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Dokument-ID: 1052766

Judikatur | Entscheidung

Ra 2018/15/0072; VwGH; 24. Oktober 2019

GZ: Ra 2018/15/0072 | Gericht: VwGH vom 24.10.2019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der S GmbH als Rechtsnachfolgerin der S Gmbh & Co KG in A, vertreten durch die BDO Austria GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1100 Wien, Am Belvedere 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 6. Juni 2018, Zl RV/5100745/2014, betreffend Feststellung der Einkünfte 2005 bis 2010, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Die Revisionswerberin stellt – nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) – gereinigte Berufs- und Hotelwäsche aller Art einschließlich Matten für Gesundheitswesen, Hotellerie und Gastronomie sowie Industrie und Wirtschaft bereit. Das Service der Revisionswerberin besteht dabei im Bereitstellen der Mietwäsche, Reinigen im vereinbarten zeitlichen Turnus, zweckmäßigem Instandhalten, Lagerhalten, kostenlosen Austausch nach Verschleiß sowie Zustellen/Abholen. Gemäß den vertraglichen Geschäftsbedingungen bleibt die Mietwäsche im Eigentum der Revisionswerberin und darf nur durch sie oder eine von ihr genannte Wäscherei gereinigt und in Stand gehalten werden. Der Kunde verpflichtet sich, seinen kompletten Mietwäschebedarf nur von der Revisionswerberin zu beziehen, und haftet mit Ersatzpreisen für abhanden gekommene und über die normale Verwendung hinaus unbrauchbar gewordene Mietwäsche.

2 Die eingekaufte Mietwäsche wurde von der Revisionswerberin unter Berufung auf § 13 EStG 1988 für steuerliche Zwecke sofort abgeschrieben. Unter Zugrundelegung einer Nutzungsdauer von drei Jahren wurde im Jahresabschluss jeweils eine Bewertungsreserve ausgewiesen.

3 Nach Durchführung einer Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 13 EStG 1988 nicht vorlägen. Gemäß § 13 EStG 1988 sei eine Sofortabschreibung von Wirtschaftsgütern auch bei Anschaffungskosten von nicht mehr als EUR 400,– dann nicht zulässig, wenn es sich um Wirtschaftsgüter handle, die zur entgeltlichen Überlassung bestimmt seien, was im gegenständlichen Fall zutreffe. Zwar interpretierten die Einkommensteuerrichtlinien diese Bestimmung insofern einschränkend als „zur entgeltlichen Überlassung bestimmt“ nicht vorliege, wenn die entgeltliche Überlassung „nur als völlig untergeordneter Nebenzweck anzusehen ist“. Im gegenständlichen Fall bestehe der Zweck der betreffenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, nämlich der diversen Textilien, jedoch in deren Überlassung an die Kunden in Verbindung mit der Erbringung verschiedener Dienstleistungen, insbesondere des regelmäßigen Waschens. Im Prüfungszeitraum habe der Abschreibungsaufwand für Mietwäsche durchwegs ca 18-19 % der Erlöse aus dem Mietwäschegeschäft betragen. Bei 18 % Umsatzanteil könne von einem „völlig untergeordneten Nebenzweck“ keine Rede mehr sein, denn ein solcher liege nicht schon dann vor, wenn der Hauptzweck ein anderer als die bloße Überlassung der Wirtschaftsgüter, hier v.a. das Waschen der Wäsche sei; vielmehr müsse die Relation so sein, dass der Kostenanteil für Wäscheanschaffungen gegenüber jenem für die anderen Zwecke kaum noch ins Gewicht falle. Unter Heranziehung einer anderen Bestimmung des Steuerrechts, in der von einem „völlig untergeordneten Nebenzweck“ die Rede sei, nämlich § 39 Z 1 BAO (bezüglich der Zwecke, die ein Verein verfolgen dürfe, um als gemeinnützig angesehen zu werden), werde in Anlehnung an die Vereinsrichtlinien von einer Obergrenze von 10 % für einen völlig untergeordneten Nebenzweck ausgegangen. Dieser Wert werde im Revisionsfall deutlich und konstant überschritten. Auch die Tatsache, dass die Mietwäsche weit über 90 % des gesamten Anlagevermögens der Revisionswerberin ausmache und der Aufwand für Wäscheanschaffungen jährlich ca EUR 3 Millionen betrage, spreche gegen die Annahme eines völlig untergeordneten Nebenzwecks. Die Hinzurechnung erfolge gemäß § 4 Abs 2 Z 2 EStG 1988 durch Ansatz eines Zuschlages in Höhe der Bewertungsreserve im Wirtschaftsjahr 2004/05 sowie in den Folgejahren durch Hinzurechnung der jeweiligen Veränderung der Bewertungsreserve. 

