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Dokument-ID: 1018279

Eva-Maria Hintringer | News | 22.02.2019

Besteht eine Steuernachsicht bei zu Unrecht in Rechnung gestellter Umsatzsteuer?

Auch in Reverse-Charge-Fällen ist ein direkter Anspruch des Leistungsempfängers auf Rückerstattung einer zu Unrecht in Rechnung gestellten Umsatzsteuer gegen die Abgabenbehörden denkbar. Mehrere Fragen zu den Anspruchsvoraussetzungen sind offen.

Geschäftszahl

VwGH 13.09.2018, Ra 2017/15/0102

Norm

§ 236 BAO

Leitsatz

Quintessenz:

Auch in Reverse-Charge-Fällen ist ein direkter Anspruch des Leistungsempfängers auf Rückerstattung einer zu Unrecht in Rechnung gestellten Umsatzsteuer gegen die Abgabenbehörden denkbar. Mehrere Fragen zu den Anspruchsvoraussetzungen sind offen. Gesichert ist aber, dass die Umsatzsteuer an die Abgabenbehörde bereits abgeführt worden sein muss, andernfalls ein Anspruch auf Rückerstattung jedenfalls ausgeschlossen ist.

VwGH: Im Verfahren über die Nachsicht einer Abgabenschuld ist nicht mehr über die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung zu entscheiden. Ob die Umsatzsteuer der Revisionswerberin zu Unrecht in Rechnung gestellt wurde, wäre daher im Umsatzsteuer-Festsetzungsverfahren zu klären gewesen. Im Nachsichtsverfahren können keine Einwendungen nachgeholt werden, die im Feststellungsverfahren unterlassen wurden.

Aus der Rechtsprechung des EuGH lässt sich nicht ableiten, dass in Fällen des Reverse-Charge-Verfahrens die Erstattung einer zu Unrecht in Rechnung gestellten Umsatzsteuer durch die Abgabenbehörde prinzipiell ausgeschlossen sein soll. Der EuGH (C-564/15, Tibor Farkas) vertritt vielmehr die Ansicht, dass es auch in Reverse-Charge-Fällen Konstellationen geben kann, in denen der Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer gegen die Abgabenbehörde hat. Ungeklärt ist allerdings, ob ein solcher Anspruch auch davon abhängig zu machen ist, welche zivilrechtliche Vereinbarung über den Kaufpreis zwischen Leistungserbringer und Leistungsempfänger getroffen bzw ob bei der Preisvereinbarung auf die Umsatzsteuer Bedacht genommen wurde. Ungeklärt ist unionsrechtlich auch noch, ob ein Rückzahlungsanspruch des (insolventen) Leistungserbringers gegen die Abgabenbehörde gegenüber dem Anspruch des Leistungsempfängers Vorrang hat.

Offen ist weiters, ob ein derartiger Anspruch gegen die Abgabenbehörde bereits im Umsatzsteuer-Festsetzungsverfahren oder in einem Nachsichtsverfahren geltend zu machen wäre und ob es hier einen (unionsrechtlichen) Vorrang zu beachten gibt.

Sicher ist allerdings, dass ein unmittelbarer Anspruch gegen die Abgabenbehörde auf Erstattung der zu Unrecht bezahlten Umsatzsteuer nur dann Erfolg haben kann, wenn die Umsatzsteuer tatsächlich bereits an die Abgabenbehörde abgeführt wurde. Der Abgabenbehörde darf nämlich jedenfalls kein Schaden entstehen. Wenn also die Umsatzsteuer nicht abgeführt wurde, ist ein allfälliger Rückzahlungsanspruch jedenfalls ausgeschlossen.