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Stefan Schermaier - Florian Schönberg | News | 17.03.2017

Abspaltung von vinkulierten Geschäftsanteilen

Die Gastautoren Dr. Schermaier und Mag. Schönberg geben einen fundierten Überblick, worauf man bei Entwurf von Vinkulierungsklauseln im Hinblick auf eine mögliche Übertragung achten sollte und wie man bestehende Vinkulierungsklauseln interpretiert.

Einleitung

Neben der Umwandlung, der Verschmelzung, der Einbringung, dem Zusammenschluss sowie der Realteilung ist die Spaltung eine Form der Umgründung, bei welcher es zu keiner Abwicklung der übertragenden Gesellschaft kommt. Während das Umgründungssteuerrecht im Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) umfassend geregelt ist, wurden in Hinblick auf das Gesellschaftsrecht sämtliche Umgründungstypen (mit Ausnahme der Spaltung) in der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungspraxis entwickelt und im Laufe der Zeit von der Judikatur anerkannt und teilweise gesetzlich geregelt. Nur die Spaltung ist eine Erfindung des Gesetzgebers. Während in Deutschland das Gesellschaftsrecht der Umgründungen in einem Gesetz zusammengefasst wurde (dt Umwandlungsgesetz), sind diese Regelungen in Österreich auf mehrere Gesetze verteilt. Einzelne Umgründungstypen sind als eigenständige Rechtsinstitute umfassend geregelt. Solche gesetzlich normierten Umgründungstypen sind die Verschmelzung (§§ 219 ff AktG, 96 ff GmbHG), die übertragende und errichtende Umwandlung (Umwandlungsgesetz) und die Spaltung (Spaltungsgesetz). Die übrigen Umgründungstypen sind als solche nicht geregelt.

Ein wichtiges gemeinsames Merkmal der Spaltung, der übertragenden Umwandlung und Verschmelzung ist die Gesamtrechtsnachfolge. Daraus folgt, dass neben den Verbindlichkeiten auch das gesamte Aktivvermögen von der übertragenden auf die übernehmende Gesellschaft automatisch übergehen. Dadurch soll ein problemloser Ablauf der Umgründung sichergestellt werden, weil das Vermögen der übertragenden Gesellschaft nicht Stück für Stück, sondern als Gesamtheit auf die übernehmende Gesellschaft übergeht. Einzelübertragungsakte hinsichtlich der Vermögensgegenstände, aber auch Zessionen in Hinblick auf Forderungen, sind sohin nicht erforderlich. In Hinblick auf die Spaltung normiert § 14 Spaltungsgesetz (SpaltG), dass mit der Eintragung der Spaltung in das Firmenbuch die Vermögensteile der übertragenden Gesellschaft entsprechend der im Spaltungsplan vorgesehenen Zuordnung jeweils im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die neue Gesellschaft oder die neuen Gesellschaften übergehen.

Nicht selten sind von Abspaltungen auch Beteiligungen erfasst, welche gesellschaftsvertragliche Übertragungsbeschränkungen (Vinkulierungsbestimmungen) unterliegen, und die Übertragbarkeit der Geschäftsanteile daher eingeschränkt ist. In vielen Fällen wird die Übertragung eines Geschäftsanteils von der Zustimmung eines Organs – meist Aufsichtsrat oder Generalversammlung – abhängig gemacht. In diesem Zusammenhang stellt sich daher die Frage, ob – bei Vorhandensein einer Vinkulierung – auch ohne Zustimmung des zuständigen Organs oder der zuständigen Organe ein Geschäftsanteil im Fall einer Spaltung wirksam im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft übertragen werden kann.

Wirkung und Auslegung von Vinkulierungsbestimmungen

Gemäß § 76 Abs 2 GmbHG kann die Übertragung von Geschäftsanteilen – neben der Voraussetzung der Errichtung eines Notariatsakts – von weiteren Voraussetzungen, insbesondere von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig gemacht werden. Grundsätzlich wirken derartige Übertragungsbeschränkungen absolut und so führt das Fehlen der Voraussetzungen, solange sie noch erfüllt werden können, zur schwebenden Unwirksamkeit einer dennoch vorgenommenen Abtretung. Die Abtretung wird jedoch wirksam, wenn die Gesellschaft nachträglich zustimmt. Solange die Rückwirkung einer Genehmigung die Rechtsposition Dritter nicht beeinträchtigt, also nicht in zwischenzeitlich erworbene Rechte eingreift, ist die rückwirkende Kraft der nachträglichen Genehmigung auch Dritten gegenüber zu bejahen (vgl RIS-Justiz RS0123220; OGH, 21.2.2008, 6Ob7/08k; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³, § 76 Rz 7 mwN).

