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Dokument-ID: 961157

Judikatur | Entscheidung

Ro 2015/15/0045; VwGH; 28. Juni 2017

GZ: Ro 2015/15/0045 | Gericht: VwGH vom 28.06.2017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Mag. Dr. Köller, MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision der W GmbH in E, vertreten durch die ATS Treuhand Steuerberatung GmbH in 4070 Eferding, Bahnhofstraße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 9. September „2013“, Zl RV/5101372/2015, betreffend ua die Umsatzsteuerfestsetzung April bis Oktober 2013, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird, soweit es die Umsatzsteuerfestsetzung April bis Oktober betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Bei der Revisionswerberin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wurde eine abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt. Der Prüfer stellte ua fest, dass die Revisionswerberin im Streitzeitraum Umsätze aus Buchhaltungs- und Bilanzierungsarbeiten sowie aus der Unternehmensberatung erzielt und nach Maßgabe der vereinnahmten Entgelte versteuert habe (§ 17 Abs 1 UStG 1994). Gemäß § 17 Abs 1 UStG 1994 hätten Unternehmer, die eine Tätigkeit iSd § 22 Z 1 EStG 1988 ausübten, berufsrechtlich zugelassene Gesellschaften und gesetzliche Prüfungs- und Revisionsverbände, die der freiberuflichen Tätigkeit entsprechende Leistungen erbrächten, die mit diesen Umsätzen zusammenhängende Steuer nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen (Istbesteuerung). Die Einkünfte eines selbstständigen Buchhalters stellten seit Inkrafttreten des Bilanzbuchhaltungsgesetzes (BiBuG) Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23 EStG 1988) dar. Hinsichtlich dieser Entgelte komme die Ist-Besteuerung nicht in Betracht. Dasselbe gelte für die Entgelt, die aus der Unternehmensberatertätigkeit resultierten, weil für Unternehmensberater keine berufsrechtlichen Regelungen existierten und es sich bei der Revisionswerberin somit nicht um eine berufsrechtlich zugelassene Gesellschaft handle.

2 Das Finanzamt folgte dem Prüfer und setzte die Umsatzsteuer für den Zeitraum April bis Oktober 2013 entsprechend der angeführten und weiteren nicht mehr verfahrensgegenständlichen Feststellungen fest.

3 Die Revisionswerberin erhob gegen den im Anschluss an die abgabenbehördliche Prüfung ergangenen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid Beschwerde und brachte ua vor, dass sie als Unternehmensberaterin tätig sei und eine entsprechende Gewerbeberechtigung besitze. Die Ausübung der Unternehmensberatertätigkeit in der Rechtsform einer GmbH sei berufsrechtlich (hier gewerberechtlich) zugelassen. Das Finanz- und Rechnungswesen seien Teil der Unternehmensberatung, die in § 22 Z 1 lit b EStG 1988 ausdrücklich angeführt sei. Die Besteuerung habe daher nach vereinnahmten Entgelten zu erfolgen.

4 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass unter § 22 Z 1 lit b EStG 1988 nur die Tätigkeit natürlicher Personen als Unternehmensberater falle. Da sich § 22 EStG 1988 nur auf natürliche Personen beziehe, werde in § 17 Abs 1 UStG 1994 geregelt, dass auch berufsrechtlich zugelassene Gesellschaften und gesetzliche Prüfungs- und Revisionsverbände, die der freiberuflichen Tätigkeit entsprechende Leistungen erbrächten, die Steuer für die mit diesen Tätigkeiten zusammenhängenden Umsätze nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen hätten. Die berufsrechtliche Zulassung einer Gesellschaft, wie zB nach § 2 WTBO, sei im Bereich der Unternehmensberater mangels entsprechender berufsrechtlicher Regelungen nicht gegeben. Die Besteuerung könne daher entsprechend den allgemeinen Regeln des UStG 1994 nur nach vereinbarten Entgelten erfolgen.

5 Die Revisionswerberin beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte im Vorlageantrag ergänzend vor, in unionsrechtskonformer Interpretation könnten Selbständige iSd § 22 EStG 1988, die ihr Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft führten, die Istbesteuerung dann in Anspruch nehmen, wenn die Gesellschaft ausschließlich selbstständige Tätigkeiten ausübe (Hinweis auf Rz 2452 der Umsatzsteuerrichtlinien des Bundesministeriums für Finanzen).

