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Georg Streit | News | 26.06.2017

BRIS – Europa vernetzt sich – auch in den Registern

Gastautor Mag. Georg Streit präsentiert Ihnen in diesem Beitrag die wesentlichsten Änderungen, die sich durch das BRIS-Umsetzungsgesetz im Bereich des Firmenbuchgesetzes sowie im EU-VerschmelzungsG und GGG ergeben.

Haben Sie schon einmal vom Begriff „BRIS“ gehört? Das ist nicht der kleine Bruder des Brexit, hat aber durchaus etwas mit der EU zu tun. „BRIS“ ist die Kurzform für „Business Register Information System“ und das wiederum ist das Schlagwort für die Inhalte der Richtlinien der Europäischen Union, in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern. Der österreichische Gesetzgeber hat diese Richtlinien nun – gerade noch – fristgerecht umgesetzt. Daraus ergeben sich durchaus Auswirkungen auf gesellschaftsrechtliche Regelungen, insbesondere im Firmenbuch.

Zielsetzung

Die Richtlinie 2012/17/EU vom 13.6.2012 änderte einige bestehende Regelungen, die grenzüberschreitende Firmengeflechte und deren Erfassung in Registern möglich machen soll. Mit dem Europäischen „Business Register Information System“ soll der grenzüberschreitende Zugang zu Unternehmensinformationen über das Europäische Justizportal erleichtert werden. Darüber hinaus soll eine automatisierte Kommunikation zwischen den nationalen Registerbehörden der Mitgliedsstaaten über eine zentrale europäische Plattform ermöglicht werden. Dies führt der Gesetzgeber in der Regierungsvorlage des BRIS-Umsetzungsgesetzes(BRIS-UmsG) aus, das am 25.4.2017 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde (Nr. 60).

Änderungen im FBG, EU-VerschmelzungsG, GGG

Die Richtlinien werden in Österreich insofern umgesetzt, als Bestimmungen des Firmenbuchgesetzes und des EU-Verschmelzungsgesetzes (sowie – unvermeidlich) auch das Gebührengesetzes geändert bzw erweitert werden.

„Europäisches System der Registervernetzung“ und „einheitliche europäische Kennung“

Kernpunkt des Gesetzes ist das „europäische System der Registervernetzung“, das im neuen § 37 FBG geregelt wird. Über dieses europäische Justizportal sollen die nationalen Unternehmensregister aller Mitgliedstaaten abrufbar sein. Die Daten des Firmenbuchs (Eintragungen und Urkunden der Urkundensammlung) werden „an die zentrale europäische Plattform“ übermittelt, damit sie über den Suchdienst des Europäischen Justizportals abrufbar sind.

Das bringt für die im Firmenbuch eingetragenen Unternehmen noch keine Änderung mit sich. Die erste nach außen wirksame Änderung ist die Zuordnung einer „einheitlichen europäischen Kennung“ für alle im Firmenbuch eingetragenen inländischen Rechtsträger und Zweigniederlassungen ausländischer Rechtsträger. Diese ist eine Erweiterung der jeweiligen Firmenbuchnummer nach einer bestimmten Struktur bzw Formel, so die Regierungsvorlage, und wird „ohne formelles Verfahren automationsunterstützt vergeben“. Auf den Firmenbuchauszügen wird diese europäische Kennung aber nicht ersichtlich gemacht, da sie „nicht der Identifizierung von Rechtsträgern im Geschäftsverkehr dient“. Mit anderen Worten: Die im Firmenbuch eingetragenen Unternehmen müssen davon eigentlich gar nichts mitbekommen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die österreichische Umsetzung hier über die Verpflichtung gemäß EU-Recht hinausgeht, da nicht nur Kapitalgesellschaften, sondern alle im Firmenbuch eingetragenen Rechtsträgern eine europäische Kennung zugeordnet wird (was insbesondere bei einer GmbH & Co K sinnvoll ist).

Insolvenzverfahren, Auflösung, Löschung

Die Firmenbuchgerichte sind verpflichtet, die Eröffnung oder Aufhebung eines Insolvenzverfahrens, die Auflösung einer Gesellschaft und die Löschung eines Rechtsträgers, wie auch eine grenzüberschreitende Verschmelzung an die europäische Plattform zu übermitteln. Zur Konkretisierung besteht eine Verordnungsermächtigung für den Justizminister.

Ergänzend dazu wird das EU-Verschmelzungsgesetz adaptiert. Die Regelungen sind bereits in Kraft getreten, sie sind ab dem 1.6.2017 anzuwenden.

Den Weg, das gesamte Firmenbuch ohne umständliche Einschränkungen dem Europäischen Justizportal zugänglich zu machen, ist der Gesetzgeber trotz entsprechender Anregung nicht nachgekommen.

