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Judikatur | Entscheidung

6 Ob 84/17x; OGH; 29. August 2017

GZ: 6 Ob 84/17x | Gericht: OGH vom 29.08.2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. M***** K***** als Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der S***** GmbH (AZ ***** des Handelsgerichts Wien), *****, gegen die beklagte Partei Dipl.-Ing. G***** S*****, vertreten durch Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte LLP & Co KG in Wien, wegen EUR 462.121,79 sA, über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. Jänner 2017, GZ 2 R 162/16g-21, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 20. Juli 2016, GZ 10 Cg 36/15x-15, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit EUR 340,20 (darin EUR 56,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

Der Beklagte war bis 29.11.2010 Alleingesellschafter und Geschäftsführer der S***** GmbH. Mit Notariatsakt vom selben Tag trat er Gesellschaftsanteile zum Teil an Mag. G***** G***** und M***** V***** ab; nach dem 31.05.2014 sollte der Beklagte seinen Geschäftsanteil auf eine Stammeinlage von EUR 3.500,– reduzieren und den restlichen Anteil an Mag. G***** G***** übertragen. Der Beklagte entschied sich zu dieser Vorgehensweise, weil er in diesem seinen potentiellen Nachfolger als Gesellschafter und Geschäftsführer seines Unternehmens sah und schrittweise die Agenden abgeben wollte. Er sollte sich während der vierjährigen Übergangsperiode weiterhin um die Kundenakquise kümmern, weil er darin wegen seiner langjährigen Erfahrung sehr erfolgreich war.

Konkret kamen die Vertragsparteien überein, dass die bis zum Abschluss des Notariatsakts erwirtschafteten Gewinne dem Beklagten in voller Höhe zufließen und je nach Lage der Gesellschaft ausgeschüttet werden sollten. Die Gewinne sollten durch monatliche Zahlungen ausgeschüttet und dadurch die Verrechnungskonten des Beklagten (soweit rechtlich zulässig) „glattgestellt“ werden. Konkret regelte der Notariatsakt hinsichtlich der Gewinnverteilung Folgendes:

Präambel

[…]

Die gegenständliche Vereinbarung regelt die Vorgehensweise bis zum vollständigen Ausscheiden des [Beklagten] aus dem von der [Gesellschaft] betriebenen Unternehmen.

I.

[…]

2. [Der Nachfolger] wird mit sofortiger Wirkung anstelle des bisherigen Geschäftsführers [des Beklagten] zum alleinigen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Gesellschaft mit selbstständigem Vertretungsrecht bestellt. Unabhängig von der nach Außen bestehenden Einzelzeichnungsberechtigung des [Nachfolgers] besteht im Innenverhältnis die Verpflichtung, für Rechtsgeschäfte (Investitionen), die den Betrag von EUR 7.500,– pro Geschäftsjahr überschreiten, bis 31.05.2014 die schriftliche Zustimmung des [Beklagten] einzuholen.

II.

Die Gewinnverteilung wird ab 01.06.2010 geregelt, wie folgt:

1. [Der Beklagte] und [der Nachfolger] erhalten aufgrund ihrer Beteiligung an der [Gesellschaft] jeweils einen Gewinnvorab von jährlich EUR 48.000,– exklusive Kapitalertragsteuer, der mit monatlich EUR 4.000,– akontiert wird.

2. Lediglich hinsichtlich des Gewinnvorabs (= garantierte Mindestzahlung pro Jahr) des [Beklagten] wird hiermit ausdrücklich und unwiderruflich vereinbart, dass:

a) dieser Gewinnvorab bis 31.05.2014 an [den Beklagten] zu bezahlen ist;

b) dieser Gewinn vorab vo[m Nachfolger] in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Gesellschaft unabhängig vom tatsächlichen Gewinn der [Gesellschaft] auszuzahlen ist und somit eine garantierte Mindestzahlung pro Geschäftsjahr darstellt. Die monatlichen Akontozahlungen von EUR 4.000,– sind erstmalig ab 01.06.2010 zur Zahlung fällig und so rechtzeitig auf ein vo[m Beklagten] bekannt zu gebendes Konto zu überweisen, dass sie spätestens am Fünften eines jeden Monats valutamäßig auf diesem Konto einlangen.