Im konkreten Fall ist vorab zu prüfen, ob eine Abspaltung überhaupt von der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Vinkulierungsbestimmung erfasst wird. In vielen Fällen wird in den Gesellschaftsverträgen von einer „Übertragung“ gesprochen und diese von der Zustimmung bestimmter Organe abhängig gemacht. Werden im Gesellschaftsvertrag jedoch keine klaren Regelungen darüber vereinbart, hinsichtlich welcher Übertragungsformen die Übertragung von Geschäftsanteilen eingeschränkt werden soll, oder nicht klar geregelt, dass die Übertragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge von der jeweiligen Vinkulierungsbestimmung explizit ausgenommen wird, muss der Inhalt des Gesellschaftsvertrages einerseits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unter Beachtung der üblichen juristischen Terminologie (grammatikalische Interpretation) und andererseits aufgrund der Teleologie der Übertragungsbeschränkung (teleologische Interpretation) bestimmt werden.

Die „Übertragung“ im allgemeinen Sprachgebrauch

Im Hinblick auf den allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet „Übertragung“ des Geschäftsanteils vom bisherigen Gesellschafter auf einen anderen, den Wechsel des Rechtsträgers, welchem der Geschäftsanteil zugerechnet wird. Umfasst werden sowohl das auf diesen Wechsel gerichtete Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft. Eine Übertragung eines Geschäftsanteils soll dem Gesellschafter nicht nur verboten sein, sondern sollte diese auch nicht durchführbar sein.

Grundsätzlich ist mit „Übertragung eines Geschäftsanteils“ primär die rechtsgeschäftliche Übertragung unter Lebenden durch Einzelrechtsnachfolge gemeint. Daraus darf jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass allgemein gehaltene und nicht näher ausgeführte Vinkulierungsklauseln nur Übertragungsakte durch Einzelrechtsnachfolge erfassen. Insbesondere bei der Abspaltung, bei welcher die Gesamtrechtsnachfolge hauptsächlich vor dem Hintergrund der Vereinfachung des Verfügungsgeschäfts erfolgt und nicht die Rechtsnachfolge in das Gesamtvermögen eines Rechtsträgers im Vordergrund steht, kann angenommen werden, dass auch diese von einer allgemeinen Vinkulierungsbestimmung umfasst werden soll. In Hinblick auf den allgemeinen Sprachgebrauch umfasst der Begriff „Übertragung“ daher zweifellos auch Übertragungen im Wege der Abspaltung.

Sinn und Zweck von Übertragungsbeschränkungen

In diesem Zusammenhang wird hinterfragt, warum die Gesellschafter die Übertragung von Geschäftsanteilen zusätzlich einschränken und meist von der Zustimmung bestimmter Organe abhängig machen.

In den meisten Fällen wird die Übertragung von Geschäftsanteilen beschränkt, weil – unabhängig davon, ob es eine juristische oder natürliche Person betrifft – die Individualität der Gesellschafter von besonderer Bedeutung ist. Es soll sohin insbesondere vermieden werden, dass den übrigen Gesellschaftern eine dritte, unbekannte oder unerwünschten Person aufgedrängt wird. Persönliche und wirtschaftliche Interessen des übertragungswilligen Gesellschafters haben bei der Auslegung einer allgemeinen Vinkulierungsbestimmung grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben. Zu einer Abwägung zwischen den Interessen des übertragungswilligen Gesellschafters und der übrigen Gesellschafter kommt es erst, wenn die Zustimmung – möglicherweise unberechtigt – versagt wird und der übertragungswillige Gesellschafter im Verfahren nach § 77 GmbHG eine gerichtliche Zustimmung zur Übertragung der Geschäftsanteile anstrebt. Auch das (bei einer verhältniswahrenden Abspaltung vorhandene) Argument, dass sich der Rechtsträger, welchem der von der Abspaltung betroffene Geschäftsanteil zugerechnet wird, nur indirekt dadurch ändert, dass dieser in eine (Tochter-)Gesellschaft abgespalten wird, an der auch die bisherigen Gesellschafter (mittelbar) beteiligt sind, kann erst im Verfahren nach § 77 GmbHG geltend gemacht werden.

In Hinblick auf diesen, einer allgemeinen Vinkulierungsbestimmung üblicherweise unterstellten Sinn und Zweck ist es evident, dass auch der Fall einer Abspaltung von allgemeinen Vinkulierungsbestimmungen umfasst sein kann. Erfolgt eine Abspaltung ohne die Zustimmung der übrigen Gesellschafter tritt genau jener Fall ein, bei welchem diesen ein unbekannter und möglicherweise unerwünschter Gesellschafter aufgedrängt wird. Aus Sicht der Gesellschafter ist es daher unerheblich, ob die Übertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge oder der Gesamtrechtsnachfolge erfolgt. Es kann somit auch aufgrund einer teleologischen Interpretation bei einer allgemeinen Vinkulierungsbestimmung angenommen werden, dass eine Zustimmungspflicht der verbleibenden Gesellschafter zur Übertragung eines Geschäftsanteils sämtliche rechtsgeschäftlich begründete Wechsel des Zurechnungssubjekts erfasst und es keinen Unterschied macht, ob die Übertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge oder der Gesamtrechtsnachfolge erfolgt.

