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Dokument-ID: 642532

Iman Torabia | News | 10.01.2014

Abgabenrechtliche Behandlung eines Gesellschafter-Geschäftsführers (10 %)

Bei (Gesellschafter-)Geschäftsführern umfasst das organschaftliche Weisungsrecht der Generalversammlung nach § 20 Abs. 1 GmbHG nicht notwendig auch die Erteilung persönlicher Weisungen und führt für sich alleine nicht zur Lohnsteuerpflicht.

Geschäftszahl

VwGH 10.04.2013; 2010/08/0240

Norm

§ 20 Abs 1 GmbHG; § 4 Abs 2 ASVG; § 47 Abs 1 und 2 EStG 1988

Leitsatz

Quintessenz:

Bei (Gesellschafter-)Geschäftsführern umfasst das organschaftliche Weisungsrecht der Generalversammlung nach § 20 Abs 1 GmbHG nicht notwendig auch die Erteilung persönlicher Weisungen und führt für sich alleine nicht zur Lohnsteuerpflicht.

VwGH: Gemäß § 4 Abs 2 ASVG gilt als Dienstnehmer unter anderem auch, wer nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist. Die wesentliche Bedeutung der Verweisung auf die Lohnsteuerpflicht nach dem EStG 1988 in § 4 Abs 2 ASVG liegt darin, dass für jene Zeiträume, für welche die Lohnsteuerpflicht der betreffenden Person nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 EStG 1988 mit Bescheid der Finanzbehörde festgestellt ist, auch die Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG bindend feststeht. Allerdings ist zu beachten, dass eine solche bindende Wirkung nur Bescheiden zukommt, die über die Lohnsteuerpflicht als Hauptfrage absprechen, in erster Linie also Haftungs- und Zahlungsbescheiden gemäß § 82 EStG 1988. In casu liegt ein derartiger bindender Bescheid unstrittig nicht vor.

Da die von den Finanzbehörden nur vorfragenweise im Rahmen der Feststellung der Dienstgeberbeitragspflicht gemäß § 41 FLAG 1967 bejahte Lohnsteuerpflicht von der beschwerdeführende Gesellschaft bestritten wurde, durfte die belangte Behörde daher nicht ohne weiteres von der Lohnsteuerpflicht des Erstmitbeteiligten ausgehen und daraus auf dessen Pflichtversicherung nach dem ASVG schließen. Allerdings stand es ihr offen, die Lohnsteuerpflicht im Rahmen einer Vorfragenprüfung selbst zu beurteilen.

Der Erstmitbeteiligte war an der beschwerdeführenden Gesellschaft mit 10 % und sohin nicht wesentlich im Sinn des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 - mit mehr als 25 % - beteiligt. Unstrittig ist auch, dass die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, nicht im Sinn des § 25 Abs 1 Z 1 lit b EStG 1988 aufgrund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung gefehlt hat, sodass für die Lohnsteuerpflicht das Vorliegen „sonst alle(r) Merkmale eines Dienstverhältnisses“ ausgereicht hätte.

In casu kam es für die Frage der Lohnsteuerpflicht gemäß § 47 Abs 1 und 2 EStG 1988 entscheidend darauf an, ob der Erstmitbeteiligte weisungsgebunden war. Die maßgeblichen persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt.

Zu betonen ist, dass nicht schon jede Unterordnung unter den Willen eines anderen die Arbeitnehmereigenschaft einer natürlichen Person zur Folge hat, denn auch der Unternehmer, der einen Werkvertrag erfüllt, wird sich im Allgemeinen bezüglich seiner Tätigkeit zur Einhaltung bestimmter Weisungen seines Auftraggebers verpflichten müssen, ohne hiedurch allerdings seine Selbständigkeit zu verlieren. Dieses sachliche Weisungsrecht ist auf den Arbeitserfolg gerichtet. Das für die Arbeitnehmereigenschaft sprechende persönliche Weisungsrecht fordert einen Zustand wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit.

Überdies ist bei (Gesellschafter-)Geschäftsführern einer GmbH zu beachten, dass das kraft Gesetzes bestehende organschaftliche Weisungsrecht der Generalversammlung nach § 20 Abs 1 GmbHG nicht notwendig auch die Erteilung persönlicher Weisungen - also von Weisungen in den für die persönliche Abhängigkeit maßgebenden Belangen – umfasst. Dies gilt auch, obwohl die Möglichkeit einer vertraglichen Einordnung in die Gesellschaft in persönlicher Abhängigkeit von ihr durch schuldrechtliche Vereinbarung im Innenverhältnis nicht ausgeschlossen ist, wonach die Bindung des Geschäftsführers an den Gesellschaftsvertrag und die Gesellschafterbeschlüsse bloß eine sachliche Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers herstellt, die sich lediglich auf den Erfolg der Arbeitsleistung der Geschäftsführung bezieht und von einer sich in persönlicher Abhängigkeit äußernden, durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnete Weisungsgebundenheit zu unterscheiden ist..

In casu war eine Weisungsbindung in den für die persönliche Abhängigkeit maßgebenden Belangen im Anstellungsvertrag nicht nur nicht vereinbart, sondern ausdrücklich ausgeschlossen worden. Nach dem Punkt IV. dieses Vertrages besteht keine „arbeitsbezogene Weisungsbefugnis“ der Gesellschaft und erbringt der Geschäftsführer seine Leistungen „eigenverantwortlich und frei von persönlicher Abhängigkeit". Zudem ist er nicht an bestimmte Dienstzeiten gebunden sowie berechtigt, sich den Ablauf seiner Arbeit selbst einzuteilen und jederzeit zu ändern. Allein die ebenfalls im Anstellungsvertrag enthaltene Verpflichtung, für die „fristgerechte Erledigung“ übernommener Aufträge zu sorgen, impliziert noch kein persönliches Weisungsrecht, sondern bezieht sich im gegebenen Zusammenhang auf ein Element des Erfolges der - vom Geschäftsführer umfangmäßig selbst zu bestimmenden - Arbeit.

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