[…]

3. Der nach Leistung des im vorstehenden Absatz geregelten Gewinnvorabs (allenfalls) verbleibende Gewinn der [Gesellschaft] ist ab 01.06.2010 an nachstehende Personen zu nachstehenden Prozentsätzen aufzuteilen, und zwar:

[Der Beklagte] erhält 63 %;

[der Nachfolger] erhält 32 %;

M***** V***** erhält 5 %.

[…]

III.

[…]

4. Sämtliche bis 31.05.2010 erwirtschafteten Gewinne der Gesellschaft stehen [dem Beklagten] allein zu.

[…]

XII.

Der bis zum Stichtag 30.09.2009 erwirtschaftete Gewinn bzw die noch nicht ausgeschütteten Gewinne der vorigen Geschäftsjahre werden bis spätestens 31.11.2012 an [den Beklagten] ausgeschüttet. Einvernehmlich beträgt der ab 01.11.2010 fällige Mindest-Nettobetrag exkl KESt EUR 2.390,– p.m., wobei sich dann eine Erhöhung ergibt, wenn aus den dem Vorsichtsprinzip entsprechend ausgebuchten Honorarforderungen und halbfertigen Arbeiten Geldbeträge eingehen […].

Die Gesellschaft, deren Geschäftsjahr jeweils von 01.06. bis 31.05. lief und deren Gesellschaftsvertrag in Punkt 7. lit b 1) vorsah, dass der Beschlussfassung der Gesellschafter nebst den im Gesellschaftsvertrag und im Gesetz bezeichneten Gegenständen die Prüfung und Genehmigung des Jahresabschlusses, die Gewinnausschüttung und die Verteilung des Reingewinns (die Rücklagenbildung ist zulässig) unterliegt, wies in den nachstehenden Jahresabschlüssen folgende Jahresüberschüsse, Gewinnvorträge und Bilanzgewinne aus:

imageEntscheidung

Nach Abschluss des Notariatsakts war der Beklagte für die Geschäftskonten der Gesellschaft (so auch für die Verrechnungskonten 3722 und 3800) nicht mehr zeichnungsberechtigt; sämtliche an den Beklagten geleisteten Zahlungen erfolgten durch Freigabe des neuen Geschäftsführers.

Der Jahresabschluss 2008/2009 war vom Beklagten als Geschäftsführer aufgestellt worden; er war zu diesem Zeitpunkt auch noch Alleingesellschafter gewesen. Eine Gewinnausschüttung fand in diesem Jahr nicht statt.

Es steht nicht fest, dass die Bilanz 2009/2010 (zum Stichtag 31.05.2010) vor Abschluss des Notariatsakts aufgestellt gewesen war; sie wurde am 31.01.2011 beim Firmenbuch eingereicht. Es steht auch nicht fest, dass die Gesellschafter je einen Beschluss über die Feststellung dieser Bilanz gefasst hätten.

Die Bilanzen für die Geschäftsjahre 2011/2012, 2012/2013 und 2013/2014 wurden vom Nachfolger als Geschäftsführer unmittelbar nach deren Aufstellung im Firmenbuch zur Offenlegung angemeldet. Gesellschafterversammlungen oder sonstige Debatten zu den Bilanzen fanden in den Jahren 2011 bis 2014 nicht statt und wurden auch nicht einberufen. Vielmehr wurde der Beklagte bzw dessen Steuerberater erst nach Anmeldung des Jahresabschlusses beim Firmenbuch von den jeweiligen Abschlüssen informiert. Zwischen dem Steuerberater des Beklagten und der Steuerberaterin der Gesellschaft – sie hatte beginnend mit dem Geschäftsjahr 2010/2011 deren Betreuung übernommen – bestanden ständig Unstimmigkeiten über die Verbuchung einzelner Positionen in den Bilanzen und Jahresabschlüssen, die nicht bereinigt werden konnten.

