeit einer Stiftungszusatzurkunde, mit der weitere Begünstigte berufen werden, noch nicht Stellung genommen hat. Sie ist jedoch aus folgenden Gründen nicht berechtigt:

1. Zunächst ist klarzustellen, dass die Revision von den notwendigen Voraussetzungen eines erfolgreichen Feststellungsbegehrens einzig das rechtliche Interesse iSd § 228 ZPO – dessen Mangel auch von Amts wegen noch im Rechtsmittelverfahren wahrzunehmen ist (RIS-Justiz RS0038939) – in Abrede stellt, sodass nur dazu Stellung genommen werden muss.

2.1. Das Privatstiftungsgesetz (PSG) unterscheidet zwischen Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde und fasst beide unter dem Begriff Stiftungserklärung zusammen (§ 10 Abs 1 PSG). Die Stiftungserklärung ist somit als Gesamtheit dieser beiden Urkunden zu sehen und bildet die Rechtsgrundlage der Privatstiftung; sie ist als solche mit der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft zu vergleichen. Die Stiftungsurkunde kann als Verfassung, die Stiftungszusatzurkunde als Ausführungsgesetz der Stiftung bezeichnet werden (3 Ob 177/10 = SZ 2011/90; N. Arnold PSG³ § 9 Rz 1 und § 10 Rz 3 ff). Die Stiftungserklärung ist ein einseitiges, nicht annahme- und nicht zugangsbedürftiges Rechtsgeschäft (Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 7/17 mwN). Ihre allfällige Unwirksamkeit wegen Geschäftsunfähigkeit des Stifters bei ihrer Errichtung hätte iSd § 865 ABGB materiell-rechtlich die absolute Nichtigkeit (hier der Stiftungszusatzurkunde als nicht notwendiger Teil der Stiftungserklärung [N. Arnold § 3 Rz 2]) zur Folge (RIS-Justiz RS0014653; RS0014652). Sie könnte daher auch dann keine Wirkungen entfalten, wenn sie im Firmenbuch eingetragen wäre (6 Ob 157/12z; N. Arnold § 3 Rz 34 mwN).

2.2. Gemäß § 5 PSG ist Begünstigter der in der Stiftungserklärung als solcher Bezeichnete. Voraussetzung für das Vorliegen einer aktuellen Begünstigtenstellung ist, dass der Begünstigte in der Stiftungserklärung konkret (oder zumindest bestimmbar) bezeichnet ist; dies trifft hier auf den Kläger zu. Deshalb entstand seine Begünstigtenstellung bereits mit Eintragung der Privatstiftung in das Firmenbuch (6 Ob 244/10s). Zwischen jedem aktuellen Begünstigten und der Privatstiftung besteht ein Rechtsverhältnis, das die Beziehungen zueinander regelt; die Stellung des Begünstigten erschöpft sich nicht darin, Zuwendungen zu erhalten bzw deren Leistung zu verlangen, vielmehr stehen dem Destinatär gänzlich unabhängig von einer konkreten Zuwendung verschiedene aus der Begünstigtenstellung resultierende, gesetzliche oder durch die Stiftungserklärung eingeräumte Rechte zu (Zollner, Die eigennützige Privatstiftung 253 ff).

2.3. Die Rechtsbeziehungen einer der Parteien des Feststellungsprozesses zu einem Dritten können nur dann den Gegenstand einer Feststellungsklage bilden, wenn die Rechtsverhältnisse des Klägers durch ein Verhalten des Beklagten unmittelbar berührt werden, also ein eigenes rechtliches Interesse des Klägers an der Feststellung deswegen besteht, weil ein Rechtsverhältnis, an dem er nicht beteiligt ist, unmittelbar in seinen Rechtsbereich hineinreicht, diesen stört und beeinträchtigt (RIS-Justiz RS0038958; RS0038819). Es kann auch die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts mangels Geschäftsfähigkeit eines Vertragspartners von einem am Rechtsgeschäft nicht beteiligten Dritten geltend gemacht werden, wenn er ein rechtliches Interesse an der Nichtigerklärung hat (RIS-Justiz RS0014654). Das rechtliche Interesse kann nur vorliegen, wenn das festzustellende Rechtsverhältnis überhaupt irgendwie in den Rechtsbereich des Klägers hineinreicht (Fasching in Fasching/Konecny² § 228 Rz 61).