4 Das Finanzamt folgte dem Prüfer und erließ, nach Wiederaufnahme der Verfahren, neue Feststellungsbescheide hinsichtlich der Einkünfte in den Streitjahren.

5 In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Revisionswerberin vor, der Begriff der „entgeltlichen Überlassung“ in § 13 letzter Satz EStG 1988 stelle auf eine passive Tätigkeit ab. Ihre Geschäftstätigkeit gehe jedoch über eine bloße Überlassung von Wirtschaftsgütern weit hinaus. Die Textilien würden nicht bloß zur Nutzung überlassen, sondern es stünden vielmehr die erbrachten Reinigungs- und Logistikleistungen (als aktive Tätigkeit) im Vordergrund. Die mit der entgeltlichen Überlassung von Miettextilien in Zusammenhang stehenden Kosten (= Abschreibungstangente) betrügen zudem innerhalb des angebotenen Leistungsbündels nur rund 19 %, während sich die übrigen Kosten (Reinigung, Transport, sonstige Kosten) auf durchschnittlich über 75 % belaufen. Damit stelle die Überlassung auch zahlenmäßig einen „völlig untergeordneten Nebenzweck“ dar, gehe die Finanzverwaltung umgekehrt doch auch an anderer Stelle bei Überschreiten einer 75 %-Grenze bereits vom Merkmal „weitaus überwiegend“ aus.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BFG die Beschwerde ab. Begründend führte es aus, in der Literatur werde zum Ausschluss von zur Vermietung bestimmten Wirtschaftsgütern von der begünstigten Abschreibung des § 13 EStG 1988 ausgeführt, dass die Einschränkung einen Missbrauch der Begünstigung verhindern solle; sei die Überlassung ein völlig untergeordneter Nebenzweck (zB Stahlflaschen zum überwiegenden Hauptzweck der Lieferung von Gas), könne § 13 EStG 1988 hingegen weiter in Anspruch genommen werden (Hinweis auf Doralt, EStG, § 13 Tz 9).

7 Aus dem Ausschussbericht zum Steuerreformgesetz 1993 gehe hervor, dass der Finanzausschuss zu Art I Z 8 (§ 13 EStG 1988) die Auffassung vertreten habe, dass die Sofortabschreibung entgeltlich überlassener Wirtschaftsgüter in jenen Fällen weiterhin möglich sein werde, in denen die Überlassung als völlig untergeordneter Nebenzweck anzusehen sei. Dies werde etwa für entgeltlich überlassene Gasflaschen gelten, wenn der weitaus überwiegende Hauptzweck die Lieferung von darin befindlichem Gas sei, sowie für die Überlassung von Krankenhaus-Bettwäsche, wenn der weitaus überwiegende Hauptzweck die ständige Reinigung der Krankenwäsche sei.