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde, soweit sie die Versteuerung der Umsätze aus der Tätigkeit der Unternehmensberatung nach Maßgabe der vereinnahmten Entgelte betraf, keine Folge. Es traf die Feststellung, dass die Revisionswerberin den Geschäftszweig der Unternehmensberatung ausübe. In rechtlicher Hinsicht führte es sodann aus, gemäß § 17 Abs 1 UStG 1994 könne die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten von Unternehmern in Anspruch genommen werden, die eine Tätigkeit iSd § 22 Z 1 EStG 1988 ausübten und von „berufsrechtlich zugelassenen Gesellschaften“.

7 Ob Kapitalgesellschaften, die der freiberuflichen Tätigkeit entsprechende Leistungen erbrächten, der Ist-Besteuerung unterlägen, hänge daher davon ab, ob sie nach dem jeweiligen Berufsrecht zugelassen seien. Vom "Berufsrecht" spreche man, wenn für einen Wirtschaftsbereich mit selbstständiger Tätigkeit spezielle Regelungen geschaffen würden. So enthielten etwa die Rechtsvorschriften des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes (WTBG, vormals WTBO) und die auf dem WTBG aufbauenden Verordnungen der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, wie die Wirtschaftstreuhandberufsausübungsrichtlinie (VO nach § 83 WTBG), die Steuerfachzulassungsprüfungsverordnung (VO nach § 14 Abs 4 WTBG), die Wirtschaftsprüferfachzulassungsverordnung (VO nach § 16 Abs 4 WTBG) und die Wirtschaftstreuhänderprüfungsordnung (VO nach § 54 WTBG) das Berufsrecht der Wirtschaftstreuhänder. Bereits in der WTBO sei die Ausübung der Tätigkeit durch Personengesellschaften und juristische Personen geregelt gewesen (§ 2 Abs 5). Im WTBG seien die zulässigen Gesellschaftsformen in § 66 normiert.

8 Für Unternehmensberater seien keine berufsrechtlichen Regelungen geschaffen worden. „Berufsrechtliche Zulassung“ nach § 17 UStG 1994 bedeute, dass ein Berufsgesetz für Unternehmensberater vorliegen müsse, auf dem in der Folge Verordnungen aufbauten. In Deutschland sei 1997 ein Gesetz vorgeschlagen, letztlich aber nicht erlassen worden. Auch in Österreich bestehe kein Berufsgesetz für Unternehmensberater. Die für Unternehmensberater geltende Unternehmensberatungsverordnung, die die Zugangsvoraussetzungen und die Unternehmensorganisation regle, sei eine aufgrund des § 18 Abs 1 der Gewerbeordnung ergangene Verordnung und damit keine berufsrechtliche Vorschrift. Andere Regelungen bestünden nicht.

9 Da die Tätigkeit der Unternehmensberater – anders als die Tätigkeit von Rechtsanwälten oder Wirtschaftstreuhändern – keiner berufsrechtlichen Regelung unterliege, sei die Voraussetzung des § 17 Abs 1 UStG 1994 nicht erfüllt. Damit könne eine Unternehmensberatungs-GmbH die Istbesteuerung nicht in Anspruch nehmen. Auch der Verweis auf Rz 2452 der Umsatzsteuerrichtlinien des Bundesministeriums für Finanzen verhelfe der Revisionswerberin nicht zum Erfolg. Dort werde planenden Baumeistern, die ihr Unternehmen in Form einer Kapitalgesellschaft führten, unter Verweis auf das EuGH-Urteil vom 16. Oktober 2008, C-253/07, Canterbury Hockey Club, die Istbesteuerung zugestanden, wenn sie eine unmittelbar ziviltechnikerähnliche Tätigkeit ausübten. Im angeführten Urteil werde die Frage behandelt, ob der in Art 13 Teil A der 6. RL angeführte Teilsatz „an Personen erbringen“ wörtlich zu verstehen oder einer weiten Auslegung zugänglich sei. Der EuGH habe festgestellt, dass der Ausdruck „Personen“ weit genug sei, um natürliche Personen und juristische Personen zu erfassen. Im gegenständlichen Fall gehe es aber nicht um die Auslegung der MWSt-SystRL, sondern um eine in § 17 Abs 1 UStG 1994 geregelte Voraussetzung für die Istbesteuerung, nämlich ein Berufsgesetz, das im Bereich der Unternehmensberatung nicht vorliege. Eine unionsrechtskonforme Auslegung greife in diesem Fall nicht.

10 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, weil zur Reichweite der Istbesteuerung im Bereich der berufsrechtlich zugelassenen Gesellschaften keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes existiere.

11 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. Das Finanzamt hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Gemäß § 17 Abs 1 erster Satz UStG 1994 haben Unternehmer, die eine Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 1 EStG 1988 ausüben, weiters berufsrechtlich zugelassene Gesellschaften und gesetzliche Prüfungs- und Revisionsverbände, die der freiberuflichen Tätigkeit entsprechende Leistungen erbringen, die Steuer für die mit diesen Tätigkeiten zusammenhängenden Umsätze nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen (Istbesteuerung).

