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Stefan Schermaier - Dorian Schmelz | News | 10.01.2011

Änderungen des Privatstiftungsgesetzes durch das Budgetbegleitgesetz 2011

Die Gastautoren Dr. Stefan Schermaier und Mag. Dorian Schmelz liefern mit ihrem Gastbeitrag einen hilfreichen Überblick über die Änderungen im Privatstiftungsgesetz, die sich durch das kürzlich erlassene Budgetbegleitgesetz 2011 ergeben.

Kurz vor Ablauf des vergangenen Jahres wurden im Zug des Budgetbegleitgesetzes 2011 (981 dB XXIV GP) auch punktuelle, für die Stiftungspraxis allerdings bedeutsame Änderungen des Privatstiftungsgesetzes („PSG“) beschlossen. Diese Änderungen wurden überwiegend einerseits durch die Kritik der Financial Action Task Force on Money Laundering in ihrem Mutual Evaluation Report über Anti-Money Laundering and Combating the Financing of Terrorism in Austria an der mangelnden Transparenz österreichischer Privatstiftungen (§§ 5, 42 PSG nF), andererseits durch in der Literatur intensiv thematisierte und in der Praxis für Unsicherheit sorgende jüngere höchstgerichtliche Judikatur (OGH vom 5.8.2009 zu 6 Ob 42/09h und vom 16.10.2009 zu 6 Ob 145/09f) über den mit Begünstigten besetzten aufsichtsratsähnlichen Beirat sowie den Anwendungsbereich der Unvereinbarkeitsbestimmung des § 15 Abs 2 PSG motiviert (§§ 14, 15, 23 PSG nF).

Bekanntgabe des Begünstigten an das Finanzamt

§ 5 PSG definiert den Begünstigten grundsätzlich als den in der Stiftungserklärung als solchen Bezeichneten, lässt jedoch auch die Möglichkeit offen, dass der Begünstigte nicht in der Stiftungserklärung selbst, sondern in einer vom Stifter dazu berufenen Stelle, sonst vom Stiftungsvorstand als solcher bezeichnet wird.

In diesem Zusammenhang ist die durch das AbgÄG 2010 (BGBl Nr 34/2010) eingeführte Pflicht zu sehen, dem zuständigen Finanzamt Stiftungsurkunde und Zusatzurkunde in der aktuellen Fassung zeitnah zu übermitteln (§ 13 Abs 6 KStG). Nunmehr enthält § 5 PSG nF künftig für den Fall, dass der Begünstigte noch nicht in der Stiftungserklärung bezeichnet wird, eine Verpflichtung des Stiftungsvorstands, den im Sinn von § 5 PSG festgestellten Begünstigten dem für die Erhebung der Körperschaftsteuer der Privatstiftung zuständigen Finanzamt unverzüglich elektronisch, aktuell also über FinanzOnline, mitzuteilen. Eine Verletzung dieser Pflicht ist eine Verwaltungsübertretung (§ 42 PSG).

Begrenzung der Einflussnahmemöglichkeit des Begünstigten

§ 14 PSG, der die zulässigen Organe einer Privatstiftung abgrenzt, wird wie folgt ergänzt: Kommt einem Organ iSv § 14 Abs 2 PSG das Recht zur Abberufung des Stiftungsvorstands oder einer seiner Mitglieder zu, ist für die Entscheidung hierüber eine Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen erforderlich; hat ein solches Organ weniger als vier Mitglieder, wird gesetzlich explizit – wenngleich ohnehin Folge der voranstehend genannten allgemeinen Regelung – die Notwendigkeit von Stimmeneinhelligkeit vorgesehen (§ 14 Abs 3 PSG nF). Diese Quoren sind zwingend und können statutarisch erhöht, aber nicht gesenkt werden. Soll eine Abberufung des Stiftungsvorstands oder einer seiner Mitglieder durch ein Organ iSv § 14 Abs 2 PSG aus anderen als den in § 27 Abs 2 Z 1 bis Z 3 PSG angeführten Gründen erfolgen, darf Begünstigten, deren Angehörigen iSv § 15 Abs 2 PSG und Personen, die von Begünstigten oder deren Angehörigen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen im Organ iSv § 14 Abs 2 beauftragt wurden, bei dieser Entscheidung insgesamt nicht die Mehrheit der Stimmen zustehen (§ 14 Abs 4 PSG nF).

Durch § 14 Abs 3 PSG nF wird somit erstmals gesetzlich ausdrücklich anerkannt, dass einem allenfalls eingerichteten weiteren Stiftungsorgan, in praxi häufig einem Beirat, auf Ebene der Stiftungserklärung ein Recht zur Abberufung des Stiftungsvorstands eingeräumt werden darf. Diesfalls bedarf ein Abberufungsbeschluss unabhängig von der Besetzung des Organs einer Mehrheit von mindestens drei Viertel der Stimmen (allenfalls der Stimmeneinhelligkeit). Nur im Fall einer Abberufung des Stiftungsvorstands aus anderen als den gesetzlich in § 27 Abs 2 Z 1 bis Z 3 PSG definierten wichtigen Gründen – die allerdings, wie in den EB unter Verweis auf einschlägige Judikatur festgehalten, zumindest sachliche Gründe sein müssen – darf bei Beschlussfassung über die Abberufung des Vorstands(-mitglieds) Begünstigten maximal 50 % der Stimmen zukommen. Hieraus folgt, dass etwa ein reiner Begünstigtenbeirat keine Abberufung des Stiftungsvorstands aus anderen als wichtigen Gründen vornehmen darf. In der Praxis empfiehlt es sich, für derartige Abstimmungsfälle in der Stiftungsurkunde Vorsorge zu treffen: Denkbar wäre etwa, einen Beirat auch mit Nicht-Begünstigten zu besetzen, wobei bei Fassen des Abberufungsbeschlusses entweder die Begünstigten überhaupt einem Stimmrechtsverbot unterliegen, oder allerdings Nicht-Begünstigten ein Mehrstimmrecht eingeräumt wird, durch das den gesetzlichen Anforderungen im Ergebnis Genüge getan wird. Mangels statutarischer Regelung wäre eine Aliquotierung des Stimmrechts der Begünstigten naheliegend, sodass diesen ein zueinander gleiches, jedoch im Verhältnis zu den weiteren Nicht-Begünstigten entsprechend schwächeres Stimmrecht zusteht, das den Begünstigten letztlich bei Fassen des Abberufungsbeschlusses keine Stimmenmehrheit verschafft.

