Dokument-ID: 399827

Judikatur | Entscheidung

6 Ob 203/11p; OGH; 16. Februar 2012

GZ: 6 Ob 203/11p | Gericht: OGH vom 16.02.2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz zu FN ***** eingetragenen P***** GmbH & Co KG mit dem Sitz in *****, über die Revisionsrekurse der Gesellschaft und des Geschäftsführers der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin, Ing. P***** J*****, sowie über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Geschäftsführers der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin Mag. Dr. D***** J*****, alle vertreten durch Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte OEG in Mödling, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 16. Juni 2011, GZ 4 R 96/11m-14, 4 R 97/11h, 4 R 98/11f, womit der Rekurs des Geschäftsführers Mag. Dr. D***** J***** gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 6. April 2011, GZ 52 Fr 1586/11p-7, zurückgewiesen und die Beschlüsse des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 6. April 2011, GZ 52 Fr 1586/11p-6, und vom 13. April 2011, GZ 52 Fr 1586/11p-9, teilweise abgeändert wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs des Geschäftsführers der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin, Mag. Dr. D***** J*****, wird Folge gegeben. Der Beschluss des Rekursgerichts wird aufgehoben und es wird dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

2. Den Revisionsrekursen des Geschäftsführers der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin, Ing. P***** J*****, und der Gesellschaft wird nicht Folge gegeben.

Begründung

In dem vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz geführten Firmenbuch ist unter FN ***** die P***** GmbH & Co KG (im Folgenden als Gesellschaft bezeichnet) seit 7. Juli 2009 eingetragen. Der Stichtag für den Jahresabschluss ist der 31. Dezember. Unbeschränkt haftende Gesellschafterin ist die P***** GmbH, Kommanditisten sind Ing. P***** J*****, Mag. Dr. D***** J*****, Dr. S***** J*****, Dr. M***** J***** und W***** J*****. Geschäftsführer der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin sind Ing. P***** J***** und Mag. Dr. D***** J*****.

Unternehmensgegenstand der Gesellschaft ist die Vermögensverwaltung sowie der Erwerb, die Veräußerung und die Verwaltung von Beteiligungen an in- und ausländischen Gesellschaften und Unternehmungen, gleichgültig in welcher Gesellschaftsform, sowie die Verwaltung und der An- und Verkauf von Immobilien.

Mit Zwangsstrafverfügungen jeweils vom 23. März 2011 verhängte das Erstgericht über die Gesellschaft und die Geschäftsführer der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung gemäß §§ 277 ff UGB, die Unterlagen für die Bilanz der Gesellschaft zum 31. Dezember 2009 bis zum 28. Februar 2011 beim Firmenbuch einzureichen, eine Zwangsstrafe von je EUR 700,–.

Die Bestraften erhoben fristgerecht einen Einspruch gegen die Zwangsstrafverfügungen. Darin bringen sie übereinstimmend im Wesentlichen vor, nur unternehmerisch tätige eingetragene Personengesellschaften seien offenlegungspflichtig. Der Geschäftszweck der Gesellschaft sei das langfristige Halten und Vermieten von erworbenen Liegenschaften. Lediglich wenn es günstige Gelegenheiten gebe, würden auch Liegenschaften veräußert. Unternehmereigenschaft komme einer „Gemeinde-KG“, die ausschließlich durch vermietende und verpachtende Tätigkeit im Wirtschaftsleben in Erscheinung trete, nur dann zu, wenn sie aufgrund einer Vielzahl von Bestandobjekten einer dauerhaften Organisation bedürfe. Gebe eine solche Kommanditgesellschaft nicht mehr als fünf Objekte in Bestand, ergebe sich in der Regel auch keine Rechnungslegungspflicht nach dem UGB. Die Gesellschaft sei nicht als Unternehmer anzusehen, da sie seit Beginn ihrer Tätigkeit bis heute lediglich ein Objekt angekauft und vermietet habe. Auch der Organisationsgrad der Gesellschaft sei nicht als unternehmerisch anzusehen, da sie keine Mitarbeiter habe.

