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Dokument-ID: 735580

Judikatur | Entscheidung

6 Ob 105/14f; OGH; 28. August 2014

GZ: 6 Ob 105/14f | Gericht: OGH Wien vom 28.08.2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr.

Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers DI Dr. A***** D*****, vertreten durch Rechtsanwälte Mandl GmbH in Feldkirch, gegen die Antragsgegnerin A***** Privatstiftung, *****, vertreten durch Univ.-Prof. Dr. Hubertus Schumacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Sonderprüfung gemäß § 31 PSG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 20. Mai 2014, GZ 3 R 41/14z-48, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 16. November 2012 (6 Ob 209/12x) im ersten Rechtsgang wird hingewiesen

1. Zur Klarstellung ist zunächst anzumerken, dass die Aussage des Rekursgerichts, eine Aufsichtsratsähnlichkeit eines Beirats führe grundsätzlich zu dessen Unzulässigkeit, einer Präzisierung bedarf: Der Oberste Gerichtshof hat nicht judiziert, ein Beirat dürfe nicht aufsichtsratsähnlich oder aufsichtsratsgleich sein; er hat vielmehr aus der Aufsichtsratsähnlichkeit eines Beirats die analoge Anwendung von gesetzlichen Bestimmungen über den Aufsichtsrat (insbesondere § 23 Abs 2 Satz 2 PSG) auf einen solchen Beirat gefolgert (vgl RIS-Justiz RS0107655 [T2]).

2. Der Revisionsrekurswerber releviert keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG:

2.1. Sämtliche Rechtsfragen, die der Rechtsmittelwerber im Zusammenhang mit dem Beirat aufwirft (IV. bzw V. Punkte 1. bis 6. des Revisionsrekurses), sind nicht entscheidungserheblich, weil mangels Einigkeit der beiden Stifter als Beiratsmitglieder kein einziger Beschluss des Beirats zustandegekommen ist, der allenfalls Einfluss auf die noch offenen Fragen (Prüfbericht des vormaligen Stiftungsprüfers betreffend den Jahresabschluss zum 31.12.2009; Vergleichsabschluss im Verfahren 13 Cg 124/08p des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien; vgl 6 Ob 209/12x) der Berechtigung einer Sonderprüfung haben könnte.

2.2. Ob Fachgutachten des Fachsenats für Unternehmensrechte und Revision der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ähnlich wie Ö-Normen den Stand der Prüfungsstandards wiedergeben, ist hier irrelevant: Die Vorinstanzen haben diese Fachgutachten insofern erwähnt, als ausgeführt wurde, dem in einem dieser Fachgutachten vorgeschlagenen Muster einer Vollständigkeitserklärung komme keine gesetzliche Verbindlichkeit zu. Deshalb begründe der Umstand, dass im vorliegenden Fall der vormalige Stiftungsprüfer für den Jahresabschluss 2009 die nicht nach diesem Muster abgegebene Vollständigkeitserklärung akzeptiert habe, keinen Grund für eine Sonderprüfung.

Diese Ansicht ist vor allem angesichts der schon vom Rekursgericht erwähnten Tatsache, dass sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht einmal die Verpflichtung zur Einholung einer Vollständigkeitserklärung überhaupt herleiten lässt (vgl Steckel in U. Torggler, UGB [2013], § 272 Rz 7; Arminger in Straube, UGB II/RLG³ [2011], § 272 Rz 18), zutreffend.

2.3. Der notwendige (Mindest-)Inhalt des Prüfberichts ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 273 UGB iVm § 21 Abs 3 PSG).

2.4. Ob die so genannten „Arbeitspapiere“ des Stiftungsprüfers vertraulich (und somit der Einsicht der Beteiligten entzogen) sind, ist unmittelbar aus dem Gesetz zu beantworten: Gemäß § 21 Abs 2 PSG trifft den Stiftungsprüfer keine Verschwiegenheitspflicht gegenüber anderen Stiftungsorganen und gegenüber den in der Stiftungserklärung mit Prüfungsaufgaben betrauten Personen. Da der Beirat, dessen Mitglied der Rechtsmittelwerber ist, Organ der Stiftung ist (vgl 6 Ob 209/12x Punkt 1.), besteht diesem gegenüber keine Verschwiegenheitspflicht des Stiftungsprüfers; dieser muss daher dem Beirat verlangte Auskünfte geben, was gegebenenfalls auch die Einsicht in „Arbeitspapiere“ umfasst.

2.5. Zur Frage der restriktiven Ausübung einer Leitungsfunktion (vgl § 22 Abs 1 Z 2 PSG) liegt oberstgerichtliche Rechtsprechung vor (RIS-Justiz RS0120356; 6 Ob 217/05p = RdW 2006, 90 = ZfS 2006, 28 = GesRz 2006, 82 = Jus-Extra OGH-Z 4102 = GeS 2006, 121 [Arnold] = wbl 2006, 183 = NZ 2006, 156 = GesRz 2006, 148 = Rz 2006, 100 EÜ111 – Rz 2006 EÜ111 = ecolex 2006, 843 = SZ 2005/176 = AnwBl 2007, 287; vgl dazu auch Arnold, PSG3 § 22 Rz 12). Eine Entscheidung, die zwar bisher die einzige ist, die aber ausführlich begründet und mehrfach veröffentlicht wurde, zu der gegenteilige Entscheidungen nicht vorliegen und die auch vom Schrifttum ohne Kritik übernommen wurde, reicht jedenfalls für das Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung aus (RIS-Justiz RS0103384).

2.6. Muss der Stiftungsprüfer die Werthaltigkeit der Beteiligung an einer (Kapital-)Gesellschaft prüfen, wenn diese Beteiligung praktisch einziger Vermögensgegenstand der Stiftung ist und das Gesamtstiftungsvermögen zwischen EUR 800.000.000 und EUR 1,200.000.000 beträgt?

Diese Frage ist schon deshalb nicht erheblich, weil die tatsächlichen Prämissen der Fragestellung nicht festgestellt wurden. Darüber hinaus lässt sich die Fragestellung, ob die Werthaltigkeit einer Beteiligung zu prüfen ist oder nicht, nicht generell beantworten, vielmehr ist dies im Einzelfall anhand der allgemeinen Prüfkriterien der § 21 PSG iVm §§ 269, 273, 274 UGB zu beurteilen.

Leitsätze