3. Ein rechtliches Interesse des Klägers an der Feststellung, die den Gegenstand des Hauptbegehrens bildet, ist aus folgenden Gründen zu bejahen:

3.1. Sowohl das Haupt- als auch das Eventualfeststellungsbegehren des Klägers betrifft (auch) das Rechtsverhältnis der beklagten Privatstiftung zu den mit der Stiftungszusatzurkunde zu weiteren Begünstigten berufenen Nebenintervenienten, also zwischen der Beklagten und den Dritten. Ein rechtliches Interesse des Klägers iSd § 228 ZPO an der begehrten Feststellung ist deshalb Voraussetzung für die Begründetheit der vorliegenden Feststellungsklage (RIS-Justiz RS0039177; RS0039201). Daran ändert auch die Rechtslage nichts, dass bei sog materiell-rechtlichen Feststellungsklagen kein rechtliches Interesse nachgewiesen werden muss. Dies gilt zwar grundsätzlich und ebenso wie für eine Rechtsgestaltungsklage (die hier nicht vorliegt [RIS-Justiz RS0025029; 8 Ob 62/11t]), setzt aber eine Anfechtung inter partes (zwischen den Parteien des Rechtsverhältnisses) voraus. Bei der Anfechtung eines fremden Vertrags oder Rechtsverhältnisses durch Dritte haben diese ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung (der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts wegen Geschäftsunfähigkeit) nachzuweisen (vgl 3 Ob 111/07f; RIS-Justiz RS0014654). Dabei ist die Prüfung nicht auf solche Umstände beschränkt, die der Feststellungswerber im Einzelnen behauptet hat (RIS-Justiz RS0038937).

3.2. Das von den Nebenintervenienten zum Kern ihrer Argumentation gemachte Abstellen nur auf den Inhalt der Stiftungszusatzurkunde greift zu kurz.

Das primäre Ziel des Hauptfeststellungsbegehrens ist nämlich (anders als jenes des Eventualbegehrens) nicht etwa in der Beseitigung eines Anspruchs der „neuen“ Begünstigten auf Zuwendungen aus den Erträgnissen der beklagten Privatstiftung zu erblicken. Vielmehr geht es vorrangig um die Klärung der Frage, ob die Stiftungszusatzurkunde wegen Geschäftsunfähigkeit ihres Verfassers (des Zweitstifters) absolut nichtig ist oder nicht. Damit stehen aber nicht wirtschaftliche Belange des Klägers im Vordergrund, sondern die Rechtsgrundlagen der beklagten Privatstiftung, zu der der Kläger als aktuell Begünstigter selbst in einem Rechtsverhältnis steht. Davon, dass sein Rechtsbereich durch das festzustellende Rechtsverhältnis gar nicht berührt wird, kann daher keine Rede sein.

3.3. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach das besondere, sich bei der Privatstiftung aus dem Fehlen von Eigentümern ergebende Kontrolldefizit betont. Dem ist durch rechtschutzfreundliche Auslegung jener Bestimmungen zu begegnen, die einzelnen Personen die Legitimation zur Stellung von Anträgen an das Gericht einräumen, kann doch nur auf diese Weise das tendenziell bestehende Kontrolldefizit durch eine umfassende Prüfung und Beurteilung durch ein unabhängiges Gericht ausgeglichen werden (6 Ob 157/12z mwN). Das hat nicht nur im Firmenbuchverfahren Geltung, sondern auch im vorliegenden Prozess. Auch die vom Kläger damit angestrebte Klärung der Rechtsgrundlagen der ihm gegenüber stehenden Privatstiftung stellt nämlich die Ausübung von Kontrolle (im weiteren Sinn) dar. Denn die Vorstände der Stiftung blieben – nach der Aktenlage – trotz eines vorliegenden Privatgutachtens, das der Beklagten spätestens in der Tagsatzung vom 4. September 2012 zur Kenntnis gelangte und von der Geschäftsunfähigkeit des Zweitstifters ausgeht, untätig (vgl dazu Oberndorfer/Leitner, Die Geschäftsunfähigkeit des Stifters ZfS 2010, 99 [101 ff]). Daher ist im Hauptfeststellungsbegehren ein taugliches Mittel zu erblicken, um dennoch die gebotene Klärung zu erreichen. Dem Kläger als aktuell Begünstigten ist somit in der vorliegenden, besonderen Konstellation im Sinn einer rechtsschutzfreundlichen Auslegung des § 228 ZPO das dort geforderte Feststellungsinteresse zuzubilligen.