Mit Beschlüssen vom 6. April 2011, betreffend die Geschäftsführer der unbeschränkt haftenden Gesellschafterin, sowie vom 13. April 2011, betreffend die Gesellschaft, verhängte das Erstgericht gegen die Genannten im ordentlichen Verfahren eine Zwangsstrafe von jeweils 1.000 EUR. In der Begründung wurde jeweils ausgeführt, dass im Falle der Behauptung, dass die GmbH & Co KG nicht unter die Offenlegungspflicht des UGB falle, dies bis zum letzten Tag des Fristablaufs für die Einreichung des Jahresabschlusses, hier also bis zum 30. September 2010, durch Vorlage hiefür geeigneter Urkunden und Belege nachzuweisen sei. Üblicherweise würden zu solchen Zwecken der Einkommensteuerbescheid und/oder der Umsatzsteuerbescheid des zuständigen Finanzamts für das betreffende Geschäftsjahr vorgelegt, aus denen ersichtlich sei, dass die Gesellschaft nur „vermögensverwaltende Tätigkeiten“ oder „Vermietung und Verpachtung“ ausübe. Dieser Nachweis über den Entfall der Offenlegungsverpflichtung sei jedoch nicht erbracht worden.

Das Rekursgericht wies den Rekurs des Geschäftsführers Mag. Dr. D***** J***** als verspätet zurück und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Den Rekursen der Gesellschaft und des Geschäftsführers Ing. P***** J***** gab es teilweise dergestalt Folge, dass es die über die Genannten verhängten Zwangsstrafen auf jeweils 800 EUR herabsetzte. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht im Wesentlichen aus, aus dem Bescheid des Finanzamts Graz-Umgebung vom 18. Jänner 2011 ergebe sich, dass die Gesellschaft im Jahr 2009 aus der Vermietung und Verpachtung von sechs Bestandobjekten Einkünfte erzielt habe. Die Rechtsprechung bejahe die Unternehmereigenschaft bei vermietender Tätigkeit, wenn mehr als fünf Bestandobjekte vermietet würden. Die Unternehmereigenschaft der Gesellschaft sei daher zu bejahen. Angesichts der erstmaligen Verhängung sei jedoch eine Zwangsstrafe von je 800 EUR ausreichend.

Das Rekursgericht erklärte hinsichtlich des Geschäftsführers Ing. P***** J***** und der Gesellschaft den Revisionsrekurs für zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs „zur neuen Rechtslage“ (gemeint: zu den Offenlegungsvorschriften in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011) fehle.

Gegen die Zurückweisung des Rekurses des Geschäftsführers Mag. Dr. D***** J***** richtet sich dessen außerordentlicher Revisionsrekurs mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass die verhängte Zwangsstrafe ersatzlos aufgehoben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag in die erste Instanz, hilfsweise ein solcher in die zweite Instanz gestellt.

Der Geschäftsführer Ing. P***** J***** und die Gesellschaft erheben den ordentlichen Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Rekursgerichts mit dem jeweiligen Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass die vom Erstgericht verhängte Zwangsstrafe ersatzlos aufgehoben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag in die erste Instanz, hilfsweise in die zweite Instanz gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Alle Revisionsrekurse sind zulässig. Der Revisionsrekurs des Geschäftsführers Mag. Dr. D***** J***** ist im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags (in die zweite Instanz) berechtigt. Die übrigen Revisionsrekurse sind nicht berechtigt.

1. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs des Geschäftsführers Mag. Dr. D***** J*****:

Der erstinstanzliche Beschluss über die Verhängung der Zwangsstrafe im ordentlichen Verfahren wurde dem Geschäftsführer Mag. Dr. D***** J***** am 8. April 2011 zugestellt.

Sein dagegen erhobener Rekurs wurde am 26. April 2011 zur Post gegeben.