Es steht nicht fest, dass M***** V***** vom Nachfolger oder vom Beklagten oder von der Steuerberaterin je mit den Bilanzen 2009/2010 bis einschließlich 2013/2014 inhaltlich befasst worden wäre.

Dem Beklagten wurden vor Insolvenzeröffnung über einen Zeitraum von mehreren Jahren über die Verrechnungskonten 3722 und 3800 aus der Gesellschaft insgesamt EUR 261.307,69 und EUR 200.814,10 ausbezahlt, darunter auch die monatlichen Zahlungen von EUR 4.000,– und EUR 2.390,–. Ob und welche Forderungen der Beklagte in diesem Zeitraum gegen die Gesellschaft hatte, steht nicht fest.

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 02.12.2014 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet; der Kläger wurde zum Masseverwalter bestellt.

Der Kläger begehrt unter Berufung auf §§ 82, 83 GmbHG vom Beklagten die Rückzahlung von EUR 462.121,79; die Entnahmen und Zahlungen seien ohne Rechtsgrundlage und als gewinnunabhängige Gewinnvorauszahlung erfolgt.

Der Beklagte tritt dem mit der Begründung entgegen, ihm sei lediglich der nach den Verteilungsbeschlüssen, insbesondere dem Notariatsakt zustehende Gewinn zugekommen; jedenfalls sei er diesbezüglich gutgläubig gewesen.

Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von EUR 168.041,49 und wies das Mehrbegehren von EUR 294.080,30 ab. Ein gültiger Gewinnverteilungsbeschluss liege in Form des Notariatsakts lediglich für das Jahr 2008/2009 vor, somit hinsichtlich EUR 392.107,07, wovon 25 % Kapitalertragsteuer abzuziehen seien; der Restbetrag sei zulässige Gewinnverteilung und keine unzulässige Einlagenrückgewähr gewesen. Im Übrigen habe sich der Beklagte aber nicht – auch nicht gutgläubig – auf Gewinnverteilungsbeschlüsse berufen können.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig ist; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, inwieweit § 83 Abs 1 GmbHG eingreift, wenn eine beschlossene Gewinnausschüttung eine erfolgte Vorauszahlung von Gewinnen abdeckt. In der Sache selbst erörterte das Berufungsgericht die Frage, ob bei einer Rückforderung von Abschlagsdividenden aus dem Titel der verbotenen Einlagenrückgewähr mit einem Gewinnverteilungsanspruch aufgerechnet werden könne, kam dann jedoch zum Schluss, dass die Vorgehensweise des Beklagten im Umfang der Klagsabweisung ohnehin lediglich der Entnahme von Gewinnen gedient habe. Im Übrigen teilte es die Auffassung des Erstgerichts, dass keine (weiteren) Gewinnverteilungsbeschlüsse gegeben gewesen seien.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie sind aber nicht berechtigt.

1. Zur Revision des Klägers:

Es ist im Revisionsverfahren zutreffend nicht (mehr) strittig, dass im Hinblick auf Punkt 7. lit b 1) des Gesellschaftsvertrags und im Einklang mit § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG unter anderem die Verteilung des Bilanzgewinns (per Stichtag 31.05.) der Beschlussfassung der Gesellschafter vorbehalten und dass diese Voraussetzung aufgrund des Abschlusses des Notariatsakts vom 29.11.2010 (jedenfalls) hinsichtlich des Bilanzgewinns der Gesellschaft für das Jahr 2008/2009 in Höhe von EUR 392.107,07 erfüllt ist. Diesen Betrag – abzüglich der von der Gesellschaft selbst abzuführenden Kapitalertragsteuer (§ 95 Abs 3 EStG) – erkannten die Vorinstanzen dem Beklagten zu, indem sie das Klagebegehren insoweit abwiesen.