3.4. Dennoch ist das rechtliche Interesse, also die Tauglichkeit der Feststellungsklage, dann zu verneinen, wenn die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils die Beseitigung der Unsicherheit über das Rechtsverhältnis nicht garantieren kann, aber auch dann, wenn dem Kläger ein einfacherer Weg zur Verfügung steht, um dasselbe Ziel zu erreichen oder wenn er schon auf Leistung klagen könnte (4 Ob 227/01p; RIS-Justiz RS0014654 [T2 und T5]; vgl RIS-Justiz RS0039068; Rechberger/Frauenberger in Rechberger, ZPO³ § 228 Rz 11 mwN). Keiner dieser Fälle liegt hier vor:

3.4.1. Die mit der Stiftungszusatzurkunde berufenen weiteren drei Begünstigten sind dem vorliegenden Prozess unaufgefordert auf Seiten der Beklagten als Nebenintervenienten beigetreten. Im Hinblick auf die Judikatur zur Interventionswirkung der Streitverkündung (RIS-Justiz RS0107338), die in einem Folgeprozess auch zur Anwendung kommt, wenn der Nebenintervenient ohne Streitverkündung auf der Seite seines nunmehrigen Gegners beitrat und nicht auf Regressansprüche beschränkt ist (vgl RIS-Justiz RS00122987), ist davon auszugehen, dass die Bindungswirkung des vorliegenden Feststellungsurteils auch die Nebenintervenienten, denen unbeschränktes rechtliches Gehör zustand, erfasst. Sie sind daher an die ihre Rechtsposition belastenden Tatsachenfeststellungen im Urteil des vorliegenden Prozesses gebunden, das sind jene, die der Beurteilung der Geschäftsunfähigkeit des Zweitstifters und damit der Beantwortung der Hauptfrage zugrunde liegen.

Dazu kommt, dass ua Gerichte gemäß § 13 FBG verpflichtet sind, die zu ihrer Kenntnis gelangenden Fälle einer ua unrichtigen Eintragung im Firmenbuch dem Firmenbuchgericht unverzüglich mitzuteilen. Dem wird das Erstgericht nachzukommen haben. Diese Mitteilung des Prozessgerichts gibt dem Firmenbuchgericht die Möglichkeit, notfalls – bei Nichteinreichung des Urteils durch den Stiftungsvorstand – amtswegig vorzugehen (vgl Zib in Zib/Dellinger § 13 FBG Rz 1). Damit ist auch die geforderte rechtlich-praktische Bedeutung des vom Kläger angestrebten Feststellungsurteils (RIS-Justiz RS0039265) zu bejahen.

3.4.2. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dem Kläger ein einfacherer Weg zur Verfügung steht, um dasselbe Ziel (Klärung der Rechtsgrundlagen der Beklagten) zu erreichen.

Das PSG enthält keine Bestimmungen darüber, wie eine Unwirksamkeit von Stiftungsänderungserklärungen geltend zu machen wäre (Oberndorfer/Leitner ZfS 2010, 99 [101]). Zu solchen ist auch die Errichtung einer Stiftungszusatzurkunde zu zählen, weshalb der Kläger auch nicht auf Recht(-sbehelf-)e nach dem PSG verwiesen werden kann.

Nähere Überlegungen zu einem allfälligen Antrag des Klägers auf Abberufung der Stiftungsvorstände (§ 27 Abs 2 PSG) wegen Untätigkeit trotz Vorliegens von Beweismitteln, die für die Geschäftsunfähigkeit des Zweitstifters bei Errichtung der im Firmenbuch eingetragenen Stiftungszusatzurkunde sprechen, erübrigen sich, weil dadurch das angestrebte Ziel jedenfalls nicht unmittelbar erreicht werden könnte.

Gerade dieses Antragsrecht des Begünstigten mit dem Zweck, die ordnungsgemäße Geschäftsführung durch die Stiftungsvorstände zu sichern, belegt sein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, damit die Stiftungsvorstände gesetzeskonform vorgehen können. Diese Überlegungen gelten unabhängig von der allfälligen Klagbarkeit von Versorgungsansprüchen.

Auch ein Verweis des Klägers auf eine Anregung zur amtswegigen Löschung der Eintragung der Stiftungszusatzurkunde im Firmenbuch nach § 10 Abs 2 FBG kann ihm das Feststellungsinteresse nicht nehmen. Im Fall einer solchen Anregung kann nämlich nur die Vornahme einer Löschung, nicht aber die Ablehnung der Löschung angefochten werden. Wird nämlich eine Anregung zur amtswegigen Löschung nicht aufgegriffen, so hat der Anreger dagegen kein Rekursrecht, mag er auch ein rechtliches Interesse an der Beseitigung der bemängelten Eintragung vorbringen (RIS-Justiz RS0124480).

