Dokument-ID: 321642

Lisa Korninger | News | 31.10.2011

Besteuerung der Familienstiftung nach dem Erbschafts- und SchenkungssteuerG 1955

Im Falle einer Familienstiftung ist nach dem Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Erblasser oder Geschenkgeber zu fragen.

Geschäftszahl

VwGH 26.05.2011, 2008/16/0121

Norm

§§ 1 Abs 1 Z 2, 3 Abs 1 Z 7, 7 Abs 1 und 2, 8 Abs 1, 2 und 4 ErbStG 1955; §§ 1 Abs 1, 5 PSG

Leitsatz

Quintessenz:

Im Falle einer Familienstiftung ist nach dem Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Erblasser oder Geschenkgeber zu fragen.

VwGH: Nach § 1 Abs 1 Privatstiftungsgesetz (PSG) ist die Privatstiftung ein Rechtsträger mit Rechtspersönlichkeit, dem vom Stifter ein Vermögen gewidmet ist, um durch dessen Nutzung, Verwaltung und Verwertung der Erfüllung eines erlaubten, vom Stifter bestimmten Zwecks zu dienen. Der Begünstigte ist gemäß § 5 PSG der in der Stiftungserklärung als solcher Bezeichnete.

Gemäß § 1 Abs 1 Z 2 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) idF vor der Aufhebung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2007, unterlagen Schenkungen unter Lebenden der Steuer nach diesem Bundesgesetz. Der Vermögensübergang aufgrund eines Stiftungsgeschäftes unter Lebenden gilt demnach als Schenkung (§ 3 Abs 1 Z 7 ErbStG).

§ 7 ErbStG behandelt die Einreihung der Erwerber in die fünf Steuerklassen. Die Einteilung erfolgt nach dem Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser bzw Schenker. § 8 Abs 1 ErbStG regelt die nach Steuerklassen und Erwerbshöhe differenzierten Tarifstufen. In § 8 Abs 2 ErbStG wird ein Härteausgleich geregelt.

Der Vermögensübergang von einem Stifter auf eine Stiftung fällt in die Steuerklasse V (§ 3 Abs 1 Z 7 ErbStG).

Die Errichtung einer „Familienstiftung“ bildet eine Ausnahme (§ 7 Abs 2 ErbStG). In diesem Fall ist der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Erblasser oder Schenker zugrunde zu legen. Die Familienstiftung ist also der Steuerklasse einzureihen, die sich gemäß § 7 Abs 1 ErbStG aufgrund des persönlichen Verhältnisses des entferntest Berechtigten zum Stifter ergibt. Die entferntest berechtigte Person ist die Person, die nach der Stiftungsurkunde etwas erhalten kann, wobei auch eine potentielle Berechtigung ausreicht.

In vorliegendem Fall wurde in der Stiftungsurkunde festgelegt, dass Zuweisungen auch an familienfremde Begünstigte durch den Familienbeirat vorgenommen werden können. Da also hier eine potentielle Berechtigung einer familienfremden Person vorliegt, ist diese als entferntest berechtigte Person anzusehen. Somit ist Letztbegünstigter keine nach § 8 Abs 4 lit a ErbStG genannte Person und daher der Steuersatz nach § 8 Abs 4 lit b ErbStG anzuwenden.

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