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Dokument-ID: 367551

Lisa Korninger | News | 01.03.2012

Bemessung der Leistungsfähigkeit für Festsetzung des Unterhalts des nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers

Entnahmen eines Gesellschafter‑Geschäftsführers mit nicht beherrschendem Einfluss von Verrechnungskonten, die jahrelang nicht zurückgezahlt werden und für deren Rückzahlung kein naher Termin feststeht, sind bei Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen.

Geschäftszahl

OGH 24.11.2011, 6 Ob 112/11f

Norm

§§ 94, 140 ABGB; § 101 AußStrG 2005

Leitsatz

Quintessenz

Maßgeblich für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit ist die sich aus dem Gesamteinkommen des Unterhaltspflichtigen ergebende tatsächliche wirtschaftliche Lage. Entnahmen eines Gesellschafter‑Geschäftsführers mit nicht beherrschendem Einfluss, von Verrechnungskonten, die tatsächlich jahrelang nicht zurückgezahlt werden und für deren Rückzahlung ein Termin in naher Zukunft nicht feststeht sind für die Bemessung künftigen Unterhalts zu berücksichtigen.

OGH: Um die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu bewerten, wird die Summe der ihm tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel (Gesamteinkommen) herangezogen. Dazu gehören alle Einkünfte aus Erwerbstätigkeit und Erträgnisse aus Vermögen. Bei einem selbstständig tätigen Unterhaltspflichtigen sind als Bemessungsgrundlage die Privatentnahmen heranzuziehen, wenn diese den Reingewinn aus dem Unternehmen übersteigen oder die Betriebsbilanz einen Verlust aufweist.

Beim unterhaltspflichtigen Personengesellschafter kommt es im Zusammenhang mit Privatentnahmen nur auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Unterhaltspflichtigen an. Da eine GmbH Rechtspersönlichkeit hat, kann ein Gesellschafter aus der Gesellschaft keine Privatentnahmen (iSv Transfer von Vermögenswerten vom betrieblichen in den privaten Bereich) tätigen.

Bei unterhaltspflichtigen Gesellschafter-Geschäftsführern mit beherrschendem Einfluss auf die GmbH sind über Verrechnungskonten bezogene Gelder zusätzlich zu den sonstigen Geschäftsführerbezügen in die Bemessungsgrundlade für den Unterhalt einzubeziehen, da diese andernfalls die Möglichkeit hätten, durch Kürzung ihrer angemessenen Geschäftsführerbezüge und Selbstauszahlung eines Teils ihrer Bezüge über Verrechnungskonten, die Unterhaltsansprüche zu schmälern.

Hat ein Gesellschafter-Geschäftsführer keine beherrschende Stellung in der GmbH müssen über Verrechnungskonten bezogene Gelder grundsätzlich nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen werden. In diesem Fall treten üblicherweise die unabhängigen Gesellschafter für die Rückzahlung von offenen Verrechnungskonten ein. Wenn jedoch ein Gesellschafter-Geschäftsführer ohne beherrschendem Einfluss über Verrechnungskonten Gelder der GmbH entnimmt, die jahrelang nicht zurückbezahlt werden und kein naher Termin für die Rückzahlung feststeht, ist dessen wirtschaftliche Lage durchaus mit der eines Gesellschafter-Geschäftsführers vergleichbar, der aufgrund seiner Verfügungsmacht die Modalitäten der Rückzahlung bestimmt. In derartigen Fällen ist es gerechtfertigt diese Entnahmen auch für die Bemessung des Unterhalts zu berücksichtigen.

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