© WEKA Business Solutions GmbH
A-1200 Wien, Dresdner Straße 45
E-Mail: kundenservice@weka.at

Dokument-ID: 937603

Judikatur | Entscheidung

Ra 2017/17/0201; VwGH; 26. April 2017

GZ: Ra 2017/17/0201 | Gericht: OGH vom 26.04.2017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 23. Dezember 2016, LVwG-411655/6/Gf/Mu, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Gmunden; mitbeteiligte Partei: N A in W, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 11), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 23. August 2016 wurde der Mitbeteiligte als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft (s r o) mit Sitz in der Slowakei der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 iVm § 2 Abs 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) in Bezug auf zwei Glücksspielgeräte im Tatzeitraum Anfang April 2015 bis 21. April 2015 für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von insgesamt EUR 2.000,–, sowie im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 68 Stunden, verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde statt, hob das Straferkenntnis auf und stellte das Strafverfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG ein. Weiters sprach es aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Das Landesverwaltungsgericht traf zur Beurteilung der Vereinbarkeit von Regelungen des GSpG mit Art 56 AEUV ausführliche Feststellungen und gelangte nach umfangreicher Auseinandersetzung mit der Frage der Unionsrechtswidrigkeit des GSpG zum Ergebnis, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art 56 AEUV keine Deckung finde und somit dem Unionsrecht widerspreche, weil es nicht auf einem durch die Rechtsprechung des EuGH anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses - wie etwa dem Spielerschutz und der Suchtvorbeugung oder der Kriminalitätsbekämpfung - basiere, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen diene. Darüber hinaus seien die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsermächtigungen insbesondere mangels der gänzlich fehlenden Notwendigkeit einer vorhergehenden richterlichen Ermächtigung jeweils unverhältnismäßig.

4 Davon abgesehen sei der Mitbeteiligte laut beiliegendem Firmenbuchauszug zum Tatzeitpunkt schon seit einem Jahr nicht mehr dazu befugt gewesen, die verfahrensgegenständliche Gesellschaft, die Eigentümerin der hier maßgeblichen Geräte, zu vertreten.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision mit den Anträgen, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben.

6 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Das Verwaltungsgericht hat seine aufhebende Entscheidung ua auch darauf gestützt, dass der Mitbeteiligte im Tatzeitraum nicht (mehr) befugt gewesen sei, die verfahrensgegenständliche Gesellschaft zu vertreten. Die Richtigkeit dieser Feststellung wurde von der revisionswerbenden Partei nicht bestritten. Aus dem in den Verwaltungsakten einliegenden Firmenbuchauszug ergibt sich auch, dass die Löschung der Funktion des Mitbeteiligten als ständiger Vertreter der slowakischen Gesellschaft im Inland am 9. April 2014 ins (österreichische) Firmenbuch eingetragen wurde.

Liegt der Sitz einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Ausland, so ist die Gesellschaft nach § 107 Abs 1 GmbH-Gesetz, BGBl I Nr 58/1906, durch die Geschäftsführer zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden, wenn sie eine inländische Zweigniederlassung hat.

Abhängig von deren Personalstatut können bzw müssen solche Gesellschaften für den gesamten Geschäftsbetrieb der inländischen Zweigniederlassung mindestens eine Person bestellen, die zur ständigen gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Gesellschaft befugt ist und ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat; eine Beschränkung des Umfangs ihrer Vertretungsmacht ist Dritten gegenüber unwirksam (vgl § 107 Abs 2 GmbH-Gesetz).

10 Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften (sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind) strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Damit sind jedoch nur die durch die Verfassung der juristischen Person (Gesetz, Satzung, Gesellschaftsvertrag) zur Vertretung berufenen Organe gemeint. Darunter fällt aber nicht der ständige Vertreter iSd § 107 Abs 2 GmbH-Gesetz. Durch den Bestellungsakt der ausländischen Gesellschaft zu einem solchen wird dieser nämlich nicht zum Organ der Gesellschaft, sondern nur zu deren rechtsgeschäftlichem Vertreter (vgl Frauenberger-Pfeiler in WK-GmbHG, Rz 71 zu § 107–114, sowie VwGH vom 16. März 2016, Ra 2014/05/0002, zur im wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des § 254 Aktiengesetz, mit zahlreichen weiteren Hinweisen).

11 Im vorliegenden Revisionsfall gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Mitbeteiligte auch zum verantwortlich Beauftragten iSd § 9 Abs 2 VStG bestellt worden wäre. Als ständiger Vertreter iSd § 107 Abs 2 GmbH-Gesetz war der Mitbeteiligte aber nicht iSd § 9 VStG verantwortlich. Das gegenständliche Straferkenntnis wäre daher schon aus diesem Grunde aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen gewesen.

12 Beruht - wie im vorliegenden Revisionsfall - das angefochtene Erkenntnis auf einer (im Ergebnis) tragfähigen Alternativbegründung und wird zu dieser keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, so erweist sich die Revision als unzulässig (vgl etwa VwGH vom 25. November 2015, Ra 2015/16/0114, mwN). Es war daher auf das Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Amtsrevision hinsichtlich der behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses in Bezug auf eine Unionsrechtswidrigkeit des GSpG nicht mehr einzugehen.

13 Da die Revision somit nicht von der Lösung einer grundsätzlichen Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG abhängt, war die Revision gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 26. April 2017

Leitsätze