3.4.3. Schließlich lässt sich weder den Behauptungen des Klägers noch jenen der Beklagten und schon gar nicht dem Vorbringen der Nebenintervenienten entnehmen, es sei oder werde zu einer Kürzung der Zuwendungen an den Kläger durch die Beklagte kommen. Schon deshalb ist eine Leistungsklage des Klägers auf (ungeschmälerte) Gewährung von Zuwendungen nicht in Betracht zu ziehen, sodass sich Überlegungen zur Rechtsfrage, ob ihm ein Rechtsanspruch darauf überhaupt zusteht (vgl dazu Arnold § 5 Rz 47 ff), erübrigen.

Abgesehen davon ist die Möglichkeit der Erhebung einer Leistungsklage zur Erreichung des angestrebten Ziels der Klärung der Rechtsgrundlage der Stiftung nicht erkennbar.

3.5. Zusammengefasst ist daher bei den vorliegenden Umständen von einem jedenfalls bei Schluss der Verhandlung erster Instanz bestehenden rechtlichen Interesse des Klägers an der Feststellung, die Gegenstand des Hauptbegehrens ist, auszugehen. Dass neben dem rechtlichen auch ein wirtschaftliches Interesse des Klägers (an der Verhinderung zusätzlicher Zuwendungen an „neue“ Begünstigte) bestehen mag, ist nicht erheblich, weil nur ein rein wirtschaftliches Interesse den Erfolg einer Feststellungsklage verhindert (9 ObA 379/97v).

3.6. Den weiteren Argumenten der Revision ist Folgendes zu entgegnen:

3.6.1. Die Entscheidung 6 Ob 19/06x ist schon deshalb nicht einschlägig, weil sie sich mit der materiellen Parteistellung nach § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG eines Letztbegünstigten (§ 6 PSG) auseinandersetzt und dessen Parteistellung mit der tragenden Begründung verneint, dass ein Letztbegünstigter, dem ein nach Abwicklung verbleibendes Vermögen zukommen soll, vor Beendigung der Liquidation noch keine Parteienrechte zustehen.

Ein aktuell Begünstigter hat jedoch das oben zu Punkt 3.3. näher ausgeführte rechtliche Interesse an der Klarstellung der rechtlichen Verhältnisse der Stiftung.

3.6.2. Die Schlussfolgerung der Nebeninter-venienten, dem Kläger könne mangels eines klagbaren (gemeint: Leistungs-)Anspruchs gegenüber der Privatstiftung ein rechtliches Interesse iSd § 228 ZPO nicht zugebilligt werden, verkennt die Rechtslage. Nicht die Möglichkeit einer Leistungsklage ist Voraussetzung der Feststellungsklage, sondern die Möglichkeit zur Leistungsklage schließt die Feststellungsklage uU aus (RIS-Justiz RS0039021). Wie bereits zu Punkt 3.4.3. dargelegt, ist hier eine Leistungsklage des Klägers gegen die Beklagte aber nicht in Betracht zu ziehen.

3.6.3. Der von den Nebenintervenienten bei Bejahung des rechtlichen Interesses befürchtete „Super-GAU“ für gemeinnützige Privatstiftungen mit einem offenen, großen Kreis von Begünstigten, denen allen die Bekämpfung der Wirksamkeit der Errichtung oder von Urkunden unbefristet offen stehen würde, ist keine realistische Folge der hier vertretenen Rechtsansicht. Während nämlich bei gemeinnützigen Privatstiftungen ein Begünstigter typischerweise nicht individualisierbar ist, also bloß potentielle Begünstigte, denen eine Begünstigtenstellung noch gar nicht zukommt (RIS-Justiz RS0119643) in großer Zahl vorliegen, wird hier dem Kläger das Feststellungsinteresse als aktuellem Begünstigten zugebilligt.

4. Somit erweist sich die Klagestattgebung zum Hauptbegehren durch die Vorinstanzen als zutreffend.

Die Erfolglosigkeit der Revision hat nach §§ 41 und 50 ZPO die Kostenersatzpflicht der Nebenintervenienten für die Revisionsbeantwortung des Klägers zur Folge.

Leitsätze