14 § 22 Z 1 EStG 1988 betrifft die Einkünfte natürlicher Personen aus freiberuflicher Tätigkeit und zählt diese taxativ auf. Dazu gehört unter anderem die Tätigkeit der Unternehmensberater (§ 22 Z 1 lit b EStG 1988).

15 Dass Unternehmer, welche Einkünfte aus selbstständiger Arbeit im Sinne der einkommensteuerrechtlicher Vorschriften erzielen, die Steuer für die Umsätze aus dieser Tätigkeit nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen haben, war bereits in § 17 Abs 1 UStG 1972 geregelt. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum UStG 1972 sollten dadurch Härten vermieden werden, die sich für die genannten Unternehmer aus der Sollbesteuerung ergeben könnten (145 BlgNR 13. GP 37). Gedacht war dabei an unbedeutende Anzahlungen für Leistungen, die sich über längere Zeiträume (mehrjährige Prozesse, Vermögensverwaltungen, Planungsarbeiten) erstrecken (vgl. Dorazil/Frühwald/Hock/Mayer/Paukowitsch, UStG 1972, § 17 Anm. 3).

16 Mit BGBl Nr 410/1988 wurde § 17 Abs 1 UStG 1972 dahingehend novelliert, dass auch Wirtschaftstreuhandgesellschaften (§§ 2 und 59 Abs 8 der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung) und gesetzliche Prüfungs- und Revisionsverbände, die der freiberuflichen Tätigkeit entsprechende Leistungen erbringen, die Steuer für die mit diesen Tätigkeiten zusammenhängenden Umsätze nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen haben (627 BlgNR 17. GP 9).

17 § 17 Abs 1 UStG 1972, in der Fassung BGBl Nr 410/1988, wurde unverändert ins UStG 1994 übernommen (so die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum UStG 1994, 1715 BlgNR 18. GP 65).

18 Mit BGBl Nr 21/1995 wurde die Bestimmung des § 17 Abs 1 UStG 1994 schließlich dahingehend geändert, dass – zusätzlich zu den Unternehmern, die eine Tätigkeit im Sinne des § 22 Z l des Einkommensteuergesetzes 1988 ausüben – berufsrechtlich zugelassene Gesellschaften und gesetzliche Prüfungs- und Revisionsverbände, die der freiberuflichen Tätigkeit entsprechende Leistungen erbringen, die Steuer für die mit diesen Tätigkeiten zusammenhängenden Umsätze nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen haben.

19 Ob Kapitalgesellschaften, die der freiberuflichen Tätigkeit entsprechende Leistungen erbringen, der Istbesteuerung unterliegen, hängt davon ab, ob sie nach dem jeweiligen Berufsrecht zugelassen sind (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 17 Rz 17; Kuder/Pfeiffer in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, 46. Lfg, § 17 Tz 23; Gaedke/Huber-Wurzinger in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 17 Rz 16; sowie Pernt in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON2, § 17 Rz 17).

20 Unionsrechtliche Grundlage der in § 17 Abs 1 UStG 1994 getroffenen Regelung ist Art 10 Abs 2 dritter Unterabsatz zweiter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG bzw Art 66 Buchstabe b der mit 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Richtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL).

21 Art 66 der MwStSystRL lautet auszugsweise:

„Abweichend von den Artikeln 63, 64 und 65 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Steueranspruch für bestimmte Umsätze oder Gruppen von Steuerpflichtigen zu einem der folgenden Zeitpunkte entsteht:

a) spätestens bei der Ausstellung der Rechnung;

b) spätestens bei der Vereinnahmung des Preises;

c) im Falle der Nichtausstellung oder verspäteten

Ausstellung der Rechnung (…) binnen einer bestimmten Frist nach dem Eintreten des Steuertatbestands.“

22 Das Unionsrecht räumt somit den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, im nationalen Recht zu normieren, dass der Steueranspruch für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen erst bei der Vereinnahmung des Preises entsteht. Den Mitgliedstaaten ist ein gewisses Ermessen hinsichtlich der Festlegung der Gruppen von Steuerpflichtigen, für welche die Istbesteuerung gelten soll, eingeräumt. Die Bestimmung des Umfanges dieser Gruppe und damit der Ausschluss bestimmter Steuerpflichtiger aus dieser Gruppe muss dabei durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein (vgl. sinngemäß das Urteil des EuGH vom 27. April 2006, C-443/04 und C-444/04, Solleveld, Rn 38).