Die Frist für den Rekurs beträgt 14 Tage (§ 46 Abs 1 AußStrG). Nach jüngerer Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0123332) ist § 46 Abs 3 AußStrG, wonach nach Ablauf der Rekursfrist Beschlüsse angefochten werden können, wenn ihre Abänderung oder Aufhebung mit keinem Nachteil für eine andere Person verbunden ist, im Zwangsstrafenverfahren nicht anzuwenden, weil in der Aufhebung oder Abänderung eines Zwangsstrafenbeschlusses ein Nachteil für die Republik Österreich liege. Ungeachtet dessen, dass die Aufhebung des § 46 Abs 3 AußStrG durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I 210/111 gemäß der Übergangsbestimmung des § 207h AußStrG hier noch nicht zum Tragen kommt, weil das Datum der Entscheidung erster Instanz nicht nach dem 30. Juni 2011 liegt, könnte daher ein verspäteter Rekurs nicht mehr berücksichtigt werden.

Der letzte Tag der 14-tägigen Rekursfrist wäre an sich der 22. April 2011 gewesen, dieser Tag war jedoch der Karfreitag. Soweit aufgrund bundesgesetzlicher Vorschriften der Ablauf einer Frist durch einen Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag gehemmt wird, tritt diese Hemmung auch dann ein, wenn das Ende der Frist auf einen Samstag oder den Karfreitag fällt (§ 1 BGBl 1961/37). Der Ablauf der Rekursfrist war somit bis Dienstag nach Ostern, das ist der 26. April 2011, gehemmt, weshalb der Rekurs rechtzeitig ist. Der Zurückweisungsgrund der Verspätung liegt daher nicht vor, weshalb das Rekursgericht neuerlich unter Abstandnahme von diesem Zurückweisungsgrund über den Rekurs zu entscheiden haben wird.

2. Zum ordentlichen Revisionsrekurs des Geschäftsführers Ing. P***** J***** und der Gesellschaft:

Die Rechtsmittelwerber machen Aktenwidrigkeit, Verfahrensmängel und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.

2.1. Zur Aktenwidrigkeit und zu den Verfahrensmängeln:

Das Rekursgericht hat seine Feststellung, die Gesellschaft habe im Jahr 2009 aus der Vermietung und Verpachtung von sechs Bestandobjekten Einkünfte erzielt, auf den Bescheid des Finanzamts Graz-Umgebung vom 18. Jänner 2011 gestützt. Diese Feststellung wird als aktenwidrig gerügt.

Die Aktenwidrigkeit ist gegeben: Aus dem im Akt dreimal identisch jeweils in Kopie erliegenden Bescheid des Finanzamts Graz-Umgebung vom 18. Jänner 2011 ergibt sich tatsächlich nicht, dass die Gesellschaft aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 2009 aus sechs Bestandobjekten Einkünfte erzielt hat. Es ergeben sich lediglich für dieses Kalenderjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 188 BAO in Höhe von EUR 15.791,13, wobei in der Folge unter „Nr. 1“ bis „Nr. 6“ die fünf Kommanditisten sowie die Komplementärin der Gesellschaft mit Namen und Adresse und ihren jeweils auf sie entfallenden Einkünften angeführt werden. Aus wievielen Objekten die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt wurde, ergibt sich aus diesem Bescheid nicht.

Die gerügten Verfahrensmängel sowie die weitere gerügte Aktenwidrigkeit liegen (jedenfalls entscheidungsgrelevant) nicht vor, was gemäß § 71 Abs 3 AußStrG keiner Begründung bedarf.