Lehre und Rechtsprechung

Da sowohl die grammatikalische als auch teleologischen Auslegung von allgemeinen Vinkulierungsbestimmungen zu einer Anwendbarkeit derselben bei Spaltungen führen kann, stellt sich nunmehr die Frage, ob eine Übertragung von Geschäftsanteilen bei vinkulierten Geschäftsanteilen dennoch Wirksamkeit erlangen kann, wenn das zuständige Organ nicht zugestimmt hat. Ein überwiegender Teil der Lehre geht mittlerweile davon aus, dass eine wirksame Übertragung von vinkulierten Geschäftsanteilen im Zuge der Abspaltung auch ohne Zustimmung möglich ist. Während jedoch ein Teil der Lehre davon ausgeht, dass eine Zustimmung von vorneherein nicht erforderlich ist, gibt es auch Meinungen, welche erst in der Eintragung der Spaltung im Firmenbuch eine Heilung der fehlenden Zustimmung sehen (vgl Grünwald, Probleme des Rechtsübergangs bei Spaltungen, GesRz 1995, 114). Ein Teil der Lehre schränkt eine absolute Verfügungsfreiheit bei Fällen von Umgehungs- und Missbrauchshandlungen ein. Gemeint sind hier insbesondere Fälle, bei welchen das Institut der Abspaltung oder einer anderen Umgründungsform und die damit einhergehende Gestaltungsfreiheit in der Zuordnung von Vermögensteilen bewusst dazu herangezogen wird, um Zustimmungsrechte von Mitgesellschaftern zu umgehen (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³, zu Anhang nach § 101, Rz 35, Fantur/Zehetner, Vinkulierte Geschäftsanteile (Teil II), ecolex 2000, 506).

Wenngleich Rechtsprechung mit konkretem Bezug auf die Spaltung noch fehlt, kann unseres Erachtens aufgrund der großen Ähnlichkeit Schlüsse aus der Rechtsprechung, die zur Verschmelzungen ergangen ist, gezogen werden. Auch bei der Verschmelzung geht gemäß § 225a AktG mit Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch das Vermögen der übertragenden Gesellschaft einschließlich der Schulden, sohin ebenfalls durch Gesamtrechtsnachfolge, auf die übernehmende Gesellschaft über. Bereits mehrfach wurde vom OGH ausgesprochen, dass die Gesamtrechtsnachfolge aufgrund von Verschmelzung auch vinkulierte Anteile an einer Kapitalgesellschaft erfasst und die Anteile ohne Zustimmung des jeweils Berechtigten auf die übernehmende Gesellschaft übergehen (RIS-Justiz RS0123152 bzw OGH, 29.11.2007, 1Ob130/07k bzw OGH, 22.05.2007, 4 Ob 51/07i). Dies muss unserer Ansicht nach gleichermaßen für die Spaltung gelten.

Fazit

Im konkreten Fall muss vorab geprüft werden, ob eine Vinkulierungsbestimmung überhaupt den Fall der Spaltung und sohin auch den Fall der Übertragung durch Gesamtrechtsnachfolge erfassen wollte. Bei Entwurf von Vinkulierungsklauseln ist jedenfalls anzuraten, ausdrücklich zu regeln, ob auch Übertragungen im Wege von Umgründungen erfasst sein sollen oder nicht.

Lässt sich aus dem Gesellschaftsvertrag nicht eindeutig die Erfassung von Umgründungen ergründen, muss mit Hilfe der Vertragsauslegung (insbesondere grammatikalische und teleologische Auslegung) ermittelt werden, ob derartige Fälle umfasst sein sollten. Unseres Erachtens trifft dies in Fällen, bei denen allgemein von der „Übertragung von Geschäftsanteilen“ gesprochen wird, zweifellos zu. Kommt man zum Schluss, dass eine Vinkulierungsbestimmung grundsätzlich zwar auch auf die Spaltung und somit auf gesellschaftsrechtliche Gesamtrechtsnachfolgevorgänge Anwendung finden sollte, ist fraglich, ob die Wirksamkeit der Übertragung von der Zustimmung der entsprechenden Organe abhängig ist.

Unseres Erachtens ist dies – in Analogie zur verschmelzungsrechtlichen Rechtsprechung – nicht erforderlich, denn durch die Eintragung einer Abspaltung im Firmenbuch wird diese jedenfalls rechtswirksam. Sohin wird ein allfälliger Zustimmungsmangel des betreffenden Organs durch Eintragung geheilt und die Abspaltung (auch des betreffenden Anteils) rechtswirksam.

Über die Autoren

Dr. Stefan Schermaier ist Rechtsanwalt und Partner, Mag. Florian Schönberg Rechtsanwaltsanwärter bei Tonninger | Schermaier & Partner Rechtsanwälte (http://www.ts.at). Schwerpunkttätigkeiten der Autoren sind Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, M & A, Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Vertragsrecht.

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