Dem hält der Kläger in seiner Revision ausschließlich entgegen, die Vorinstanzen hätten zu Unrecht eine Aufrechnung des Beklagten mit diesem Gewinnauszahlungsanspruch gegen die Ansprüche der Gesellschaft aus dem Verrechnungskonto zugelassen; er unterstellt dabei, dass sich seine Ansprüche gegen den Beklagten auf § 83 GmbHG gründen. Nun hat zwar das Berufungsgericht ausdrücklich klargestellt, dass seiner Auffassung nach § 83 GmbHG hier nicht eingreife; eine Aufrechnung wäre im vorliegenden Fall aber selbst dann als zulässig anzusehen, wenn die Zahlungen an den Beklagten als Einlagenrückgewähr anzusehen wären:

Der erkennende Senat hat in der Entscheidung 6 Ob 72/16f (GesRz 2016, 343 [Ettmayer/Arnold]) zwar klargestellt, dass eine Aufrechnung gegen Ansprüche aus der verbotenen Rückgewähr von Einlagen (mit Gewinnanteilen) nicht zulässig ist und begründete dies mit der Wertung des § 63 Abs 3 GmbHG. Ettmayer/Arnold (GesRz 2016, 345 [Entscheidungsanmerkung]) weisen allerdings zutreffend darauf hin, dass diese Bestimmung jedenfalls einer Aufrechnung durch die Gesellschaft nicht entgegensteht (ebenso Koppensteiner/Rüffler, GmbH-Gesetz3 [2007] § 63 Rz 19; Baier in Gruber/Harrer, GmbHG [2014] § 63 Rz 80; Schopper in Straube, WK zum GmbH-Gesetz [2015] § 63 Rz 111), welche Einschränkung des Aufrechnungsverbots auch bei analoger Anwendung der Bestimmung im Bereich der Kapitalerhaltung zu gelten habe. Eine solche außergerichtliche Aufrechnung – der Beklagte hat im Verfahren folgerichtig auch keine Kompensandoforderung erhoben – ist im vorliegenden Fall darin zu erblicken, dass durch die Gewinne die Verrechnungskonten „glattgestellt“ werden sollten.

Die Vorinstanzen haben somit das Klagebegehren hinsichtlich eines Teilbetrags von EUR 294.080,30 zutreffend abgewiesen.

2. Zur Revision des Beklagten:

2.1. Soweit dem Beklagten Zahlungen (Gewinnausschüttungen) für einen Zeitraum nach dem Geschäftsjahr 2008/2009 zuflossen, sind die Ausführungen der Vorinstanzen zutreffend, dass mangels Feststellung der jeweiligen Jahresabschlüsse verbindliche Beschlüsse über die Verteilung der Bilanzgewinne nicht vorlagen. Dass damit ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nach §§ 82, 83 GmbHG gegeben war, bedarf dann aber keiner weiteren Erörterung (vgl bloß Bauer/Zehetner in Straube, WK zum GmbH-Gesetz [2009] § 82 Rz 49; 6 Ob 198/15h NZ 2016/149 [Brugger]; 6 Ob 72/16f). Der Beklagte ficht in seiner Revision unter mehreren Revisionsgründen die Auffassung der Vorinstanzen zwar hinsichtlich der fehlenden Feststellung des Jahresabschlusses 2009/2010 zum Zeitpunkt des Abschlusses des Notariatsakts vom 29.11.2010 an; er übersieht dabei aber, dass er damit in Wahrheit lediglich versucht, in unzulässiger Weise die Feststellungen der Vorinstanzen anzugreifen. Dass der Notariatsakt vom 29. 11. 2010 ausdrücklich vorsieht, dass sämtliche bis zum 31.05.2010 erwirtschafteten Gewinne der Gesellschaft dem Beklagten allein zustehen, ändert nichts daran, dass infolge nichtbewiesener vollständiger Aufstellung des Jahresabschlusses 2009/2010 bei Errichtung des Notariatsakts eine Feststellung des Abschlusses nicht möglich war. Damit konnte es sich bei den Entnahmen des Beklagten insoweit aber nicht um eine Umsetzung von Gewinnverteilungsbeschlüssen (vgl 1.) handeln.