Im Fall einer Anmeldung zur Eintragung von Veränderungen im Stiftungsvorstand in das Firmenbuch wird daher künftig im Anwendungsbereich von § 14 PSG nF anzugeben sein, ob eine Abberufung aus wichtigem oder sonstigem sachlichen Grund erfolgt ist. Weiters werden das Einhalten des Abberufungsquorums und, falls eine Abberufung aus sonstigem Grund erfolgte, alle Informationen darzulegen sein, aus denen sich eine Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben insbesondere von § 14 Abs 4 PSG ableiten lassen (etwa die Mitwirkung von Begünstigten und die konkrete Stimmverteilung, uE ohne Notwendigkeit einer Offenlegung der Identität der Begünstigten).

Begrenzung der Einflussnahmemöglichkeit von Beauftragten des Begünstigten

§ 15 PSG grenzte in Abs 2 und Abs 3 bereits bisher jenen Personenkreis ein, der als Mitglied des Stiftungsvorstands (un-)geeignet war. Gesetzliche Unvereinbarkeiten betrafen insbesondere juristische Personen und Begünstigte, deren Ehegatte sowie Personen, die mit Begünstigten in gerader Linie oder bis zum dritten Grad der Seitenlinie verwandt sind. § 15 Abs 2 PSG nF schließt nunmehr auch Lebensgefährten des Begünstigten von der Funktion des Stiftungsvorstands aus, wodurch ein Redaktionsversehen des FamRÄG 2009 behoben werden soll (EB 981 dB XXIV GP).

Von zentraler Bedeutung ist aber § 15 Abs 3a PSG nF, demzufolge § 15 Abs 2 und Abs 3 PSG auch auf Personen anzuwenden sind, die von Begünstigten, deren Angehörigen iSv § 15 Abs 2 PSG oder in § 15 Abs 3 PSG genannten Personen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen im Stiftungsvorstand beauftragt wurden. Dieser – augenscheinlich durch die Entscheidung des OGH (6 Ob 145/09f) motivierten – Regelung ist abzuleiten, dass künftig nicht jeder vom Begünstigten Bevollmächtigte (zB Rechtsanwalt oder Steuerberater) von der Stellung als Stiftungsvorstand ausgeschlossen ist, sondern bloß solche Personen, die vom Begünstigten bzw dessen Angehörigen oder sonstiger in § 15 Abs 3 PSG genannter Personen mit der Wahrnehmung gerade von deren Interessen im Stiftungsvorstand beauftragt wurden, während ein sonstiges Mandatsverhältnis die Übernahme der Funktion des Stiftungsvorstands nicht ausschließt. Als Stiftungsvorstände nicht geeignet iSv § 15 PSG sollen daher Personen sein, die marionettengleiche Vertreter des Begünstigten sind, von dessen Interessen und nicht jenen der Privatstiftung geleitet werden. Zu berücksichtigen ist freilich, dass Beauftragte, die nicht einer Unvereinbarkeit iSv § 15 Abs 3a PSG nF unterliegen, im Fall eines dennoch vorliegenden Interessenskonflikts gemäß § 27 Abs 2 PSG abberufen werden können.

Die Norm des § 23 Abs 2 PSG, demzufolge Mitglieder des Aufsichtsrats und deren Angehörige (§ 15 Abs 2 PSG) nicht zugleich dem Stiftungsvorstand angehören oder Stiftungsprüfer sein und dem folgend Begünstigte oder deren Angehörige (§ 15 Abs 2 PSG) nicht die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder stellen dürfen, wird schließlich dahingehend ergänzt, dass die genannten Unvereinbarkeitsregeln auch für Personen, die von Begünstigten oder deren Angehörigen iSv § 15 Abs 2 PSG mit der Wahrnehmung ihrer Interessen im Aufsichtsrat beauftragt wurden, gelten.

Über die Autoren

Dr. Stefan Schermaier ist Rechtsanwalt und Partner bei TONNINGER | SCHERMAIER | RIEGLER | MAIERHOFER Rechtsanwälte (http://www.tsrm.at), Mag. Dorian Schmelz ist Rechtsanwaltsanwärter bei LANSKY, GANZGER + partner Rechtsanwälte GmbH (http://www.lansky.at). Schwerpunkttätigkeiten der Autoren sind Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, M & A, Schadenersatz- und Gewährleistungsrecht sowie Vertragsrecht.

(10.01.2011)