Weitere Anpassungen

Der Gesetzgeber die Verpflichtung der Umsetzung der BRIS-Richtlinie wieder einmal zum Anlass genommen, auch andere Regelungen im Firmenbuchgesetz „klarzustellen und anzupassen“:

Amtslöschung

Die Streichung der Notwendigkeit der vorigen Aufforderung durch das Gericht zur Vorlage von Unterlagen im Amtslöschungsverfahren vereinfacht den Amtsweg, ist aber im Hinblick auf Gläubigerinteressen durchaus problematisch. Denn nun tritt die gesetzliche Vermutung der Vermögenslosigkeit automatisch nach Verstreichen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren ohne Vorlage aller notwendigen einzureichenden Unterlagen im Firmenbuch ein, sofern das Vermögen einer Gesellschaft nicht offenkundig ist. Offenkundiges Vermögen ist aber nicht so leicht anzunehmen, selbst der Anspruch auf Bezahlung ausstehender Stammeinlage gegen Gesellschafter stellt nach der Rechtsprechung kein offenkundiges Vermögen dar.

Die etwas technischen Ausführungen im BRIS-UmsG können in der Praxis durchaus große Auswirkung haben. Jedenfalls wächst die Europäische Wirtschaft dadurch ein Stück weiter zusammen. Dies trotz des Eindrucks, dass die Regelung des Europäischen Justizportals wieder einmal der kleinste gemeinsame Nenner aller Mitgliedsstaaten war.

Gewerberecht und Sozialversicherung

In Hinkunft muss die Gewerbebehörde nur noch das Erlöschen einer Gewerbeberechtigung dem Gericht, bei dem der betroffene Rechtsträger registriert ist, mitteilen. Damit werden die Informationsverpflichtungen der Gewerbebehörde reduziert. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass das GISA (Gewerbeinformationssystem Austria) durch Firmenbuchgerichte ohnedies abrufbar ist.

Auch die Verständigungspflicht des Firmenbuchgerichts gegenüber der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft wird neu gefasst und etwas eingeschränkt – im Hinblick auf die Prüfung einer allfälligen Sozialversicherungspflicht einer im Firmenbuch eingetragenen Person. Die Gewerberegisterdaten hingegen verschwinden aus dem Firmenbuch, weil diese ohnedies über das GISA abgerufen werden können. Dafür – und das wird nun auch im Firmenbuchauszug ersichtlich – muss in Zukunft (nicht nur auf Verlangen) die OeNB-Identnummer im Firmenbuchauszug angeführt werden.

Kurzinformation

Die Umsetzung der Publizitätsrichtlinie wird in Hinkunft im Übrigen auch eine Kurzinformation aus dem Firmenbuch unentgeltlich zugänglich sein. Diese Kurzinformation enthält die Firmenbuchnummer, die Firma, die Rechtsform, den Sitz, den Registerstaat und die Geschäftsanschrift des Rechtsträgers.

Vermögenslose Gesellschaften

Weitere Änderungen im Firmenbuchgesetz betreffen die Regelungen zu vermögenslosen Gesellschaften und Gesellschaften ohne gesetzliche Vertreter, bei denen die Aufforderung zur Einreichung des Jahresabschlusses entfällt. Das Löschungsverfahren kann sogleich mit der Verständigung von der beabsichtigen Löschung durch das Gericht eingeleitet werden.

Dadurch ist allerdings auf die Möglichkeit zur Äußerung binnen angemessener Frist hinzuweisen, um dem Rechtschutzbedürfnis der Gesellschaft „weiterhin ausreichend Rechnung zu tragen“. Und darüber hinaus wird der Anwendungsbereich dieser Norm auch auf Aktiengesellschaften ausgedehnt. Gleiches gilt für Genossenschaften und Privatstiftungen. Auch auf diese finden nun die Regelungen über die vereinfachte Zustellung (mangels gesetzlicher Vertreter) Anwendung.

Gebührenrecht

Auch in gebührenrechtlicher Hinsicht hat sich der Gesetzgeber etwas einfallen lassen. Erstaunlicherweise sind diese Regelungen aber nicht geeignet, das Justizbudget (direkt) zu stärken. So wird etwa die „doppelte Valorisierung“ in Tarifpost 4 abgeschafft (das muss man sich nicht unbedingt merken). Interessant ist die Marketingmaßnahme des Gesetzgebers, die Anzahl der Abfragen der letzten Tagebuchzahl (Plombe) im Grundbuch attraktiver zu gestalten. Die Erhöhung der Kostenabfrage von EUR 0,29 auf EUR 1,68 hat dazu geführt, dass die Abfragen „deutlich zurückgegangen“ sind. Um die Nutzung wieder attraktiver zu machen, gibt es diese Abfragen nun wieder zum deutlich reduzierten Tarif von EUR 0,42. Immerhin!

Autor

Mag. Georg Streit ist seit 2000 Rechtsanwalt und seit 2001 Partner bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Immaterialgüterrecht, Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Rundfunkrecht und Vergaberecht. Weiters ist er Lektor an den Universitäten Wien und Salzburg, Vortragender bei Seminaren und Lehrgängen.

Für WEKA ist er Herausgeber des Newsletters für Gesellschaftsrecht Online sowie für das Werk „Personengesellschaften in Fallbeispielen“.

www.h-i-p.at