2.2. Nach in Österreich herrschender Auffassung darf der Gewinn einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht vor Feststellung des Jahresabschlusses und dem damit verbundenen Gewinnverteilungsbeschluss ausgeschüttet werden; derartige Vorauszahlungen auf künftige Gewinnansprüche (Dividendenabschlagszahlungen iSd § 54a AktG) sind im Hinblick auf § 82 Abs 5 GmbHG unzulässig (Koppensteiner/Rüffler, GmbH-Gesetz § 82 Rz 12; Bauer/Zehentner aaO, Rz 50; Auer in Gruber/Harrer, GmbHG § 82 Rz 35 – alle unter Hinweis auf HS 2259 NZ 1911, 295 sowie Reich-Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung bei der AG, GmbH sowie GmbH & Co KG [2004] 116, vgl auch Thiery, Privatausgaben zu Lasten der GmbH, ecolex 1992, 632, Krejci, Zum GmbH-rechtlichen Ausschüttungsverbot, wbl 1993, 269), womit der Anspruch des Klägers hinsichtlich dieser Entnahmen – soweit sie nicht ohnehin durch spätere Buchungen auf den Verrechnungskonten zugunsten des Beklagten bereits wieder rückgeführt wurden – grundsätzlich zu Recht besteht.

2.3. Die Vorinstanzen berücksichtigten die Auszahlungen an den Beklagten zu dessen Gunsten lediglich netto, also unter Abzug der von der Gesellschaft an die Abgabenbehörde abzuführenden Kapitalertragsteuer (§ 95 Abs 3 EStG). Dass die Gesellschaft die Steuer tatsächlich nicht abgeführt hätte, wie der Beklagte nunmehr in seiner Revision meint, lässt sich weder den Feststellungen der Vorinstanzen entnehmen noch hat sich der Beklagte darauf bislang berufen, womit ein Verstoß gegen das Neuerungsverbot vorliegt.

2.4. Nach § 83 Abs 1 letzter Satz GmbHG kann ein Gesellschafter in keinem Fall verhalten werden zurückzuzahlen, was er in gutem Glauben als Gewinnanteil bezogen hat. Dies gilt aber nur dann, wenn sich der gute Glaube auf die ordnungsgemäße Ermittlung des Bilanzgewinns und – sofern erforderlich – auch auf die Rechtmäßigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses, auf die sich demnach ergebende Höhe des Gewinnanspruchs sowie auch auf das Nichtbestehen eines Auszahlungshindernisses bezieht (Auer aaO, § 83 Rz 18; Bauer/Zehetner aaO, § 83 Rz 41; Koppensteiner/Rüffler aaO, § 83 Rz 10). Lagen somit ordnungsgemäß Gewinnverwendungsbeschlüsse gar nicht vor, scheidet guter Glaube aus.

2.5. Damit war aber auch der Revision des Beklagten ein Erfolg zu versagen.

3. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Leitsätze

  • Gutgläubig bezogene Gewinnanteile einer GmbH

    Gutgläubig bezogene Gewinnanteile einer GmbH müssen vom Gesellschafter nicht zurückbezahlt werden. Vorauszahlungen auf künftige Gewinnansprüche sind allerdings unzulässig und können mangels Bestehen eines Gewinnverwendungsbeschlusses nicht gutgläubig entnommen werden. Der Anspruch auf Rückzahlung bestand im Anlassfall zu Recht.
    WEKA (ato) | Judikatur | Leitsatz | 6 Ob 84/17x | OGH vom 29.08.2017 | Dokument-ID: 971945