Dokument-ID: 272422

WEKA (bli) | News | 15.09.2010

Änderungsbefugnis des Stifters nach § 33 PSG

Bei einem umfassenden, nicht eingeschränkten Änderungsvorbehalt in der Stiftungserklärung ist jede Änderung der Stiftungsurkunde zulässig. Die Änderung kann auch in der Form ausgeübt werden, dass Auszahlungen an den Stifter angeordnet werden.

Geschäftszahl

OGH 10.08.2010, 1 Ob 214/09s

Norm

§ 33 PSG

Leitsatz

Quintessenz:

Bei einem umfassenden, nicht eingeschränkten Änderungsvorbehalt in der Stiftungserklärung (§ 33 Abs 2 PSG) ist grundsätzlich jede Änderung der Stiftungsurkunde zulässig. Die Änderung kann auch in der Form ausgeübt werden, dass Auszahlungen an den Stifter angeordnet werden.

OGH: Die Möglichkeit Satzungsänderungen vornehmen zu können, ist ein typisches Merkmal für Organisationsformen, bei denen die Willensbildung letztendlich auf Gesellschafter oder auf Mitglieder, die Eigentümerinteressen oder eigentümerähnliche Interessen verfolgen, zurückzuführen ist. Der theoretische Stiftungsbegriff geht dagegen von der Unabhängigkeit der bestehenden Stiftung von ihrem Stifter und von den am Bestand der Stiftung interessierten Personen aus. Die Stiftung nach dem PSG weicht aber insofern von diesem theoretischen Stiftungsbegriff ab, als es dem Stifter die Verfolgung von eigentümerähnlichen Interessen vorbehält und diese sogar über das Bestandinteresse an der Stiftung stellt.

Nach dem Entstehen der Privatstiftung als Rechtsträger ist diese vom Stifter getrennt. Er ist nicht Mitglied der Stiftung oder Eigentümer des Stiftungsvermögens und das Gesetz selbst sieht keinen Zugriff auf das Vermögen, auf das Stiftungsgeschehen oder Kontrollrechte des Stifters vor. Einflussmöglichkeiten des Stifters können sich aber aus der Stiftungserklärung und aus dem Recht zur Änderung der Stiftungserklärung oder zum Widerruf der Stiftung ergeben. Bei einem umfassenden, nicht eingeschränkten Änderungsvorbehalt in der Stiftungserklärung ist grundsätzlich jede Änderung der Stiftungsurkunde zulässig. Änderungen der Stiftungserklärung sind im Gesetz nicht näher determiniert und können daher auch in der Form ausgeübt werden, dass Auszahlungen angeordnet werden. Die Änderungsbefugnis des Stifters umfasst auch Änderungen des Stiftungszwecks, der Begünstigten und Letztbegünstigten, die Höhe und Fälligkeit von Zuwendungen.

Beim Änderungsrecht handelt es sich um ein einseitiges Gestaltungsrecht des Stifters, das er durch einseitige Willenserklärung, die dem Stiftungsvorstand zugehen muss, ausüben kann. Eine Zustimmung von Organen der Privatstiftung oder eine Genehmigung des Gerichts ist grundsätzlich nicht erforderlich.

Das im PSG festgelegte Mindestvermögen einer Stiftung ist ein Mindestanfangsvermögen. Kapitalerhaltungsbestimmungen enthält das PSG nicht, sondern lediglich eine Zuwendungssperre in § 17 Abs 2 zweiter Satz PSG sowie Bestimmungen zu Gunsten der Gläubiger im Zusammenhang mit der Abwicklung der Privatstiftung. Der Stifter kann den Stiftungsvorstand – jedenfalls im Rahmen dieser „Gläubigerschutzbestimmungen“ – durch entsprechende Änderung der Stiftungserklärung verpflichten, Stiftungsvermögen an ihn oder an von ihm bestimmte Personen auszukehren. Durch die Änderung der Stiftungserklärung ist eine solche Vermögensauskehr auf einfache Art und Weise möglich, weil das PSG eben echte Kapitalerhaltungsvorschriften, insbesondere eine Ausschüttungssperre, nicht kennt.

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