23 Bei der Umsetzung der Richtlinienbestimmung ist der unionsrechtlich vorgegebene Rahmen zu beachten, wonach die getroffene Regelung nicht gegen den dem Mehrwertsteuersystem zugrundeliegenden Gleichbehandlungsgrundsatz und die Rechtsformneutralität verstoßen darf (vgl. dazu etwa EuGH vom 13. März 2014, C-599/12, Jetair NV, Rn 53, vom 12. Januar 2006, C-246/04, Turn- und Sportunion Waldburg, Rn 32, und vom 7. März 2017, C-390/15, RPO, Rn 41).

24 Beispielsweise hat der BFH eine Regelung für unbedenklich eingestuft, nach der natürliche Personen, die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielen und ihren Gewinn mittels Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermitteln, die Steuer für die mit diesen Tätigkeiten zusammenhängenden Umsätze nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen haben, wohingegen die von einer Kapitalgesellschaft, welche kraft Rechtsform zur Führung von Büchern verpflichtet ist, ausgeführten „freiberuflichen“ Umsätze zwingend nach vereinbarten Entgelten zu besteuern sind (vgl. BFH vom 22. Juli 1999, V R 51/98, und vom 22. Juli 2010, V R 4/09).

25 Das Ermessen des nationalen Gesetzgebers bei Festlegung der von der Istbesteuerung betroffenen Gruppe ist nicht unbegrenzt. Liegen keine sachlichen Gründe für den Ausschluss einer bestimmten Gruppe (oder Tätigkeit) vor, so überschreiten die entsprechenden nationalen Rechtsvorschriften jenes Ermessen, welches den Mitgliedstaaten bei Umsetzung der in Rede stehenden Richtlinienregelung eingeräumt ist.

26 Die vom österreichischen Gesetzgeber in § 17 Abs 1 UStG 1994 getroffene Bestimmung, wonach zusätzlich zu Unternehmern, die eine Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 1 EStG 1988 ausüben, nur jene einer freiberuflichen Tätigkeit entsprechende Leistungen erbringenden Gesellschaften, die auch „berufsrechtlich zugelassen“ sind, die Steuer nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen haben, folgt nicht dem unionsrechtlich vorgegebenen Rahmen. Eine solche Regelung verstößt gegen den dem Mehrwehrtsteuersystem zugrundeliegenden Gleichbehandlungsgrundsatz und die Rechtsformneutralität, weil keine sachlichen Gründe für den Ausschluss anderer Gesellschaften, die gleichfalls der Art nach freiberufliche Tätigkeiten iSd § 22 Z 1 EStG 1988 erbringen (wie etwa eine Unternehmensberatungs-GmbH), von der Istbesteuerung bestehen.

27 Die Revisionswerberin hat im Beschwerdeverfahren (unter Verweis auf Rz 2452 der Umsatzsteuerrichtlinien des Bundesministeriums für Finanzen, wonach planenden Baumeistern, die ihr Unternehmen in Form einer Kapitalgesellschaft führen, in unionsrechtskonformer Interpretation des § 17 Abs 1 UStG 1994 die Istbesteuerung zugestanden wird, wenn sie eine unmittelbar ziviltechnikerähnliche Tätigkeit ausüben) vorgebracht, dass sie die Tätigkeit der in § 22 Z 1 lit b EStG 1994 angeführten Unternehmensberatung ausübe. Ist die revisionswerbende GmbH eine Unternehmerin, deren Einkünfte – wäre sie keine Kapitalgesellschaft, sondern eine natürliche Person – solche iSd § 22 Z 1 lit b EStG 1994 sind, so gebietet das Unionsrecht, ihr nach § 17 Abs 1 UStG 1994 die Istbesteuerung zuzugestehen.

28 Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und war insoweit gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

29 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 28. Juni 2017

Leitsätze

  • Berufsrechtliche Zulassung einer Gesellschaft als Voraussetzung der Istbesteuerung

    Die Bestimmung des § 17 Abs 1 UStG 1994, der zufolge nur jene einer freiberuflichen Tätigkeit entsprechende Leistungen erbringenden Gesellschaften, die auch „berufsrechtlich zugelassen“ sind, die Steuer nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen haben, verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und die Rechtsformneutralität. Für den Ausschluss anderer Gesellschaften, die gleichfalls der Art nach freiberufliche Tätigkeiten iSd § 22 Z 1 EStG 1988 erbringen, bestehen keine sachlichen Gründe.
    WEKA (ato) | Judikatur | Leitsatz | Ro 2015/15/0045 | VwGH vom 28.06.2017 | Dokument-ID: 961153