2.2. Zur Rechtsrüge:

In der Rechtsrüge führen die Revisionsrekurswerber im Wesentlichen aus, die vom Rekursgericht herangezogene Rechtsprechung zur Frage der Unternehmereigenschaft sei ausschließlich zur Frage der Anwendbarkeit des KSchG ergangen, dessen Schutzzweck nicht derselbe wie jener der Vorschriften des UGB über die Rechnungslegung und Offenlegung sei. Es liege näher, die Kriterien der Rechtsprechung zum Vorliegen von Einkünften aus Gewerbebetrieb iSd § 23 EStG heranzuziehen. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sei zur Abgrenzung des Gewerbebetriebs von der bloßen Vermögensverwaltung auch für die Frage der Rechnungslegungspflicht iSd § 189 Abs 1 Z 1 UGB heranzuziehen. Es liege bei der Gesellschaft eine bloß vermögensverwaltende Tätigkeit vor. Es sei nicht festgestellt worden, dass die Gesellschaft eine über die Entwicklung von Immobilien oder Vermögensverwaltung hinausgehende Tätigkeit entfalte. Auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts wäre (auch nach den von der Rechtsprechung zum KSchG herausgearbeiteten Kriterien) die unternehmerische Tätigkeit der Gesellschaft zu verneinen gewesen und daher die Zwangsstrafen aufzuheben gewesen.

Hiezu wurde erwogen:

2.2.1. Gemäß § 189 Abs 1 Z 1 UGB ist das Dritte Buch des UGB grundsätzlich auch auf unternehmerisch tätige Personengesellschaften anzuwenden, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Ist bei einer unternehmerisch tätigen eingetragenen Personengesellschaft kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so unterliegt gemäß § 221 Abs 5 UGB die Personengesellschaft hinsichtlich der in den §§ 222 bis 243 und §§ 268 bis 283 UGB geregelten Tatbestände den der Rechtsform ihres unbeschränkt haftenden Gesellschafters entsprechenden Rechtsvorschriften; ist dieser keine Kapitalgesellschaft, so gelten die Vorschriften für Gesellschaften mit beschränkter Haftung.

Nach § 1 Abs 1 UGB ist ein Unternehmer, wer ein Unternehmen betreibt. Ein Unternehmen ist gemäß § 1 Abs 2 UGB jede auf Dauer angelegte Organisation selbstständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

2.2.2. Der Gesetzgeber des HaRÄG (BGBl I 2005/120) hat mit diesem Unternehmerbegriff bewusst auf die gleichlautende Legaldefinition des Unternehmens in § 1 Abs 2 KSchG zurückgegriffen. Die Gesetzesmaterialien führen dazu aus: „Diese Begriffsbestimmung knüpft unverkennbar an die in über zwanzigjähriger Rechtsanwendung bewährte Definition des Unternehmers in § 1 KSchG an und unternimmt damit den Versuch, den Anwendungsbereich des Handelsrechts in stimmiger Weise wie denjenigen des Verbraucherrechts zu beschreiben.“ (ErläutRV 1058 BlgNR 22. GP 6).

Es kann somit entgegen der Auffassung der Rechtsmittelwerber zur Beurteilung der Unternehmereigenschaft im UGB grundsätzlich durchaus die einschlägige Rechtsprechung zum KSchG herangezogen werden.

2.2.3. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu § 23 EStG ist hingegen irrelevant, weil sie sich nur mit steuerrechtlichen Fragen auseinandersetzt, die im Unternehmensrecht nicht maßgeblich sind. Im Übrigen wird in der Rechtsprechung eine Analogie des Unternehmerbegriffs in § 16 Abs 1 Z 1 MRG (der mit dem Unternehmerbegriff des § 1 KSchG gleichzusetzen ist; RIS-Justiz RS0109568) zum Unternehmerbegriff des UStG wegen des andersartigen Regelungszwecks dieses Gesetzes abgelehnt (RIS-Justiz RS0109569; so auch Artmann/Herda in Jabornegg/Artmann, UGB² § 1 Rz 15).