8 Die Überlassung von Gasflaschen erfolge insoweit nur zum Zweck der Gaslieferung, als die Gaslieferung aufgrund der Flüchtigkeit von Gas sonst gar nicht erfolgen könnte. Die Gasflaschenüberlassung sei daher kein Hauptzweck neben der Gaslieferung, sondern ermögliche nur den Hauptzweck der Gaslieferung, während die Flaschenüberlassung in diesem Zusammenhang eben nur einen völlig untergeordneten Nebenzweck darstelle. Bei der Überlassung von Krankenhaus-Bettwäsche sei weitaus überwiegender Hauptzweck die ständige Reinigung von Krankenwäsche, dh die Zurverfügungstellung von hygienisch sauberer Wäsche wie durch eine Krankenhauswäscherei, wo diese in eigener Dienstleistung gewaschen, gebügelt und desinfiziert werde. Die Überlassung von Krankenhaus-Bettwäsche stelle dabei einen völlig untergeordneten Nebenzweck dar, weil eine Wäschereinigung ohne Vorhandensein von Wäsche nicht möglich ist.

9 Es sei nun zu untersuchen, ob die Tätigkeit der Revisionswerberin sich auf die vergleichbare Dienstleistung einer Krankenhauswäscherei bei Zurverfügungstellung von hygienisch sauberer Wäsche beschränke oder darüber hinausgehe. Dazu sei festzustellen, dass die Revisionswerberin ihre Kunden nicht nur im Krankenhausbereich, sondern auch in der Hotellerie und Gastronomie habe und Bereitstellung, Säuberung und Logistik für Arbeitsbekleidung (ua mit speziellem Hitzeschutz) sowie Saubermattenservice und -bereitstellung anbiete. Es sei offenkundig, dass bei der Überlassung der Textilien in der Hotellerie und Gastronomie sowie im Bereich der Arbeitskleidung und Saubermatten die Zurverfügungstellung des zu reinigenden Materials eine andere Dimension aufweise als die im Ausschussbericht angesprochene Überlassung von Krankenhaus-Bettwäsche. Es handle sich bei den überlassenen Wirtschaftsgütern nicht mehr nur um in gleicher Qualität, Farbe und Größe zur Verfügung gestellte und den Zweck der hygienisch sauberen Wäsche erfüllende Textilien, sondern um in Design, Qualität, Ausstattung und Firmenaufschrift unterschiedliche Produkte, die zu beschaffen und logistisch zu behandeln seien.

10 Die Revisionswerberin bezeichne dementsprechend in ihrem Gesellschaftsvertrag als Unternehmensgegenstand auch den Handel mit und die Vermietung von Berufs- und Hotelwäsche aller Art sowie sonstiger Textilien. Wäre sie der Meinung, dass die Reinigungsleistung den Hauptzweck der von ihr angebotenen Dienstleistungen darstelle, hätte sie dies in der Bezeichnung des Unternehmensgegenstands deutlicher zum Ausdruck gebracht. Auch aus dem Lagebericht für das Geschäftsjahr 2008/2009 gehe hervor, dass Unternehmensgegenstand Vermietung und Verkauf von Berufs- und Hotelwäsche aller Art für Gesundheitswesen, Hotellerie und Gastronomie sowie Industrie und Wirtschaft sowie gereinigter und frisch aufbereiteter Matten darstelle, wobei auf die Reinigungsleistung nicht gesondert hingewiesen werde. Zudem habe die Revisionswerberin auch in ihrer Beschwerdeausführung selbst davon gesprochen, dass die Überlassung (von Textilien) „untrennbarer Teil einer anderen Hauptleistung“ sei. Damit gehe sie selbst davon aus, dass sowohl die Überlassung (von Textilien) als auch deren Reinigung jeweils Hauptleistungen darstellen. Sei die von ihr getätigte Überlassung von Textilien – auch – eine Hauptleistung, könne sie aber schon begrifflich keinen „völlig untergeordneten Nebenzweck“ darstellen.

11 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die außerordentliche Revision.

