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Dokument-ID: 339823

Lisa Korninger | News | 02.01.2012

Abtretungsvertrag: Notwendigkeit der Beiziehung eines Dolmetschers gemäß § 63 Abs 1 NO

Bei der Notwendigkeit einen Dolmetscher gemäß § 63 Abs 1 NO beizuziehen, kommt es nicht auf das Erkennen oder die Erkennbarkeit der Sprachkunde der betreffenden Person durch den Notar ex ante an.

Geschäftszahl

OGH 14.09.2011, 6 Ob 49/11s

Norm

§§ 52, 63 Abs 1, 66 NO

Quintessenz:

Bei der Notwendigkeit einen Dolmetscher gemäß § 63 Abs 1 NO beizuziehen, kommt es nicht auf das Erkennen oder die Erkennbarkeit der Sprachkunde der betreffenden Person durch den Notar ex ante an.

OGH: Gemäß § 52 NO ist der Notar bei Aufnahme eines Notariatsaktes zur Erforschung der persönlichen Fähigkeit und Berechtigung der Parteien zum Geschäftsabschluss, zur Belehrung der Parteien über Sinn und Folgen des Abschlusses und dazu verpflichtet sich vom ernstlichen und wahren Willen zu überzeugen, ihre Erklärung mit voller Klarheit und Bestimmtheit schriftlich aufzunehmen und nach geschehener Vorlesung des Aktes durch persönliches Befragen der Parteien sich zu vergewissern, dass derselbe ihrem Willen entspricht. Nach § 63 NO wird ein Dolmetscher herangezogen, wenn eine der Parteien der Sprache nicht kundig ist, in der der Notariatsakt aufgenommen wird. § 63 Abs 1 NO dient nicht nur dem Schutz des der Sprache nicht hinreichend Kundigen, sondern dem Schutz aller Parteien. Sind die Förmlichkeiten der §§ 54 bis 65 nicht erfüllt, hat der Notariatsakt nicht die Kraft einer öffentlichen Urkunde (§ 66 NO).

Es gibt keine generelle Beantwortung der Frage, wann eine Person der Sprache des Notariatsakts „nicht kundig“ ist iSd § 63 Abs 1 NO. Es kommt vielmehr auf den konkreten Gegenstand des Notariatsakts an. Entscheidend ist, ob die Person der Vorlesung des Notariatsakts so weit folgen kann, dass ihr eine Genehmigung möglich ist. Da § 63 Abs 1 NO auf keine subjektiven Kriterien ex ante abstellt, kommt es für die Notwendigkeit einen Dolmetscher beizuziehen und somit für die Wirksamkeit des Notariatsakts nicht auf das Erkennen oder die Erkennbarkeit der Sprachkunde der betreffenden Person durch den Notar ex ante an. Eine ausreichende Prüfung der Sprachkenntnisse durch den Notar, die diesem den Eindruck verschafft die Person sei der betreffenden Sprache „hinreichend“ mächtig, indiziert aber, dass die Person der Sprache „kundig“ ist.

Im vorliegenden Fall ging es um die Errichtung eines Abtretungsvertrages in deutscher Sprache zwischen dem aus Ungarn stammenden Kläger und den ebenfalls aus Ungarn stammenden Beklagten. Bei Notariatsakt wurde kein Dolmetsch beigezogen.

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