2.2.4.1. Als Unternehmer im Sinne des KSchG wird nach der Rechtsprechung der Vermieter angesehen, wenn die Beschäftigung von dritten Personen (zB Hausbesorger), das Vorliegen einer Mehrzahl dauernder Vertragspartner (Mehrzahl von Mietverträgen, die eine nach kaufmännischen Grundsätzen geführte Buchhaltung erfordert) bestehen und sohin die Einschaltung von anderen Unternehmen oder Erfüllungsgehilfen erforderlich ist und auch längerfristige Vertragsbindungen bestehen (RIS-Justiz RS0065317). Als annähernde Richtzahl für die Mehrzahl von Vertragspartnern wurde angenommen, dass der private Hauseigentümer (noch) als Verbraucher anzusehen sei, wenn in seinem Haus nicht mehr als fünf Mietgegenstände in Bestand gegeben werden (RIS-Justiz RS0065317 [T1]).

Das Rekursgericht hat – auf aktenwidriger Grundlage – aus dieser Rechtsprechung die Unternehmereigenschaft der Gesellschaft bejaht, die Rechtsmittelwerber verneinen sie aufgrund ihrer Behauptung, die Gesellschaft habe lediglich ein Objekt angekauft und vermietet und keine Mitarbeiter.

2.2.4.2. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts und der Rechtsmittelwerber kann jedoch aus dieser Rechtsprechung für die hier zu lösende Frage, ob die Gesellschaft unternehmerisch tätig ist, nichts gefolgert werden.

Soweit überblickbar, ging es in sämtlichen Entscheidungen, die sich mit der Frage der Unternehmereigenschaft von Vermietern nach § 1 KSchG befassten (RIS-Justiz RS0065317), nur um natürliche Personen als Vermieter. Weiters setzt nach der zitierten Rechtsprechung die (noch gegebene) Verbrauchereigenschaft des Vermieters von nicht mehr als fünf Mietgegenständen in seinem Haus voraus, dass es sich beim Vermieter um einen privaten Hauseigentümer handelt (RIS-Justiz RS0065317 [T1]).

Im vorliegenden Fall vermietet weder eine natürliche Person, noch kann eine eingetragene Personengesellschaft mangels Privatlebens privat vermieten.

2.2.4.3. Die zitierte Rechtsprechung zur Unternehmereigenschaft natürlicher Personen betrifft lediglich die Frage der Notwendigkeit des Vorliegens eines gewissen Mindestmaßes an Organisation. Ein derartiges Erfordernis hat der Oberste Gerichtshof bei natürlichen Personen aus der Zahl der vermieteten Objekte abgeleitet. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu beachten, dass der idente Geschäftszweig sowohl der Gesellschaft als auch ihrer Komplementärgesellschaft nach dem Firmenbuchstand „An- und Verkauf sowie Verwaltung von Beteiligungen und Immobilien“ ist. Hier liegt nach Auffassung des erkennenden Senats eine auf Dauer angelegte Organisation selbstständiger wirtschaftlicher Tätigkeit iSd § 1 Abs 2 UGB bei der Gesellschaft bereits in dem Umstand, dass zur Ausübung eben dieser Tätigkeit auch eine eigene Kapitalgesellschaft, nämlich die Komplementärin, gegründet wurde.

2.2.4.4. Dass bei bislang einem erworbenen und vermieteten Objekt die „Organisation selbstständiger wirtschaftlicher Tätigkeit“ iSd § 1 Abs 2 UGB bescheiden sein mag, hindert die Qualifikation als unternehmerisch tätig nicht, weil für den Unternehmerbegriff des KSchG (und somit grundsätzlich auch des UGB) kein bestimmtes Mindestmaß an geschäftlicher Tätigkeit erforderlich, sondern nur die Regelmäßigkeit und Methodik der ausgeübten Tätigkeit maßgeblich ist (5 Ob 155/10w = RIS-Justiz RS0065380 [T12]). Eine bestimmte Betriebsgröße der Unternehmen des § 1 KSchG, ein Mindestkapital oder eine sonstige Mindestorganisation ist nicht erforderlich (5 Ob 155/10w; Kathrein in KBB3 § 1 KSchG Rz 3; zum UGB vgl Krejci/Haberer in Zib/Dellinger, Großkomm UGB § 1 Rz 59, 160 ff; Artmann/Herda in Jabornegg/Artmann, UGB² § 1 Rz 35). Auch dass die Gesellschaft nach den Angaben der Rechtsmittelwerber keine Mitarbeiter hat, steht einer Qualifikation der Gesellschaft als unternehmerisch tätig nicht entgegen (RIS-Justiz RS0065317 [T2]).