12 Zu deren Zulässigkeit bringt die Revisionswerberin vor, Rechtsprechung des VwGH zu vergleichbaren Überlassungsgütern fehle. Der Gesetzgeber des Steuerreformgesetzes 1993 habe Verlustbeteiligungsmodelle vom Anwendungsbereich des § 13 EStG 1988 ausschließen wollen, nicht jedoch jene Geschäftstätigkeiten, bei denen die Komponente der Überlassung lediglich einen völlig untergeordneten Nebenzweck neben dem weitaus überwiegenden Hauptzweck darstelle. Das zu § 13 EStG 1988 in der Fassung nach dem Steuerreformgesetz 1999 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs 2011/15/0084 beziehe sich auf einen nicht vergleichbaren Sachverhalt, wo eine Sofortabsetzung insbesondere aufgrund des Vorliegens einer Sachgesamtheit verneint worden sei.

13 Zudem habe das BFG seine Beweiswürdigung in unvertretbarer Weise vorgenommen, als es ohne nähere Ermittlungen eine Unterscheidung zwischen „unschädlicher“ Krankenhaus-Bettwäscherei und „schädlicher“ anderer Geschäftsbereiche (Arbeitskleidung, Hotellerie, Gastronomie etc) getroffen habe, obwohl der Textilanteil für Flachwäsche in Prozent des Umsatzes in den Bereichen Hotellerie bzw Gastronomie im Vergleich zum Gesundheitswesen nur marginal abweiche, die angebotenen Leistungen in einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise gleichartig seien und die Textilreinigung in beiden Bereichen aufgrund des Geschäftsmodells der Revisionswerberin ohne Vorhandensein von Textilien nicht möglich sei.

14 Da die Bereitstellung von speziell aufbereiteter Mietwäsche der Geschäftsgegenstand der Revisionswerberin schlechthin sei, müsse die Betriebsprüfung die ertragsteuerrechtliche Behandlung der Wäsche in den Vorjahren bewusst zur Kenntnis genommen haben. In einer solchen Fallkonstellation, zu der Rechtsprechung des VwGH fehle, verbiete auch schon der Grundsatz von Treu und Glauben eine veränderte rechtliche Beurteilung für die Vergangenheit.

15 Das mitbeteiligte Finanzamt hat auf eine Revisionsbeantwortung verzichtet.

16 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

17 Die Revision ist zulässig; sie ist auch begründet.

18 Gemäß § 13 EStG 1988 können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Anlagegütern als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn diese Kosten für das einzelne Anlagegut EUR 400,– nicht übersteigen (geringwertige Wirtschaftsgüter). Wirtschaftsgüter, die aus Teilen bestehen, sind als Einheit aufzufassen, wenn sie nach ihrem wirtschaftlichen Zweck oder nach der Verkehrsauffassung eine Einheit bilden.

19 Durch Art I Z 8 StRG 1993, BGBl Nr 818, wurde § 13 EStG 1988 mit Wirkung ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 1994 ein letzter Satz angefügt, nach dem die Sofortabschreibung für „Wirtschaftsgüter, die zur entgeltlichen Überlassung bestimmt sind“, ausgeschlossen ist. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1237 BlgNR 18. GP 51) wird dazu ausgeführt:

„In letzter Zeit wurden Verlustmodelle entwickelt, bei denen die Verluste aus der Geltendmachung von Sofortabschreibungen nach § 13 für vermietete geringwertige Wirtschaftsgüter (zB Einkaufswagen) resultierten. Da die Vermietung dieser Wirtschaftsgüter im allgemeinen gleichzeitig den Betriebszweck darstellt und die Wirtschaftsgüter im Verhältnis zum übrigen Betriebsvermögen somit keine ‚Geringwertigkeit' im Sinne des Gesetzeszweckes aufweisen, soll § 13 in Hinkunft nicht für zur Vermietung bestimmte Wirtschaftsgüter anzuwenden sein.“

20 Im Bericht des Finanzausschusses (1301 BlgNR 18. GP 3) traf dieser zur beabsichtigten Ergänzung des § 13 EStG 1988 folgende Feststellung:

„Zu Art I Z 8 (§ 13 EStG 1988) vertritt der Finanzausschuß die Auffassung, daß die Sofortabschreibung entgeltlich überlassener Wirtschaftsgüter in jenen Fällen weiterhin möglich sein wird, in denen die Überlassung als völlig untergeordneter Nebenzweck anzusehen ist. Dies wird etwa für entgeltlich überlassene Gasflaschen gelten, wenn der weitaus überwiegende Hauptzweck die Lieferung von darin befindlichem Gas ist, weiters für die Überlassung von Krankenhaus-Bettwäsche, wenn der weitaus überwiegende Hauptzweck die ständige Reinigung der Krankenwäsche ist.“

21 § 13 letzter Satz EStG 1988 ist nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Jänner 2014, 2011/15/0084, nicht auf Verlustbeteiligungsmodelle beschränkt. Entscheidend für seine Anwendung ist, dass Anlagevermögen vorliegt, das zur entgeltlichen Überlassung bestimmt ist. Auf die Kostenstruktur, insbesondere darauf, welchen Anteil der Personalaufwand an den Gesamtkosten hat, kommt es ebenso wenig an wie auf die zivilrechtliche Einordnung der Verträge.

22 Ob – wie dies der Ansicht des Finanzausschusses entspricht (1301 BlgNR 18. GP 3) – die Sofortabschreibung entgeltlich überlassener Wirtschaftsgüter in jenen Fällen weiterhin möglich ist, in denen die Überlassung als völlig untergeordneter Nebenzweck anzusehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis offen gelassen, weil im damaligen Beschwerdefall bereits einerseits die Überlassung der streitgegenständlichen Baugerüste „den Hauptzweck des vorliegenden Leistungspakets“ bildete und andererseits Gerüstteile für den Fassadenbau ohnedies nicht als Einzelteile, sondern als Sachgesamtheit anzusehen sind. Weitere Feststellungen zum Charakter des Leistungspakets waren daher schon aus diesem Grund nicht erforderlich.

23 Die Revisionswerberin vertritt in ihrer Revision – im Einklang mit der hg. Rechtsprechung – die Ansicht, dass es nicht von Bedeutung sei, welche Kostenrelationen das angebotene Leistungspaket aufweise. Dafür spreche auch das vom Finanzausschuss angesprochene Beispiel der Überlassung von Gasflaschen. Laut Internetrecherche betrügen nämlich die Kosten für eine Pfand(gas)flasche EUR 42,–, während die Kosten für eine Gasfüllung EUR 22,50 betrügen. Die Kostenrelation einer Pfandgasflasche zum Gesamtkaufpreis liege sohin bei rund 65 %; dennoch solle ihre Sofortabsetzung möglich sein. Die Ausschlussbestimmung gelange daher – gemäß der Intention des Gesetzgebers – nur dann zur Anwendung, wenn sich der wirtschaftliche Zweck der angebotenen Leistung in der bloßen entgeltlichen (passiven) Überlassung von Wirtschaftsgütern erschöpfe. Sei Hauptzweck des angebotenen Leistungsbündels nicht die entgeltliche Zurverfügungstellung von Wirtschaftsgütern selbst, gelange sie nicht zur Anwendung. Die Feststellung des wirtschaftlichen Zwecks des angebotenen Leistungsspektrums habe dabei nicht anhand der Kostenbestandteile der einzelnen Teilleistungen, sondern in einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu erfolgen.

24 Hauptzweck des von der Revisionswerberin angebotenen Leistungspakets sei die Zurverfügungstellung gereinigter Textilien und die Abwicklung der gesamten Logistik für ihre Kunden. Die Überlassung der Textilien stelle dabei nur Mittel zum erwünschten Hauptzweck dar. Die Erbringung der Dienstleistung stehe im Vordergrund. Dies werde durch täglich gereinigte Textilien von 545 Tonnen sowie eine tägliche Kilometerleistung von 30.000 km des 280 Lieferfahrzeuge umfassenden Fuhrparks bestätigt. Die Revisionswerberin sei dabei zudem genau in jenem Geschäftsbereich (Überlassung und ständige Reinigung von Krankenhausbettwäsche) tätig, welcher sich nach Ansicht des Finanzausschusses sowie der hL auch nach dem Steuerreformgesetz 1993 weiterhin auf die Bestimmungen des § 13 EStG 1988 berufen könne.

25 Zu Recht weist die Revisionswerberin damit darauf hin, dass der weitaus überwiegende Hauptzweck ihres Leistungspakets – ebenso wie in dem vom Finanzausschuss genannten Beispiel der Überlassung und ständigen Reinigung von Krankenhausbettwäsche – die ständige Reinigung der überlassenen Wäsche und somit die entsprechend ihrem Betriebszweck laufend wiederkehrend erbrachte aktive Dienstleistung ist.

26 Im Lichte der Ausführungen im Bericht des Finanzausschusses zum Regelungszweck der Bestimmung, die im Wortlaut des Gesetzes auch Deckung findet, ist der Ausschluss der Sofortabschreibung in einem solchen Fall nicht anwendbar.

27 Die Wirtschaftsgüter stellen sich diesfalls nicht als bloß „zur entgeltlichen Überlassung bestimmt(e)“ Wirtschaftsgüter iSd § 13 letzter Satz EStG 1988 dar, deren Vermietung an sich bereits einen eigenständigen Betriebszweck bildet. Vielmehr werden sie laufend von ihrer Eigentümerin selbst im eigenen Betrieb eingesetzt, bearbeitet und dann kurzfristig erneut ausgegeben. Damit steht aber nicht eine (längerfristige) passive Überlassungsleistung im Vordergrund der „Bestimmung“ dieser Wirtschaftsgüter, sondern ihr laufender Einsatz im eigenen Betrieb der Revisionswerberin zur laufend wiederkehrenden Erbringung der von ihr angebotenen Dienstleistung.

28 Im Übrigen hat das BFG im Revisionsfall auch die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 EStG 1988 nicht hinreichend geprüft. Sind die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 4 Abs 2 Z 2 EStG 1988 erfüllt, liegt die iZm einer Bilanzberichtigung erfolgende Vornahme von Zu- oder Abschlägen zur Erreichung des richtigen Totalgewinnes im Ermessen der Behörde. Eines der Tatbestandsmerkmale besteht darin, dass „nur“ aufgrund der bereits eingetretenen Verjährung die steuerwirksame Korrektur des Bilanzierungsfehlers nicht mehr im „Wurzeljahr“ erfolgen kann. Wie die ErlRV des AbgÄG 2012, mit welchem § 4 Abs 2 EStG 1988 neu gefasst wurde (1960 BlgNR 24. GP 19), ausführen, kommen die Zu- oder Abschläge nur in Betracht, „wenn ein Verfahrenstitel vorliegt, der es ermöglichen würde, den fehlerhaften Bescheid (des Wurzeljahres) in Durchbrechung der Rechtskraft zu korrigieren und der Einsatz dieses Verfahrenstitels bloß deswegen nicht möglich ist, weil dem die eingetretene Verjährung entgegensteht. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass für eine Fehlerberichtigung in Bezug auf verjährte Zeiträume dieselben verfahrensrechtlichen Anforderungen für die Durchbrechung der Rechtskraft gelten wie sie für eine derartige Maßnahme in Bezug auf nicht verjährte Zeiträume besteht.“ Somit ist zu prüfen, ob – bei Ausblendung der eingetretenen Verjährung – die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die berichtigte Festsetzung der Einkommenbzw. Körperschaftsteuer des Wurzeljahres gegeben sind, insbesondere etwa weil auch im Vergleich zur bisherigen Veranlagung des Wurzeljahrs Tatsachen neu hervorgekommen sind und somit eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO möglich wäre (vgl. Doralt et al, EStG17, § 4 Tz 154). Eine gesonderte Prüfung der Durchbrechungsmöglichkeit der Rechtskraft in Bezug auf die (verjährten) Wurzeljahre (unter Ausblendung der Verjährung) ist im gegenständlichen Fall vom Finanzamt im Zuge seiner die Streitjahre ab 2005 betreffenden Wiederaufnahme offenkundig nicht erfolgt und vom BFG nicht erläutert worden, obwohl gerade hinsichtlich des Neuerungstatbestands der jeweilige Wissensstand der wiederaufnehmenden Abgabenbehörde zum Wiederaufnahmegrund in den Abgabenverfahren der Vorjahre (Wurzeljahre) – etwa aufgrund unterschiedlich vorgelegter Informationen seitens der Abgabepflichtigen oder einer in den Vorjahren durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung – unterschiedlich sein kann.