2.2.5.1. Auch aus einem zweiten Grund ist eine unternehmerische Tätigkeit der Gesellschaft zu bejahen: Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerber kommt es im vorliegenden Fall nicht nur darauf an, was die Gesellschaft derzeit ausübt, nämlich nach den Angaben der Rechtsmittelwerber ein Objekt erworben zu haben und zu vermieten. Aus den Angaben im Einspruch folgt, dass die Akquisition weiterer Liegenschaften (Mehrzahl!) zwecks Haltens und Vermietens, aber auch der Verkauf von Liegenschaften (Mehrzahl!) bei „günstiger Gelegenheit“ beabsichtigt ist. Die Akquisition geeigneter Liegenschaften, das Aufspüren günstiger Gelegenheiten zum allfälligen Verkauf von Liegenschaften und die Suche nach geeigneten Mietern erfordern üblicherweise eine erhebliche Organisation selbstständiger wirtschaftlicher Tätigkeit iSv § 1 Abs 2 UGB. Sollte dies ausnahmsweise nicht der Fall sein, träfe im Übrigen entsprechend der zum KSchG ergangenen Rechtsprechung die Beweislast dafür die Gesellschaft (vgl 5 Ob 155/10w; RIS-Justiz RS0065394).

2.2.5.2. Dass der geplante Erwerb weiterer Liegenschaften erst dem Aufbau des Unternehmens dienen könnte, würde die Beurteilung dieser Tätigkeiten als unternehmerisch nicht hindern, weil man Unternehmer mit Aufnahme des Geschäftsbetriebs wird, womit nicht nur der bereits routinemäßig laufende Betrieb, sondern auch sein Aufbau gemeint ist (Krejci/Haberer in Zib/Dellinger, Großkomm UGB § 1 Rz 50; Straube in Straube UGB4 § 1 Rz 27 mwN; vgl auch § 343 Abs 3 UGB, wonach nur Vorbereitungsgeschäfte natürlicher Personen nicht als unternehmensbezogene Geschäfte gelten).

2.2.6. Auf das Erreichen der Schwellenwerte an Umsatzerlösen gemäß § 189 Abs 1 Z 2 UGB kommt es nach dem klaren Gesetzeswortlaut entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerber bei der Beurteilung der Offenlegungspflicht einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft nicht an (6 Ob 239/11g mwN).

2.2.7. Schließlich ist darauf zu verweisen, dass nach dem Gesellschaftsvertrag auch noch die Vermögensverwaltung, der Erwerb, die Veräußerung und Verwaltung von Beteiligungen Unternehmensgegenstand ist.

2.2.8. Da die Gesellschaft somit selbst nach den Angaben der Rechtsmittelwerber unternehmerisch tätig und daher offenlegungspflichtig ist, sind weitere Erhebungen nicht nötig. Die bekämpften Zwangsstrafen wurden zu Recht verhängt.

Leitsätze

  • Begriff der Unternehmereigenschaft nach UGB und KSchG (GmbH & Co KG als Vermieterin)

    Bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft nach dem UGB kann auf die einschlägige Rechtsprechung zum KSchG zurückgegriffen werden. Für den Unternehmerbegriff nach dem KSchG und nach dem UGB ist kein Mindestmaß an Geschäftstätigkeit erforderlich. Vielmehr kommt es auf die Regelmäßigkeit und Methodik der Tätigkeit an.
    Lisa Korninger | Judikatur | Leitsatz | 6 Ob 203/11p | OGH vom 16.02.2012 | Dokument-ID: 412004