29 § 4 Abs 2 Z 2 EStG 1988 lässt die Vornahme von Zu- und Abschlägen zudem bloß für den ersten im Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum zu, also nur für das älteste noch nicht verjährte Veranlagungsjahr. Im Bericht über die Außenprüfung, der mit 27. Mai 2013 datiert ist, setzt der Prüfer für das Wirtschaftsjahr 2004/2005 den Zuschlag (für Bilanzberichtigungen der beiden Vorjahre) an und unterlässt dabei Ausführungen zur Verjährung. Das Finanzamt schloss sich den Prüfungsfeststellungen an und erließ (nach Wiederaufnahme des Verfahrens) einen entsprechenden, auch den Gewinnzuschlag nach § 4 Abs 2 beinhaltenden Feststellungsbescheid nach § 188 BAO für das Jahr 2005, allerdings – wegen besonderer Umstände bei der Bescheidzustellung – erst im Februar 2014. Ob im Zeitraum von der Berichtsverfassung bis zur Bescheiderlassung (Mai 2013 bis Februar 2014) die Verjährungssituation unverändert geblieben ist, führt das Finanzamt nicht aus. Der Bescheid des Finanzamtes wie auch das angefochtene Erkenntnis enthalten sich jeglicher Begründung zur Verjährung. Freilich kann bei einer Mitunternehmerschaft für jeden Mitunternehmer ein anderes Jahr der „erste zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht verjährte Veranlagungszeitraum“ sein. Ob die Möglichkeit unterschiedlicher Verjährungssituationen bei den Mitunternehmern zur Folge hat, dass Zu- und Abschläge nach § 4 Abs 2 EStG 1988 überhaupt nicht im Feststellungsbescheid nach § 188 BAO, sondern erst im Einkommenbzw. Körperschaftsteuerverfahren der Mitunternehmer vorgenommen werden dürfen (vgl. hiezu Doralt et al, EStG17, § 4 Tz 156), kann im gegenständlichen Fall, weil das angefochtene Erkenntnis ohnedies als inhaltlich rechtswidrig aufzuheben war, dahingestellt bleiben.

30 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Leitsätze

  • Einkommensteuerliche Sofortabschreibung von „Geringwertigen Wirtschaftsgütern“ gemäß § 13 EStG 1988

    § 13 EStG 1988 können geringwertige Wirtschaftsgüter, deren Kosten 400 EUR nicht übersteigen, sofort abgeschrieben werden, es sei denn, die Wirtschaftsgüter seien für die entgeltliche Überlassung bestimmt. Die Sofortabschreibung ist allerdings dann nicht ausgeschlossen, wenn die Vermietung der Wirtschaftsgüter lediglich einen völlig untergeordneten Nebenzweck zur Erreichung des überwiegenden Hauptzwecks darstellt.
    Eva-Maria Hintringer | Judikatur | Leitsatz | Ra 2018/15/0072 | VwGH vom 24.10.2019 | Dokument-ID: 1052743